Protokoll der Sitzung vom 28.08.2013

Meine Damen und Herren, das sage ich Ihnen jetzt auch einmal deutlich: Dass in einigen Studienfächern nach dieser Definition auch Männer unterrepräsentiert sind, das kommt in Ihrer rot-rot-grünen Genderwelt überhaupt nicht vor.

(Beifall FDP und CDU - Frau Stark [SPD]: Doch!)

Ihr politisches Meisterstück steht dann weiter hinten, im neugefassten § 14 des Landesgleichstellungsgesetzes, in dem es heißt:

„Beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit einem geschätzten Auftragswert von über 50 000 Euro soll bei gleichwertigen Angeboten bevorzugt werden, wer sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat.“

Was immer das „nachweisbar“ bedeutet.

Es bedeutet aber eine weitere vertragsfremde Leistung und damit eine Hürde insbesondere für kleine und mittlere Unterneh

men in unserem Land. Das ist auch eine Art, Gesetzentwürfe künstlich aufzublähen und die wirtschaftliche Betätigung in Brandenburg zu erschweren.

Meine Damen und Herren, Gleichstellung ist bei SPD, Linke und - so befürchte ich - den Grünen der ewige Kampf - ich kenne dich ja, Ursula - zur Durchsetzung der Rechte der Frauen. Die Frage, wie zum Beispiel Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden kann, wird in diesem Gesetz nicht angesprochen. Die Politik der Landesregierung ist vom Primat des Staates gegen die Freiheit und Verantwortung des einzelnen Bürgers geprägt. Und das, meine Damen und Herren, geht nicht mit uns. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Frau Abgeordnete Böhnisch hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Herr Büttner, Hilfe zur Selbsthilfe reicht den Frauen wahrhaftig nicht aus. Damit ist auch nicht sofort geschafft, dass wir dann in höhere Positionen kommen. Sie haben schon Recht: Es ist ein langer, mühsamer Weg. Aber Hilfe zur Selbsthilfe reicht da nicht ganz aus.

(Frau Stark [SPD]: Genau! - Zuruf von der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gleichstellungspolitische Themen gehören für unsere Regierungskoalition längst nicht mehr zu den Stiefkindern der Politik. Das müssten auch Sie gemerkt haben.

Wir haben heute die 1. Lesung, den ersten Meinungsaustausch über den vom Kabinett verabschiedeten Entwurf zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes und des Brandenburgischen Hochschulgesetzes. Damit ist natürlich auch die Forderung verbunden, die wir schon seit Jahren verfolgen - daran werden wir, Grüne, Linke und SPD, auch weiterhin arbeiten -, dass die Brandenburger Frauen auch hier in puncto Chancengleichheit einen größeren Schritt nach vorn machen können.

Meine Fraktion hat im Prozess der Änderung dieses Gesetzes mit den Verantwortlichen die neuen Inhalte beraten, um ihre Vorschläge in die Novellierung des Gesetzes einfließen zu lassen. Der Prozess hat angefangen. Wir werden am 23. Oktober die Anhörung zum Gesetz mit den Betroffenen und Experten durchführen. Dabei gebe ich Ihnen, Frau Schulz-Höpfner, Recht: Wir haben dann natürlich die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten auf jeden Fall mit dabei; Sie haben sich bisher nur schriftlich zu dem Gesetzesvorhaben geäußert. Ich denke, wir dürfen nicht vergessen, auch sie einzuladen, damit sie ihre Wünsche bzw. Forderungen vortragen können.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf Folgendes sagen: Vieles von dem, was im Vorfeld an Änderungswünschen durch die Betroffenen gefordert wurde, fand seinen Niederschlag im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf. Ohne heute schon in alle Details zu gehen, seien einige Aspek

te genannt, die die nachhaltigen Verbesserungen gegenüber der alten Gesetzeslage deutlich machen.

Es ist gesagt worden: Die Landesgleichstellungsbeauftragte ist nicht mehr an ein Ressort gebunden und unterliegt keinen Weisungen. § 19b Absatz 1:

„Sie ist unabhängig und keinen Weisungen unterworfen.“

Sie wird jeweils für eine Legislaturperiode bestellt.

Durch die Erweiterung des Klagerechts werden die stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten in den Schutzbereich mit aufgenommen. Das war auch eine Forderung. Ich denke, das ist auch berechtigt.

Es ist gesagt worden, dass der Gestaltungsbereich des Gesetzes durch die Einbeziehung der Unternehmen mit Landesbeteiligung erweitert und die Wirksamkeit des Gesetzes dadurch auf das Land ausgedehnt werden soll. Die Gremienregelung wird verbindlich und ist damit besser als in anderen Bundesländern.

