Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Ich freue mich auf diese Debatte. Sie wird nicht einfach wer den, aber was ist in der Politik schon einfach? Wir von der CDU-Fraktion werden uns dieser Debatte seriös stellen. - Vie len Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Zu uns spricht nun der Abgeordnete Dr. Schar fenberg für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen verband mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Er wartung, dass zum Beispiel auch die bekannten Probleme der Altanschließer gelöst oder zumindest gelindert werden könnten. Nicht zuletzt deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf in den AIK überwiesen und eine Anhörung dazu durchgeführt. In die ser Anhörung ist deutlich geworden, dass Wasser- und Abwas serverbände Gefallen an beiden Punkten des Gesetzentwurfs finden können. Von den Vertretern verschiedener Kommunen war dagegen zu hören, dass die vorgeschlagene Verlängerung des Kalkulationszeitraums auf bis zu fünf Jahre nicht sinnvoll sei und auch nicht gewünscht werde.

Auch die in Artikel 2 des Gesetzentwurfs vorgesehene Rege lung eines Fortbestehens der öffentlichen Last bei Zwangsvoll streckungen wurde von den kommunalen Vertretern als nicht erforderlich angesehen. Zugleich wurde deutlich, dass Bran

denburg mit der im KAG vorgeschriebenen Begrenzung des Kalkulationszeitraums auf zwei Jahre bundesweit ein Allein stellungsmerkmal hat. Alle anderen Bundesländer sehen Kal kulationszeiträume von drei, vier oder fünf Jahren vor und schaffen damit entsprechende Spielräume für die Verbände.

Da es in Brandenburg vielfach die praktische Erfahrung gibt, dass die Verbände jährlich kalkulieren, wäre es verfehlt, dem Vorschlag der Grünen zu folgen und einen Kalkulationszeit raum von fünf Jahren zu ermöglichen. Wir könnten uns aber sehr wohl vorstellen, den Zeitraum auf maximal drei Jahre zu verlängern. Dafür spricht sowohl der Vergleich mit den ande ren Bundesländern als auch das von den Verbandsvertretern geäußerte Interesse an einer Erweiterung des Handlungsspiel raums. Leider konnten wir uns zu dieser Auffassung, den Kal kulationszeitraum auf drei Jahre zu verlängern, mit unserem Koalitionspartner nicht positiv verständigen, wir konnten keine Übereinstimmung erreichen.

Meine letzte Bemerkung: Ich bin mir sicher, dass wir auch in Zukunft reichlich Gelegenheit haben werden, uns mit den Ge gebenheiten des KAG auseinanderzusetzen. Ich hätte nicht ge dacht, dass das - durch die Entscheidung des Bundesverfas sungsgerichts - so schnell eintritt. Ich denke, wir wissen alle: Das ist von enormer Tragweite, das kann erhebliche Auswir kungen auf dieses Land haben. Deswegen sind wir gut beraten, das zügig und rechtssicher zu prüfen. Das Oberverwaltungsge richt ist jetzt in dieser Verantwortung. Wir haben damit die Möglichkeit, Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und ein Stück chen mehr Gerechtigkeit bei diesem Thema zu schaffen.

Ich möchte daran erinnern - Herr Petke, Sie erinnern sich si cherlich auch daran -: Wir hatten zu diesem Thema hier viele Diskussionen und Auseinandersetzungen. Wir haben damals - 2008/2009 - dafür geworben, dass es einen Stichtag geben soll und damit sozusagen ein Strich unter diese Sache gezogen wird. Es wäre gut gewesen, wenn das Bundesverfassungsge richt sich eher entschieden hätte. Vielleicht darf ich an dieser Stelle sagen: Wenn es die rot-rote Koalition schon fünf Jahre früher gegeben hätte, wäre diese Sache vielleicht anders ent schieden worden, und wir hätten in diesem Land andere Ent wicklungen genommen.

(Beifall DIE LINKE - Zurufe von CDU und B90/GRÜ NE)

Aber das ist eine Überlegung, die jetzt keine praktische Wir kung mehr hat. Wir werden uns den Auswirkungen dieser Ent scheidung des Bundesverfassungsgerichts mit großer Verant wortung stellen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE - Zurufe von CDU und B90/GRÜ NE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Der Abgeordne te Galau spricht für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Meine Vorredner haben im Grunde genommen schon alles ge sagt. Deswegen werde ich die Debatte nicht unnötig in die

Länge ziehen. Nur so viel: Dem Vorschlag der Grünen, den Kalkulationszeitraum zu verlängern, hätten wir uns ange schlossen. Nichtsdestotrotz: Wenn dieser Antrag an den Aus schuss rücküberwiesen wird, werden wir uns dem nicht entge genstellen, sondern zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Verehrte Gäste! Ja, seit heute, seit der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zur rückwirkenden Festsetzung von Kanalanschlussbeiträgen, ist die Debatte eine völlig ande re. Ich denke, es ist für uns alle viel zu früh, die Bedeutung dieses Urteils zu ermessen. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben - mögliche Änderungen des KAG -, sind sehr weitrei chend.

