Protokoll der Sitzung vom 22.11.2013

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Holzschuher.

Herr Minister hat die Redezeit um vier Minuten und 16 Sekunden verlängert. Gibt es eine Fraktion, die von dieser Verlängerung Gebrauch machen und noch einmal sprechen möchte? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Es liegt - erstens - der Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Drucksache 5/8165, Änderungen in Artikel 1 Nr. 25 und Nr. 26b sowie in Artikel 8 Nr. 5, vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist diesem Änderungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt worden; er ist demzufolge abgelehnt.

Ich komme - zweitens - zur Beschlussempfehlung, Drucksache 5/8183, eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Gesetz über ergänzende Regelungen zur Neuordnung des Beamtenrechts im Land Brandenburg. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist dieser Beschlussempfehlung mehrheitlich Folge geleistet worden. Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Viertes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/7722

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Drucksache 5/8177

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Wir kommen demzufolge direkt zur Abstimmung.

Es liegt die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 5/8177, vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es gibt keine. Damit ist der Beschlussempfehlung einstimmig Folge geleistet worden. Das Gesetz ist in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und eröffne den neuen Tagesordnungspunkt 6, auf den sich die Parlamentarischen Geschäftsführer verständigt haben. Es gab eine interfraktionelle Verständigung darüber, die bisherigen Tagesordnungspunkte 6 und 8 miteinander zu tauschen. Deshalb rufe ich nunmehr Tagesordnungspunkt 6 auf:

Voraussetzungen für die Errichtung einer Pflegekammer prüfen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/8132

Für die CDU-Fraktion wird die Abgeordnete Schier die Debatte eröffnen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wie eine Gesellschaft funktioniert, sieht man an den zufriedenen Alten.“ - So sagt es ein japanisches Sprichwort. Das ist nicht von mir - leider.

Das Thema Pflege ist seit geraumer Zeit täglich in den Medien, sei es, weil die Pflege Mängel aufweist oder weil schlichtweg Pflegekräfte fehlen. Letzteres hat viele Gründe:

Erstens. Die Arbeitsbedingungen sind trotz vieler technischer Hilfsmittel sehr anspruchsvoll und bedürfen immer wieder Schulungen, zum Beispiel in Kinästetik.

Zweitens. Das Alter der Pflegekräfte ist hoch. Es bedarf großer Anstrengungen, Nachwuchskräfte zu bekommen. Da die Ausbildung aber auf die zu Pflegenden umgelegt wird, scheuen sich nicht wenige Einrichtungen, auszubilden.

Drittens. Der Pflegeberuf ist Berufung. Menschen, die sich entscheiden, in die Pflege zu gehen, entscheiden sich für einen sehr schönen Beruf, der hohe moralische und soziale Kompetenzen voraussetzt.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Schippel [SPD])

Viertens. Leider steht dieser Beruf weder hoch im Kurs, was die Anerkennung noch was die Bezahlung angeht. Es gibt sicher noch mehr Aspekte. Ich will es aber einmal dabei belassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für das Land Brandenburg wird eine Zunahme an zu Pflegenden bis zum Jahr 2030 auf 160 000 geschätzt. Das setzt aber auch eine Zunahme der Pflegekräfte von heute 25 000 auf dann 54 000 voraus. Dieser Bedarf an Pflegekräften ist durchaus etwas Positives. Jeder, der heute Altenpfleger oder Altenpflegehelfer wird, hat einen sicheren Arbeitsplatz. Wer kann das schon von sich behaupten?

Übrigens ist das Problem kein Brandenburger Problem. Bundesweit sind 0,69 Bewerber in der Altenpflege auf dem Arbeitsmarkt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: 0,69 Bewerber! Um die Probleme in ihrer Gesamtheit anzugehen, können wir mehrere Wege einschlagen: Umschulung, die Ausbildung zum Altenpflegehelfer, Ausbildung ehrenamtlicher Kräfte usw. Das sind einige Maßnahmen, die es auch bereits gibt.

