Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! In einem Lied von Wolfgang Amadeus Mozart heißt es:

„Wo Musik sich frei entfaltet, sieht man eines Lebens Sinn, wo Musik sich frei entfaltet, findet Freude immer hin.“

Die Vermittlung dieser Freude ist die gemeinsame Aufgabe des Landes, der Kommunen, der Bildungseinrichtungen und der Vereine. Im Ergebnis der Volksinitiative „Musische Bildung für alle“ wurde die Landesregierung am 25. Februar 2010 beauftragt, die Situation der Musikschulen und insbesondere die aktuelle Struktur der Finanzierung der Musikschulen, die qualitativen und quantitativen Angebote dieser, die Leistungen und Ergebnisse der Arbeit der Musikschulen sowie die Situation der tätigen Lehrkräfte zu evaluieren.

Das Brandenburgische Musikschulgesetz trägt dabei zur Sicherung eines flächendeckenden Musikschulunterrichts bei, indem es eine gewisse Planungssicherheit und Kontinuität ermöglicht. Nun liegt die Novellierung vor. In diese flossen Anregungen aus der Anhörung der Sachverständigen sowie die Empfehlungen des Landesrechnungshofes ein. Mit der Novellierung wird in Zukunft ein einheitliches Verfahren zur Erteilung der Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „Anerkannte Musikschule und Kunstschule im Land Brandenburg“ durch ein Zertifizierungsverfahren erteilt. Dies erfolgt alle fünf Jahre auf der Grundlage von Qualitätskriterien, die gesetzlich fixiert sind.

Der einzige Streitpunkt ist die Finanzierung. Zum einen geht es dabei um den Verteilungsschlüssel der Förderung - hier nennt das Gesetz die Faktoren Schülerzahl und Unterrichtsstunden. Mit der Einführung dieses sinnvollen Steuerungsinstrumentes Schülerzahl - wollen wir keine unnötigen Härten hervorrufen, lediglich die Breitenwirkung unserer Musik- und Kunstschulen unterstützen und weiter fördern. Zum anderen wird eine beachtliche Erhöhung der Landesförderung gefordert. Auch ich könnte mir mehr Geld im System Musik- und Kunstschulen vorstellen. Aber lassen Sie mich an den Titel des Gesetzes erinnern: Gesetz zur Förderung - die Betonung liegt auf Förderung der Musik- und Kunstschulen.

Die Hauptverantwortung dieser Einrichtungen liegt nach wie vor bei den Kommunen als Betreiber. Verantwortungsvolle Landespolitik besteht aber gerade darin, zwischen dem, was wünschenswert, und dem, was möglich ist, abzuwägen

Der schon verstorbene amerikanische Geiger Menuhin sagte einmal:

„Die Musik spricht für sich allein. Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance.“

Tun wir es, stimmen Sie unserer Beschlussvorlage zu!

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Theiss. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Heinrich hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Gesetz zu novellieren, welches seit 1993 durch eine Volksinitiative gefordert wurde, jenes Gesetz, wofür bereits 1996 die CDU mit einem Antrag plädierte und welches erst im Jahr 2000 eine Mehrheit fand, weckt viele berechtigte Erwartungen.

Als zum Ende der letzten Wahlperiode vom Landesverband der Musikschulen erneut eine Volksinitiative initiiert wurde, um die dringend notwendige Verbesserung der Finanzierung der Musikschulen zu erwirken, stellte die Brandenburger Landesregierung eine Novellierung des bestehenden Gesetzes bis 2010 in Aussicht. Betrachte ich den vorliegenden Gesetzentwurf von SPD und DIE LINKE, so bleibt dieser weit hinter den Erwartungen der Akteure vor Ort, denn er erfüllt keine ihrer Forderungen.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Mir ist sehr bewusst, dass zusätzliche öffentliche Ausgaben zu rechtfertigen sind, Ausgaben für Musikschulen machen dabei keine Ausnahme. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn sich vier Jahre nach jener vollmundigen Ankündigung der bildungspolitische Ehrgeiz Brandenburgs in der Förderung von kultureller Bildung widergespiegelt hätte.

