Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Man könnte sagen: Jährlich grüßt das Murmeltier. Da ist sie wieder - die Debatte um die Angemessenheit der Abgeordnetendiäten, um Selbstbedie nungsmentalität oder gar Abzocke. Vor ein paar Tagen sprach mich eine Dame diesbezüglich an. Sie sagte sinngemäß: Das fände ich auch toll, über meine Gehaltserhöhung selbst bestim men zu können. - Ich antwortete nur: „Ich nicht!“ Ich vermute, es geht der großen Mehrheit der Abgeordneten in diesem Hau se so, dass sie die Verantwortung zur Anpassung der Diäten lieber heute als morgen an eine Gewerkschaft oder ein ähnli ches Gremium abgeben würden.
Allein, dies hat das Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen. Deshalb hat der Landtag Brandenburg bereits in der 4. Legisla turperiode eine unabhängige Kommission eingesetzt, der unter anderem der Landesrechnungshof - er ist heute anwesend -, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Unternehmensverbände so wie der Bund der Steuerzahler angehörten. Diese Kommission hat Empfehlungen gegeben, und auf dieser Basis wurde in der vergangenen Legislaturperiode das heute geltende Abgeordne tengesetz geschaffen.
Um dem wiederkehrenden Vorwurf der Beliebigkeit und der Selbstbedienung zu begegnen, wurde die Anpassung der Diä ten dabei an die allgemeine Einkommensentwicklung in Bran denburg gekoppelt. Der Bericht zur allgemeinen Einkommens entwicklung kam Ende August und präsentierte uns eine durch schnittliche Steigerung der Einkommen in Brandenburg um 4,4 %. Der heute vorliegende Gesetzentwurf der Landtagsprä sidentin setzt somit lediglich die Vorgaben der Statistik um - eine Statistik übrigens, über die wir uns freuen sollten.
Dennoch gibt es nun die gleiche öffentliche Debatte, als hätte es all die Bemühungen, die Anpassung der Diäten auf eine neu
trale Grundlage zu stellen, nie gegeben - vorneweg der Bund der Steuerzahler, der selbst an der bestehenden gesetzlichen Regelung mitgearbeitet hat. Dies ist aus meiner Sicht über haupt nicht nachvollziehbar.
Dass wir fortlaufend schauen müssen, ob die von der Kommis sion vorgeschlagenen Regelungen praxistauglich sind, ist rich tig. Dafür hat sich die SPD-Fraktion bereits in den vergange nen Monaten in den internen Beratungen der Parlamentari schen Geschäftsführer wiederholt eingesetzt. Dass nun aber, wenn es nur um den Vollzug eines bestehenden Gesetzes geht, Aktionismus ausbricht und das erst vor zwei Jahren in Kraft getretene Abgeordnetengesetz schon wieder grundsätzlich in frage gestellt wird, verwundert schon.
Da wir es aber für wichtig halten, dass wir in diesem Haus möglichst einvernehmlich über das Abgeordnetengesetz ent scheiden, stimmen wir einer Überweisung an den Hauptaus schuss selbstverständlich zu. Aus unserer Sicht sollte dort in Form einer Anhörung die Tragfähigkeit der Einkommensstatis tik noch einmal mit Experten beraten werden. Auch die Frage, ob die in der Gesamtsumme der Diäten enthaltenen Beträge zur Abgeltung von Büro- und Fahrtkosten anders angepasst wer den können als die Gesamtdiät, sollten wir diskutieren.
Doch lassen Sie mich zum Schluss eine Vermutung formulie ren: Egal, welchen neuen Index wir anlegen oder welche Be standteile wir aus der Abgeordnetenentschädigung wieder her auslösen - wir werden nichts daran ändern, dass die Debatte um die Abgeordnetendiäten wie das berühmte Murmeltier im nächsten Jahr wiederkehrt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es an dieser Stelle recht kurz machen, weil ich mich im Wesentlichen den Ausführungen meines Vorredners, Kollegen Lüttmann, an schließen möchte. Es ist natürlich richtig, dass das Abgeordne tengesetz keine willkürliche Erhöhung vorsieht, sondern wir uns hier vor einigen Jahren im Landtag über einen Maßstab verständigt haben, der gerade diese wiederkehrenden Debatten vermeiden soll. Ich bin deshalb schon überrascht, dass der eine oder andere hier doch wieder mit willkürlichen Vorschlägen in die Debatte kommt. Gerade das wird nie Akzeptanz schaffen. Wenn wir jetzt sagen, wir halten jedes Jahr den feuchten Finger in den Wind - der eine ist für 3 %, der Zweite für 8 %, der Drit te ist für 0 %, und irgendjemand ist vielleicht sogar noch für eine Senkung -, dann ist das keine solide und seriös geführte Debatte. Wir müssen uns über den Maßstab verständigen. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass der Maßstab das Ein kommen der Brandenburgerinnen und Brandenburger sein muss.
