Danke schön. - Wir kommen zur Frage 223 (Verpflichtungen Brandenburgs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik), gestellt vom Abgeordneten Lakenmacher.
Am 18. Juni 2015 hat Ministerpräsident Dr. Woidke mit seinen Amtskollegen aus den Ländern und der Bundeskanzlerin einen gemeinsamen Beschluss zum Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik gefasst, der folgende Vereinbarungen beinhaltet: Gemeinsames Ziel soll die Beendigung des Aufenthaltes abgelehnter Asylbewerber aus Erstaufnahmeeinrichtungen innerhalb von drei Monaten sein. Die Länder sollen sicherstellen, dass die zuständigen Verwaltungsgerichte in die Lage versetzt werden, die Dauer der Gerichtsverfahren auf zwei Wochen zu verkürzen - insbesondere die Durchschnittsdauer der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Personelle und organisatorische Maßnahmen sollen ergriffen werden, um bei jeder vollziehbaren Ablehnung zügig eine Rückführung veranlassen zu können.
Ich frage die Landesregierung: Wie und in welchem Zeitplan wird sie die im Beschluss vom 18. Juni eingegangenen Verpflichtungen umsetzen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lakenmacher, die Vereinbarung hat mehrere Abschnitte. Sie haben beispielhaft drei herausgenommen. Ich will auf diese drei Dinge eingehen.
Erster Punkt: Verfahrensführer ist, wie Sie wissen, der Bund, und zwar das BAMF. Um dieser Vereinbarung gerecht werden zu können, ist vorgesehen, dass das BAMF die Zahl seiner Mitarbeiter im Jahr 2015 um 1 000 erhöht. Im Jahr 2016 sollen noch einmal 1 000 dazukommen. Nach Informationen aus dem BAMF sind bis jetzt 300 dieser Planstellen besetzt worden.
Allerdings muss man konstatieren, dass zur Stunde im BAMF ein Rückstau von ungefähr 220 000 unerledigten Anträgen vorliegt. Bedauerlicherweise ist trotz der Anhebung der Anzahl der Planstellen der Stau bislang nicht geringer geworden. Vielmehr kommt monatlich noch etwas dazu. Die gegenwärtige Dauer der Antragsbearbeitung liegt bei durchschnittlich mehr als sechs Monaten. Das heißt: Will man das Ziel dieser Vereinbarung tatsächlich erreichen, ist als Erstes der Bund gefordert.
Herr Lakenmacher, wir haben vor, den Bund bei der Besetzung dieser Planstellen zu unterstützen. Ich habe diesbezüglich ein Schreiben an den Bundesinnenminister gerichtet und ihn gefragt, auf welcher Grundlage eine solche Unterstützung erfolgen kann, ob wir Kolleginnen und Kollegen aus unserer Verwaltung abordnen können oder ob sie komplett übernommen werden sollen. Wenn der Bund auf dieses Angebot bzw. die Anfrage antwortet, werden wir ganz sicher das Bundesinnenministerium nach unseren Möglichkeiten unterstützen.
Zweiter Punkt: Wir sind laufend dabei, unsere Kapazitäten in der Erstaufnahme zu erweitern. Das ist in den vergangenen Wochen an einer Stelle passiert, und zwar in Ferch. Am KarlRitter-Platz in Frankfurt (Oder) wird es in den nächsten Wochen so weit sein. Ich gehe davon aus, das wir zum Jahresende in Doberlug-Kirchhain und in Wünsdorf zwei größere Außenstellen eröffnen können, wodurch wir dann in der Lage sind, die Verweildauer in der Erstaufnahme zu verlängern. Drei Monate lang werden wir aber auch dann niemanden in der Erstaufnahme unterbringen können. Wir liegen derzeitig bei einer Verweildauer von durchschnittlich 62 Tagen in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das ist im bundesweiten Vergleich im Übrigen ein Spitzenwert. Andere Bundesländer sind nicht in der Lage, die Asylsuchenden und Flüchtlinge länger als zwei Wochen in den Erstaufnahmestellen zu behalten, weil ihre Kapazitäten nicht mehr hergeben.