Natürlich besteht unsere Aufgabe nicht nur darin, eine höchstmögliche finanzielle Förderung unserer Musikschulen zu gewährleisten, sondern ebenso den Zugang und das Erleben. Umso gewissenhafter sollte unser Umgang mit den Bedingungen sein, unter denen Musik- und Kunstschulen heute stattfinden und sich entfalten. Dabei kann man heute zum ersten Mal in der Geschichte eine Generation erleben, die Musik praktisch allgegenwärtig erlebt - in Kaufhäusern, in Warteschleifen, am Telefon, es tönt aus den Handys oder - greulich - im Fahrstuhl. Da fragen wir uns mal ganz schlicht: Braucht es denn da tatsächlich noch Musikunterricht und Musikschulen aus Steuergeldern? - Gerade deshalb!

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Gerade des allgegenwärtigen und schnell vergänglichen Gedudels wegen gilt es, vor allem jungen Menschen Gefühl für Kriterien von Qualität zu vermitteln, ihnen zu zeigen, dass Musik mehr ist als eine beliebige vergängliche Klang- und Rauchwolke, sondern ein elementares Stück unserer Kultur.

Wenn wir unsere Gesellschaft zukunftsfähig machen wollen, müssen wir den ganzen Menschen im Blick haben, nicht nur den Kopf, sondern die gesamte Person - Verstand, Sinne, Vernunft und emotionale Intelligenz gleichermaßen.

Eine erfolgreiche Novellierung des Musikschulgesetzes muss daher einem ganzheitlichen Verständnis von kultureller Bildung folgen. So ist der Förderansatz nach Anzahl der Schüler völlig konträr zu einem ganzheitlichen Ansatz und führt zu mehr Masse statt Qualität. Eine Bildung, die sich auf eine rationale und kognitive Vermittlung musischer und künstlerischer Fähigkeiten beschränkt und bei der allein durch die Fördermodalität und daraus resultierendem zunehmendem Gruppenunterricht der Qualitätsanspruch nicht mehr erkennbar ist, kann nicht in unserem Sinne sein. Oder - wie es im Jahr 1998 ein Nobelpreisträger formulierte -:

„Wenn der Mensch nur noch als homo oeconomicus daherkommt und nur noch Nutzen und Präferenzen im Kopf hat, dann wird er zum rationalen Trottel.“

Wir wollen genau das verhindern. Deshalb sind die Arbeit, die Leistungen und die Erfolge unserer Musikschulen und Kunstschulen unverzichtbar.

(Beifall CDU)

Deshalb setzt die CDU-Fraktion - im Gegensatz zum vorliegenden Gesetzentwurf - auf klare Qualitätsmaßstäbe und Talentförderung. Der Landeszuschuss für eine flächendeckende Absicherung der Musik- und Kunstschulen soll von 2,6 auf mindestens 3 Millionen Euro erhöht werden, um dem steigenden Bedarf ohne Qualitätsverlust zu entsprechen.

Das Projekt „Klasse: Musik“ hat sich außerordentlich bewährt. Damit wird die aktive Nachwuchsgewinnung für Ensembleund Orchesterarbeit deutlich unterstützt. Weit mehr als die bestehenden 141 Klassen an 52 Schulen haben Interesse an diesem Projekt. Deshalb sollten dringend ein Projekt „Klasse: Kunst“ aufgelegt und für beide Projekte 2,6 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Ferner erachten wir sowohl ein Anreizsystem für Spitzenleistungen in nationalen und internationalen Wettbewerben als auch ein Stipendiensystem zur Förderung außergewöhnlicher Begabungen von Kindern und Jugendlichen, deren Eltern die Kosten nicht oder nur schwer tragen können, für außerordentlich wichtig.

Das Berechnungsverfahren für die Landeszuschüsse ist - wie auch das angekündigte kostenpflichtige Anerkennungsverfahren für Musikschulen - weder gerechtfertigt noch erforderlich.

