Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Wenn man sich die Anträge im Verlauf des heutigen Nachmittags anschaut, könnte man meinen, der Landtag wäre am Ende noch einmal richtig fleißig geworden. Das haben wir doch eigentlich gar nicht nötig. Ich denke, wir haben in dieser Legislaturperiode eine ganze Menge geschafft, und vieles von dem, was wir heute Nachmittag ansprechen, kann überhaupt nicht mehr umgesetzt werden; dazu braucht es die neue Periode. Das ändert aber nichts daran, dass es richtig ist, das Thema aufgegriffen zu haben. Auch das von Ihnen eigenholte Gutachten ist wichtig. Auch wenn viele Erkenntnisse daraus nicht neu sind, so sind sie zumindest mit Zahlen unterlegt worden.

Es gibt allerdings an einer Stelle eine Erkenntnis, mit der wir uns ernsthaft auseinandersetzen müssen. Das gilt für die Brandenburger und die Sachsen gleichermaßen. In beiden Bundesländern ist im Vergleich zu westdeutschen Ländern die Bereitschaft, über Einsparungen oder Steuererhöhungen nachzudenken, um die Finanzierung zu gewährleisten, am geringsten. Wenn das in beiden Ländern der Fall ist, führt uns das zu einer naheliegenden Überlegung; die will ich nicht vertiefen, aber mit dieser Überlegung müssen wir uns auseinandersetzen, weil wir sonst die Frage Entschuldungsfonds: ja/nein? nicht aufgreifen können. Zu jeder Entschuldungsmaßnahme - das lässt sich bundesweit beobachten; mittlerweile sind 8 Länder dabei werden die betroffenen Gemeinden unmittelbar einen Beitrag

leisten müssen. Ohne wird es nicht gehen, und ohne einen solchen Beitrag wird die Bereitschaft derjenigen, die einen Ausgleich leisten sollen, kaum vorhanden sein.

Meine Damen und Herren! Ohne die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden wird aus Brandenburg nichts. Städte und Gemeinden sind das Herz des Landes. Dort leben die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Was das Engagement anbelangt: Hätten Sie sich regelmäßig aus dem Finanzausschuss berichten lassen, wüssten Sie vom Kollegen Vogel, dass wir beim Thema Kommunalfinanzen nie abgetaucht sind. Wir haben immer versucht, die Landesregierung und die Mehrheit im Landtag dazu zu bewegen, das Gutachten von Junkernheinrich, das schon vor drei Jahren ein Defizit von 80 Millionen Euro per anno im Land-Kommunen-Vergleich festgestellt hat, politisch umzusetzen. Natürlich können wir darüber diskutieren, was die Landesregierung alles nicht gemacht und was die Koalition mit ihrer Mehrheit alles verhindert hat. Aber das ändert ja nichts an dem Umstand, dass dieses Thema angepackt und in der neuen Sitzungsperiode einer Lösung zugeführt werden muss. Denn sonst wird es in der Tat mit neuen Strukturen in diesem Land nichts.

Wer auf der kommunalen Ebene unterwegs ist, weiß, welche Widerstände es mitunter in Bezug auf Nachbargemeinden gibt, unter der Überschrift: Wir wollen uns nicht schlechterstellen, als wir bisher stehen - teils durch eigenes Engagement, teils durch die Gunst der Lage. Von daher ist es verdienstvoll, das Thema angepackt zu haben und uns mit dieser Ausarbeitung fundierte Einschätzungen und Lösungsvorschläge auf den Tisch gelegt zu haben. Allerdings sind sie so komplex, dass wir sie heute nicht in einer abschließenden parlamentarischen Debatte erörtern können. Wir stehen bereit, in der neuen Periode. Da müssen wir nirgends auftauchen, da sind wir immer oberhalb der Wasserlinie geschwommen. - Schönen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Vogdt hat das Wort.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Eigentlich wäre jetzt Herr Ludwig dran! - Zuruf aus der SPD: Ist jetzt nicht Herr Ludwig dran?)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fünf Jahre rot-rote Politik in diesem Land bedeuten auch fünf verlorene Jahre für unsere Kommunen. Die Steuereinnahmen eilen in den letzten Jahren von Rekord zu Rekord; das Land verzeichnet stetig Steuerzuwächse. Obwohl sich dies auch bei den brandenburgischen Kommunen bemerkbar macht, sitzen einige Kommunen ganz tief in der Schuldenfalle. Nehmen wir nur einmal die Stadt Cottbus mit einem Schuldenberg von 257 Millionen Euro. Zu nennen sind auch Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Forst. Das sind Städte, die die höchsten Kassenkredite im Land aufweisen und zunehmend in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. Diese Städte sind gezwungen, den Gürtel deutlich enger zu schnallen und Leistungen einzusparen, um handlungsfähig zu bleiben.

