Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Bitte, sagen Sie mir doch einmal, was hier genau wie verstärkt werden soll. Mir ist das nicht klar, auch wenn die Innenministerkonferenz wieder ins selbe Horn stößt. Sie sieht den verstärkten länder- und staatenübergreifenden Informationsaustausch sowie Lageerhebungen und -analysen vor. Auf dieser Grundlage sollen die Länder grenzübergreifende Ermittlungskommissionen einrichten sowie repressive und präventive Bekämpfungsansätze vernetzt werden. Dazu gehören beispielsweise länder- und staatenübergreifende Fahndungs- und Kontrolltage, gemeinsame Strategien sowie nationale und internationale Sicherheitskooperationen.

Vieles davon haben wir in Brandenburg seit zehn Jahren. Wenn dann ständig die Intensivierung dieser Maßnahmen gefordert wird, kann das nur bedeuten, dass sie bisher nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit betrieben und weiterentwickelt wurden.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Zweitens: Für den Bereich der Präventionsarbeit der Polizei soll eine personelle Verstärkung von derzeit geplanten 50 auf 120 Stellen vorgenommen werden. War da was? Haben wir nicht gerade zu Beginn der Polizeistrukturreform Stellen im Präventionsbereich abgebaut? Sie korrigieren also hier eine unüberlegte Vorgabe der Polizeistrukturreform. Es ist gut, dass Sie das korrigieren. Die Rücknahme einer Kürzung jetzt als eine Stärkung zu bezeichnen ist aber schon eine arge Nebelkerze.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Last, but not least soll es eine Landespräventionsbeauftragte richten. Mit Verlaub, das ist doch eine groteske Idee. Was soll diese arme Person denn ausrichten, was die Polizei nicht genauso gut könnte und was eigentlich ihre Aufgabe wäre? Es besteht bundesweit Einigkeit darüber, dass der Schutz vor Wohnungseinbrüchen eine Aufgabe ist, die die ganze Gesellschaft fordert. Vorsorge zu treffen, wachsam zu sein, aufeinander zu achten, das zeichnet ein intaktes Gemeinwesen aus. Dadurch werden natürlich auch die Bürger und Bürgerinnen einbezogen, ohne dass die Grenze zum Gewaltmonopol des Staates anzutasten ist. Bürgerwehren sind mit Entschiedenheit abzulehnen. Präventionsarbeit muss aber auch weiterhin die Polizei leisten, und zwar in guter Qualität.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Den Antrag der Koalitionsfraktionen finden wir auch weiterhin ziemlich schwachbrüstig. Die CDU hat sich da mit ihrem Entschließungsantrag schon mehr Mühe gegeben.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Insbesondere die in den Punkten f) bis k) formulierten Vorschläge wirken fachlich untersetzt. Dummerweise enthält der Entschließungsantrag dann doch noch andere Dinge aus dem CDU-Wahlprogramm, die wir nicht so toll finden und die wir nicht unterstützen. Uneingeschränkt stimme ich dem Innenminister nur bei folgender Aussage zu:

„Die Wirksamkeit der Strafverfolgung bei der Eigentumskriminalität kann nur durch langfristige Strategien gesteigert werden.“

Meine Damen und Herren, vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Nun hat Innenminister Holzschuher das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Nonnemacher, einen Satz haben Sie mir schon abgenommen, den muss ich nun nicht mehr sagen. Im Übrigen ist es aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Antrag, den die Koalitionsfraktionen hier einreichen; denn es ist eine zentrale Aufgabe der Polizei, Kriminalität zu verhüten, Straftaten zu verhüten.

Jede verhinderte Straftat ist nun einmal viel, viel besser als eine auch noch so schnell aufgeklärte. Das bleibt Hauptaufga

be der Polizei. Und um diese Aufgabe zu stärken, ist auch dieser Antrag ein gutes Signal.

