Immerhin - das will ich gern zugeben - fand ich das Lesen der vielen herausragenden Ergebnisse an brandenburgischen For
schungseinrichtungen in der Anlage 3 spannend, von A wie Astroteilchenphysik bis zur teils naturschutzfachlichen Optimierung des großflächigen Ökolandbaus am Beispiel des Demeterhofs im Ökodorf Brodowin.
Meine Damen und Herren, nun zum Entschließungsantrag der FDP. Wir müssen ihn schon wegen des zweiten Spiegelstrichs - die Promotionsquote betreffend - ablehnen. In der „Schweriner Volkszeitung“ vom 08.03.2013 äußerte sich Jens Lipsdorf wie folgt:
„Bezogen auf alle Hochschulabschlüsse ist die Zahl der Promotionen in Brandenburg seit dem Jahr 2005 von knapp 7 auf jetzt nur noch 4,6 % gesunken.“
Aufgrund dieser Aussage kann ich nur vermuten, dass Sie die Antwort der Landesregierung nicht gut genug gelesen haben. So ist zwar die Promotionsquote gesunken - wie übrigens in allen Ländern -, im gleichen Zeitraum ist aber die absolute Zahl der Promotionen gestiegen. Wie löst sich dieser scheinbare Widerspruch auf? Die Landesregierung erklärt es Ihnen in der Antwort auf die Frage 11: Grund ist der im Verhältnis zur Promotion wesentliche stärkere Anstieg der übrigen Hochschulabschlüsse als Folge der Bologna-Reform und der Umstellung auf das zweistufige Studiensystem.
- Ja, aber es geht noch weiter, Herr Lipsdorf. Es ist doch klar: Früher hatten Studierende nach einem fünfjährigen Studium nur einen Abschluss - Diplom, Magister, Staatsexamen -, heute haben Studierende nach dem gleichen Zeitraum oft zwei Abschlüsse - Bachelor- und Masterabschluss. Gab es 2005 noch 4 495 Absolventen, gab es 2010 bereits 7 410 Absolventinnen und Absolventen. Bei der Interpretation von Statistiken muss auch der jeweilige Kontext betrachtet werden.
Alle anderen Punkte des Entschließungsantrages arbeiten wir regierungstragende Fraktionen und Regierung gemeinsam Tag für Tag kontinuierlich ab.
Meine Damen und Herren, die Große Anfrage heißt: „Forschungslandschaft in Brandenburg - Stand und Perspektiven“. Wo sind die Perspektiven? Danach ist aus meiner Sicht nicht wirklich gefragt worden. Die Antwort steht noch aus. Liebe FDP, Sie lassen mich hier etwas ratlos zurück, aber ich danke trotzdem für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Melior. - Die Aussprache wird nunmehr mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fortgesetzt. Herr Abgeordneter Prof. Dr. Schierack hat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Die Beantwortung der Großen Anfrage gibt uns wieder einmal die Gelegenheit, über das Thema Forschung und Wissenschaft in diesem Land zu diskutieren. Es ist immer wieder eine Aufforderung an uns, dieses wichtige Gebiet in die Öffentlichkeit zu bringen, denn gerade die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind der Kern der Wissensgesellschaft in unserem Land.
Nun will ich nicht alles wiederholen und nicht alles in diese Rede einbringen, sondern nur zu einem Punkt etwas sagen. Vielleicht hilft es uns ja, über die guten Dinge und vielleicht auch die problematischen Dinge hier zu diskutieren. Denn immerhin ist die Wissenschaftsgesellschaft und ihre Entwicklung in diesem Land Brandenburg auch eine Erfolgsgeschichte von Wissenschaft in diesem Land, denn nach der friedlichen Revolution und der Gründung des Landes Brandenburg ist hier eine Menge geschaffen worden. Wir haben heute anerkannte Hochschulen in diesem Land, wir haben 34 öffentliche Einrichtungen, so wie es in der Antwort steht, die zu verschiedensten Aspekten forschen. Wir haben eine gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg mit verschiedenen Clustern. Und wir haben seit 2007 den Masterplan Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg, wo hervorragend wissenschaftlich gearbeitet wird.
