Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

(Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung wird sich in dieser Legislaturperiode, so sagt es die Koalitionsvereinbarung, auf dem Politikfeld nachhaltige Entwicklung sehr stark engagieren. Das haben wir hier deutlich gemacht. Den vorgelegten Antrag der Koalitionsfraktionen unterstütze ich sehr, und ich bin froh, dass wir dies heute zur Abstimmung bringen, denn damit legen wir eine gute Grundlage dafür, dass die Eckwerte für eine Nachhaltigkeitsstrategie in diesem Jahr vorgelegt werden können.

Lassen Sie mich aber zum Begriff Nachhaltigkeit noch einmal deutlich sagen - der Begriff erfährt ja, und das bedaure ich sehr, eine Inflation, einen Verschleiß, eine Fehlnutzung, weshalb ich noch einmal deutlich sagen will, was meine Kollegin Gregor-Ness auch schon zum Ausdruck gebracht hat -: Nachhaltigkeit umfasst für uns das Zusammenwirken der ökologischen, sozialen, ökonomischen Dimensionen und hat einen Demokratieaspekt. Auch das ist schon gesagt worden. Wenn dieser Prozess nicht von unten basisdemokratisch getragen wird, werden wir ihn gemeinsam nicht führen können.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht darüber hinwegsehen, dass uns wichtige Signale vor langfristigen Gefahren warnen. Im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen ist auch viel darüber diskutiert worden, leider nicht in der Konsequenz vertraglich zu Ende gebracht. Ich will sagen, dass die Signale wie Klimawandel, immer noch zunehmender Verbrauch von Energie und fossilen Brennstoffen, Übernutzung der Ökosysteme und Artenverluste zu den ungelösten Problemen weltweit zählen. Und, was uns auf den Nägeln brennt: Die soziale Ungleichheit wächst auch in unserem Land. Laut Armutsbericht der Bundesregierung fällt bereits jede vierte Familie unter die Armutsgrenze.

Schließlich, meine Damen und Herren, werden wir maßgeblich und auch nachhaltig von der Finanz- und Wirtschaftskrise mit ihren Folgen, von der Schuldenlast, von den Finanzproblemen beeinträchtigt. Diese Zusammenhänge - das bestreitet wohl niemand mehr - sind sichtbar und durch nachhaltige Politikansätze zu bewältigen. Diese Probleme gefährden unseren Lebensstandard und unsere künftige Entwicklung.

Die Politik - wir müssen gemeinsam darauf reagieren, und zwar mit einem ressortübergreifenden und langfristig orientierten Handlungsansatz. Nach allgemein anerkanntem Wissensstand ist es das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung, mit dem genau dies geleistet werden kann und mit dem Antworten gegeben werden können. Es orientiert sich am Maßstab der Gerechtigkeit bei der Nutzung der Ressourcen, der Gerechtigkeit zwischen den Generationen und innerhalb der Gesellschaft. Ich habe das extra noch einmal so deutlich hervorgehoben, weil Nachhaltigkeit ein sehr komplexes Thema, ein gesellschaftspolitisches Thema ist.

Mit dem Aktionsplan „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ wollen wir von früh an - in der Vorschule, in der Grundschule, in den weiterführenden Schulen - Erfahrungen und Kenntnisse der nachhaltigen Entwicklung vermitteln, damit Kinder und Jugendliche, die heranwachsende Generation in der Lage ist, nachhaltige Entwicklung besser zu meistern, als wir es bisher getan haben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin?

Ja bitte, immer gern.

Frau Ministerin, der Antrag der Regierungskoalition beinhaltet ja eine Aufforderung an die Landesregierung, und Sie sagen, dass das alles so toll ist. Wenn das so toll ist, warum machen Sie es dann nicht einfach?

