Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Wir reden an dieser Stelle über Einschränkungen des Zugangs für Studieninteressentinnen und Studieninteressenten zu den brandenburgischen Hochschulen. Dieses Thema ist durchaus geeignet, auch bei den zuständigen Fachministerien ambivalente Gefühle zu wecken. Einerseits ist es natürlich schön, wenn Studieninteressierte kommen - das ist ein Beleg für das Interesse und auch die Attraktivität unserer Hochschulen -, andererseits können wir nur so viele Interessenten ausbilden, wie wir seriös eine Versorgung für die Lehre haben. Gerade für sehr nachgefragte Fächer wie BWL müssen deswegen Grenzen gesetzt werden, die auch gerichtsfest und rechtssicher sind.

Es ist selbstverständlich, dass die Auswahl aber auch nach einem rechtsstaatlichen und transparenten Verfahren erfolgen

muss. Derzeit sieht das Verfahren so aus, dass im Hochschulgesetz eine Ermächtigung enthalten ist, die es der zuständigen Ministerin erlaubt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die Einzelheiten des Bewerbungsverfahrens, was Verteilung und Auswahlkriterien angeht, als auch Quoten regelt. Bei Bedarf dürfen die Hochschulen das durch entsprechende Satzungen ergänzen. An diesem Verfahren hat sich auch in den Grundzügen des neuen Hochschulgesetzes nichts geändert.

Herr Lipsdorf hat tatsächlich Recht damit, dass Brandenburg das einzige Land ist, das die Konstruktion über die Rechtsverordnung und nicht über ein Hochschulzulassungsgesetz gewählt hat. Dieses Verfahren wird seit 15 Jahren praktiziert, und es ist derzeit nicht bekannt, dass gerichtlich irgendetwas anhängig ist, das das ausdrücklich für unzulässig erklärt.

Ich bin gleichwohl von Hochschulen des Landes gebeten worden, auch in Brandenburg eine gesetzliche Regelung für das Hochschulzulassungsverfahren vorzusehen, und komme dem auch nach. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird voraussichtlich bis Ende des Jahres im Landtag sein.

Es gibt Nachfragen. Herr Jürgens, bitte.

Danke, Frau Ministerin, für diese ausführliche Antwort. Ich begrüße es, dass Sie hier in Aussicht stellen, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Das kommt auch mir und meiner Fraktion sehr nahe.

Sie haben eine Frage schon beantwortet, nämlich die, wie lange das Verfahren, obwohl es kein Gesetz gibt, in Brandenburg ohne erhebliche Prozessrisiken und ohne erhebliche Streitigkeiten funktioniert: nämlich seit über 15 Jahren. Ich habe dennoch die Frage, ob Sie mir zustimmen würden, dass auch, wenn wir ein solches Gesetz hätten, Prozessrisiken nicht völlig auszuschließen sind, weil trotz des Vorhandenseins eines Gesetzes Streitigkeiten, Klagen anhängig sein könnten.

Ja, da kann ich Ihnen nur Recht geben. Ich habe ja ausgeführt, dass es immer noch Regelungsmöglichkeiten seitens der Hochschulen gibt, und da steckt dann die Exekutive des Landes nicht im Detail. Da sich Gerichtsverfahren und Bewertungen von Richtern auch ändern, ist man nie komplett sicher, dass sich Leute auch einklagen, egal wie. Natürlich wird es für die Zukunft helfen, sich auch dem Mainstream anzupassen und ein Hochschulzulassungsgesetz zu erlassen.

Vielen Dank. - Wir kommen damit zur Leichenschau - Frage 1609 - der Abgeordneten Nonnemacher.

(Vereinzelt Heiterkeit - Ministerin Tack: Na, so weit wol- len wir es nicht treiben, Herr Präsident!)

Der Titel der Frage lautet „Defizite bei der äußeren Leichenschau in Brandenburg“.

Pro Jahr sterben knapp 28 000 Menschen in Brandenburg, nicht immer bekommen sie eine fehlerfreie Todesbescheinigung. Dies zeigt ein besonders spektakulärer Fall aus Prenzlau vom Frühjahr 2014. Eine Notärztin bescheinigte einen natürlichen Tod, obwohl bei einer späteren Obduktion drei Messerstiche im Leichnam entdeckt wurden.

Mangelnde Sorgfalt bei der Durchführung der Leichenschau führt zu falsch festgestellten Todesursachen. Diese gehen in die bundesweite Todesursachenstatistik ein und verfälschen deren Aussage.

Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, die Qualität der ärztlichen Leichenschau zu verbessern, um Straftaten nicht zu übersehen und eine exaktere Todesursachenstatistik zu garantieren?

