„Eine kleine Stellung, ein kleiner Orden (Fast wär’ ich auch mal Hofrat geworden) , Ein bißchen Namen, ein bißchen Ehre, Eine Tochter „geprüft“, ein Sohn im Heere, Mit siebzig ’ne Jubiläumsfeier, Artikel im Brockhaus und im Meyer... Altpreußischer Durchschnitt. Summa Summarum, Es drehte sich immer um Lirum Larum, Um Lirum Larum Löffelstiel. Alles in allem - es war nicht viel.“
Da, lieber Theodor Fontane, wollen wir einfach widersprechen und den Gegenbeweis antreten. Insofern werbe ich für unseren Antrag. - Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Der literarische Spiegel Preußens, einer der bedeutendsten Vertreter des bürgerlichen Realismus - das sind nur zwei Beschreibun gen, die man für Theodor Fontane, der vor 199 Jahren in Neu ruppin geboren wurde, finden kann. Die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, verehrte Damen und Herren, sind durchaus ein literarischer Spiegel unseres Landes. Fontane hat darüber gesagt:
Er hat sein Werk von Anfang an also auch als Werbung für die se beeindruckende Region betrachtet und war damit überaus erfolgreich. Noch heute ist es ein reizvolles touristisches Un terfangen, gezielte Wandertouren auf seinen historischen Spu ren zu unternehmen. Literarisch wirkungsvoll und unterrich tend führt sein Werk durch Brandenburger Landschaften, Städ te und Gemeinden, die Brandenburger Geschichte und wirkt bis in die Gegenwart, weit über die Landesgrenzen hinaus.
Dass wir, verehrte Damen und Herren, seinen 200. Geburtstag im nächsten Jahr also gebührend feiern, sollte eine Selbstver ständlichkeit sein. Genauso selbstverständlich ist es eigentlich, dass das zuständige Kulturministerium von sich aus aktiv wird und ein Konzept erarbeitet bzw. erarbeiten lässt. Dass wir jetzt über diesen Antrag beraten, befremdet mich schon etwas.
Trauen Sie Ihrem Ministerium nicht zu, dass es seine Arbeit vernünftig macht? Es scheint fast so, als hätte ich mehr Ver trauen in Ihre Ministerin als Sie.
Wenn wir schon einen solchen Antrag beschließen, sollten wir es auch klug tun, dann sollten wir mehr als ein paar schöne Worte und Zitate verlieren und einen konkreten und durch dachten Antrag beschließen, der dafür sorgt, dass das Jubilä umsjahr ein nachhaltiger Erfolg wird. Dafür lohnt es sich na türlich, zu schauen: Wie können wir als Parlamentarier den Er folg sicherstellen? Dazu erinnere ich gern an die überaus er folgreiche Erste Brandenburgische Landesausstellung in der Klosterstadt Doberlug-Kirchhain in Elbe-Elster. Ohne die Pro fessionalität von Kulturakteuren wie beispielsweise Dr. Kurt Winkler, Anne-Katrin Ziesak, Peter Langen, den viele von sei nen Publikationen her kennen, oder Brigitte Faber-Schmidt vom Kulturland Brandenburg wäre die Ausstellung nur eine von vielen gewesen: beliebig und schnell vergessen.
„Preußen und Sachsen: Szenen einer Nachbarschaft“ war nicht nur hinsichtlich der Qualität der Ausstellung und der Besucher zahlen ein großer Erfolg. Gerade im Hinblick auf Nachhaltig keit hat die Landesausstellung alle Ziele erreicht und sollte auch für das Fontane-Jubiläum als Vorbild gelten. Von Anfang an waren die Kompetenz des Museumsverbundes, der Förder verein, die Regionalmärkte einbezogen und auch die freien Theater in der Planung berücksichtigt und vor Ort aktiv. Da durch haben wir heute mit wechselnden Ausstellungen und ei ner neuen Dauerausstellung, die im Herbst dieses Jahres be ginnt, nachhaltige Effekte für die Region und das Land Bran denburg erzielt. Nicht weniger dürfen wir vom Fontane-Jubilä um erwarten.
Deswegen halte ich es für dringend geboten - das betone ich -, dass die Konzepterstellung nicht nur in Abstimmung mit der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte er arbeitet wird, sondern auch die Umsetzung unter deren Feder führung und Trägerschaft erfolgt. Wer in Neuruppin soll denn diese Federführung übernehmen? - Das unterscheidet unser Ansinnen ganz klar von Ihrem Antrag.