Darüber hinaus beabsichtigt der Bund, um das Verfahren zu beschleunigen, vier Entscheidungszentren in der Bundesrepublik einzurichten, die in der Lage sein sollen, Anträge besonders schnell abzuarbeiten. Anträge von Flüchtlingen aus bestimmten Ländern sollen gebündelt bearbeitet werden. Diejenigen, deren Anträge erkennbar wenig Aussicht auf Anerkennung haben, sollen zusammen kommen. Aber auch die Anträge derjenigen sollen gebündelt abgearbeitet werden, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Flüchtlingsstatus erhalten können.
Herr Lakenmacher, ein anderer Punkt in diesem Zusammenhang ist die Gerichtsbarkeit. Von Herrn Dr. Markov weiß ich, dass unsere Verwaltungsgerichte in Brandenburg gegenwärtig in der Lage sind, die Aufgaben zeitgemäß abzuarbeiten. Wir haben gegenwärtig relativ wenige Verfahren, weil die freiwillige Ausreise das Maß der Dinge ist. Darüber können wir gemeinsam froh sein. Allerdings prüft das Justizministerium zudem, ob durch eine Bundesratsinitiative Brandenburgs die Voraussetzungen im Bundesrecht verbessert werden können und durch eine landesinterne Regelung zur Verteilung und Konzentration der Verfahren der Rechtsprechung gefördert werden kann.
Dritter Punkt: Abschiebungen. Für die Abschiebungen stehen die Landkreise sowie die kreisfreien Städte und Gemeinden in der Verantwortung. Wenn diese um Amtshilfe bitten, zum Beispiel durch die Polizei, sind wir gerne bereit, diese Amtshilfeersuchen entsprechend zu realisieren. Darüber hinaus
gilt: Sollte man in der Lage sein, schon innerhalb der Erstaufnahme ein Verfahren zu beenden, dann wird, sollte eine freiwillige Rückreise nicht erfolgen, natürlich vom Instrument der Abschiebung Gebrauch gemacht werden.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich habe zwei Fragen. Die erste lautet: Wie viele Leute brauchten wir beim BAMF mehr, um die Zielzahl „drei Monate“ zu erreichen? Können Sie das in Personalzahlen beziffern.
Die zweite Frage lautet: Können Sie Ihre Aussage bitte konkretisieren? Sie haben gesagt, es sollen vier Stellen eingerichtet werden, unterteilt nach Asylbewerbern, die als Flüchtlinge anerkannt, und anderen, die eventuell schneller in ihre Heimat zurückgeführt werden. Planen Sie innerhalb von Brandenburg eine Verteilung auf die Erstaufnahmeeinrichtungen? Habe ich das richtig verstanden?
Ich fange hinten an. Diese Entscheidungszentren sollen vom Bund eingerichtet werden. Das sind also Zentren, die das BAMF einrichtet. Es ist beabsichtigt, die Fälle schnell zu bearbeiten, die schnell bearbeitet werden können, weil ein Flüchtlingsstatus erkennbar erreicht werden kann. Das sind zum Beispiel Menschen aus Syrien, deren Anträge schnell zu einer Entscheidung gebracht werden sollen, aber auch jene, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen, bei denen schnell geprüft werden kann, ob es einen tatsächlichen Asylgrund gibt oder nicht. Hierdurch soll das Gesamtverfahren beschleunigt werden. Das bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass für die Fälle, die dazwischen liegen, die Bearbeitungszeiten zunächst unverändert bleiben können. Ich gehe davon aus, dass bei der Kalkulation der 2 000 zusätzlichen Stellen der Bund die entsprechenden Zulaufzahlen und die Bearbeitungszeiten kalkuliert hat, sodass man mit den 2 000 zusätzlichen Stellen der Situation gerecht werden kann.
Vielen Dank an den Minister für die Beantwortung. Herr Minister, Sie sagten, dass die Verwaltungsgerichte in Brandenburg in der Lage sind, die Verfahren zügig durchzuführen. Können Sie einen Durchschnittswert nennen, wie lange die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anhängig sind, ehe sie zum Abschluss kommen?