Denn natürlich ergibt sich daraus auch ein Effekt, nämlich die Frage: Was machen wir hier? Wozu sitzen wir hier im Land
tag? Was ist unsere Aufgabe? Wir sind für die Brandenburge rinnen und Brandenburger da und versuchen natürlich auch ei nen Beitrag dazu zu leisten, dass sie mehr verdienen und mehr Einkommen generieren können, in den verschiedensten Fel dern - angefangen bei der Wirtschaftsförderung über Infra struktur usw. Das ist eine unserer Kernaufgaben hier, und des halb ist eine gewisse Erfolgsverbindung - wie erfolgreich sind wir denn, die Einkommen der Brandenburger zu erhöhen - auch ganz richtig und angemessen.
der Vorschlag kam, nur über eine nominale Erhöhung zu reden. Bei Tarifverhandlungen ist es in keinem Bereich üblich, über nominale Erhöhungen zu reden, sondern man redet natürlich über prozentuale Erhöhungen. Auch im öffentlichen Dienst werden Gehälter prozentual erhöht, denn ein nominaler Zu wachs fiele bei höheren Gehältern natürlich höher aus als bei niedrigeren Gehältern. Wenn man dies nicht täte, würde bei ei ner Erhöhung auf dem Niveau der Inflationsrate der Effekt ei ner Reduzierung der Kaufkraft eintreten, obwohl dies eigent lich - soweit ich Sie recht verstehe - gar nicht gewollt war.
Daher bleibt es bei den bestehenden grundsätzlichen Festle gungen: Koppelung an das Einkommen der Brandenburgerin nen und Brandenburger. Wir sind für eine Überweisung an den Hauptausschuss. Dort sollten wir den Index kontrollieren: Bil det er tatsächlich die Einkommenssteigerung der Brandenbur gerinnen und Brandenburger repräsentativ ab? Wir sollten auch darüber sprechen, ob wir stärker zwischen Aufwand für Büro und Fahrten und der eigentlichen Abgeordnetenentschädigung differenzieren. Diese Debatte sollten wir seriös und auch mit einem gewissen aufklärerischem Impetus führen, damit in vie len Meldungen nicht ständig falsche Zahlen stehen. Außerdem sollte die Debatte transparent sein, denn das sind wir den Bran denburgern schuldig. Wir sollten aber das Selbstbewusstsein und die breite Brust haben, dann auch so zu verfahren. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp elf Jahren haben wir die Bindung der Ab geordnetendiäten an die Einkommensentwicklung und die Bin dung der Kostenpauschalen an die Entwicklung der Verbraucherpreise im Land Brandenburg beschlossen. Dies sollte zum einen dem Gedanken der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verwendung öffentlicher Gelder, die Abgeordnete bekom men, Rechnung tragen, zum anderen sollte dem Vorurteil ent gegengewirkt werden, Abgeordnete beschlössen für sich selbst im stillen Kämmerlein die Höhe ihres eigenen Gehalts. Dann wurde vom Landtag eine unabhängige Kommission zur Novel lierung des Abgeordnetengesetzes eingesetzt. Diese hat das von mir beschriebene Verfahren übernommen. SPD, CDU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE haben gemein sam eine Systemumstellung vorgenommen, die anerkannter maßen breite Akzeptanz in Brandenburg und darüber hinaus gefunden hat.
Auch die öffentliche Begleitung war seinerzeit grundsätzlich positiv. So war unter anderem in der „MOZ“ am 18.04.2013 zu lesen:
„Die neue Regelung ist Ergebnis einer mehr als vierjähri gen Diskussion und lehnt sich im Wesentlichen an Emp fehlungen an, die eine unabhängige Diätenkommission Ende 2009 vorgelegt hatte. Auch deshalb herrscht großer Konsens im Parlament und außerhalb. Sogar der Bund der Steuerzahler, der die Abgeordnetenversorgung sonst oft kritisch sieht, begrüßt die Reform. ‚Das ist ein Mei lenstein‘, sagte die Landesvorsitzende der Organisation, Angela Mai, der Berliner Zeitung. ‚Ein Abgeordneter in Brandenburg muss sich jetzt so behandeln lassen wie je der andere Bürger auch, eine Steuererklärung abgeben und für sein Alter Vorsorge treffen.‘“
Nun, nach drei Jahren, haben wir eine etwas andere Diskussion und eine neue Situation. Zu dieser muss man sich selbstver ständlich verhalten, und deshalb ist eine Überweisung sowie eine Diskussion über das Abgeordnetengesetz folgerichtig.