Deshalb bin ich selbstverständlich auch froh, dass unser Ge setzentwurf zur Änderung der kommunalen Abgabenerhebung, KAG, der Aufhänger ist, das Thema neu aufzurollen. Die Rücküberweisung in den AIK finde ich natürlich auch richtig, gut und sinnvoll.

Da aber zu dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf die Debat te gewünscht wird, möchte ich zunächst noch einmal auf unse re Vorschläge eingehen, die ursprünglich Gegenstand der Ta gesordnung waren. Wir wollten mit unserem Gesetzentwurf Schwachstellen beseitigen, die Abgabenerhebung planbarer und bürgerfreundlicher gestalten und damit Bürgerinnen und Bürger, Gerichte und Verwaltungen entlasten.

Um konkrete Probleme aus dem Bereich der Abgabenerhebung zu lösen, haben wir schon vor der Sommerpause diesen Gesetz entwurf vorgelegt und dafür eine ganze Menge Zustimmung und Unterstützung erhalten. Wir schlagen vor, im Gesetz, die Kalkulationsperiode für die Berechnung der Gebühren kommu naler Dienstleistungen von derzeit maximal zwei auf bis zu fünf Jahre zu erhöhen. Ich möchte betonen: Das heißt nicht, dass man den Kalkulationszeitraum auf fünf Jahre erhöhen muss, sondern die Kommunen können entscheiden, ob sie einen er weiterten Kalkulationszeitraum in Anspruch nehmen wollen.

Ich kann mich erinnern, dass wir uns vor kurzem im Hauptaus schuss in Falkensee mit der unglaublich spannenden Neukal kulation von Friedhofsgebühren beschäftigt haben. Gern hätten wir alle darauf verzichtet, das alle zwei Jahre zu tun, wir sind aber gesetzlich dazu verpflichtet. Bei solchen Dingen könnte man dann eben auch auf längere Kalkulationsperioden zurück greifen. Eine solche Verlängerung hätte auch den Vorteil, dass extreme und nicht vorhersehbare Ereignisse besser ausgegli chen werden können und die Gebühren weniger schwanken.

Die Anhörung im Ausschuss hat klar gezeigt, dass andere Bun desländer bereits jetzt längere Kalkulationsperioden zulassen. Brandenburg behandelt den möglichen Kalkulationszeitraum von maximal zwei Jahren - darauf hat auch Herr Dr. Scharfen

berg hingewiesen - am restriktivsten, ohne dass es dafür ir gendeine vernünftige Begründung gibt.

Im Innenausschuss wurde als Begründung für die Ablehnung unseres Antrages vorgebracht, die Kommunen könnten durch diese Vergrößerung ihres Handlungsspielraums irritiert werden und das dahin gehend missverstehen, dass der maximale Kal kulationszeitraum ausgeschöpft werden muss. Das ist wirklich absurd. Ich muss sagen: Ich finde, das ist geradezu eine NichtBegründung und ausgesprochen dürftig. Sie zeigt, dass die Koalition offensichtlich kein Vertrauen in unsere Kommunen hat. Das lässt für die weiteren Debatten mit der kommunalen Ebene über die Verwaltungsstrukturreform nichts Gutes erahnen.

Die Verantwortlichen in den Kommunen können nämlich diese Verbesserung ihrer Handlungsspielräume durchaus kompetent einschätzen. Deshalb haben sich in der Anhörung gerade auch die Praktiker für diese Erweiterung ausgesprochen. Leider sind Sie von der Koalition auf diese Argumente in der Ausschussbe ratung überhaupt nicht eingegangen. Auch ein möglicher Kom promiss, von den Kommunalen Spitzenverbänden ins Ge spräch gebracht, beispielsweise eine Verlängerung des maxi malen Kalkulationszeitraumes auf drei Jahre, war Ihnen keine Erwähnung wert.

Die nun eingetretene veränderte Sachlage aufgrund der Recht sprechung des Bundesverfassungsgerichtes gibt Ihnen ja jetzt genug Muße, auch über diesen Teil noch einmal nachzuden ken. Ich freue mich daher sehr auf die netten und interessanten Debatten ab Januar nächsten Jahres zum Kommunalabgaben gesetz. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Schulze für die Gruppe BVB/FREIE WÄH LER.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zunächst zum Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion. Ich denke, es war ein guter Gesetzentwurf und eine gute Anregung, auch wenn man noch mehr hätte hineinpacken können, insbesondere im Hinblick auf die Zwangsversteigerung. Das sind gute Ideen, die man hätte verfolgen sollen. Aber die Lebenswirklichkeit ist, dass die rot-rote Koalition dies im Innenausschuss mit ihrer Mehrheit abgelehnt hat.

