Das ist ein Umstand, der uns nicht befriedigen kann. Hier ha ben die Aufsichtsbehörden versagt. Die Gerichte sind nicht von sich aus tätig geworden, sondern aufgrund der Klagen von An wohnern, die gesagt haben: Das kann nicht das sein, was im Planfeststellungsbeschluss steht. - Ich erinnere noch einmal da ran, wie lange es gedauert hat, bis man begriffen hat, dass kei ne Überschreitung von 0,55 dB im Rauminnern tatsächlich
„keinmal“ bedeutet. Erst ging es um bis zu sechs Überschrei tungen, dann um weniger als eine, und durch das OVG-Urteil war mit einem Mal eine Null auch wirklich eine Null. Von da her können wir es uns als Politiker nicht so einfach machen und sagen: Das ist so.
Wir haben mit dem BER noch viele andere Probleme, wie be reits angesprochen wurde. Eines der größten Probleme für die planmäßige Fertigstellung dieses Flughafens ist offensichtlich die Schnittstelle Bahnhof-Terminal; zu den weiteren Proble men zählen die gesamte Entrauchungsanlage, die Notifizie rung, aber eben auch der angesprochene Schallschutz.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir schon kurz vor der geplanten Eröffnung, als die Zeit also ziemlich knapp wurde, Bedenken hatten, ob der Schallschutz für die Bürger zustande kommen würde. Damals sagte das zuständige Minis terium, eine Inbetriebnahme könne nur erfolgen, wenn der Schallschutz eingebaut ist. Das könnte natürlich ein Grund sein, warum der Flughafen noch nicht in Betrieb genommen wurde. Ich glaube aber, das hat andere Ursachen. Dass es in diesem Tempo allerdings nicht weitergehen kann, ist uns allen klar.
Die Grundlage des Schallschutzes bildet ein Planfeststellungs beschluss. In diesem Planfeststellungsbeschluss ist eindeutig beschrieben, wer für den Schallschutz, für den Bau des Flugha fens usw. zuständig ist. Zuständig für den Einbau ist nach Ge setzeslage und Planfeststellungsbeschluss der Flughafen. Des halb müssen wir die Verantwortlichen für den Flughafen daran erinnern, neben denen, die in einer politischen Funktion als Aufsichtskontrollgremium Verantwortung tragen.
Damit sind wir bei der Quintessenz des Antrags, der sagt: Wir steigen um. Die kriegen nicht hin, wofür sie nach Planfeststel lungsbeschluss Verantwortung tragen, also übertragen wir das einem Dritten - wem auch immer; das ist nicht näher beschrie ben. - So umschreibe ich es einmal. Da muss ich sagen: So ein fach können wir es uns an dieser Stelle nicht machen. Neben der Standortentscheidung und dem Bau des Flughafens hat auch der Schallschutz seine Genese. Dass wir nicht damit zu frieden sind, dass das Ding früher Kostenerstattungsvereinba rung hieß, dann Anspruchsermittlung und dass das alles sehr langwierig ist, hat zum Status quo geführt. Ich habe noch ein mal nachgelesen: Im Schallschutzbericht für den Monat März wird ausgeführt, dass bisher 7 700 Anträge für das Nacht schutzgebiet bearbeitet wurden. Das sind 95 %. Jetzt bei einem Bearbeitungsstand von 95 % aufgrund der fehlenden An spruchsermittlung in 5 % der Fälle die Pferde zu wechseln ist - ins Verhältnis gesetzt zu dem, was wir bereits an Arbeit geleis tet haben - kein Mittel, das dafür sorgt, dass wir beim Schall schutz irgendetwas beschleunigen.
Wenn etwas nicht zu einer Beschleunigung führt, sollte man sich gut überlegen, ob man es wirklich tut. Am Ende kommt es zu einer weiteren Entschleunigung, was dann in unserer Ver antwortung liegt. Dann tragen wir die politische Verantwortung dafür, dass der Schallschutz erst recht nicht fertig wird. Das müssen wir mit diesem Antrag abwägen.
Jetzt ist die Frage: Warum haben wir so wenig umgesetzt? 112 Maßnahmen - das hat Herr Barthel gerade richtig gesagt.