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90)

Wir machen es jetzt. Es wird heute abgestimmt. Die Regierungsfraktionen haben sich dazu verständigt. Ich kann Ihre Frage nicht verstehen. Wir tun es. Sie werden uns an unseren Ergebnissen messen können; das verspreche ich Ihnen.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Dr. Woidke [SPD])

Meine Damen und Herren! Wir setzen uns auch mit dem erreichten Stand und dem Handlungsbedarf hier im Land auseinander; auch das ist von Herrn Jungclaus eingefordert worden. Ich denke, das ist unstrittig: Man muss die Basis bestimmen, um darauf aufbauen zu können. Wir haben bereits Vorbereitungen getroffen, Gespräche geführt, um die Neuberufung der Beiratsmitglieder - in der Regel zehn - vorbereiten zu können.

In den Regionen Brandenburgs gibt es eine Menge wissenschaftlicher Kompetenz, die uns genau diese Kompetenz im

Beirat für Nachhaltige Entwicklung und Ressourcenschutz vermitteln kann.

Gestern führte ich in Potsdam ein gutes Gespräch mit dem ehemaligen Umweltminister des Bundes, Herrn Prof. Töpfer. Mit dessen Hilfe konnte ein neues Institut in Potsdam angesiedelt werden - diese Kompetenz wird uns sehr bereichern -, und zwar das Institut für Klimawandel, Erderwärmung und Nachhaltigkeit. Dieses Institut wird unsere Arbeit wunderbar unterstützen können.

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Es ist eine große Herausforderung. Ich bin froh, dass wir heute gemeinsam - ich denke, Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, könnten sich guten Herzens anschließen - den Antrag abstimmen werden, damit wir die Voraussetzung haben, gemeinsam den Dialog zu führen und die Eckpunkte zum Herbst dieses Jahres vorzulegen. Meines Erachtens haben wir damit eine gute Voraussetzung geschaffen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Damit kommen zur Abstimmung. Zum Antrag der Koalitionsfraktionen liegt Ihnen der Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 5/340 vor. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen - Nachhaltige Entwicklung in Brandenburg -, der Ihnen in der Drucksache 5/290 vorliegt. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen, und die Arbeit kann beginnen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Umsetzung der Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele in Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/288

Der Abgeordnete Bretz eröffnet die Debatte für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Kopenhagen hat nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt. Dies ist bedauerlich, aber zur Kenntnis zu nehmen. Ich glaube, die Schlussfolgerung daraus muss sein und ist es auch, dass wir unsere Bemühungen forcieren, weiter verstärken müssen.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Punkt 2 meiner Vorbemerkungen: Wir glauben, aktuell zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Energiepolitik im gegenwärtigen Zustand sehr deutlich ändern. Als stellvertretendes Beispiel dafür möchte ich die aktuelle Diskussion um die EEG-Novelle erwähnen, die die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien degressiv zurückführt. Kurzum: Die Rahmenbedingungen dafür ändern sich. Daraus müssen wir die Schlussfolgerungen ziehen und die Frage stellen: Wie wirkt sich das auf die Energiestrategie bzw. die Energiepolitik des Landes Brandenburg aus?

Punkt 3 meiner Vorbemerkungen: Wir als CDU-Fraktion bekennen uns natürlich zur Energiestrategie des Landes Brandenburg, die im Wesentlichen auf drei Säulen ruht: auf der - ersten - Säule von Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit, auf der - zweiten - Säule, die sich um den Bereich Versorgungssicherheit rankt, und auf der - dritten - Säule, die den Bereich Unabhängigkeit zum Inhalt hat. Da wir diese drei Säulen in den Vordergrund rücken, werden wir uns im Rahmen dieser Energiestrategie auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen. Darin sehen wir einen vernünftigen und notwendigen Schritt, um bei den CO2-Einsparungen voranzukommen. Zudem halten wir als CDU-Fraktion daran fest, dass es unser Ziel sein muss, in Deutschland den CO2-Ausstoß pro Kopf auf 2 t zu reduzieren. Bis dorthin ist es noch ein langer Weg, den wir jedoch gemeinsam bewältigen werden.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Zu diesem Energiemix - das wird dem einen oder anderen eventuell nicht gefallen - gehört auch die Braunkohle. Zwar wird die Braunkohle in diesem Energiemix an Bedeutung verlieren - das liegt in der Natur der Sache -, jedoch sind wir der Meinung, dass Braunkohle Bestandteil dieses Energiemixes sein muss.