Jetzt stehen wir vor einer neuen Situation - einige haben das schon gesagt -, ein Paukenschlag. Ich denke, man kann es auch als Weihnachtsgeschenk betrachten - natürlich nicht im Sinne von Herrn Kosanke, der immer nur an Geld denkt, sondern hier geht es um Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren, liebe Frau Nonnemacher, wenn Sie von einer neuen Lage sprechen, dann sage ich: Nein, es gibt keine neue Lage. Die Rechtslage war schon immer klar, Sie haben sie immer nur falsch interpretiert und falsch genutzt.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie vereinzelt AfD - Zurufe des Abgeordneten Kosanke [SPD])

Sie können auch nicht behaupten, dass das alles nicht bekannt gewesen wäre. Ich erinnere an die Auseinandersetzung bei der Debatte am 23. September in diesem Hause, wo Sie die Anträ ge unserer Gruppe verhöhnt, niedergemacht und uns als Lob byisten bezeichnet haben. Dazu sage ich: Ja, wir sind Lobby isten - Lobbyisten für die Verfassung und für das Recht. Heute haben wir Recht bekommen.

(Zurufe des Abgeordneten Kosanke [SPD])

Das mag Ihnen zwar bitter aufstoßen, aber das ist die Wahrheit, und Sie können nicht sagen, dass das nicht schon seit Jahren so kommuniziert worden wäre.

(Beifall des Abgeordneten Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

Das, was wir hier heute beenden bzw. was hier heute vom Bundesverfassungsgericht beendet worden ist, ist ein dreister Griff in die Tasche der Bürgerinnen und Bürger. Im Urteil un ter Ziffer 4 in der Pressemitteilung kann man das nachlesen: Dort steht nämlich, dass der Gesetzgeber, also die Landesre gierung und dieser Landtag, die Pflicht gehabt hätte, insbeson dere bei der KAG-Novelle 2013, die fiskalischen Interessen der öffentlichen Hand und die berechtigten Schutzinteressen der Bürgerinnen und Bürger vor Übervorteilung abzuwägen und sich auf die andere Seite hätte schlagen müssen. Das kön nen Sie nachlesen. Das ist also nicht aus meinem Munde, son dern das schreibt Ihnen das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch.

Herr Kosanke, Sie sagen, Tausende von Leuten sollten ihr Geld zurückerhalten. Das werden wir miteinander zu besprechen ha ben.

(Kosanke [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie schüren hier doch schon wieder Neid. Es geht aber gar nicht darum, ob Geld zurückgezahlt wird oder nicht, sondern es geht um Gerechtigkeit. Es geht darum, dass Menschen sa gen: Es gibt in diesem Rechtsstaat eine Abgabenordnung und ein Bundesgesetz, das eine Verjährungsfrist von vier Jahren vorsieht. Dies haben Sie ignoriert und mit Füßen getreten, und dafür bekommen Sie jetzt die Quittung.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie AfD - Zu ruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Meine Damen und Herren, wenn Sie sagen, es gebe keine Lö sung und Sie seien ratlos, dann sage ich Ihnen: Sprechen Sie mit den zahllosen Bürgerinitiativen und den Anwälten, die die se vertreten. Es gibt zahlreiche Ideen, wie man mit der einge tretenen Rechtslage, die von uns so vorausgesagt worden ist, weil wir uns für diese eingesetzt haben, umgehen kann. Reden Sie einmal mit den Leuten! Werden Sie klüger, lernen Sie da zu! Wir werden ja sehen, ob dem so ist. Man muss nicht ratlos sein, sondern man muss sich Rat bei diesen Leuten holen.

Was mich besonders interessiert, überrascht, aber auch nicht verwundert, ist die wiederholt gezeigte Biegsamkeit von Leu ten, die das hier wahrgemacht haben.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich möchte den Satz erst zu Ende führen. - Herr Kollege Dr. Scharfenberg, ja, Sie haben 2009 für die Stichtagsregelung gekämpft. Ja, es wäre damals richtig gewesen. Die entschei dende Frage ist aber nicht, wer wann welche Fehler begangen hat, sondern wer wann welche Fehler korrigiert bzw. nicht kor rigiert hat.

(Zuruf des Abgeordneten Kosanke [SPD])

Sie hatten fünf Jahre Zeit, von 2009 bis 2014, diese Fehler zu korrigieren. Was haben Sie getan? Sie haben aus vier Jahren Verjährungsfrist 25 Jahre gemacht!

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Jetzt ist die Gelegenheit, die Zwischenfrage zu stellen. - Bitte, Herr Abgeordneter Holzschuher.

Herr Kollege Schulze, Sie haben eben gesagt, dass wir - damit haben Sie offenbar den Landtag gemeint - das Bundesgesetz mit Füßen getreten hätten, und haben auf die heutige Entschei dung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, und zwar zu einem Gesetz, das im Februar 2004 verabschiedet worden ist. Zunächst einmal nehme ich an, dass auch Sie gele sen haben, dass nicht das Gesetz selbst - also unser Kommu nalabgabengesetz - vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist, sondern lediglich die Interpretation durch das Oberverwaltungsgericht des Landes in Bezug auf die Rückwirkung. Das ist schon ein entscheidender Unterschied.