Nach Rücksprache mit den Vertreterinnen der Gleichstellungsbeauftragten an den brandenburgischen Universitäten wurde festgestellt, dass ihre Forderungen in dem Gesetzentwurf fast zu 100 % übernommen worden sind. Dafür sind sie uns sehr dankbar. Es wird auch geregelt, dass eine volle Stelle mit 100 % Personalkostenübernahme durch die Universität an der Mindestzahl von 2 000 Studierenden festgemacht wird; vorher waren es 3 000 Studierende.

Kritisch für die Hochschulen ist eine Frage, die noch zu klären ist: warum es im Bereich der Verwaltung der Hochschulen keine dezentrale Gleichstellungsbeauftragte gibt. Das ist die einzige Ausnahme, die sie nicht nachvollziehen können.

Ein Problem für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist auch genannt worden. In den Hauptsatzungen der Kommunen wird festgelegt - wir sind in den Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen ja auch aktiv -, welche Rechte, Aufgaben, Kompetenzen und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten haben, vergleiche § 25. Es wird aber eine kritische Debatte über die Frage geben müssen, ab welcher Einwohnerzahl kommunale Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich eingesetzt werden. Ich denke, wir werden dazu in der Anhörung noch das eine oder andere Problem auf den Tisch bekommen.

Ich habe die positiven Veränderungen des Landesgleichstellungsgesetzes und des Brandenburger Hochschulgesetzes nur kurz angerissen. Es ist ein Einstieg in die Diskussion. Spätestens im Oktober werden wir uns inhaltlich mit den Expertinnen und Experten verständigen. Danach werden wir versuchen, den Gesetzentwurf zum Jahresende in die Praxis zu überführen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Böhnisch. - Wir kommen nun zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! 19 Jahre nach Inkrafttreten des Landesgleichstellungsgesetzes im Juli 1994 stellen wir fest, dass die Zielvorgabe gemäß § 6 Abs. 3 im höheren Dienst nur zu einer Erhöhung des Frauenanteils von 29 % auf 40 % geführt hat. Dabei gilt die alte Regel: Je höher die Entgelt- oder Besoldungsgruppe, desto seltener sind Frauen auf den Posten zu finden. Die entsprechenden Prozentzahlen wurden mehrfach genannt.

Der Kleinen Anfrage des Kollegen Homeyer von der CDU-Fraktion verdanken wir die Erkenntnis, dass der im Jahr 1996 erlassenen Frauenförderverordnung bei der Auftragsvergabe in der täglichen Praxis nur - ich zitiere - „eine eingeschränkte Bedeutung“ beigemessen wurde, man könnte auch sagen: gar keine.

Ein ähnlich müdes Lächeln dürfte in den Vergabeausschüssen der Kommunen die Regelung hervorgerufen haben, dass bei Vergaben derjenige zu bevorzugen sei, der sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben besonders angenommen hat.

Wir haben es also bislang mit einem ziemlich zahnlosen Tiger, genannt „Landesgleichstellungsgesetz“, zu tun. Dieser Tiger beißt überhaupt nicht; der will nur spielen.

(Heiterkeit B90/GRÜNE)

Gut drei Jahre wurde nun an der Novellierung dieses Gesetzes gearbeitet. Erfahrungsgemäß dauert es immer dann besonders lange, wenn es gilt, hinter den Kulissen Abwehrschlachten gegen berechtigte konnexitätsrelevante Anliegen zu schlagen. So auch in diesem Fall.

Schauen wir uns aber erst einmal die Aktivposten der Novelle an: Mit dem LGG soll in den Landes- und Kommunalverwaltungen in Bereichen mit Unterrepräsentanz eine Frauenquote von 50 % eingeführt werden. Das gilt auch für Aufsichtsgremien und Unternehmen, an denen das Land mit Mehrheit beteiligt ist. Das ist konsequent, auf Landesebene die eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen. Das finden wir Grünen gut. Es gibt kein Herumeiern mit „Flexiqoute“ oder ein Gefeilsche um Prozente. Das Ziel heißt klar Parität.

Wir finden es auch gut, dass die Landesgleichstellungsbeauftragte erstmals gesetzlich verankert wird, die Gleichstellungspläne konkretisiert sowie ein gewisses Klagerecht und der Kündigungsschutz für die Gleichstellungsbeauftragte eingeführt werden sollen.