Herr Minister, Sie haben dargestellt, dass gegenwärtig, auch unter Berücksichtigung des Ausbaus der Erstaufnahmekapazitäten, die eingegangene Verpflichtung, einen dreimonatigen Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung zu gewährleisten, nicht erfüllt werden kann. Ich frage daher: Welche Maßnahmen gedenken Sie zu ergreifen - und in welchem Zeitplan -, damit die Landesregierung ihre Verpflichtungen, die sie gegenüber dem Bund übernommen hat, erfüllen kann?
Das ist keine Verpflichtung, die wir gegenüber dem Bund übernommen haben, sondern wir haben unseren Kommunen gesagt, dass wir nur jene Asylbewerber umverteilen wollen …
Das ist eine Vereinbarung. Das ist eine Vereinbarung, die Bund und Länder treffen, um ein Problem gemeinsam zu schultern.
Er ist davon erheblich weiter entfernt als wir vom Ausbau unserer Erstaufnahmekapazitäten, um die Unterbringung für ein Vierteljahr sicherstellen zu können.
Unsere Erstaufnahmekapazität orientiert sich an 12 000 Asylsuchenden und Flüchtlingen. Dafür hätten wir am Ende des I. Quartals 2016 die entsprechenden Plätze zur Verfügung stellen können. Wir müssen aber konstatieren, dass diese Zahl nicht mehr aktuell ist. Deshalb werden wir den neuen Zahlen entsprechend kalkulieren. Das Bauen von Gebäuden ist aber nicht von heute auf morgen gemacht.
- Das kann ich Ihnen sagen, wenn wir eine Fortschreibung der Planung vorgenommen haben und Bauabläufe kalkuliert sind.
Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 224 (Sicherung der Ausbildungsvielfalt im OSZ). In Vertretung stellt die Abgeordnete Dannenberg die Frage.
Das MBJS hat in einem Schreiben an das OSZ II Eberswalde mitgeteilt, dass die Ausbildung für Angestellte des Gast- und Hotelgewerbes mit Beginn des Ausbildungsjahres 2015/2016 eingestellt werden soll, obwohl es 16 Neuanmeldungen gibt und alle materiellen, finanziellen und personellen Bedingungen vor Ort sehr gut sind. Die Ausbildungsbetriebe und das OSZ befürchten nun eine Abwanderung ihrer Auszubildenden bzw. eine Umorientierung, weil die Bedingungen für die Ausbildung sich damit erheblich erschweren, da mit dem ÖPNV nur - wenn überhaupt - unter erheblichem Zeitaufwand das geplante OSZ in Märkisch-Oderland erreicht werden kann, da sie aus teilweise weiter entfernten Orten wie Schorfheide, Chorin, Templin, Falkenberg, Eberswalde usw. kommen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Folgeabschätzungen mit welchen Ergebnissen hat sie vorgenommen hinsichtlich der daraus folgenden materiellen, personellen und finanziellen Konsequenzen sowohl für die Oberstufenzentren als auch für die Auszubildenden?
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Dannenberg und Frau Mächtig, vielen Dank für diese Frage. Sie wissen, dass die Sicherung des Fachkräftebedarfs für uns als Landesregierung oberste Priorität hat und ein wichtiges landespolitisches Ziel ist. Andererseits wissen wir aber auch, dass die Demografie in allen Bereichen der Bildung zuschlägt. Wir haben heute, im Jahr 2015, nur noch halb so viele Kinder und Jugendliche im System Schule, wie wir im Jahr 2003 hatten. Das hinterlässt natürlich Spuren. Nicht nur die Zahl der Kinder, sondern auch die Berufswege der Kinder haben sich geändert. Wir haben heute viel mehr junge Leute, die ein Abitur machen wollen. Das kann man gut oder schlecht finden, aber es ist nun einmal so. Das führt dann natürlich zu einer veränderten Landschaft, auch bei den Oberstufenzentren, also bei den Berufsschulen. Genau deshalb treten wir an und sind bereits im Dialog mit den Kammern, Schulen und Schulträgern, um auszuloten, welche langfristigen Perspektiven sich für die Oberstufenzentren organisieren lassen.
