Meine Damen und Herren, dann höre ich oft, ich solle erst ein mal etwas für deutsche Obdachlose tun, ehe für Flüchtlinge so viel Geld ausgegeben wird. Land und Kommunen bieten auch hier eine kontinuierliche Versorgung entsprechend SGB XII an. So zu tun, als blieben Land und Kommunen hier tatenlos, entspricht einfach nicht der Realität.
2014 hat das Land den Kommunen ca. 1,9 Millionen Euro für Aufwendungen im Bereich der Hilfen zur Überwindung soge nannter besonderer Lebenslagen erstattet. 2016 sind hierfür 2,14 Millionen Euro vorgesehen, also eine Steigerung. Wenn sich das Land und die Kommunen nicht um die Unterbringung der Flüchtlinge kümmern würden, dann wären sie obdachlos
und würden automatisch in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden fallen. Es ist doch also nur sinnvoll und richtig, dass wir uns aus gutem Grund um die Unterbringung der Flüchtlinge kümmern, aber eben auch um die Versorgung der Obdachlosen.
Natürlich schließt die Forderung nach einer sozialen Sicherung für alle auch die alten Menschen ein. Auch hier gilt: mitten in der Gesellschaft leben und ein aktives Altern fördern. Wir wollen mit unserer Senioren- und Pflegepolitik nicht nur die Beteili gung unserer Seniorinnen und Senioren fördern und sichern, wir möchten, dass sie auch im Fall einer Pflegebedürftigkeit gut ver sorgt sind. Dafür haben wir die Pflegeoffensive beschlossen.
Wir haben keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Rentenleistungen. Wir können aber die Lebensqualität unserer älteren Menschen sehr wohl beeinflussen - und das in allen Le benslagen.
Gleiches gilt für eine Gruppe, die oft aus gesellschaftlichen Prozessen ausgeschlossen ist, die Menschen mit Behinde rungen. Erst gestern hat der Landtag die Anhebung des Lan despflegegeldes beschlossen, ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstständigkeit und mehr Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben. Darüber hinaus haben wir gestern über das Behindertenpolitische Maßnahmenpaket gesprochen. Die Argumentation, liebe Frau Schier, war nicht, dass wir kein Geld haben und die Menschen in Einrichtungen deshalb jetzt noch nicht einbezogen werden, sondern sie war: Wir machen jetzt das, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist, nämlich die Steigerung der Leistungsbeträge, und schauen uns im nächsten Jahr im Zusammenhang mit dem Pflegestärkungsgesetz III und dem Bundesteilhabegesetz an, wer von diesem Personenkreis noch übrig bleibt, und werden dann eine Landesregelung finden.
Es war nicht das Argument, es sei kein Geld da. Das Geldargu ment kam im Zusammenhang mit Ihrem Änderungsantrag mit einem Umfang von mehreren Millionen Euro. Sie haben an keiner Stelle gesagt, woher das Geld dafür kommen soll.
Meine Damen und Herren, unser Ziel ist, genau das zu schaffen, was Menschen zum Leben brauchen: eine inklusive Gesell schaft, die für alle Menschen da ist, ohne jemanden aktiv oder passiv auszugrenzen. Nicht nur in Brandenburg merken wir doch in den letzten Monaten immer deutlicher, wie die Entwick lung der Infrastruktur und der sozialen Systeme sich ausgewirkt hat. Dass das durch die angestiegenen Flüchtlingszahlen deut licher wird, ist doch nicht die Schuld der Flüchtlinge; sondern die Frage ist: Reichen die sozialen Sicherungssysteme?
Wir brauchen einen demokratischen Staat, der seine Menschen ernst nimmt, der die Ausgrenzung von Schwachen nicht hin nimmt, der nicht hinnimmt, dass wir sie gegeneinander aus spielen. Gerade deshalb nehmen wir die Sorgen der Menschen ernst. Wir wollen mit ihnen das Gespräch führen und ihnen aufzeigen, dass nicht dem einen etwas gegeben wird, was wir
dem anderen nehmen. Genau das ist unsere politische Aufgabe auch für die nächsten Jahre. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Es ist eine Kurzintervention angezeigt worden. Herr Abgeordneter Schröder, Sie haben die Gelegenheit dazu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion ist heute wieder sehr bewegt, teilweise auch hitzig. Sicherlich liegt das an den unterschiedlichen Grundeinstellungen der ein zelnen Fraktionen und Abgeordneten. Allerdings weise ich das, was Sie, Frau Nonnemacher, gesagt haben und was hier die ganze Zeit Grundtenor war, wir als AfD-Fraktion würden hilfs bedürftige Menschen als Sozialschmarotzer bezeichnen und sie ausgrenzen,
wir würden Behinderte ausgrenzen wollen oder hätten hier völ kisch-nationale Aussagen getätigt, ganz entschieden zurück. Das ist alles überhaupt nicht wahr,
Wir erleben hier schon die ganze Zeit, dass Diskussionsbeiträ ge in aller Regel fachlich fundiert sind und auch Beispiele an geführt werden. Das will ich Ihnen allen zugestehen und uns auch. Wenn es aber gegen unsere Fraktion geht, blenden Sie das plötzlich vollkommen aus und verwenden eben keine Un terlegungen mehr, sondern es sind nur noch Behauptungen. Es sind reine Polemik und linker Populismus, weiter nichts.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte darum, vielleicht einmal zu überlegen, ob man den Ton, der hier von Einzelnen angeschlagen wird, nicht überdenken und etwas zi vilisierter miteinander umgehen sollte.
