Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

nichts einzuwenden, folgt diese Regelung doch dem Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 22. Juli 2016. - Vielen Dank.

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Vogel fort. Er spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2013 haben wir nach den Worten des damaligen Landesrech nungshofpräsidenten das fortschrittlichste und bürgerfreund lichste Abgeordnetengesetz in Deutschland verabschiedet. Aber uns war auch damals schon bewusst, dass es nicht perfekt ist. So haben wir beispielsweise für die Altersversorgung vorgese hen, dass im Jahr 2017 eine Evaluierung stattfindet, weil von vornherein klar war, dass nicht ganz so sicher ist, was da am Ende tatsächlich herauskommt. Und gerade in Niedrigzinspha sen, denke ich, werden wir noch einmal sehr ernsthaft darüber diskutieren müssen.

Es ist inzwischen aber auch deutlich geworden, dass es gewis se Diskrepanzen zwischen bestimmten Einkommensentwick lungen im öffentlichen Dienst und im übrigen gesellschaftli chen Bereich gibt. Problematisch ist aber auch, dass wir gegen wärtig eine Inflationsrate von 0,3 % haben und damit der An teil, der von uns damals für die Sachkosten eingeplant war - wenn wir die Erhöhungen der allgemeinen Einkommenstarife zugrunde legen -, zu üppig ausfällt. Von daher wird es Nach steuerungsbedarf geben, und von daher ist es auch sinnvoll, dass wir den Gesetzentwurf an den Ausschuss überweisen und uns die Zeit nehmen, mit Fachleuten vernünftig darüber zu dis kutieren, was der angemessene Index ist und wie wir dies auch steuerrechtlich sauber hinbekommen.

Ich möchte noch zu zwei Punkten etwas sagen. Erstens: Wir brauchen wir eine systematische Lösung, an der wir uns jedes Mal ausrichten können. Was uns überhaupt nicht hilft, ist, dass wir ein Jahr Nullrunden einlegen und im nächsten Jahr dann einen großen Sprung nach oben machen, denn genau das zer stört Vertrauen, und genau das ist es, was wir hier überhaupt nicht brauchen.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Zweitens an Herrn Galau gewandt: Es ist nun schon mehrfach deutlich gemacht worden, dass das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgeschlossen hat, dass wir unsere Anpassungen an den Besoldungsanpassungen im öffentlichen Dienst aus richten. Und es kann auch nicht sein, dass wir Verdi mit den Landesregierungen über unsere Einkommenssteigerungen ver handeln lassen,

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

sondern wir müssen am Ende schon selber entscheiden, wie viel mehr wir bekommen. Von daher ist das Anknüpfen an ei nen Index, denke ich, genau das richtige Instrument.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Aber das verstehen Sie von der AfD nicht!)

Allerdings müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Statistik trü gerisch sein kann. Weil von Ihnen, Frau Schülzke, in den Me dien behauptet wurde, in Elbe-Elster sei die Einkommensent wicklung, die wir hier zugrunde legen, nicht angekommen, möchte ich daran erinnern, dass die Renten in Ostdeutschland am 1. Juli dieses Jahres um 5,95 % gestiegen sind. Zugrunde gelegt wurde dabei die Einkommensentwicklung nach der Sta tistik des Statistischen Bundesamtes, das zu dem Ergebnis ge kommen ist: Im Osten sind die Einkommen um 5,4 % gestie gen - unter Einbeziehung der Arbeitslosengeldempfänger und ohne Beamte. Das Statistische Landesamt in Brandenburg hat einen Prozentpunkt weniger ausgewiesen, also 4,4 %, weil es in seinen Index die Beamten einbezieht, die Arbeitslosengeldempfänger aber nicht.

Das sind Punkte, über die wir reden müssen. Dazu dienen, den ke ich, die Beratungen in den Ausschüssen. Ich bin auch sicher, dass wir zu einem Ergebnis kommen, das alle oder zumindest die meisten hier in diesem Hause auch guten Gewissens mittra gen können. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Vida für die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER fort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich habe heute gehört, dass diese Debatte immer bedeutet, dass das Murmeltier wiederkehrt. Ja, das Murmeltier ist durchaus popu lär. Insofern ist es auch nicht schlimm, wenn man darüber re det, sondern sogar gut, wenn einmal im Jahr eine Debatte darü ber stattfindet, wie viel Geld die Abgeordneten des Landes be kommen. Das ist nicht populistisch, das ist ganz normal. Man redet darüber, die Bürger verfolgen das und bilden sich ihre Meinung. Manche vertreten die eine Position, manche die an dere. Und so, wie Sie die Position vertreten können, dass eine Erhöhung um 4 % angemessen sei, kann ich die Position ver treten, dass das nicht angemessen ist.