Unerlässlich ist - wie auch Sie, liebe Gerrit Große, anführten -, dass die Landkreise und kommunalen Akteure frühzeitig ein gebunden werden. Wenn wir schon ein brandenburgisches Ju biläum feiern, sollte das Thema unbedingt im Haus der Bran denburgisch-Preußischen Geschichte als zentralem Museum angemessen präsentiert werden. Unbestritten ist, dass auch die Region Neuruppin ein zentraler Ort des Fontane-Jubiläums ist. Doch wenn wir Neuruppin als zentralen Ort wollen, liebe Ger rit Große, müssen wir auch Sorge dafür tragen, dass dieser Ort nicht nur wandernd, wie Fontanes Buchbände es veranschauli chen, zu erreichen ist, sondern dann müssen unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, die entsprechenden Zufahrts straßen, insbesondere die Landesstraßen 167 und 18, zu sanie ren und den ÖPNV entsprechend zu ertüchtigen.
Selbst im Titel Ihres Antrags - lassen Sie mich an dieser Stelle ein klein wenig und charmant Kritik üben - lassen Sie den Lan
desnamen Brandenburg außen vor. Dabei hat es sich etabliert, das fünfbändige Werk unter dem Titel „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ zu führen. In diesem Sinne werbe ich für unseren Entschließungsantrag, denn er ist wesentlich konkreter und zielführender als der Antrag der Koalition. - Vielen Dank.
Verehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Zuerst muss ich dem Ministerpräsi denten und den Ministern, die noch da sind, danken, dass sie sich den Kulturfragen widmen. Es reicht noch nicht für die Mehrheit im Kabinett, aber ein paar sind immerhin noch da.
Kaum ein Schriftsteller bietet so viele konzeptionelle Ansatz punkte wie Theodor Fontane, wegen seines schriftstellerischen Werkes an sich, aber auch wegen der vielen Querbezüge zu ganz verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und seiner Persönlichkeit. Deshalb liegt viel Arbeit vor allen, die den Fontane-Geburtstag vorbereiten und zugleich ausge hend von Fontane neue Ansätze für Kunst entwickeln wollen. Man muss also schnell anfangen, am besten gleich heute.
Die Themen liegen auf der Hand: poetischer Realismus als Kunstrichtung, die Realismusdebatte mit vielfältigen philoso phischen Positionen von Platon über Marx bis heute, die Ab grenzung von Klassik und Romantik, aber auch Entwicklungs linien innerhalb der Kunst, die immer ein bisschen beiseitege schoben werden. Ich bin mir sicher, dass man auch in der For schung zu Fontane viel Neues herausfinden wird: über den Be zug zu den Dichtern derselben Zeit wie Gottfried Keller, Theo dor Storm, Wilhelm Busch oder zu Musikern - es ist die Zeit Wagners, Verdis und Bruckners. Es ist auch die Zeit des Malers Adolph von Menzel - „Das Eisenwalzwerk“ kennen Sie -, und plötzlich fügt sich ein Zeitbild zusammen, das uns Fontane auf ganz andere Weise näherbringt.
Zu untersuchen sind auch die Auswirkungen, die Fontanes Werk auf die spätere Literatur hat, zum Beispiel Günter Grass’ „Ein weites Feld“ oder einfach die Kunst, Tagebuch zu schrei ben, Briefe zu schreiben, zu reflektieren - Reflexionen in einer schnelllebigen, sehr komplexen Welt. Geschichtlich gehören die Revolutionen um 1848 dazu; sogar die deutsche Reichs gründung ist Fontane-Thema. Natürlich sind das alles Bran denburger Themen, aber nicht ausschließlich. Fontane und sein Werk, seine Persönlichkeit, seine Zeit - das ist ein deutschland weites Thema. Land und Bund sind in der Finanzierungs pflicht, und dafür, liebe Anja Heinrich, brauchen wir einen An trag im Landtag Brandenburg, der den Bund zur Mitfinanzie rung auffordert.
Wir wollen ein schlüssiges Konzept - das steht im Antrag - und wir brauchen Partner. Mit diesen Partnern müssen wir jetzt Kontakt aufbauen. Das sind nicht nur Partner, die Sie vielleicht sofort im Kopf haben, sondern auch der Apothekerverband - Fontane war Apotheker -, die Krankenkassen, die Studenten werke, der Journalistenverband, aufgrund der vielen Bühnen fassungen seiner Romane Theater und Film, Verlage, die Fon tane-Gesellschaft, die interessanterweise eine Potsdamer Ge sellschaft ist und ihren Sitz in Neuruppin hat - warum wohl? -, das Fontane-Archiv, die Britische Botschaft sowie die engli schen Partnergesellschaften.