Wir sind uns aber auch einig in diesem Haus - so hoffe ich jedenfalls -, dass Prävention nichts ist, was allein die Polizei angeht, sondern in der Tat eine Aufgabe für die Gesellschaft und eine Aufgabe, mit der sich die Kommunen, die kommunalen Akteure genauso beschäftigen müssen wie jeder Einzelne; das ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist bei uns im Land durchaus sehr weit entwickelt. Bereits seit 1995 gibt es den Erlass zur kommunalen Kriminalitätsverhütung und in dessen Folge in 72 Gemeinden des Landes örtliche Sicherheitspartnerschaften. Diese Sicherheitspartnerschaften halte ich für eine sehr wichtige Errungenschaft, weil sie ermöglichen, dass sich vor Ort Bürger in diesem Bereich engagieren, ohne Polizeiarbeit zu ersetzen; darum darf es natürlich nicht gehen. Es geht nicht darum, Bürgerwehren zu schaffen, sondern es geht darum, Menschen, die sich engagieren wollen, zum Partner der Polizei zu machen. Das funktioniert in unserem Land ganz hervorragend. Auch da bietet der Antrag durchaus eine Unterstützung.

Der Antrag ist weiter auf eine Stärkung der Präventionsarbeit insgesamt auf der Ebene der Landesregierung ausgerichtet. Wir haben den Landespräventionsbeirat. Er ist ein sehr wirkungsvolles Gremium. Wenn wir im Rahmen dieses Beirates einen wie auch immer strukturierten Beauftragten haben, dann kann dies durchaus unterstreichen, welche Bedeutung diese Aufgabe ressortübergreifend in der Landesregierung hat.

Von daher - das wird Sie nicht überraschen - halte ich diesen Antrag für wichtig, immer aber mit der Maßgabe: Es bleibt eine der wichtigsten Hauptaufgaben der Polizei, Präventionsarbeit, Kriminalitätsbekämpfung zu betreiben. All das, was wir von Bürgern, von den Kommunen erwarten, ist immer nur eine Ergänzung dieser sehr wichtigen öffentlichen Aufgabe.

Ich möchte ganz kurz noch auf den CDU-Antrag eingehen. Wenn die Geschäftsordnung es zuließe, würde ich jetzt gern eine Zwischenfrage an die CDU stellen. Was meinen Sie eigentlich damit, wenn Sie immer sagen: „Stoppt die Reform!“? Sie wissen doch sehr genau, dass die Reform im Prinzip umgesetzt ist. Die Strukturen sind geschaffen. Die Reform, die damals angedacht war, ist im Land implementiert, und die Personalentscheidungen, die dafür erforderlich waren, sind getroffen. Das Personal ist verteilt.

Ich versuche jetzt einmal eine Antwort auf diese Frage. Man könnte es ja so verstehen, wenn man eine Reform, die umgesetzt ist, stoppen will, dass man sie im Grunde rückgängig macht. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Denn wenn man alle Papiere liest, die die CDU zu diesem Thema geschrieben hat, dann stellt man fest, dass sich die Vorschläge der CDU fast exakt mit dem, was wir umgesetzt haben, decken: also ein Präsidium,

(Senftleben [CDU]: 7 000 Polizisten!)

die Errichtung von Direktionen, die Integration des Landeskriminalamtes ins Präsidium, die Auflösung von Schutzbereichen, Revieren usw. Das alles ist im CDU-Konzept genauso vorgesehen.

Also, in der Tat, das kann es nicht sein. Auch Sie sind ja, wenn man es einmal ganz ernst nimmt, für die Reform gewesen. Was

Sie jetzt möglicherweise noch anders wollen - das könnte man ja verstehen -, betrifft die Personalzahl. Das heißt also, sofort den Abbau bei der Polizei zu stoppen. Das könnte man denken, und dann liest man den Antrag, und da steht eine Zahl: mindestens 8 000. Nun haben wir aktuell etwas mehr als 8 200 Polizistinnen und Polizisten im Land. Wenn Sie also sagen: „Stoppt den Abbau!“, dann passt das nicht ansatzweise zusammen. Wir sagen - das wissen Sie -: Das, was wir ursprünglich vorhatten, ist angesichts der Lage im Land nicht mehr verantwortbar umsetzbar. Deswegen haben wir das korrigiert. Der Ministerpräsident und ich sagen: „Mindestens 7 800.“ Wir haben jetzt also eine Differenz von 200.