Die Einrichtung einer Pflegekammer kann ein weiterer wichtiger Schritt sein, die Pflege aufzuwerten. Es gibt kaum ein Bundesland, das nicht schon darüber nachdenkt. Berlin prüft derzeit die Einrichtung einer Pflegekammer. Ähnliche Diskussionen gibt es in Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz,

Schleswig-Holstein und im Saarland. In Bremen fordert die CDU die Bildung einer Pflegekammer. Ein Argument ist, dass eine Pflegekammer wichtige Aufgaben wie die Überwachung von Standards und der Qualität in der Pflege übernehmen könnte. In der Regel werden Umfragen durchgeführt, um ein Meinungsbild der Pflegenden zu bekommen. Die Umfrageergebnisse sind bislang noch nicht in allen Bundesländern endgültig ausgewertet. In Rheinland-Pfalz ist die Mehrheit der Pflegenden für die Bildung einer Pflegekammer. Auch alle Parteien sind sich darüber einig. Die Pflegekammer wird in Rheinland-Pfalz aller Voraussicht nach im Jahr 2014 etabliert.

In Gesprächen mit Pflegeverbänden in Brandenburg werden sowohl Vorteile als auch Nachteile gesehen, die sich aus einer Kammerbildung ergeben könnten. Die Vorteile wären eine Qualitätssicherung in der Pflege und die Überwachung aller beruflichen Belange der Pflegenden. Allerdings - das gehört zur Wahrheit dazu - setzt eine Kammer auch die Mitgliedschaft der Einrichtungen voraus. Da es dabei um Geld geht, wird dies erst einmal nachteilig gesehen. Um herauszufinden, ob die Einrichtung einer Pflegekammer sinnvoll ist, bitten wir die Landesregierung mit diesem Antrag, eine Befragung der Betroffenen bzw. der künftigen möglichen Mitglieder einer solchen Kammer darüber durchzuführen, wie sie eine Pflegekammer sehen.

Ein Blick nach Berlin ist dabei wünschenswert, denn der Berliner Senat stellt auch diese Überlegung an. In die Diskussion sollten auch vorliegende Gutachten über die rechtliche Zulässigkeit und mögliche Konsequenzen einer Pflegekammer einbezogen werden. Wenn sich eine Mehrheit der befragten Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die in der Pflege tätig sind, für eine Kammerbildung aussprechen und die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit positiv beantwortet werden kann, sollte die Bildung einer gemeinsamen Pflegekammer Berlin-Brandenburg angestrebt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle sind potenzielle Patienten - oder Kunden; nennen Sie es, wie Sie wollen künftiger Pflegeeinrichtungen. Wir haben die Möglichkeit, heute das Für und Wider auszuloten und entscheidende Weichen zu stellen. Ich freue mich auf den Austausch der Argumente mit Ihnen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU sowie vereinzelt B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schier. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Lehmann hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Liebe Kollegin Roswitha Schier! Die Pflege ist in der Tat das Thema der Zukunft; wir stehen vor einer großen Herausforderung. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich bis 2030 um 70 % erhöhen. Wir benötigen deshalb im selben Zeitraum doppelt so viele Beschäftigte in der Pflege - und dies im Wissen, dass die Zahl der Erwerbspersonen in diesem Zeitraum insgesamt um 25 % sinken wird. Das ist ein spannender Spagat, den es gerade für die Pflege zu bewältigen gilt.

Aus dem Grund haben wir bereits im Mai 2011 die Landesregierung beauftragt, eine Pflegestudie zu erstellen - mit dem Ziel, die Pflege in Brandenburg langfristig zu sichern. Wir haben die Landesregierung gleichermaßen aufgefordert, uns im ersten Halbjahr dieses Jahres einen entsprechenden Bericht vorzulegen, und vor kurzem in diesem Haus über diesen Bericht intensiv diskutiert. Die Pflegestudie wird in Kürze erscheinen; wir warten jeden Tag darauf.

Unabhängig davon ist jede Idee, die die Pflege sichern hilft, wichtig; für jede muss man danke sagen - auch für die einer Pflegekammer. Auch dieses Thema wird in der Bundesrepublik diskutiert, und zwar sehr kontrovers. Berlin hat im April einen Förderverein Pflegekammer gegründet. Schauen wir einmal, wie die Befragung - wenn es zu ihr kommt - ausgeht.

Im Auftrag des niedersächsischen Sozialministeriums wurde eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse sind differenziert. Zwar spricht sich die überwiegende Mehrheit 67 % - grundsätzlich für die Einrichtung einer Pflegekammer aus, aber einer Pflichtmitgliedschaft mit Beitragspflicht stimmen nur 42 % zu. Roswitha, du hast es im Grunde genommen gesagt: Die Interessenslage spielt dabei eine große Rolle. Das ist ein schwieriges Feld; man muss dieses Thema behutsam behandeln.