Eine wesentliche Frage wird dabei sein, wie wir zu der seiner zeit anerkannten Ausgangsbasis zurückkommen bzw. wie wir uns dieser annähern. Eine Herausrechnung der vom Kollegen Dr. Redmann beschriebenen Sachkostenkompensation wäre ei ne denkbare Variante. Ich möchte daran erinnern, dass die Aus gangsbasis seinerzeit der Bezug eines Bürgermeisters einer Kommune mit 25 001 bis 40 000 Einwohnern war. Davon ent fernen wir uns nun aber beträchtlich. Ein wesentlicher Grund ist die unterschiedliche Entwicklung der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst und die Entwicklung des Einkommensin dex im Land Brandenburg. Zum Vergleich: 2014 lag der Ein kommensindex bei 3,3 %, die Besoldungsanpassung im öffent lichen Dienst bei 1,9 %. 2015 lag der Einkommensindex bei 2,9 % und der Besoldungsindex bei 2,1 %. 2016 lag der Ein kommensindex bei 4,4 %; die Besoldungsanpassung für dieses Jahr steht noch nicht fest.
Bei aller Freude über die positive Lohnentwicklung im Land Brandenburg sollten wir den Sachverhalt, über den wir zu ent scheiden haben, gründlich diskutieren und uns vor Schnell schüssen sowohl in die eine als auch die andere Richtung be wahren. Nullrunden zum Beispiel lösen im Moment kein Prob lem.
Ich hoffe auf eine sachliche und konstruktive Diskussion im Hauptausschuss sowie in der Öffentlichkeit. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht der Abgeordnete Galau für die AfD-Fraktion.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Sehr verehrte Gäste! Kaum ein Gesetzentwurf hat die Brandenburger in der letzten Woche so beschäftigt wie die be absichtigte Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung um 4,4 % oder rund 350 Euro pro Monat. Dabei kam diese Empö rungswelle mit Ansage. Ja, wir erhöhen unsere Diäten zwar nicht nach eigenem Ermessen, sondern lassen uns vom Statisti schen Landesamt einen Mittelwert aus den Tarifsteigerungen aller Brandenburger Wirtschaftsbranchen mitteilen, was dann als Grundlage der Entschädigungsanpassung dient, aber genau das ist das Problem. Meine Damen und Herren, ich habe es schon bei den beiden vorangegangenen Diätenrunden hier in diesem Plenum gesagt und zitiere mich jetzt einmal selbst, nämlich aus meiner Rede von vor ziemlich genau einem Jahr:
„Wir Abgeordnete sind öffentliche Dienstleister und kein produzierendes oder handelndes Gewerbe. Insoweit halte ich die Anpassung unserer Entschädigung an die Ergeb nisse der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst für ange messen - nicht mehr und nicht weniger.“
Und nun, ein Jahr später? Der Bund der Steuerzahler, Sektion Brandenburg, kritisiert das vorliegende Änderungsgesetz und argumentiert dabei beinahe wortgleich mit meinem Vorschlag von 2015. Und selbst Kollege Lüttmann, immerhin Parlamen tarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, gelangte nun zu der Erkenntnis, dass wir Abgeordnete ja doch irgendwie im öf fentlichen Dienst beschäftigt seien.
Aber ich weiß: Sie wollen natürlich all das schon immer besser gewusst haben. Auch bei den kommenden Absprachen werden Sie natürlich unter sich bleiben und die AfD außen vor lassen. Aber täuschen Sie sich nicht! Der Brandenburger Wähler guckt mittlerweile sehr genau hin, wer seine Interessen vertritt und wer nicht.
Wir werden dem Antrag auf Überweisung an den Hauptaus schuss natürlich zustimmen, da dieses Gesetz so nicht zustim mungsfähig ist und im obigen Sinne neu diskutiert werden muss.
Den Vorschlägen der FREIEN WÄHLER können wir nicht fol gen, da sie in Summe mit de facto jeweils 2,2 % im Jahr 2017 und 2018 - das würde sich ergeben, wenn man für das nächste Jahr eine Nullrunde festlegte - zwar ziemlich genau auf die Lö sung mit den Abschlüssen im öffentlichen Dienst hinauslaufen, aber das grundsätzliche Problem des Vergleichs unserer Diäten mit den Einkünften in der freien Wirtschaft nicht lösen.
Gegen den zweiten Teil des vorliegenden Änderungsgesetzes, nämlich die Sitzungen der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER den Pflichtsitzungen der Fraktionen gleichzustellen, ist natürlich
nichts einzuwenden, folgt diese Regelung doch dem Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 22. Juli 2016. - Vielen Dank.