Nur noch einmal zur Information: Kurzinterventionen müssen sich auf den direkten Vorredner beziehen.
Frau Golze, möchten Sie reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann setzen wir die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abge ordnete Nowka für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Zunächst einmal: René Wilke, ich fand es schon ein rhetorisches Kunststück, wie du versucht hast, das, was Anlass der Aktuellen Stunde war, dann wieder zu relativieren, genau wie Frau Golze es getan hat. Aber bevor ich darauf eingehe, möchte ich einige Grundzüge der Deutschen Sozialversicherung in Erinnerung rufen:
Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversiche rung sind beitragsfinanziert. Es gibt eine Selbstverwaltung der Versicherungsträger. Der aktuelle Leistungsbedarf eines Jahres wird nahezu vollständig aus dem Beitragsaufkommen der Ver sicherungspflicht des gleichen Jahres bestritten.
Das heißt, Leistungs- und Beitragssatzstabilität sind grundsätz lich nicht an politische Willensbekundungen, sondern an das Beitragsaufkommen geknüpft.
Die Selbstverwaltung hat den Auftrag, für den ausgeglichenen Haushalt des jeweiligen Versicherungsträgers Sorge zu tragen. Wer also garantieren möchte, dass die sozialen Sicherungssy steme stabil bleiben, muss dafür sorgen, dass es im Verhältnis zwischen eingezahlten Beiträgen und ausgereichten Leistun gen keine negativen Verschiebungen gibt. Mit anderen Worten: Wenn es gelingt, möglichst viele der in unser Land geflohenen Menschen in möglichst kurzer Zeit zu Beitragszahlern in un seren sozialen Sicherungssystemen zu machen, steigen nicht nur die Ausgaben durch die neuen Anspruchsberechtigten, son dern auch die Einnahmen durch die neuen Beitragszahler. Das ist Deutschland im Übrigen in den letzten 50 Jahren immer wieder gelungen.
Schauen wir uns einmal die Zahlen an: Im Jahr 1950 hatte Deutschland 70 Millionen Einwohner, davon wären heute noch 60 Millionen übrig, der Rest ist aus Zuwanderung entstanden. Wir müssen uns fragen, wo unsere Sozialsysteme stünden, wenn es diese Zuwanderung nicht gegeben hätte.
Auf dem Weg zu diesem Ziel gibt es aber eine Menge Pro bleme zu lösen, die deutsche Staatsbürger und Flüchtlinge glei chermaßen betreffen. Viele dieser Probleme liegen auf der Landesebene und damit in Ihrer Verantwortung.
Sehr geehrte Kollegen von der Linksfraktion, Sie haben sich gestern während der Diskussion über unseren gemeinsamen Antrag zur Integration in Brandenburg dazu bekannt, konstruk tiv und lösungsorientiert mit diesem Problem umzugehen, die Angstmache der AfD, der „Angst-für-Deutschland-Partei“, zu überlassen und die Mehrheit der Gesellschaft durch das Prä sentieren von Lösungen zu gewinnen. 24 Stunden später schü ren Sie bewusst Ängste und versuchen, Ihrem Koalitionspart
ner und der CDU auf Bundesebene die Alleinverantwortung für mögliche soziale Einschnitte zuzuschieben.
Sie sind in diesem Land in Regierungsverantwortung, und das im siebenten Jahr. Glauben Sie ernsthaft, dass Ihnen Ihre Wäh ler diese Oppositionsarbeit aus den Ministersesseln abnehmen?
Glauben Sie, Sie können in diesem Parlament ständig über grenzenloses Willkommen reden und sich gleichzeitig heraus halten, wenn diese Willkommenskultur auf Vorbehalte trifft? Und woher kommen all die zusätzlichen Mittel, auf deren Aus schüttung Sie so stolz sind? Das sind im wesentlichen Bundes mittel.