Das weiß Frau Ministerin Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Nonnemacher, ja, es ist ein Problem. Zur Qualitätssicherung bei der äußeren Leichenschau gibt es jetzt deshalb beim Institut für Rechtsmedizin der Charité in Berlin einen Studienauftrag, wird eine Studie erstellt. Im Rahmen dieser Studie werden die Aspekte der ärztlichen Leichenschau in Berlin und Brandenburg konkret untersucht.

Ein besonderes Augenmerk der Studie liegt beim Notarztdienst, bei denjenigen, die vor Ort sind, und dem Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Brandenburger Gesundheitsämter beteiligen sich auch an dieser Studie. Es wird also eine Datenfülle geben, die es dann auszuwerten gilt. Wir erwarten von den Studienergebnissen Aussagen über die Qualität der ärztlichen Leichenschau, darüber, wie sie verbessert werden kann. Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass das notwendig ist. Wir wollen auch Rückschlüsse für notwendige Änderungen im Medizinstudium ziehen, zum Beispiel zum rechtsmedizinischen bzw. zum medizinrechtlichen Lernumfang.

Jahrelang haben sich mehrere Fachministerkonferenzen - sowohl Justizfachministerkonferenzen wie auch die Gesundheitsminister - mit diesen Themen befasst. Es gibt Reformvorschläge, die geprüft werden, zum Beispiel folgende Verbesserungsvorschläge - vier will ich nennen: Verbesserung der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung, adäquate Qualitätskontrollen der Dokumentation, Einführung von Meldepflichten bei bestimmten Auffindesituationen - ich glaube, das ist auch noch einmal ein wichtiger Gesichtspunkt - und Einführung einer Leichennachschau durch Rechtsmedizinische Institute in konkret noch zu definierenden Fällen.

Es liegt also eine Vielzahl von Vorschlägen auf dem Tisch. Eine einheitliche Regelung für die gesamte Bundesrepublik wird es angesichts der Vielzahl an Akteuren - Länder, Landesärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenhäuser -, die alle eigene Zuständigkeiten haben, nicht geben, sodass es den Ländern obliegt, in eigenem Ermessen Verbesserungspotenzial zu prüfen und vor allen Dingen Schlussfolgerungen zu ziehen, die auch umgesetzt werden.

Da es um eine Fülle von Daten geht, rechnen wir damit, dass die Studienergebnisse im Herbst dieses Jahres vorliegen. Dann können wir uns gemeinsam darüber beugen und feststellen, welche Schlussfolgerungen zwingend zu ziehen sind.

Da ich in der Kürze der Zeit nicht alles darstellen konnte, verweise ich nochmals auf die Antwort auf die Anfrage, die von den Kollegen der FDP im Februar dieses Jahres zum gleichen Thema gestellt worden war.

Es gibt Nachfragen. Frau Nonnemacher, bitte.

Frau Ministerin, ich begrüße es ausdrücklich, dass entsprechende Studien in Auftrag gegeben und Daten erhoben werden sollen.

Jetzt die Nachfrage: Planen Sie oder Ihr Haus, den Vorschlag zu unterstützen, in Brandenburg die Leichenschau durch speziell qualifizierte Ärzte durchführen zu lassen? Gerade im Rettungsdienst gibt es das Problem - das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen -, dass man unter Zeitdruck steht. Möglicherweise wird man schnell zum nächsten Einsatz gerufen, der lebensrettend sein kann, weshalb keine Zeit zur Verfügung steht, die Leichenschau in der erforderlichen Sorgfalt durchzuführen. Nochmals meine Frage: Unterstützen Sie den Vorschlag, dass Ärzte dafür ausgebildet und speziell mit dieser Aufgabe betraut werden?

Insoweit ja. Ich bin schon auf den Punkt „Verbesserung der ärztlichen Weiterbildung“ eingegangen. Dass die Ärzte eine entsprechende Qualifizierung erfahren, dafür bin ich ganz klar.

Keine Chance hat der Vorschlag, in einem Flächenland wie Brandenburg flächendeckend spezielle Leichenschaudienste einzurichten. Wir wollen den Weg gehen, dass die Ärztinnen und Ärzte besser qualifiziert werden, damit sie diese Aufgabe leisten können.

Nach Vorliegen der Studienergebnisse werden wir uns noch einmal intensiv damit befassen und die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen, und zwar mit allen Partnern zusammen, auch mit dem federführenden Innenministerium.

Herr Lipsdorf hat auch noch Nachfragen.

Frau Ministerin, damit haben Sie meine Frage schon fast beantwortet.

Schön.

