Dann haben wir uns - nebenbei bemerkt: mit den Kollegen aus Schleswig-Holstein - intensiv über Ausnahmeregelungen unterhalten. Es gab große Einigkeit darüber, dass wir Ausnahmeregelungen brauchen; aber natürlich muss überprüft werden, ob sie zielführend sind. Wir können nicht so tun, als würde die Höhe des Strompreises im wirtschaftlichen Bereich kein ernsthaftes Problem darstellen. Aber dass die Regelung selbst überprüft werden soll - darüber waren wir uns einig.
Dann haben wir uns die Vorschläge des Bundes angeguckt. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Es war einfach nicht nachzuvollziehen - plötzlich stand die komplette Ernährungswirtschaft auf dem Spiel. Sie haben eben Schlachthöfe angesprochen. Mir ist es lieber, einen Schlachthof in Deutschland zu haben - wenn er so produzieren kann, dass er am Markt bleibt -, als das Fleisch von sonst wo herzuholen. Da gibt es ein ernstes Problem, auch wegen der Höhe des Strompreises. Plötzlich stand das alles zur Debatte.
Dann gab es den Vorschlag, die Zementindustrie vollständig auszunehmen. Ich habe gefragt: Wovon gehen Sie denn aus? Die Antwort war, die Zementindustrie liefere in einem Umkreis von 50 Kilometern. Aber für Brandenburg trifft das nicht zu. Ich kenne keinen Betrieb der Zementindustrie, der seine Ware in einem Umkreis von nur 50 Kilometern liefert.
Die Vorschläge - das wollte ich damit deutlich machen - waren ohne Systematik, sondern stellten einen einfachen Zugriff dar, weil man meinte, in diesen Bereichen schnell zum Ziel zu kommen. Anschließend herrschte große Einigkeit - von CDU/ CSU über BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bis zur SPD -, dass das alles so nicht machbar sei.
Es gab bei der Bundeskanzlerin weitere Gespräche - und am 21. März wurde deren Scheitern festgestellt. Man stimmte nur überein, dass eine Reform des ordnungspolitischen Rahmens, auch des EEGs, dringend notwendig sei. Aber die Vorstellungen lagen so weit auseinander, dass man vor der Bundestagswahl mit Sicherheit zu keinem Ergebnis gekommen wäre. Ich finde es ehrenwert, dass Herr Altmaier nochmals zu Gesprächen einladen möchte - aber mit welchem Ziel?
Meine Damen und Herren, seit zwei Jahren schlagen wir gebetsmühlenhaft vor, die Stromsteuer für ein Jahr abzusenken, weil wir so die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Interessen abstimmen und eine Reform des EEGs, des KWKs und weiterer damit in Zusammenhang stehender gesetzlicher Regelungen gesellschaftlich mehrheitsfähig machen könnten.
Vielen Dank, Herr Minister. Sie sagten, dass wir die stromintensiven Schlachthöfe in Deutschland unterstützen müssten, damit sie nicht der Konkurrenz ausländischer Schlachthöfe unterlägen. Ist Ihnen bekannt, dass Deutschland bereits 20 % seiner Fleischproduktion exportiert?
Lieber Herr Jungclaus, ja, das weiß ich. Vor dem Hintergrund des letzten Pferdefleischskandals produziere ich - nach höchsten Umwelt- und Sicherheitsstandards - lieber hier
Damit ich nicht missverstanden werde, Herr Jungclaus: Ich habe ausdrücklich gesagt, dass eine Überprüfung der Industrierabatte notwendig ist. Das war immer eine unserer Kernforderungen. Wir dürfen nur nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und so tun, als gebe es kein Problem, sondern müssen abwägen, was geht und was nicht geht - schon im Sinne beschäftigungspolitischer Sicherung.
Meine Damen und Herren, zu der Frage, was die Landesregierung gemacht hat: Erstens brauchen wir Zeit; wir müssen sie uns politisch erkaufen, weil wir uns bis jetzt nicht einig sind. Zweitens brauchen wir eine Reform des EEG. Ich habe die Universitäten Cottbus und Hildesheim beauftragt, den Entwurf eines neuen EEGs zu schreiben, und zwar vor dem Hintergrund, dass unmittelbar nach der Bundestagswahl eine Debatte dazu - mit einer Vielzahl von Vorschlägen - anlaufen wird. Ein zentrales Element ist, dass wir ein einheitliches Vergütungssystem für erneuerbare Energien bekommen,
denn letztlich ist es egal, ob ich Wind- oder Solarenergie habe. Beide Technologien stehen kurz vor dem Marktdurchbruch und dank beider Technologien kann ich etwas einsparen. Das ist eine Notwendigkeit, und das werden wir anhand verschiedener Verfahren und Modelle in der Landesregierung weiter diskutieren.