(Domres [DIE LINKE]: Wer hat denn gesagt, dass das angemessen ist?)

Das ist ganz normal. Aber es wird wieder gesagt: Das ist nicht seriös, ist ein Schnellschuss, so geht es nicht usw. - Das sind die verklausulierten Formulierungen dafür, dass es nicht in Ordnung sei, solche Vorschläge zu machen.

(Domres [DIE LINKE]: Zuhören!)

- Ja, genau, vielleicht Sie auch, dann haben alle was davon.

Der Punkt ist, dass wir diesen Vorschlag, der auf den nomina len Betrag abstellt, deswegen unterbreitet haben, weil die ur sprüngliche Überlegung war - da waren BVB/FREIE WÄH LER nicht im Landtag -, abzubilden, wie sich die Löhne und Gehälter der Bevölkerung entwickeln. Nun muss ich Ihnen nichts vorrechnen, um deutlich zu machen, dass, wenn auf eine durchschnittliche Summe von 2 750 Euro 4 % obendrauf kom men, dies etwas anderes für die Kaufkraft bedeutet, als wenn

auf 8 000 Euro etwas obendrauf kommt. Das heißt, der nomi nale Differenzbetrag und damit quasi der „Kaufkraftvor sprung“ wächst von Jahr zu Jahr. Da kann man natürlich sagen: Ja, okay, das ist so. - Man darf aber auch sagen, dass man das nicht gut findet, denn wir haben immer gesagt, wir wollen das ein bisschen an die Entwicklung in der Bevölkerung koppeln. Faktisch steigt der nominale Differenzbetrag also von Jahr zu Jahr - und ist unseres Erachtens auch noch im „legitimen Mei nungskorridor“ verortet - und ist unseres Erachtens in den letz ten Jahren in einer Weise gestiegen, die nicht mehr angemessen ist.

Und es muss auch möglich sein, in so einer Debatte zu sagen - ohne jemandem einen Vorwurf zu machen; ich weiß, dass bei Ihnen sehr viele Abgeordnete - bei anderen Fraktionen auch - die Differenz spenden -, dass 8 000 Euro sehr viel Geld ist und wir glauben, dass es nicht mehr sein sollte. Ich kann es jetzt nicht politischer oder juristischer formulieren. Ich glaube, es ist viel, und ich mache einen Vorschlag, wie es erst einmal - auf den ersten Schuss - nicht mehr wird, und der heißt Nullrunde. Das kann man kritisieren, aber es soll die weitere Öffnung der Schere, die sich in den letzten Jahren ergeben hat, zunächst kurz stoppen: Null für 2017 - gern mit der Option, im Jahr 2017 neu zu verhandeln; das ist sowieso vorgesehen. Das kön nen Sie anders sehen, aber das ist erst einmal ein normaler Vor schlag. Natürlich können wir auch über so etwas verhandeln, natürlich können wir auch die Parameter neu anpassen. Ich glaube nur, angesichts der Bevölkerungsgröße von Branden burg ist es nicht schlecht, auch einmal über eine - wenn ich es so formulieren darf - Obergrenze nachzudenken. Darüber zu reden muss sich keiner schämen; das Recht nehmen wir uns. - Schönen Dank.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Danke schön. - Wir sind damit am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Die Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER haben die Überweisung des Gesetz entwurfs auf Drucksache 6/5342, „Viertes Gesetz zur Ände rung des Abgeordnetengesetzes“, an den Hauptausschuss bean tragt. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal tungen? - Damit wurde diesem Überweisungsantrag einstim mig gefolgt. Es sei noch angemerkt, dass der zuvor gestellte Änderungsantrag gemäß § 48 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung als mitüberwiesen gilt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungs punkt 10 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Fraktionsgesetzes

Gesetzentwurf

der Präsidentin des Landtages

Drucksache 6/5343

1. Lesung

Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER auf Drucksache 6/5407

vor. Weiterhin liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5411 vor.