Ein Totalausfall ist das Gesetz aber bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Da ist die Forderung, zu der wir Grünen schon konkrete Änderungsvorschläge zur Kommunalverfassung eingebracht haben, die Mindesteinwohnerinnen- und -einwohnerzahl für die Benennung von hauptamtlichen kommunalen GBAs auf 20 000 abzusenken. Mit der Kommunalrechtsreform im Jahr 2004 wurde diese Grenze von 10 000 auf 30 000 erhöht. Sie ist so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Vor dem Hintergrund des Verfassungsauftrags der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und in Anbetracht der demografischen Entwicklung ist diese Absenkung absolut geboten. Wir haben gerade den Demografiefaktor im Finanzausgleichsgesetz ausgeweitet, um

dem Bevölkerungsrückgang in vielen Regionen Rechnung zu tragen.

Wir haben in unserem Land neben den kreisfreien Städten gerade noch fünf Städte, deren Einwohnerzahl stabil über der Zahl von 30 000 liegt. Fürstenwalde, Neuruppin und Schwedt liegen knapp darüber, Eisenhüttenstadt schon deutlich darunter. Herr Minister Baaske, ich hätte erwartet, dass Sie sich als Frauenminister für einen Demografiefaktor bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten einsetzen, zumal Ihnen demografische Probleme aus Potsdam-Mittelmark bekannt sein dürften.

Der Ausbau und die Stärkung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Kommunen und Kreisen ist eine langjährige Forderung in diesem Land. Eine Verbesserung wurde auch im Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm in Aussicht gestellt.

Im Übrigen: Viele Spitzenposten in der Brandenburger Politik sind in dieser Woche neu besetzt worden - sämtliche ohne weibliche Beteiligung. Von dieser neuen - alten - Regierung geht kein Zauber des Aufbruchs in Gleichstellungsfragen aus.

Lieber Andreas Büttner, man hätte die Positionen gar nicht vakant lassen müssen, weil genug mindestens gleich qualifizierte Kandidatinnen mit gleichem Parteibuch zur Verfügung gestanden hätten.

Über die bitter enttäuschten Erwartungen der kommunalen GBAs und über Regelungen an den Hochschulen wird in der schon anberaumten Anhörung zu reden sein.

Zum Tiger wird das Landesgleichstellungsgesetz auch jetzt nicht mutieren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal die Landesregierung. Herr Minister Baaske.

Ich kann es kurz machen. - Herr Büttner, es kann sicherlich einmal irgendwo vorkommen, dass die Männer in Führungspositionen in der Mehrheit sind, nämlich dort, wo es in den Verwaltungsstrukturen mehr Männer gibt. Das ist vollkommen in Ordnung. Das ist aber bitte schön überhaupt nicht das gesellschaftliche Problem in dieser Republik. Das gesellschaftliche Problem ist, dass Frauen in Führungspositionen generell unterrepräsentiert sind und dass sie generell die Arbeitsplätze haben, die schlechter bezahlt werden. Genau deshalb brauchen wir ein Gleichstellungsgesetz, das das regelt.

Frau Nonnemacher, Sie haben die Erfahrungen mit der Vergaberegelung in dem alten Gleichstellungsgesetz angesprochen. Ich glaube auch, dass es mit dem neuen sehr schwer werden wird, das umzusetzen. Wir hatten in dem alten die Regelung, dass das Unternehmen mit der höheren Frauenquote bevorzugt werden soll. Ich habe ein paar Dinge erlebt. Es ging insbesondere um die Schulbücher, die die Schulen kaufen sollten; daran können sich die Kollegen erinnern, die länger hier sind. Die Büchereien hatten für die Bücher immer ähnliche Preise, muss

ten aber angeben, wie viele Frauen bei ihnen arbeiten. Es gab die Bücherei, bei denen eine einzige Frau beschäftigt war, weil die Bücherei eben nur von einer Frau betrieben wurde. Diese Bücherei hatte eine Quote von 100 %. Die Bücherei, in der die Chefin aber noch zwei, drei Mitarbeiter hatte, und davon war womöglich nur einer ein Mann, hatte eine schlechtere Quote. Diese Bücherei hat dann den Auftrag nicht bekommen. Das war ziemlich schräg und kaum nachzuvollziehen.

Kritisch haben Sie auch den Punkt der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten auf der kommunalen Ebene angesprochen. Sie wissen selbst ganz genau, dass wir in einer Konnexitätsfalle stecken. Vielleicht sind auch Sie als kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger gefordert, in den Kommunen entsprechende Anträge zu stellen, wenn Sie meinen, dass man dort eine Stelle für eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte einrichten sollte.

Im Übrigen: Ich hätte es gern hinbekommen. Wir wollten die Zahl von 30 000 auf 20 000 absenken. Sie können die kommunalen Spitzen in der Anhörung ja einmal ganz konkret danach fragen. Sie werden die Antworten bekommen, die auch ich dazu bekommen habe. Dann können Sie in der Anhörung die kommunalen Spitzen davon überzeugen, dass Sie es sich anders denken. - Danke schön.