Auch über den nächsten Punkt haben wir im Landtag mehrfach diskutiert: Wir haben schon vor zwei Jahren die Erarbeitung eines Gesamtfinanzierungskonzepts auf den Weg gebracht. Das betrifft den sozialen und den wirtschaftlichen Bereich, es geht aber auch um die Kommunalfinanzierung: Je höher der Strompreis, desto belasteter die Kommunalhaushalte. Wir brauchen eine Umorganisation der Finanzströme in dieser Gesellschaft, damit die Energiewende bezahlbar bleibt. Auch dieser Vorschlag liegt seit längerer Zeit auf dem Tisch. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel: Das können wir als Land Brandenburg nicht allein entscheiden - das ist wahrscheinlich auch gut so -, sondern das muss in einer Bund-Länder-Kooperation geschehen.
Die Energiestrategie 2030, die wir breit und kontrovers debattiert haben, beinhaltet einen zentralen Punkt. Nehmen Sie es mir nicht übel: Egal was die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder Greenpeace sagen, ist nicht die Frage der Braunkohle entscheidend - wir brauchen sie als Brückentechnologie -, sondern die der Systemintegration der erneuerbaren Energien. Wir bekommen eine Dämpfung des Strompreises nur hin, wenn diese Systemintegration abgeschlossen ist. Deswegen werden wir ab 2014 als einziges Bundesland - das macht der Bund auf diese Art und Weise nicht - mit einer eigenen Initiative industrielle Demonstrationsprojekte für Speichervorhaben technologieoffen unterstützen. Das reicht von Power-to-Gas bis zu Konvergenzspeichern. Ich bin auf die Debatten mit den Bürgern und die Konsequenzen daraus gespannt.
Zur Frage des Netzausbaus: Ich habe den Landtag darüber unterrichtet, dass wir bei uns im Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten ein Netzausbauforum haben. Alle Netzbetreiber Ostdeutschlands sitzen dort mit uns zusammen.
Wir haben uns abgestimmt. Es gibt erste Überlegungen und Konzepte, ostdeutschlandweit - möglicherweise unter Einschluss Schleswig-Holsteins - ein sogenanntes Startnetz im 110-kV-Bereich vorzuschlagen. Das würde die Netzausbaukosten wesentlich reduzieren.
Zu den Kosten durch die fehlende bundesweite Wälzung: Ich weiß nicht, wie oft wir das hier schon beredet haben. Ich möchte darauf überhaupt nicht mehr eingehen, weil mittlerweile jedem bekannt sein dürfte, dass uns das Thema seit Jahren beschäftigt. Aber wir scheitern in diesem Kontext im Bundestag und im Bundesrat.
Insofern, meine Damen und Herren, nimmt diese Landesregierung ihre Verantwortung dort, wo sie zur Senkung der Strompreise etwas umsetzen kann, mehr als ernst. Es ist von zentraler Bedeutung, ob es uns gelingt, die Energiewende in Deutschland umzusetzen und mehrheitsfähig zu erhalten.
Zur Frage der Akzeptanz möchte ich nur noch sagen: Vielleicht ist es an vielen vorbeigegangen, aber wir haben in den letzten beiden Jahren allein zu dieser Frage landesweit 150 Veranstaltungen mit einer Beteiligung von mehreren tausend Leuten durchgeführt. Das kann man zur Kenntnis nehmen, man kann es auch bleiben lassen. Wir nehmen die Energiestrategie 2030 ernst und werden sie umsetzen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister Christoffers. Er hat unter Ignorierung des roten Lichtes noch einmal fünf Minuten erarbeitet, von der natürlich alle anderen Fraktionen auch Gebrauch machen können.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir als CDU-Fraktion einen höflich formulierten Antrag einbringen, der die Landesregierung bittet, die Maßnahmen aufzuzeigen, mit denen sie ihren Beitrag zur Stabilisierung der Strompreise in Brandenburg leisten kann, und uns dann vorgeworfen wird, wir machten eine Wahlkampfveranstaltung daraus
- das wurde gesagt -, dann sage ich: Der Berichtstermin - wenn Sie es gelesen haben, wissen Sie es - ist Ende des Jahres.