Jetzt komme ich zu den Orten: Neuruppin - von dort aus natür lich Wanderungen an Brandenburger Orte -, aber auch Burg bei Magdeburg, Leipzig, Berlin und selbstverständlich London. Eines ist aber ganz klar: Potsdam nicht. - Fontane machte schriftstellerisch große Bögen um große Städte, nämlich um Potsdam und Berlin. Ich frage die CDU: Was also bitte soll ein zentraler Erinnerungsort in Potsdam, im Haus der Brandenbur gisch-Preußischen Geschichte?
Eine aufgepfropfte Ausstellung in der Landeshauptstadt, nur weil sie Landeshauptstadt ist, brauchen wir nicht. FontaneRezeption funktioniert auch dezentral. Konzentrieren wir uns auf Neuruppin und ziehen wir von dort aus auf Wanderschaft: in die Grafschaft Ruppin, das Oderland, das Havelland, das Spreeland und zu den fünf kleinen Schlössern vor Ort. Ich ha be mir überlegt, ob ich einmal alle Orte „telefonbuchartig“ aufzähle oder ich Ihnen wenigstens sagen kann, wie viele es sind; ich habe sie nicht zusammenbekommen - einmal be schreibt er einen See, einmal ein Kloster, einmal einen Ort, einmal ein Schloss. Das wird auch eine Aufgabe bis 2019 sein.
Ich wünsche mir, dass Kinder im Jahr 2019 wissen, dass Fonta ne - wie Beethoven - kein Hund und - wie Mozart - auch keine Trickfilmfigur ist, sondern ein Schriftsteller war - kritisch, rea listisch, poetisch elegant und wahnsinnig fleißig. Dem müssen wir gerecht werden.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Das sind wirklich zwei bemerkenswerte Anträge, die wir heute hier von der SPD, den Linken und der CDU geboten bekom men. Es gibt Unmengen großer Probleme in diesem Land - man braucht sie gar nicht alle aufzuzählen: Kinder-, Rentnerarmut, Lehrermangel, Flüchtlingskrise -, und über all das müsste man eigentlich viel intensiver sprechen. Aber worüber spre chen wir jetzt? Veranstaltungsplanung.
Viel gefährlichere Themen kommen gar nicht erst auf die Ta gesordnung. Viel drängendere Probleme hätten in der parla mentarischen Debatte mehr Raum verdient,
aber das kennt man schon zur Genüge. Was hätte wohl Fontane zu diesem Verhalten von Menschen geschrieben, die glauben, die Geschicke Brandenburgs so lenken zu können?
Wir haben es mit zwei fast gleichlautenden Wohlfühlanträgen zu tun, die eigentlich gar nicht hierhergehören. Ein lobenswer tes Jubiläumsjahr vorzubereiten ist eindeutig Geschäft der lau fenden Verwaltung und des Ministeriums. Dass sich Abgeord nete mit solchen Dingen und dann auch noch so detailliert be schäftigen müssen, wirft einen bezeichnenden Blick auf den Kleingeist Ihres politischen Gestaltungswillens.
Und dann sind sich auch wieder alle einig. Dass die CDU dem Antrag von SPD und Linken noch einen Entschließungsantrag mit marginalen Erweiterungen hinterherschiebt, zeugt nur von einem: In der derzeitigen parteipolitischen Lage muss die CDU nach jedem Strohhalm greifen, um sich in ihrer Beliebigkeit und Profillosigkeit bemerkbar zu machen.
Ihre beiden Anträge sind so wohlig, erquicklich und auch noch sehr nett formuliert, dass man nichts dagegen haben kann. Das haben wir natürlich auch nicht. Da in beiden Anträgen sowieso nur Dinge stehen, die wir in der AfD auch hinsichtlich des Fon tane-Jahres von einer funktionierenden Verwaltung erwarten, werden wir selbstverständlich gern zustimmen.
Aus einem Grund bin ich der Linken und der SPD aber dank bar, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Das gibt einem die schöne Gelegenheit, sich wieder einmal mit Theodor Fontane zu beschäftigen. Vor allem hat sich mir die Frage aufgetan, warum sich die Damen und Herren von der Linken und der SPD so für Theodor Fontane einsetzen. Das war eigentlich ein sehr konservativer Knochen, der für all das stand, was Sie ablehnen: Fontane war stolz auf seine Heimat, er war Mitarbeiter bei der konservativen „Kreuzzeitung“, hat er doch mit seinen Werken ein durchaus kritisches, aber sehr würdiges Bild der preußischen Werte gezeichnet. Würde Fon tane heute leben,