Das wissenschaftliche Potenzial - so steht es in der Antwort hat bis 2010 eine rasante positive Entwicklung genommen, und dennoch hat Brandenburg in bestimmten Bereichen der Wissenschaft durchaus noch nicht das nationale oder das internationale Niveau erreicht; darüber können wir durchaus diskutieren.
Brandenburg, das ist klargeworden, ist durch ein unterdurchschnittliches Angebot an forschungsstarken Partnern in der Industrie und in kleinen und mittleren Unternehmen gekennzeichnet. Es fehlen leider die großen Unternehmen mit entsprechenden Forschungskapazitäten. Deswegen müssen gerade unsere Hochschulen und unsere außeruniversitären Einrichtungen - mehr als in anderen Ländern - Motor und Antrieb für die Innovation in Brandenburg sein.
Gegenwärtig liegt der Anteil des Landeshaushalts für die Hochschulen etwa bei 6 bis 7 % - andere Länder investieren mehr; das ist meines Erachtens Platz 13. Die öffentlichen Forschungsausgaben in Brandenburg betrugen im Jahr 2007, gemessen am regionalen Bruttoinlandsprodukt, 1,2 %, 2010 sind es immerhin schon 1,5 %. Trotzdem liegt Brandenburg noch im unteren Drittel Deutschlands. Da haben wir noch eine Aufgabe zu erledigen. Die Ausgaben der Wirtschaft für Forschung liegen mit mageren 0,32 % deutschlandweit an letzter Stelle.
Damit sind wir immer noch weit entfernt von der in der EU angestrebten 3-%-Marke für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt, das ist immer noch eine Herausforderung. Und wir sind weit entfernt von einem normalen Verhältnis zwischen privater und öffentlicher Förderung.
Brandenburg - das muss man auch positiv anerkennen - hat insbesondere in Potsdam eine vielfältige außeruniversitäre Forschungslandschaft, die in dieser Konzentration in Deutschland beispiellos ist.
Herr Prof. Dr. Schierack, Sie haben Recht mit dem, was Sie zu Brandenburg sagen; die Zahlen kennen wir alle hinlänglich. Ich frage mich nur immer mehr: Wir reden inzwischen ja zunehmend vom Europa der Regionen und nicht von Brandenburg und Berlin in Europa. Müsste man nicht fairerweise die Forschungslandschaft von Berlin und Brandenburg dann auch gemeinsam betrachten? Ich glaube, es gibt sehr viel mehr Beziehungen untereinander, miteinander, das eine lebt vom anderen und umgekehrt - ich glaube, das ist ein bisschen zu kurz gesehen.
Sie haben sicherlich zugehört. Ich habe gerade von den Clustern Berlin-Brandenburg gesprochen. Ich hätte jetzt die sieben Cluster, die wir haben, alle aufzählen können - und auch die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg, das hatte ich gerade eben erwähnt. Ich hatte auch über die Forschungslandschaft hier in Potsdam, also nahe bei Berlin, noch einmal referiert und dargelegt, dass das natürlich im Zusammenhang zu sehen ist.
Ich wollte - trotz Ihrer Einwendung - gleichzeitig sagen, dass es für eine Landesstrategie natürlich wichtig ist, zu beachten, dass auch in den berlinfernen Landkreisen Innovation und Wissenschaft möglich sind. Auch das soll in eine gemeinsame Strategie - das ist eine Perspektive, die ich hier in diesem Hohen Hause immer wieder anmahne - einfließen.
Der nächste Punkt: Die Qualität des Austauschs zwischen außeruniversitären und universitären Einrichtungen muss natürlich noch intensiviert werden. Die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen muss fortgesetzt werden.
Als Letztes: Damit wir diesen Weg in eine kreative Wissenschaftsgesellschaft gehen können, benötigen wir immer wieder Politiker, die darauf hinweisen, dass tatsächlich Stehvermögen und Diskussionsbereitschaft notwendig sind, für unsere Wissenschaft in diesem Land zu kämpfen, dass wir Bildung als prioritäres Handlungsfeld akzeptieren. Dazu wünsche ich uns allen hier viel Erfolg und weitere Diskussion. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Herr Abgeordneter Jürgens hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will meine Redezeit nutzen, um etwas über das Forschungsland Brandenburg zu sagen, und zwar erstens zum Stand der Forschung und zweitens zu einigen Problemlagen.