Was ist da in den letzten Jahren passiert? Wie konnten die Kommunen in solch eine Situation geraten? Und viel wichtiger: Wie kommen sie da wieder heraus? Einerseits hat sich das Land in der Vergangenheit auf Kosten seiner Kommunen saniert. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf die Diskussion verweisen, die wir im Rahmen der Anpassung des kommunalen Finanzausgleichs führten.

Die Nichtstreichung des kompletten Vorwegabzugs, die fehlende Erhöhung der Verbundquote sowie die mangelnde Finanzausstattung des Finanzausgleichsgesetzes insgesamt. Hier hat die Landesregierung in der Vergangenheit nur Flickschusterei betrieben und Geld im bestehenden System umverteilt, statt neues hineinzugeben.

(Beifall FDP)

Außerdem - und das ist kein Geheimnis - finanziert das Land seit geraumer Zeit die den Kommunen übertragenen Aufgaben nicht aus. Andererseits hat sich in einigen Kommunen die Erkenntnis durchgesetzt, dass Sparen uncool ist. Warum auch sparen? Geld gibt es derzeit so günstig wie nie, und zurückzahlen werden es ja die künftigen Generationen.

Darüber hinaus fehlt den Kommunen schlichtweg der Anreiz, ihre Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen und auch vermehrt Kooperationen mit anderen Kommunen einzugehen. Braucht wirklich jede Kommune ihr Schwimmbad oder ihre Mehrzweckhalle? Ich meine, nein. Hinzukommt, dass die Kommunalaufsicht diesem ganzen Treiben einfach zuschaut und beim stetigen Schuldenaufbau ein „Weiter so!“ akzeptiert. Hier haben Sie auf ganzer Linie versagt.

Was muss also passieren? Alle kommunalen Ausgaben gehören auf den Prüfstand. Die interkommunale Kooperation muss gestärkt werden. Anreize für besseres Wirtschaften müssen geschaffen werden. In diesem Kontext sollten wir übrigens auch über eine Insolvenzfähigkeit von Kommunen nachdenken.

(Ludwig [DIE LINKE]: Na klar!)

Darüber hinaus sollten die Schulden der Kommunen in die Berechnungen der Landesschulden einbezogen werden, wenn es um die Einhaltung der Schuldenbremse geht. Dann kann das Land seine Aufgaben nicht einfach ohne Finanzierung an die Kommunen übertragen. Das Land muss sich endlich seiner Verantwortung für die Kommunen bewusst werden. Die Vorschläge in diesem Antrag - Entschuldungsfonds, Etablierung eines Frühwarnsystems usw. - sind alle berechtigt. Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmen wir deshalb zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Aufgrund der subversiven Tätigkeit der Grünenfraktion habe ich jetzt die Redeliste verwechselt. Der richtigen Redeliste zufolge wäre erst der Abgeordnete Ludwig von der Fraktion DIE LINKE mit seinem Redebeitrag an der Reihe gewesen. Er hat jetzt das Wort. - Das mit der subversiven Tätigkeit war ein Scherz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin für den Fehler sogar dankbar. Ich muss mich bei den Grünen entschuldigen und einiges von dem, was hier rübergekommen ist, geraderücken. Ich werde das einmal unter den FDP-Kommunalfraktionen verteilen und dann sehen, wie die reagieren.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Moment! So viele haben die nicht!)