Das ist - bei allem Respekt und allem Wunsch, darüber durchaus einmal politisch zu diskutieren – eigentlich kein politischer Streit, sondern ein fachlicher Streit. Lassen Sie uns doch diesen Streit im Augenblick erst einmal zurückstellen und das tun, was wir vorhaben und was Sie mit Ihrem Antrag überflüssigerweise auch fordern: eine Evaluation dieser Reform. Ich weiß auch nicht, warum Sie eine Reform, die Sie stoppen wollen, evaluieren wollen. Das passt ja auch nicht zusammen. Wenn man sie nicht will, muss man sie nicht evaluieren; aber wir tun das. Warten Sie das doch einfach mal ab! Sie können sich auch einbringen, selbstverständlich durch Anregungen und auch durch Kritik; das hilft ja. Dann haben wir ein Ergebnis, und dann werden wir daraus sicherlich endgültig eine Struktur schaffen, die wir für dieses Land brauchen, eine Struktur, die dafür sorgt, dass die Sicherheitslage, die weiterhin gegeben ist wir haben Sicherheit im Land -, in der nächsten Legislaturperiode, auch in den nächsten 10 bis 20 Jahren gegeben sein wird. Ich bin sehr optimistisch, dass uns das gelingt, nicht mit Ihrem Antrag, der wirklich an der Sache vorbeigeht, aber mit einer sachlichen Diskussion. Dazu sind wir weiterhin gern bereit. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist abgearbeitet. Wir kommen zu den Abstimmungen.

Als Erstes liegt Ihnen der Antrag der Koalitionsfraktionen vor, Drucksache 5/9240. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei vier Enthaltungen mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zum Entschließungsantrag der CDU-Fraktion, Drucksache 5/9273. Wer diesem folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei vier Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Fachhochschule der Polizei stärken - jährlich 300 Anwärter aufnehmen!

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/9229

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Goetz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen auf der Tribüne! Ohne Beamte ist kein Staat zu machen. Wir haben tatsächlich in vielen Debatten über fünf Jahre hinweg die Polizeistrukturreform des Landes Brandenburg und den Personalabbau bei der Brandenburger Polizei diskutiert. Man mag darüber streiten, ob die Strukturreform ein Erfolg ist oder nicht.

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie man die Ziele dieser Strukturreform definiert. Wenn man als Ziel dieser Strukturreform auffasst, einfach nur Beamtenstellen abzubauen, dann ist die Strukturreform im Land Brandenburg ein durchschlagender Erfolg. Tatsächlich haben wir inzwischen knapp 10 % weniger Beamte von 8 900, die wir am Anfang der Wahlperiode hatten. Inzwischen sind es nur noch 8 000 bis 8 200. Insofern ist dies ein voller Erfolg dieser Strukturreform.

Wenn wir allerdings davon ausgehen, dass die Strukturreform dazu beitragen sollte, den Personalabbau bei der Polizei so zu begleiten, dass damit keine Einbußen bei innerer Sicherheit einhergehen würden, dann ist diese Strukturreform grandios gescheitert. Wir haben erhebliche Defizite bei Kraftfahrzeugdiebstählen und bei Einbruchsdiebstählen; das ist in den letzten Tagen hier bereits erörtert worden.

(Frau Stark [SPD]: Das gilt bundesweit!)

Nun ist die Frage, wie es weitergehen soll. Der Personalabbau bei unserer Polizei wird weiter voranschreiten; auch das ist klar. Selbst wenn tatsächlich bald 275 Polizeianwärter kommen sollten, wie es angekündigt ist, können diese 275 Anwärter erst 2017 ihren Dienst antreten, nämlich nach zweieinhalb Jahren für den mittleren Dienst bzw. drei Jahren für den gehobenen Dienst. Bis 2016/2017 wird der Personalabbau bei der Brandenburger Polizei weiter voranschreiten; das ist einfach Fakt, daran können Sie gar nichts ändern. Insofern werden wir Personalstärken bei der Brandenburger Polizei erreichen, die bei ungefähr 7 500 Beamten liegen, vielleicht sogar noch etwas darunter. Das ist das Szenario der nächsten Jahre, das auf uns zukommt und mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben.