Zum ersten Punkt danke ich erst einmal der FDP-Fraktion für die Anfrage. Sie kann eine gute Grundlage für die weitere De
batte sein, auch wenn ich mich gewundert habe, liebe Kollegen von der FDP: Wenn Sie zum Forschungsland Brandenburg eine Große Anfrage stellen und Sie nichts fragen zu Forschung an Hochschulen, Sie nichts fragen zu den Forschungsprofessuren, die wir in Brandenburg haben, und auch nichts zu Technologietransferstellen, dann wundert mich das schon etwas, weil das wichtige Bestandteile dieses ganzen Bereichs sind.
Ich glaube dennoch, dass wir, was das Forschungsland Brandenburg angeht, einen guten Stand erreicht haben: 34 Einrichtungen, über 5 000 Beschäftigte - das wurde gesagt.
Was man zum Beispiel nicht aus der Beantwortung Ihrer Anfrage erfährt, weil Sie gar nicht danach gefragt haben, ist die Tatsache, dass wir unglaublich forschungsstarke Fachhochschulen im Land haben, die in den Rankings bundesweit immer mit an der Spitze liegen.
Das ist zum Beispiel ein Punkt, auf den wir als Brandenburger stolz sein können. Wir haben Forschungscluster zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie zum Beispiel Geoflow oder PROGRESS, in denen Forschungseinrichtungen und Universitäten heute schon das an Netzwerken bilden, was Sie hier eingefordert haben.
Wir können feststellen, dass wir bei der Finanzierung durchaus Fortschritte erreicht haben. Die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung sind gestiegen. Die staatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind gestiegen. Die Fördermittel sowohl auf Landes-, Bundes- als auch auf Europaebene sind in Brandenburg gestiegen. Wir haben bei den Mitteln für die Hochschulen zwischen 2009 und 2014 50 Millionen Euro draufgelegt. Das sind durchaus gute Beispiele. Die Drittmittel sind mehr als verdoppelt worden. Die Drittmittel aus der Wirtschaft und der Brandenburger Wirtschaft haben zugenommen, auch wenn wir das als Linke durchaus kritisch sehen. Meiner Ansicht nach haben wir bei der Finanzierung Fortschritte erreicht, selbst wenn wir mit der Platzierung insgesamt - da gebe ich Ihnen Recht - nicht zufrieden sein können.
Wir haben auch Fortschritte beim wissenschaftlichen Nachwuchs erreicht. Die Anzahl der Promotionen ist, absolut betrachtet, gestiegen. Hier ist begründet worden, warum die Quoten gesunken sind. Es hat zum Teil damit zu tun, dass wir in Brandenburg in den besonders promotionsstarken Bereichen Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie keine Angebote haben. Das hat Auswirkungen auf die Quote insgesamt.
Wir sind top - bundesweit Spitze -, was den Frauenanteil bei Promotionen angeht. Wir sind bundesweit Spitze, was den Frauenanteil bei Habilitationen angeht. Wir sind bundesweit vorbildlich, was den Anteil an EU-Ausländerinnen und EU-Ausländern bei Promotionen angeht. Das hätten Sie auch einmal sagen können, Herr Lipsdorf. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass wir im Bereich Nachwuchs durchaus etwas erreicht haben.
Es gibt etliche Maßnahmen, die sich die Landesregierung in den nächsten Jahren vornehmen will: strukturierte Doktorandenausbildung, Ausbau von Graduiertenschulen, Aufbau einer Post-Doc-Akademie in Brandenburg, Ausweitung der Anzahl der Juniorprofessuren. Das alles sind Maßnahmen, die geplant sind, die übrigens auch im Hochschulentwicklungsplan stehen,
lieber Herr Lipsdorf. Den hätte man lesen müssen. Dann hätten Sie zum Beispiel auf Ihren Entschließungsantrag verzichten können.