Abschließend haben wir die Bitte, sich nicht von den Fachkompetenzen der musischen und künstlerischen Ausbildung bei der Auswahl von Leitern einer Einrichtung zu entfernen.

Verehrte Damen und Herren! Ein Wort zum Schluss: Es wird zwar viel Lob für die Musik- und Kunstschulen verteilt und deren Bedeutung hervorgehoben - Frau Theiss hat wunderbare Zitate gebracht -, aber die Rahmenbedingungen, die von den Regierungsfraktionen heute sicherlich mehrheitlich bestimmt werden, werden uns statt Lobgesang ein Pfeifkonzert einbringen. SPD und Linke provozieren heute deutlich eine neue

Volksinitiative, der ich von Herzen Erfolg wünsche. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten von Halem [B90/ GRÜNE] und des Abgeordneten Lipsdorf [FDP])

Wir setzen mit dem Beitrag der Linksfraktion fort. Der Abgeordnete Groß spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Brandenburg hatte bisher ein gutes Musikschulgesetz, auf dessen Grundlage die Musikschulen des Landes und ihr Landesverband sehr gute Arbeit geleistet haben. Dafür sei ihnen an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.

Das vorliegende Gesetz zielt darauf ab, den Zugang zu musikalischen Bildungsangeboten der geförderten Musikschulen für alle an musikalischer Bildung Interessierten zu erleichtern sowie das hohe Qualitätsniveau und die Leistungsfähigkeit der geförderten Musikschulen langfristig zu sichern.

Dieses Gesetz hat eine lange Entstehungsgeschichte. Es ist aus meiner Sicht in Auswertung der Evaluierung und im Verlauf der parlamentarischen Debatten gelungen, wesentliche Verbesserungen durchzusetzen. Aus meiner Sicht liegen sie im Folgenden:

Die Integration der Kunstschulen in den Geltungsbereich des Gesetzes halte ich für außerordentlich wichtig. Damit werden erstmals gesetzliche Standards für den Betrieb von Kunstschulen in Brandenburg definiert und die Arbeit der Kunstschulen auf eine verlässlichere Grundlage gestellt.

Für durchaus richtig halten wir auch solche Maßnahmen, die zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes führen. Das sind zum Beispiel die Einführung eines einheitlichen Verfahrens zur Erteilung von staatlichen Anerkennungen oder die Berechnung der Förderbeiträge, die zukünftig aufgrund der Daten aus dem Kalenderjahr erfolgen soll, das dem Förderjahr vorausgegangen ist, nicht mehr aus dem laufenden.

Auch die vorgesehene Änderung der Bemessungsgrundlage für die Mittelverteilung hat unter anderem das Ziel, den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Gleichzeitig sollen die Musikschulen animiert werden, mit ihrem Unterrichtsangebot mehr Schülerinnen und Schüler als bisher zu erreichen und damit die Aufnahmekapazitäten zu erweitern. In der geänderten Bemessungsgrundlage wird daher nicht mehr nur die Anzahl der erteilten Jahresunterrichtsstunden, sondern die Anzahl der vertraglich gebundenen Schülerinnen und Schüler berücksichtigt. Da das konkrete Verteilungsverhältnis bezüglich beider Parameter im Einzelnen einer Rechtsverordnung vorbehalten ist, erneuern wir an dieser Stelle nochmals unsere Forderung, nicht ein Verhältnis von 1:2, sondern eines von 1:3 vorzusehen.

Sehr froh sind wir darüber, dass die ursprüngliche Idee, die Anerkennung durch eine externe Zertifizierungsagentur vornehmen zu lassen, fallengelassen wurde und gegebenenfalls nur die Möglichkeit der Einbeziehung Dritter vorgesehen ist. Wir bitten das Ministerium, auch davon nur sehr sparsam Gebrauch

zu machen, damit die vorgesehenen staatlichen Zuschüsse tatsächlich für die Förderung der Musik- und Kunstschulen zur Verfügung stehen.