Das hat einen anderen Grund: Die Menschen sind verunsichert. Die sagen: „Das hat noch Zeit, bis der Flughafen eröffnet“. „Es ist nicht klar, was wird“. „Da sind noch einige Klagen“. „Die haben sich bei den Dezibel, bei den Be- und Entlüftungskon zepten geirrt - wer weiß, wobei die sich noch alles irren“.
Die Menschen sind zutiefst verunsichert, und dafür trägt die Regierung natürlich Verantwortung. Es ist ein Zeichen von Versagen, wenn immer erst Gerichte nach einer langen Klage zeit dafür sorgen, dass die Rechtssicherheit wiederhergestellt wird. Diese Unsicherheit führt dazu, dass die Menschen war ten - auf irgendwelche Urteile, auf andere technische Lösun gen, die vielleicht noch in der Pipeline sind -, obwohl wir freie Kapazitäten bei den Firmen haben.
Deswegen sage ich zusammenfassend - weil ich schon etwas über der Zeit bin -: Würde man dem Antrag folgen, wäre die Konsequenz eine weitere zeitliche Verzögerung der Umset zung des Schallschutzes. Dies ist ein Antrag, der am Status quo und der mangelnden terminlichen Umsetzung nichts verbes sern würde. - Vielen Dank.
Lieber Herr Genilke! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis zum heutigen Tag hat es über 30 Änderungen zum Planfeststel lungsbeschluss gegeben. Wir werden demnächst sehen - weil ich dazu eine Kleine Anfrage eingereicht habe, damit wir das einmal fein säuberlich aufgedröselt bekommen -, in wie viel kleine Scheiben der Planfeststellungsbeschluss mittlerweile sa lamitaktikmäßig zerlegt worden ist. Jede einzelne Änderung ist sicher nicht planfeststellungsbedürftig, aber in der Summe wird man das noch einmal sehen.
Das heißt, die Flughafengesellschaft hat in über 30 Fällen Än derungen zum Planfeststellungsbeschluss beantragt. Jetzt muss mir erstens jemand erklären: Wem gehört diese Flughafenge sellschaft? Wenn ich mich recht erinnere, gehören uns 37 %, Berlin auch, dem Bund auch. Wenn also der Aufsichtsrat bei der Gesellschafterversammlung sagt: Okay, lieber Herr Dr. Mühlenfeld, stellen Sie den Antrag, dass die Passage im Planfeststellungsbeschluss geändert wird, dass Sie von der Aufgabe entbunden werden. - Ich denke, Herr Dr. Mühlenfeld würde nichts lieber tun, als diesem Antrag in affenartiger Ge schwindigkeit nachzukommen, damit er dieses Problem vom Tisch bekommt. Dieses Argument, es ginge nicht, ist also schon einmal entkräftet. „Geht nicht“ heißt „will nicht“.
Meine Damen und Herren, wenn man dann noch die Problema tik mit den Kostenerstattungsveränderungen, den ASE, sieht und wie es jetzt ist: 94 % wovon sind umgesetzt? 95 % der ASE. Aber was sind die Inhalte dieser Anspruchsberechnung? - Das ist Murks! Das ist einfach nur schlechter Schallschutz.
Sie sagen, Herr Genilke, die Bürgerinnen und Bürger seien verunsichert: Nein, die sind nicht verunsichert, die lehnen das ab. Die kommen zu mir - und anderen Abgeordneten - ins Büro und sagen: Gucken Sie einmal, was die mir hier anbieten. Ei nen Schalldämmlüfter, im Schlafzimmer bekomme ich kein Schallschutzfenster, im Kinderzimmer bekomme ich eins, und
im Wohnzimmer bekomme ich kein Schallschutzfenster, weil das Wohnzimmer angeblich auf der falschen Seite liegt - aber von der Seite kommen dummerweise die Flugzeuge.
Meine Damen und Herren, die Menschen sind nicht einver standen mit diesem Billigschallschutz. Und zu sagen: 95 % sind abgearbeitet - Herr Barthel, ich schicke die Leute alle zu Ihnen, dann können sie bei Ihnen die Wut ablassen. Es geht nicht darum, dass 95 % abgearbeitet sind, die 95 % sind zum großen Teil Murks. Dann bleiben noch die 30 %, die hier ange sprochen wurden. Entschuldigung, 30 %, das sind die soge nannten ASE-E, darauf kommen wir nachher zurück.