Was macht eine Pflegekammer? Sie soll die Anliegen der Beschäftigten im Pflegebereich bündeln und den Pflegeberuf nach außen hin stärken. Dazu gehört nicht nur die klassische Pflege, auch die Krankenpflege und die Kinderkrankenpflege gehören dazu. Die Pflegekammer soll aber nicht Aufgaben der Gewerkschaften übernehmen: Sie führt keine Tarifverhandlungen und auch keine Pflegesatzverhandlungen.

Die CDU-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz hat eine Anhörung dazu durchgeführt. Im Ergebnis war man sich einig, dass auch eine Pflegekammer das Fachkräfteproblem nicht lösen kann.

Wir haben in Brandenburg eine umfangreiche Studie in Auftrag gegeben. Derzeit wird mit allen Beteiligten ein intensiver Pflegedialog geführt. Übrigens wird in diesem Pflegedialog auch das Thema Pflegekammern angesprochen - und die Begeisterung dafür hält sich in Grenzen.

Ich empfehle uns allen, die Pflegestudie, sobald sie vorliegt, als Grundlage zu nehmen, weiter zu diskutieren und dann zu schauen, ob es in Brandenburg möglicherweise irgendwann wichtig und sinnvoll ist, solch eine Struktur der Pflegekammer einzurichten. Diese Zeit sollten wir uns nehmen. Wir sollten nicht jetzt und heute, sondern in Verbindung mit der Pflegestudie die nächsten Schritte einleiten. - Damit bedanke ich mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegin Lehmann, ich kann Ihre Argumentation nachvollziehen. Aller

dings ist der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion lediglich ein Prüfauftrag an die Landesregierung, die Voraussetzung für die Errichtung einer Pflegekammer in Brandenburg zu prüfen und durch eine Befragung denjenigen, die betroffen - dies in Anführungszeichen - wären, die Möglichkeit zu eröffnen, sich zu positionieren. Dies an sich ist kein falscher Schritt. Ich wundere mich immer ein bisschen, wie Sie es schaffen, Ihre Betroffenheit darzulegen, aber zum Ergebnis zu kommen, dass wir immerzu auf alle möglichen anderen Schritte warten müssen, obwohl in dieser Frage kein großes Problem vorhanden sein dürfte.

Ich bin skeptisch, was eine Pflegekammer betrifft, und lehne sie ab. Sie haben gerade auf die Umfrage hingewiesen: Ich glaube nicht, dass eine Pflegekammer mit einer Zwangsmitgliedschaft für die Betroffenen ein sinnvolles Instrument ist. Ich weiß auch nicht, ob eine Pflegekammer durch die Vertretung der Interessen der zu Pflegenden die Pflege absichert. Ich glaube, wir haben in der Pflege ganz andere Probleme: Dieser schwere Beruf genießt zu wenig Anerkennung in der Gesellschaft und wird schlicht und ergreifend zu schlecht bezahlt; deswegen gehen Menschen nicht verstärkt in die Pflege.

Wir haben vom Landespflegerat Berlin-Brandenburg Ende Juli die Mitteilung bekommen, dass es in Berlin eine Befragung zur Pflegekammer geben soll. Sozialsenator Czaja hat sie noch für dieses Jahr angekündigt und gesagt, das Konzept stehe, die Kritiker würden einbezogen. Bislang steht aber noch kein Termin fest.

Ich glaube, dass eine Pflegekammer kein Selbstläufer ist; ich zweifle an ihrem Mehrwert für die Beschäftigten und die Pflegelandschaft als Ganze. Die Herausforderungen in der Pflege sind gesellschaftliche Anerkennung für den Beruf und die Leistungen der Beschäftigten. Natürlich brauchen wir dafür ein verändertes gesellschaftliches Bewusstsein. Dazu gehört auch politisches Lobbying als Mittel. Vielleicht muss die Vertretung der Pflege politischer werden, um gehört zu werden und ihre Rechte nachdrücklicher zu vertreten. Ich bezweifle aber, dass eine Kammer diese Aufgabe erfüllen kann, da Interessen von Funktionären nicht unbedingt deckungsgleich mit Interessen von Mitarbeitern sind.

Bislang ist nicht nur in Brandenburg ungeklärt, welche Aufgaben und Kompetenzen Pflegekammern erhalten sollen. Die Darstellung des Mehrwertes für die Akteure in der Pflege ist notwendig, bislang aber nicht wirklich sichtbar. Eine Pflichtmitgliedschaft und ein Pflichtbeitrag ohne konkrete Gegenleistung sind unsinnig. Wir als FDP-Fraktion würden sie ablehnen.