Damit bin ich bei dem wichtigen Punkt der Finanzierung. Der Verband der Musik- und Kunstschulen hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Musikschulen drastisch gestiegen ist, von 28 000 im Jahr 2001 auf über 35 000 gegenwärtig, die Finanzierung jedoch unverändert - bei 2,6 Millionen Euro jährlich - geblieben ist. Damit deckt das Land ca. 9 % des finanziellen Gesamtbedarfs ab. Weitere 50 % tragen die Kommunen und 40 % die Eltern. Die Fördersumme ist im Gesetz auf lediglich 2,69 Millionen Euro erhöht worden. Die dazugekommenen 90 000 Euro sind die Mittel, die bisher für die Förderung der Kunstschulen zur Verfügung gestellt wurden.

Wir alle kennen die finanzielle Situation des Landes und wissen, dass im Moment nicht mehr möglich ist. Dennoch plädiere ich für die Fraktion DIE LINKE dafür, bei der Aufstellung des nächsten Landeshaushalts ernsthaft zu prüfen, inwieweit die Fördersumme erhöht werden kann. Die vom Verband der Musik- und Kunstschulen geforderten 5,2 Millionen Euro sollten dabei eine ernstzunehmende Zielmarke sein.

Ich bitte, dem Beschlussvorschlag des Fachausschusses zuzustimmen, und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag des Abgeordneten Lipsdorf fort. Er spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Förderung der Musik- und Kunstschulen im Land Brandenburg ist insoweit zu begrüßen, als nun - nach vier Jahren! - endlich eine gesetzliche Anerkennung von Kunstschulen stattfindet. Musik und Kunst sind für die Entwicklung von Kindern speziell in unserem Land wichtig. Daher bleibt nach vier Jahren zu fragen: Mein Gott! Ist das alles, was Sie dafür gemacht haben?

Die „Würze“ des Gesetzes liegt in den Details, aufgrund derer wir dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen können.

Erstens: Die Landesregierung plant, nicht wie bisher nur die Zahl der Unterrichtsstunden als Bemessungsgrundlage für die Landesförderung zu nehmen, sondern zusätzlich die Schülerzahlen heranzuziehen. Dies kann dazu führen, dass zukünftig an den Musikschulen unseres Landes das Motto „Masse statt Klasse“ gilt, was nicht zielführend wäre und nicht Maßstab für dieses Gesetz sein sollte.

Zunächst erscheint die Förderung von Gruppenunterricht, um mehr Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Zugang zu Musikschulen zu ermöglichen, gut. Dies wird aber zwangsläufig zulasten des Einzelunterrichts an Schulen gehen. Es wird genau den umgekehrten Effekt haben; denn Einzelunterricht wird immer mehr nachgefragt, was dazu führen wird, dass in der Gesamtzahl noch mehr Gesamtschüler den Unter

richt nicht bekommen bzw. die Anzahl der Musikschüler sogar zurückgeht.

Zweitens, die Höhe der Landesförderung: Die Musikschulen in Brandenburg beklagen die zu geringe finanzielle Ausstattung. Das vorliegende Gesetz regelt vieles und verlangt von den Musikschulen auch so einiges, insbesondere die eingeführten Qualitätsstandards, eine höhere Förderung für Musik- und Kunstschulen legt es jedoch nicht fest. Die finanzielle Förderung seitens des Landes bleibt also exakt die gleiche. Die Verärgerung der Landkreise und Kommunen über die festgelegte Mindestförderhöhe insgesamt ist verständlich. Und jetzt schiebt die Landesregierung wieder einmal die Hauptverantwortung, die Hauptlast auf andere ab, speziell auf die Kommunen. Vor dem Hintergrund dieser finanziellen Ausstattung und Regelung ist es fast schon eine Unverschämtheit der Landesregierung, zukünftig für das Genehmigungsverfahren und die Anerkennung als Musik- und Kunstschule Gebühren erheben zu wollen.