Herr Genilke, möchten Sie auf diese Kurzintervention reagie ren? - Dann haben Sie nun die Gelegenheit dazu.
Ganz kurz: Sehr geehrter Kollege, ich habe nicht behauptet, dass man den Planfeststellungsbeschluss nicht verändern kön ne. Natürlich kann man immer eine Planänderung vornehmen. Es ist nur die Frage, ob es sinnvoll ist, diese Planänderung zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen.
Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist, weil ich be fürchte, dass die terminlichen Auswirkungen extrem werden.
Recht gebe ich Ihnen darin, dass wir immer wieder einfordern müssen, dass der Schallschutz dem entspricht, was der gesetz liche Rahmen vorgibt, und fragen, wer die Verantwortung trägt. Dafür ist - das hat man im Übrigen auch geändert - die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde zuständig. Das ist eine Einrichtung des Landes. Von daher haben wir die Möglichkeit, auf diesem Weg den Druck zu erhöhen, damit dieser Schall schutz schnell im gesetzlichen Maße verwirklicht wird. Ich glaube, das ist der wesentlich bessere und schnellere Weg, hier zu einer Lösung zu kommen, der sicherstellt, dass mit der Inbe triebnahme des Flughafens der Schallschutz gesetzeskonform eingebaut ist. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Loehr für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Herr Schulze, wenn ich die Polemik aus Ihrem Antrag und
Ihrer Rede herausnehme, bleibt trotzdem Substanz übrig. Da bleiben Punkte, über die man ernsthaft reden muss.
Sie kennen unsere Position zum Standort. Darüber haben wir uns oft genug ausgetauscht. Schon in den 90er-Jahren hatte Frau Tack ihre Position, die sich nicht verändert hat, dazu be kannt gegeben.
Es ist so, wie es ist. Wir teilen Ihre Ungeduld, was die Umset zung des Schallschutzprogramms anbetrifft. Wir teilen auch Ihre Kritik, dass die Umsetzung des Schallschutzprogramms zunächst eher unprofessionell in Gang kam und die damaligen Geschäftsführer dieses Problem deutlich unterschätzt haben. Es wurde nicht ernst genommen. Dadurch ist sehr viel Porzel lan zerschlagen und Vertrauen zerstört worden. Das wirkt bis heute nach.
Aber das Urteil des OVG muss nun umfassend und konsequent umgesetzt werden. Daran darf es keinen Zweifel geben. Die FBB muss die ihr zugewiesene Aufgabe lösen, die entspre chenden finanziellen Mittel sind ihr zur Verfügung gestellt worden.
Anhand der regelmäßigen Berichterstattung im Sonderaus schuss BER des Landtags sehen wir - auch heute ist das in den Reden mehrfach zum Ausdruck gekommen -, wie mühsam sich das Ganze vorwärtsbewegt, obwohl die FBB sich fachlich und personell besser aufgestellt hat. Es geht sehr langsam voran. Warum ist das so? Herr Genilke hat in seinem Beitrag eben da rauf abgestellt: Der Eigentümer entscheidet selbst, ob, wann und durch wen er die Schallschutzmaßnahmen realisieren lässt.
Wir haben derzeit 48 Baufirmen auf der Liste, aus der der Ei gentümer frei auswählen kann. Er muss es aber auch tun, mei ne sehr verehrten Damen und Herren. Die FBB steht in der Pflicht, das ist unstrittig, aber aus Sicht der Linksfraktion wäre es falsch, hier und heute einen Beschluss zu fassen, der eine Veränderung - darüber ist gerade diskutiert worden - der Plan feststellung nach sich ziehen würde. Genau das will der An trag.
Wir sollten aber jetzt nicht die Pferde wechseln. Die Aufsicht liegt bei der Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg. Sie hat ei nen Kontrollauftrag, und nach unserem Dafürhalten erfüllt sie diesen.