Wir leben nicht in der schönen Welt des Fernsehens, wo - zum Beispiel in der Serie CSI - die Tatortsicherung immer perfekt

läuft und nur Spezialisten zum Einsatz kommen. Im Gegenteil, die Ärzte stehen nicht nur unter zeitlichem Druck, wie Frau Nonnemacher zu Recht sagte, sondern auch unter dem Druck anderer Personen, insbesondere der Beamten, die vor Ort sind. Eine Leichenschau vor Ort ist also auch aus verschiedenen anderen Gründen sehr schwierig, nicht nur wegen mangelnder Qualifikation der Ärzte.

Deshalb frage ich: Inwiefern wird das Innenministerium an den Plänen zur Weiterqualifizierung auch der Tatortbeamten, also der Beamten, die vor Ort sind, beteiligt? Ich glaube, dort gibt es eine heftige Diskrepanz, und da harrt ein Problem der Lösung.

War das eine Frage?

Das war eine Frage. Inwieweit wird das Innenministerium einbezogen?

Okay. Wenn das eine Frage war, antworte ich wie folgt: Meine Kompetenz betrifft die Ärztinnen und Ärzte sowie all diejenigen, die im gesundheitlichen Bereich dafür zuständig sind. Ansonsten liegt die Zuständigkeit nach dem Brandenburgischen Bestattungsgesetz beim Innenministerium. Wir werden uns in Auswertung der Ergebnisse der Studie darüber verständigen, ob gesetzliche Änderungen notwendig sind. Ansonsten ist die Frage, wie der Innenminister die Kompetenz der in seinem Bereich tätigen Beamten stärken wird, an ihn zu richten.

Danke. Die Mittagspause bietet eine Chance, Herr Lipsdorf.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren! Die Frage 1610 soll mit Frage 1612 (Kritik an der Bundesstatistik zum Linksextremismus) getauscht werden, sodass jetzt Dr. Scharfenberg seine Frage stellen kann.

Nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ soll die Bedrohung durch linksextreme Straftäter deutlich geringer sein als in den Statistiken des Bundes dargestellt. So hat das Bundesinnenministerium kürzlich vermeldet, Linke hätten im vergangenen Jahr 8 673 politisch motivierte Straftaten verübt. Das seien 40 % mehr als im Vorjahr gewesen. Nach den Recherchen des Magazins sollen für den Anstieg im Wesentlichen Sachbeschädigungen, vor allem aber Verstöße gegen das Versammlungsgesetz verantwortlich sein. Dahinter würden sich auch hunderte Fälle von Sitzblockaden verbergen. Konkret sei die Zahl dieser Verstöße von 802 auf 1 924 gestiegen, wobei viele davon mit Protestaktionen gegen Aufmärsche von Neonazis zu verbinden seien.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie - ausgehend von den Erfahrungen in Brandenburg - die vom Bund zugrunde gelegten Merkmale zur Einordnung der politisch motivierten Kriminalität von links?

Herr Minister Holzschuher antwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg, es ist zunächst festzustellen, dass die Erfassung der politisch motivierten Kriminalität nach dem bundesweit abgestimmten Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ erfolgt; so heißt es exakt. Es wurde auf der Innenministerkonferenz am 10. Mai 2001 rückwirkend zum 1. Januar 2001 beschlossen. Seitdem wird es regelmäßig fortgeschrieben. Es ist die Grundlage dafür, dass wir überhaupt politisch motivierte Kriminalität - Rechtsextremismus, Linksextremismus, auch die Kriminalität im Ausländerbereich, die etwa vom Islamismus ausgeht - gesondert erfassen können.

Es gibt aber keine gesonderte Bundesstatistik mit den Bewertungsmerkmalen, die Sie angesprochen haben. Deren Aufnahme in die Statistik obliegt letztlich den Ländern. Wir haben zur Kenntnis genommen - es gab eine entsprechende Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums -, dass es 2013, statistisch erfasst, 8 673 Fälle linksmotivierter Straftaten gab, was als Steigerung um 40 % gegenüber dem Jahr 2012 dargestellt wird.

Was wir nicht nachvollziehen können, ist die Angabe im „Spiegel“, dass das konkret im Zusammenhang mit Sitzblockaden oder ähnlichen Delikten stehen soll. Das wird von der Statistik nicht erfasst. Es ist allerdings bekannt - das betrifft gerade politisch motivierte Kriminalität, ob von rechts oder von links -, dass in Wahljahren Sachbeschädigungen an Plakaten bzw. Schmierereien zunehmen und insoweit regelmäßig eine Steigerung erfasst wird. So ist das, wenn das System die Aufnahme dieser Daten in entsprechender Weise erfordert.

Ich betone: Wir können das von uns aus nicht im Einzelnen bewerten, weil dies den Ländern obliegt und die Bundesstatistik die Angaben nur zusammenfasst. - Danke.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, damit ist unsere heutige - verkürzte - Fragestunde beendet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zum gesellschaftlichen Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Brandenburg

Große Anfrage 33 der Fraktion der CDU