Frau Kollegin Nonnemacher hat vorhin den schönen Spruch gebracht: „Ich will so bleiben, wie ich bin.“ Das klappt aber nicht immer. Diesen Spruch darf man hier auch nicht anwenden, denn wir müssen hier mit der Zeit gehen, sonst gehen wir mit der Zeit. Dabei gilt es natürlich insbesondere für die Ober
stufenzentren, Berufe zu finden, die zukunftsträchtig sind. Das muss dann mitunter auch konzentriert werden in einigen Formen, die nicht jedem Oberstufenzentrum und auch nicht jedem Ausbildungsträger vor Ort passen.
Andererseits wissen Sie aber ganz genau: Wir haben die Vorgaben vom Parlament. Gerade im letzten Plenum haben wir die Stellenbedarfsplanung beschlossen und festgelegt, wie viele Stellen es geben wird. Da habe ich beispielsweise bei den Grundschulen einen Richtwert von 23 angesetzt. Bei den Oberstufenzentren beträgt die Einrichtungsfrequenz 24 Schülerinnen und Schüler. Wenn wir dann darüber sprechen, wie es in Eberswalde mit dem Gastgewerbe weitergeht, dann müssen wir berücksichtigen, dass wir dort nur ganze 16 Anmeldungen im Bereich Gastgewerbe haben, die sich auf drei Berufe aufteilen Koch, Restaurantfachfrau und Hotelfachfrau. Damit blieben dann pro Beruf nur noch fünf Auszubildende, die in einer Klasse sitzen. Daran sieht man sofort, dass das so nicht funktionieren kann und wir hier andere Möglichkeiten finden müssen.
Was wir für alle Berufsgruppen und für alle Ausbildungsbranchen versuchen müssen, ist, die Auszubildenden zu konzentrieren. Man könnte beispielsweise versuchen, beim Gastgewerbe das erste Lehrjahr zusammen zu machen, während die anderen beiden Lehrjahre an anderen Oberstufenzentren unterrichtet werden, weil erst dann tatsächlich die Splittung auftritt. In diesem Fall hätten wir dann zum Beispiel acht Lehrerwochenstunden, die im ersten Lehrjahr durch einen Fachlehrer für Gastgewerbe erteilt werden müssen. Dieser wäre dann wirklich nur acht Stunden pro Woche an dieser Schule; also quasi zwei Tage. Was aber passiert, wenn der Kollege krank ist? Dann würde der Unterricht langfristig nicht an diesem OSZ stattfinden können. Das fänden die Kammern nicht so gut, wenn wir das in dieser Form konzentrieren würden.
Daher warne ich davor, in diesem Bereich diesen Weg zu gehen. Das geht beispielsweise bei den Baufachberufen schon deutlich besser - dort kann man mitunter auch bis zum zweiten Lehrjahr noch in größeren Klassen zusammen lernen, und erst danach erfolgt die Splittung auf andere Oberstufenzentren für die einzelnen Berufe Maurer, Dachdecker usw. Da funktioniert das recht ordentlich.
Flexibel sollte man aber auf jeden Fall sein, wenn man einen solchen Beruf wählt. Sie haben viele Städte genannt; einige jedoch nicht. Wenn wir beispielsweise über Schwedt reden, so kommt da durchaus das OSZ in Prenzlau infrage, wo man das erlernen kann. Gerade diejenigen, die in Märkisch-Oderland etwas westlicher, also berlinnäher wohnen, könnten beispielsweise das OSZ in Strausberg, oder, falls sie weiter östlich wohnen, das Oberstufenzentrum in Frankfurt (Oder) besuchen.
Mir wurde versichert, dass die Schulräte dem nachgeben, wenn Schüler an einem anderen Oberstufenzentrum diese Ausbildung machen können und die Entfernung zu ihrem Wohnort geringer ist. Das sollte man zulassen. Diese Flexibilität müssen wir an den Tag legen.