Sehr geehrte Frau Vogdt, die Kommunalaufsicht im Land Brandenburg ist sowohl bei den hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern als auch bei den Landräten nun wirklich nicht dafür bekannt, dass sie irgendwie nachgiebig wäre, oder? Es ist auch dem Handeln der Kommunalaufsicht zu verdanken, dass alle brandenburgischen Kommunen zusammen einen Schuldenberg von - auch wenn es komisch klingt - „nur“ 2 Milliarden Euro angehäuft haben. Schauen Sie einmal nach Nordrhein-Westfalen: Dort bringt es eine Stadt allein auf 2 Milliarden Euro Schulden, und davon gibt es dort übrigens mehrere. Also zur Thematik, dass die Kommunalaufsicht hier nicht einschreitet: Sie können sich ja einmal mit Stadtverordneten aus Frankfurt (Oder) oder mit dem Kreistag Spree-Neiße darüber unterhalten, was man alles an Gründen nachweisen muss, um vom Land Hilfe zu bekommen. Ihre Position kann ich nicht nachvollziehen; möglicherweise sollten Sie doch noch einmal mit Ihren immer noch vorhandenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern reden - nein, bei Ihnen sind es ja ausschließlich Bürgermeister. Ich jedenfalls konnte das nicht nachvollziehen.

Was die Ausfinanzierung von Aufgaben anbetrifft, das fand ich so richtig spannend. Darauf komme ich noch einmal zurück das war bei der CDU und vor allem gestern in der Aktuellen Stunde so ein Ding -: Sie haben das Problem der Kinderarmut in Brandenburg dieser Landesregierung anzuheften versucht. Das ist ja nun völlig auf den Kopf gestellt, denn das ist das Ergebnis Ihrer Kanzlerschaft in den letzten Jahren!

(Unmut bei der CDU)

Den Beschluss verfassungswidriger Hartz-IV-Sätze, eines verfassungswidrigen Bildungs- und Teilhabepakets, das Treffen verfassungswidriger Regelungen für viele andere Fragen, die die Kleinsten dieser Gesellschaft betreffen, dieser Landesregierung anzuheften ist derartig hilflos. So werden Sie den Wahlkampf in Brandenburg nicht bestehen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Im Antrag der Grünen finden sich immerhin einige wichtige Sätze, die selbstverständlich auf breite Zustimmung in diesem Haus stoßen werden. Dass handlungsfähige Kommunen für ein lebendiges Brandenburg unverzichtbar sind - ich glaube, da wird Ihnen hier niemand widersprechen. In Ihrem Antrag finden wir aber keine Analyse der Ursachen des heutigen Zustands. Deshalb muss ich fragen: Wie sieht es mit der mangelhaften Bundesfinanzierung für pflichtig zu erbringende Sozialleistungen in den Kommunen aus? Deshalb muss ich fragen: Wäre eine Entschuldung in dieser Situation das wirklich richtige Mittel? Wären wir da nicht gerade in den Großstädten in Brandenburg in wenigen Jahren wieder bei verschuldeten Kommunen, wenn man daran nicht etwas ändert?

Deshalb wird es einen Gesamtkomplex an Maßnahmen geben müssen, um brandenburgische Kommunen lebensfähig zu halten und die, die es nicht mehr sind, wieder lebensfähig zu machen. Wir hatten übrigens eine breite Übereinstimmung in der Enquetekommission - ansatzweise übrigens auch mit den Vertretern der CDU-Fraktion - hergestellt, dass man eine Gesamtschau erstellen muss, insbesondere bevor man eine Funktionalreform durchführt - nicht nur, weil wir wissen, dass in Brandenburg die strikte Konnexität gilt. Frau Vogdt, deswegen müssen die Kommunen nicht befürchten - das betone ich -, dass sie bei der Aufgabenübertragung vom Land heute noch nicht ausfinanziert würden. Die letzten Urteile dazu sind bekannt, das Verfassungsgericht in Brandenburg nimmt das sehr ernst, und jede Landesregierung weiß, dass sie danach verfahren muss. Sie brauchen aber auch deswegen keine Angst zu haben, weil dieser Landtag in einem sehr umfassenden Gesetzgebungsvorhaben daran zu beteiligen ist, und dass es dabei bleibt, haben wir gerade mit dem Verwaltungsmodernisierungsgesetz und dem Beibehalten des Parlamentsvorbehalts in diesen Tagen entschieden.

Also: Diese Fragen müssen im Gesamtkomplex gesehen werden, und da haben wir in der Enquetekommission erste wichtige Teilbereiche bearbeitet, aber eben einen Teil - wie von Frau Nonnemacher auch gesagt - nicht, und das waren genau die Finanzierungsfragen und die Bewertung der Finanzbeziehungen einschließlich der Auswirkungen der angestrebten Umstrukturierung insgesamt, insbesondere bei der anstehenden Funktionalreform und der Verwaltungsstrukturreform.