Zudem bekennen wir uns zur Erforschung der CCS-Technologie. Dies ist selbstverständlich; denn möchte man die Reduktion der CO2-Emission erreichen, muss man auch sicherstellen, dass Technologie vorhanden ist, die das gewährleisten kann.

Im Ganzen dient unser Antrag dazu, zu erfahren, wie sich die Landesregierung die Energiestrategie im Lichte der neuen Entwicklungen vorstellt. - Wir möchten insbesondere, dass dieses Hohe Haus bzw. dieses Parlament in diesen Diskussionsprozess eingebunden wird; denn es muss der Anspruch dieses Hauses sein, einen Beitrag zur Entwicklung dieser Strategie zu leisten.

An dieser Stelle sind wir bei einem Punkt, der erklären soll, warum dieser Antrag so notwendig ist. Diesbezüglich schaue ich in Richtung der Linksfraktion und möchte daran erinnern, was Sie im Wahlkampf den Bürgern versprochen haben. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der Linkspartei, sind durch die Lande gezogen und haben den Bürgern versprochen: Mit uns gibt es den Ausstieg aus der Braunkohle! Wir kämpfen gegen CCS-Technologie! Wir machen alles, nur nicht Braunkohle!

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Sie haben mit den Ängsten und Hoffnungen der Menschen Wahlen gewonnen, Sie haben mit den Ängsten und Hoffnungen

der Menschen gespielt und anschließend das genaue Gegenteil getan. Das finden wir nicht in Ordnung.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Tun Sie mir einen Gefallen und tragen Sie zur Reduktion der CO2-Emission in diesem Raum bei: Hören Sie zu!

(Heiterkeit und Beifall CDU und FDP)

Das Ganze möchte ich gern in folgende politische Formel packen: Wer mit warmer Hand die Linke wählt, muss spätestens im Ergebnis mit Erfrierungen rechnen.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Man muss offenkundig ein gewisses Maß an Herzenskälte in sich tragen, wenn man in dieser Weise mit den Hoffnungen und Ängsten von Menschen spielt.

(Beifall CDU und FDP)

Des Weiteren möchte ich nicht nur verdeutlichen, dass Sie mit den Ängsten der Menschen spielen, sondern auch das aufzeigen, was wir an Entwicklung erlebt haben. Wirtschaftsminister Christoffers legte Anfang November erste zaghafte Versuche seiner Energiepolitik dar. Dies führte dazu, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Woidke in einer Pressemitteilung den Herrn Wirtschaftsminister zur Ordnung rief und ihn daran erinnerte, er solle den Koalitionsvertrag umsetzen.

(Krause [DIE LINKE]: Macht er doch!)

Nicht genug damit; denn der Bundestagsabgeordnete Neˇskovi´c sagte einige Tage später, die Politik des Herrn Ministerpräsidenten sei rücksichtslos und gegen die Interessen der Menschen gerichtet. Aber auch damit nicht genug; denn einige Tage später äußerten sich der Herr Wirtschaftsminister und der Herr Ministerpräsident sehr positiv dazu,

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

dass die Europäische Union die Erforschung der CCS-Technologie in Jänschwalde mit 180 Millionen Euro unterstützt. Das war dann wieder positiv.

Anfang des Jahres äußerte sich Ihr Landesvorsitzender Nord auf einem Neujahrsempfang und sagte, seine Partei und Fraktion erinnere ihn an die Fernsehserie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“.