Tatsächlich ist bisher darauf keine Vorbereitung getroffen worden. Deswegen ist bei allem, was Sie versprechen - ob es mehr Präventionsbeamte werden sollen, ob 150 neue Streifenbeamte hinzukommen sollen, ob die Kripo nicht weniger werden soll -, egal, was Sie sagen, immer die Frage: Woher sollen die Beamten kommen, die für die neuen Aufgaben, für die neue Definition, für die neuen Ziele, die Sie sich vorstellen, eingesetzt werden sollen? Im Grunde haben wir im Land Brandenburg dafür eine einzige Stellschraube, das ist unsere Fachhochschule der Polizei. Wir wissen genau, welcher Beamte wann in den Ruhestand geht. Das ist vorhersehbar. Selbst die vorzeitig Ausscheidenden sind statistisch erfasst worden und berechenbar, sodass wir ungefähr wissen, wie viele Beamte im Land verbleiben.

Wenn Sie also mehr Beamte haben wollen oder den Abbau reduzieren wollen, müssen wir das über die Fachhochschule regeln. Wir müssen die Anwärterzahl deutlich erhöhen. Ange

kündigt sind 275 für dieses Jahr, und es müssten eigentlich noch mehr werden. Wir hatten im Jahr 2013 genau 214 Anwärter. Bis zur Vereidigung, bis zur festen Dienstzeit blieben von den 214 noch 200 Beamte übrig. Das heißt, in der sehr kurzen Zeitspanne zwischen Aufnahme der Ausbildung und der Vereidigung der Beamten haben wir 6,5 % der Beamten verloren; 200 waren noch da. Wenn ich dann die Zeit bis zur Indienststellung kalkuliere, bis die Anwärter in den Dienst gehen, dann werden weitere Beamte ihre Laufbahn nicht mit dem jeweiligen Abschluss beenden, und es werden auch nicht alle Absolventen den Dienst im Land Brandenburg antreten.

Wenn ich also eine deutliche Stärkung haben will, wenn ich die Reduzierung des Personalbestands eindämmen will, muss ich dazu kommen, die Fachhochschule deutlich zu stärken, und zwar von den personellen und materiellen Voraussetzungen her. Solange das nicht passiert, ist alles andere, was hier versprochen wird, nichts als heiße Luft. Die Voraussetzungen in der Fachhochschule reichen bisher nicht aus. Wenn jährlich 275 Beamte durchgängig für die nächsten Jahre bestellt werden sollten, hätten wir in drei Jahren 825 Beamte in unserer Fachhochschule. Darauf ist diese überhaupt nicht vorbereitet. Bisher ist nichts davon passiert. Wenn 2015 wieder 275 Anwärter in den Dienst gestellt werden sollen, müssten bereits jetzt in den Haushaltsberatungen die Vorbereitungen dafür getroffen werden. Wo sind denn diese Vorbereitungen? Wo sind die zusätzlichen Mittel für die Fachhochschule der Polizei? Wo sind die zusätzlichen Vorbereitungen in sächlicher Hinsicht? Wo ist der Verkehrsgarten erweitert worden? Wo sind neue Hörsäle? Welche neue Technik wird bereitgestellt, um die Beamten auszubilden? Alles das ist nicht da. Sie kriegen es für dieses Jahr noch irgendwie hin, aber dann sind die Wahlen, und dann stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Damit dauerhaft mehr Beamte in unsere Fachhochschule kommen und nach ihrer Ausbildung ohne Verzögerung in den Dienst eintreten können, ist es zwingend erforderlich, unsere Fachhochschule zu stärken.

Das Verhältnis zur Fachhochschule ist die Gretchenfrage für das Verhältnis dieser Landesregierung zur inneren Sicherheit und zur Polizei. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Holzschuher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Ziel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen der FDP, in Ihrem Antrag schreiben Sie, dass Sie die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg ertüchtigen wollen. Als ich Minister war, wollte ich immer die Polizistinnen und Polizisten ertüchtigen, und ich habe verlangt, dass sie Sport treiben.

(Heiterkeit)

Ich musste ein klein bisschen schmunzeln, als ich das gelesen habe. - Aber trotzdem nehme ich und nehmen wir Ihren Antrag natürlich ernst; denn immer, wenn wir über innere Sicherheit