In dem Antrag stehen auch öfter einmal die Worte „Anschub“, „Entschuldung“, „Förderprogramme“. Das hört sich interessant an, aber die Zahlen fehlen. Das heißt, über das Geld sprechen Sie zumindest im Antrag - heute kam dazu etwas erst einmal nicht. Das sind dann offensichtlich die weniger angenehmen Themen, zu denen Sie noch nichts aufschreiben wollen und die Sie lieber einem Finanzminister überlassen. Meines Erachtens wäre ein solcher Parlamentsbeschluss ein ungedeckter Scheck. Wir werden so große Summen für die Zielstellung benötigen, dass wir sie über mehrere Landeshaushalte verteilen müssen; Ihr Gutachter selbst spricht von einer halben Milliarde Euro, die dafür notwendig sein soll. Die Fragen müssen also in die Gesamtfinanzanforderungen an das Land eingebettet werden, und das wird mit einem Parlamentsbeschluss - nach dem Motto: Jetzt haben wir die halbe Milliarde dafür - nicht einfach funktionieren. Deshalb gehört das in ein Gesamtkonzept.

Das Gesamtkonzept werden wir - davon bin ich fest überzeugt, da immerhin vier Fraktionen unsere Empfehlung aus der Enquetekommission, die umgesetzt werden soll, mittragen diskutieren. Es gehört mit dazu, und die Teilentschuldung ist im Enquetebericht sogar ausdrücklich enthalten. Allen Reformbeteiligten muss der Zugang dazu offenstehen. Dabei bleibe ich, dabei bleibt die Linke, und wir werden es in der nächsten Legislatur genau so verhandeln. Heute können wir aus den genannten Gründen nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ludwig. - Wir setzen mit dem

Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Holzschuher, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Frau Abgeordnete Nonnemacher, in der Tat, das ist ein durchaus wichtiger Antrag mit wichtigen und richtigen Fragen, die man diskutieren muss und die wir auch schon sehr intensiv diskutiert haben. Das ist in der Enquetekommission gesagt worden, die einen Vorschlag gemacht hat, der hier sehr intensiv diskutiert wurde und der Grundlage für die weitere Arbeit auch der Landesregierung ist. Das ist an sich unstreitig.

Vielleicht ist es streitig, aber nun einmal Auffassung der Landesregierung, dass wir die Umsetzung dieser Vorschläge erst in der nächsten Legislaturperiode konkret angehen. Dafür spricht sehr viel, weil wir - gerade durch den Bericht der Enquetekommission - einen Diskussionsprozess ausgelöst haben, der überall im Land läuft. Es ist nicht so, dass wir uns wegducken - ich ducke mich nicht weg. Wenn ich im Land unterwegs bin und mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern rede, ist das ein zentrales Thema. Immer wieder - fast täglich, jedenfalls mehrmals wöchentlich - beschäftigt mich folgende Frage: Wie werden die zukünftigen Strukturen im Land sein? Da gibt es sehr viele Anregungen und sehr viele konkrete Vorstellungen im Land, und es gibt auch die Erkenntnis: Ja, wir haben Handlungsbedarf, wir haben Reformbedarf in der nächsten Legislaturperiode, aber eben erst nach einem Diskussionsprozess.

Deswegen wäre es aus meiner Sicht falsch, über diese durchaus diskutablen Themen bereits heute zu beschließen, denn man wird wohl eine Anschubfinanzierung brauchen - jedenfalls muss man konkret darüber nachdenken -, wenn man eine solche Reform beschließt, aber einen Beschluss über eine Anschubfinanzierung zu machen, bevor man die Reform selbst angeht, halte ich doch für verfrüht.

Natürlich besteht Einigkeit darüber, dass wir den hochverschuldeten Kommunen in unserem Land - es sind in der Tat nicht alle querbeet, sondern einige besonders herausragende Kommunen, insbesondere drei der vier kreisfreien Städte - helfen müssen, weil sie von diesen Schulden nicht aus eigener Kraft herunterkommen. Das ist, wenn ich das richtig sehe, inzwischen tatsächlich Konsens aller hier im Landtag vertretenen Parteien. Das Regierungsprogramm meiner Partei sieht dies für die nächste Legislaturperiode ebenfalls vor. Aber auch das ist in der Tat etwas - das ist schon angesprochen worden -, das man nicht ad hoc beschließt.

(Senftleben [CDU]: Das haben Sie in den ganzen fünf Jahren nicht gemacht! Aber sehr vernünftig!)