Herr Schulze, im Gegensatz zu Ihrem Verhältnis zur FBB ist die FBB nicht unser Feind. Sie ist ein Partner, der im Auftrag des Landes für die Bürgerinnen und Bürger tätig sein soll und ist. Im Wissen um die vielen Probleme ringen wir gemeinsam um eine rechtskonforme Fertigstellung des Flughafens. Dazu gehört natürlich auch der Schallschutz. Die FBB muss sich auf diese Weise als guter Nachbar zeigen. Das ist eine Daueraufga be, nicht nur beim Schallschutz. Ihr Antrag führt ins Leere. Wir lehnen ihn ab. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäs te! Wir diskutieren wieder einmal einen typischen Antrag des Kollegen Schulz, quasi eine Generalabrechnung zum Flugha fen „Willy Brandt“. Und es ist gut, dass wir den diskutieren. Ich schätze den Kollegen Schulz.
(Zurufe: Schulze! - Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Würden Sie mir das „e“ zugestehen? Ich sage auch nicht: Herr Kalb! - Weitere Zurufe)
- Gerne. - Gut, wenn sich die Empörung ob dieses dramati schen Fauxpas gelegt hat, würde ich fortsetzen. Ich schätze den Kollegen Schulze ob seiner Penetranz und seines Durchhalte vermögens in Sachen BER.
Herr Schulze fasst die Situation gut zusammen und bringt sie stringent auf den Punkt. Der Antrag gibt die Fakten wieder, und das ist auch immer wieder notwendig. Denn die Gerichts urteile und Prozesse ziehen sich mittlerweile über zehn Jahre hin. Und hat das bei den verantwortlichen Politikern zu einem Umdenken geführt? Nein! Bei dieser Gelegenheit spreche ich bewusst von den Politikern, denn der BER war von Anfang an ein sehr politisches Projekt. Die Mitarbeiter der FBB müssen schließlich die Vorgaben umsetzen. Dass es auch innerhalb der FBB gärt, zeigte sich beim Interview mit dem letzten Presse sprecher. Ein Profi wie er verplappert sich nicht.
Bei aller Kritik an der FBB wissen wir wohl zu differenzieren und wissen um die ehrlichen Bemühungen der FBB, den Kar ren - oder sollte man vielmehr sagen: den Flieger - aus dem Dreck zu ziehen. Auch dem Ingenieur Herrn Dr. Mühlenfeld merkt man hier und da seine Verwunderung an, etwa wenn er zugibt, dass auch er nicht wisse, warum zwischen dem Bahn hof BER und dem Flughafen nicht einmal trennende Brand schutztüren vorgesehen sind. Unter anderem deshalb wird der Brandschutz noch länger ein Thema sein; das aber nur am Ran de.
Fakt ist: Für die Anwohner wird das bedrückendste Thema das Thema Schallschutz bleiben. Die Flughafengesellschaft ist ori ginär für den Betrieb und die Planung des Flughafens zustän dig. Schallschutz scheint eher ein Thema für die Baufirmen zu sein - aus einem einfachen Grund: Der Bereich Luftfahrt und Aviation ist angesichts der internationalen Regelungen, Vorga ben und des Konkurrenzdrucks schon kompliziert und schwie rig genug.
Den Flughafen unter den immer einmal wieder wechselnden Vorstellungen von Politikern der SPD, CDU und Linken zu bauen, ist eine Herkulesaufgabe. Ich beneide die FBB nicht um diese Aufgabe. Die Realisierung des Schallschutzes ist ein Ge biet, das von Anfang an in externe Hände gehört hätte, spätes tens jedoch mit dem OVG-Urteil von 2013. Denn dort haben es die Landesregierung und die FBB schwarz auf weiß bekom men, dass der Schallschutz nicht auf Kosten der Bürger und nicht auf Kosten der gesetzlichen Vorgaben zu realisieren ist.
Aber, lieber Herr Schulze, leider muss ich Ihnen sagen: Ihr An trag beinhaltet einen Denkfehler oder sogar zwei. Man liest aus Ihren Anträgen immer wieder heraus, dass Sie in gnadenlosem
Optimismus sehr gutgläubig davon ausgehen, dieses Projekt sei noch zu retten. Das sehen wir kritischer. Der Flughafen „Willy Brandt“ ist ein Vorzeigeprojekt, mit dem sich die etab lierten Parteien in Brandenburg mittlerweile selber demontie ren. In diesem Zusammenhang kann ich mir nur wünschen, dass ich da falsch liege. Ich freue mich also, wenn dieser Flug hafen gelingt.