Ich habe Ihnen auch erklärt, dass die Initialzündung zu diesem Antrag, Herr Wirtschaftsminister, die vielzähligen Pressemitteilungen aus der Koalition waren, die die Bundesregierung permanent aufforderten. Erst vor kurzem stellte der Fraktionsvorsitzende außer Diensten der SPD Holzschuher am Ende seiner Sommertour fest, dass Schwarz-Gelb einmal etwas für die Stabilisierung der Strompreise in Brandenburg tun sollte.
Dann haben wir noch gesagt: Na, wenn dem so ist, dann wollen wir doch mal nicht nur nach dem Bund schauen, sondern auch nach Brandenburg gucken: Was hat denn die Landesregierung Brandenburg an Vorschlägen? Wenn wir dann einen kollegialen Hinweis eines Kollegen der Linksfraktion bekommen, der sagt: Ja, macht das doch als Anfrage!, dann sind wir höflich und sagen: Danke für den Hinweis, aber bitte gestatten Sie uns, die
Souveränität in der Wahl der parlamentarischen Instrumente zu behalten. Das können wir eigenständig tun.
Meine Damen und Herren, das Thema Strompreise in Brandenburg ist ein sehr ernstes. Ich möchte in dieser Ernsthaftigkeit auch untersetzen, dass wir in der Frage der Strompreise zu berücksichtigen haben, dass wir es bei der Transformation unserer Energiesysteme mit der Frage der Wirkungshorizonte zu tun haben, und die haben in der Energiepolitik einen sehr langfristigen Charakter. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, sind auf zehn, fünfzehn und zwanzig Jahre angelegt. Deshalb müssen wir überlegen, ob das, was wir heute tun, auch noch in zehn, fünfzehn und zwanzig Jahren seine Gültigkeit hat - Punkt 1.
Punkt 2: Herr Ministerpräsident außer Diensten Matthias Platzeck, dem Sie ja vielleicht emotional ein bisschen näher stehen - was ich sogar verstehe -, hat vor kurzem eine Bemerkung gemacht:
„Wir müssen in Brandenburg darauf achten, dass wir den ungebremsten Ausbau der erneuerbaren Energie nicht endlos fortsetzen. Wir dürfen den Bogen an dieser Stelle nicht überspannen.“
Und entschuldigen Sie vielmals - ohne Ihnen zu nahe zu treten -: Das haben wir von der CDU-Fraktion vor Ihnen auch schon gesagt. Das haben auch andere gesagt; deshalb bin ich beim nächsten Punkt: Wir müssen aufpassen, dass wir den ungesteuerten Ausbau erneuerbarer Energien nicht in der Form fortsetzen, alldieweil die Perspektiven dieser Energieträger - wir werden das im Bereich Biomasse, im Bereich Windkraft, im Bereich Photovoltaik und in anderen Bereichen haben - einander behindern werden. Da wird es zu Verdrängungseffekten kommen, und dann stellt sich die volkswirtschaftliche Frage: Was haben wir dann gekonnt?
Dritter Punkt sind all die Fragen der infrastrukturellen Investitionsnotwendigkeiten, die sich im Milliardenbereich bewegen, über die wir auch nachdenken.
Ich sage Ihnen auch noch einmal: Wir alle wissen, wie sich 2030 die regionale Bevölkerungsverteilung in Brandenburg vollziehen wird. Das kann man bei Kenntnis des Sachverhaltes heute schon prognostizieren. Dann stellt sich umso mehr die Frage: Was wird denn in zehn, fünfzehn und zwanzig Jahren mit dem Gut Energie für die Menschen und Unternehmen in diesem Land sein?
Wenn wir im Industriepark mit dem Management reden und das Management Schwarze Pumpe uns sagt: „Wir können in Brandenburg keine energieintensive Industrie mehr ansiedeln, weil unsere Energiepreise so hoch sind“, dann müssen wir diese Signale verdammt noch mal ernst nehmen.
Dann müssen wir auch die Frage stellen: Welche Möglichkeiten hat das Land? Es ist mir mit Verlaub ein Stück zu wenig, wenn der Wirtschaftsminister im Bundesrat bei Initiativen, die es dazu gibt - es gibt ganz vielschichtige -, immer nur ablehnend oder enthaltend votiert und dann hier in den Landtag kommt und uns erklärt, was wir beim Bund alles richten sollen, was er da angerichtet hat. Das ist eine komische Arbeitsteilung.