Was Forschungsnetzwerke angeht, gibt es ein großes Ziel: diese deutlich zu verstärken. Ich spreche hier nur beispielhaft die Frage der nachhaltigen Landnutzung an, die explizit im Hochschulentwicklungsplan als künftiges Forschungscluster mit genannt ist. Insofern haben wir insgesamt eine gute Situation erreicht.
Ich gehe nur noch kurz auf die Problemlagen ein. Erstens: Wir haben eine steigende Anzahl an befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Das sollte uns in der Perspektive durchaus Sorgen machen. Gerade nach der Entscheidung der Bundesregierung, was das Wissenschaftsfreiheitsgesetz angeht, müssen wir uns über die qualitative Steuerung der Forschungseinrichtungen unterhalten. Das, was bei den Hochschulen schon längst normal ist, nämlich dass wir versuchen, sie über Zielvereinbarungen qualitativ zu steuern, brauchen wir auch bei den Forschungseinrichtungen.
Man muss meiner Ansicht nach ehrlicherweise die Frage stellen: Ist das, was wir im Pakt für Innovation und Forschung festgelegt haben, nämlich bis 2015 jedes Jahr 5 % mehr für die Forschungseinrichtungen auszugeben - das Land Brandenburg gibt übrigens jedes Jahr auch 5 % mehr rein -, gerecht, wonach das nur den Forschungseinrichtungen zugutekommt, oder müsste man nicht auch ein Stück weit umsteuern und einen Pakt für die Hochschulen und Universitäten schließen? Wir brauchen dringend eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Rolle und den Zweck von bedeutsamen Forschungseinrichtungen. Es wäre ein guter Auftakt, den wir hier heute im Rahmen der Aussprache über die Antwort auf die Große Anfrage nutzen sollten. Wir sollten das Thema weiter tragen, gerade mit den Schwerpunkten, die ich am Ende genannt habe. Ich bin der Überzeugung, dass wir zu einer noch besseren Forschungslandschaft, als wir sie ohnehin schon haben, kommen werden. Vielen Dank.
Frau Abgeordnete von Halem setzt die Aussprache mit dem Beitrag für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Angesichts von so viel Stoff und fünf Minuten Redezeit picke ich mir jetzt nur zwei Aspekte heraus. Erstens die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, FuE.
Eine Analyse von Ernst & Young vom Oktober 2012 führt als EU-Ziel für den Zeithorizont 2020 an, dass das öffentliche und das private Investitionsvolumen im Bereich FuE 3 % des Bruttoinlandproduktes erreichen sollte. Deutschland teilt diese Zielsetzung insgesamt.
Brandenburg hat aber noch erheblichen Nachholbedarf: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung machten in Brandenburg 2010 nur 1,4 % der Wirtschaftsleistung aus. Darüber hinaus ist die Innovations- und Transferkapazität im Vergleich
zum Bund und zur EU laut Ernst & Young unterdurchschnittlich. Das deckt sich mit der Antwort auf die Große Anfrage. Brandenburg hat die geringsten Pro-Kopf-Ausgaben für Forschung und Entwicklung aller Bundesländer, liegt bei den staatlichen Ausgaben, gemessen am BIP, unter dem Durchschnitt und bei den Gesamtausgaben tief im unteren Drittel.
Die Landesregierung meint, das läge am Aufholbedarf der Wirtschaft, und hofft auf Entwicklungsdynamik und Wirtschaftsförderpolitik. Da passt es, dass zu den Hochschulausgründungen nichts gesagt wird, sondern lediglich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen aufgeführt werden. Man kann natürlich sagen, die FDP hätte versäumt zu fragen. Ich denke aber, zu diesem Punkt hätte sich die Landesregierung etwas offensiver äußern können.
Im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Ländern sieht man, dass Brandenburg nicht nur bei den Pro-Kopf-Ausgaben, sondern auch beim BIP-Anteil der Eigenausgaben Schlusslicht ist. Nur auf Umschichtung von Programmen in der Wirtschaftsförderung zu setzen ist eindeutig zu wenig.