Man muss ausführlich diskutieren und genau überlegen, woher wir die dafür erforderlichen Haushaltsmittel - wir reden über dreistellige Millionenbeträge, sonst brauchen wir damit nicht anzufangen - nehmen und wie wir sie einstellen müssen. Letzten Endes ist es das Geld der Kommunen. Da muss man sehr vorsichtig sein. Auch das ist in der Tat vom Grundsatz her unstreitig.

Interessant finde ich den Ansatz des Frühwarnsystems, das Sie ansprechen. In der Tat muss man über Folgendes reden: Wie können wir es zukünftig verhindern - nein, wir müssen es ver

hindern -, wenn wir entschulden, dass es jemals wieder zu solchen Schuldenfallen in den Kommunen kommt? Dafür brauchen wir sicherlich solch ein System, aber auch da muss man sagen, müssen wir uns zunächst einmal die erforderliche Datengrundlage verschaffen, und die fehlt leider noch teilweise im Land. Das ist, denke ich jedenfalls, nicht Verschulden der Landesregierung, sondern die Kommunen sind teilweise noch nicht so weit. Einzelne, auch wichtige große Städte im Land, haben noch nicht einmal eine Eröffnungsbilanz. Wie sollen wir da eine solide Grundlage haben, um ein Frühwarnsystem anhand von Zahlen der doppischen Haushaltsführung zu entwickeln? Das ist jedenfalls im Augenblick noch nicht möglich; ich räume aber ein, dass wir sehr schnell daran arbeiten müssen.

Schließlich zum Vorschlag Bürgerhaushalt: Auch das eine sehr gute Sache, und ich finde es spannend, wenn Bürger nicht nur sagen, wofür Geld ausgegeben werden soll, sondern auch, wo gespart werden soll. Ja, natürlich sind die Bürger auch da in der Pflicht. Es ist nicht nur Sache der Politiker, zumal die ehrenamtlichen Kommunalvertreter aus der Masse der Bürgerschaft kommen und unmittelbar beurteilen können, wo man auch einmal etwas streichen kann. Das im Wege eines Bürgerhaushalts zu klären finde ich gut, aber auch das, denke ich, sollten wir im Zusammenhang mit zukünftigen Strukturen, insbesondere im Rahmen der Evaluation der Kommunalverfassung diskutieren, wenn Sie ein Förderprogramm für diese Bürgerhaushalte fördern.

Es ist ein, wie Sie merken, durchaus guter Antrag, aber am Ende einer Legislaturperiode kommt er doch zum falschen Zeitpunkt. Das ist so, tut mir leid.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Nonnemacher spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gern würde ich mich bei Herrn Schippel für die netten Komplimente bedanken, ihm ein Komplimentssträußchen zurückgeben und ihm alles Gute wünschen, aber er ist gerade nicht im Saal. Vielleicht richten Sie es ihm aus.

Herr Burkardt, wir stellen hier nicht zum Ende der Wahlperiode irgendwelche Endzeitanträge, um noch einmal richtig auf den Putz zu hauen, sondern wir stellen diese Anträge, weil wir in der Enquetekommission die Landesregierung aufgefordert haben, bestimmte Finanzbetrachtungen kontinuierlich weiterzuverfolgen, und da bisher nichts gekommen ist. Außerdem haben wir eigeninitiativ ein Gutachten in Auftrag gegeben, das gerade erst fertiggeworden ist - wir haben es letzte Woche der Presse vorgestellt. Darum wollen wir die neuen Erkenntnisse aus diesem Gutachten auch in diesen Landtag hineinbringen.

Im Übrigen fordern wir in der letzten Sitzung des Landtages keine Milliarde Euro für irgendetwas, sondern wir haben schlicht und ergreifend den Antrag gestellt, die Landesregierung möge sich mit den kommunalen Spitzenverbänden in Verbindung setzen, exakt an diesen skizzierten Problemen

kontinuierlich weiterarbeiten und da weitere Vorarbeiten leisten. Wie gesagt, Entschuldung ist erst einmal nicht von irgendwelchen Verwaltungs- und Gebietsmodernisierungen abhängig, sondern ein Entschuldungsfonds ist in jedem Fall einzurichten, und deshalb könnte da irgendwie mehr Tätigkeit erfolgen.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Ich habe aber mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Herr Innenminister vielen Vorschlägen relativ aufgeschlossen gegenübersteht, und freue mich darüber.