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht der Abgeordnete Lüttmann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Gäste! Das Landesverfassungsgericht hat uns eine Änderung des Fraktionsgesetzes auferlegt. Die Gruppe BVB/ FREIE WÄHLER hatte geklagt, da sie sich im Rahmen der Geschäftsordnung des Landtages und des Fraktionsgesetzes benachteiligt sah. In einigen Punkten widersprach das Gericht der Gruppe: So haben beispielsweise die Regelungen hinsicht lich der Mitgliedschaft im Präsidium, des Stellens Großer An fragen und der Nutzung des Parlamentarischen Beratungs dienstes wie zuvor Bestand.

Als zu gering erkannte das Gericht allerdings die finanzielle Ausstattung der FREIEN WÄHLER an. So wurde der Grund betrag von 20 % der Finanzierung der Fraktionen verworfen und ein höherer Betrag angemahnt. Mit dem vorliegenden Ge setzentwurf wird der anteilige Betrag nun auf 60 % der Frakti onsfinanzierung festgelegt. In einem Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und der Grünen ge meinsam mit der Gruppe der FREIEN WÄHLER hat man sich einvernehmlich und abschließend auf 65 % verständigt. Ich bin sehr froh über diese breite Verständigung unter Einbeziehung der betroffenen Gruppe.

(Vereinzelt Beifall SPD, DIE LINKE und CDU)

Ich denke, dass sich die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER sehr bewusst ist, dass sie hier gut verhandelt hat. Denn wir schaffen mit der 65-%-Lösung im Landtag Brandenburg eine deutlich großzügigere Regelung als etwa der Bundestag, der in vergleichbaren Fällen 50 % ansetzt.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Da sind aber mehr!)

Zusätzlich zu der Anhebung des Grundbetrages von 20 auf 65 % wird der Gruppe in Zukunft der Oppositionszuschlag zu 100 % gezahlt. Mit diesem Zuschlag, der in § 55 der branden burgischen Landesverfassung verankert ist und erstmalig 1977 im Bundestag gezahlt wurde, wird berücksichtigt, dass die Op position in der Regel weniger Kommunikation in die Regie rung hinein hat; mit dem zusätzlichen Geld soll das angenom mene Informationsdefizit der Opposition gegenüber den Regie rungsfraktionen ausgeglichen werden. Hier wird BVB/FREIE WÄHLER nun voll mit den Fraktionen gleichgestellt.

Insgesamt, so können wir feststellen, wird mit dem heutigen Gesetzentwurf die Arbeitsfähigkeit der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER weiter gestärkt. Ich denke, dass die neuen Rahmen bedingungen für die Gruppe großzügig sind - zumal, wenn man bedenkt, dass die Wählervereinigung bei der letzten Land tagswahl gerade einmal 2,7 % der Zweitstimmen erreichte.

(Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Direktmandat!)

Gut ist auch, dass wir durch das Urteil des Verfassungsgerichts weitere Klarheit haben, wie mit parlamentarischen Gruppen hier im Landtag Brandenburg umzugehen ist.

Meine Fraktion wird diesem Gesetzentwurf und den Ände rungsanträgen zustimmen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht der Abgeordnete Dr. Redmann für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch an dieser Stelle kann ich mich meinem Vorredner weitgehend anschlie ßen.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Ich möchte lediglich noch eines ganz deutlich machen: Natür lich ist es kein normaler, gewöhnlicher oder irgendwie akzep tabler Vorgang, wenn erst ein Verfassungsgericht in einem Ur teil sehr deutliche Worte finden muss, um ein Parlament darauf hinzuweisen, dass bestimmte parlamentarische Rechte Betei ligter anders einzuschätzen sind. Deshalb ist das bisherige Fraktionsgesetz in Bezug auf die Gruppen kein Ruhmesblatt des Parlamentarismus;

(Beifall des Abgeordneten Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

das hat das Verfassungsgericht ziemlich deutlich ausgeführt. Was wir hier gerade machen, ist eine Reparatur, die uns aufge geben wurde und die wir deshalb auch durchzuführen haben.

Wir werden dem selbstverständlich zustimmen und hoffen bzw. freuen uns darüber, mit der nun vorliegenden Regelung eine Lösung gefunden zu haben, der auch die FREIEN WÄHLER zustimmen können, sodass wir das Defizit, das bisher bestand, heilen und in Zukunft in einer anderen Art und Weise miteinan der arbeiten und umgehen. - Vielen Dank.