Meine Damen und Herren von der AfD, so wie wir damit leben müssen, dass Sie es in diesen Landtag geschafft haben,
so müssen Sie damit leben, dass auf Brandenburger Straßen und in Brandenburger Behörden und Einrichtungen Menschen zu sehen sind, die Ihnen nicht gefallen. Und so wie wir dafür werben, dass Sie nicht mehr gewählt werden - sondern wir -,
so können Sie dafür werben, dass muslimische Frauen keinen Schleier mehr tragen. Das können Sie tun, aber Sie können es mit Worten tun, nicht mit Knüppeln, nicht mit Brandsätzen und auch nicht mit autoritären Verboten, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Eine Kurzintervention muss eigentlich während des Redebeitrags angezeigt werden, aber sagen wir mal: Es war noch während des letzten Satzes. Herr Abgeordneter Jung, Sie haben die Gelegenheit zur Kurzintervention.
Herr Kosanke, gegen die letzten Sätze möchte ich mich eindeutig verwahren. Wenn Sie hier von Brandsätzen reden, und das in Verbindung mit der AfD, geht das zu weit.
Sie müssen letztendlich einmal die Lebenswirklichkeit erkennen. Die Lebenswirklichkeit ist, dass es sich bei der Verschleierung, ob Burka oder Nikab, um Machtsymbole handelt.
Das vergessen Sie. Reden Sie einmal mit Ihren Kollegen von der SPÖ. Die werden Ihnen bestätigen, dass in Sarajevo, nicht weit von hier, Muslimen Geld gezahlt wird, damit sie sich verschleiern. Je mehr diese Verschleierung im öffentlichen Raum zu sehen ist, umso mehr wird ein Herrschaftsanspruch ausgeübt. Nehmen Sie dies zur Kenntnis! Und fragen Sie sich einmal, wieso sehr freiheitliche Länder wie die Schweiz, Belgien oder Frankreich genau so eine Regelung haben.
Herr Kollege Jung, man kann Herrschaftsansprüche, egal, ob sie zwischen Ehepartnern oder in anderen individuellen Konstellationen bestehen, mit allem Möglichen durchsetzen: mit Stoff im Sinne eines Schleiers, mit dem Entziehen von Autoschlüsseln bei gemeinsamen Fahrzeugen; bis vor kurzem - ein paar Jahre ist es schon her - konnten Männer in Deutschland den Arbeitsvertrag ihrer Frau kündigen. All das ist möglich. Man kann ganz viele Dinge, die eigentlich total neutral sind, dazu benutzen, Herrschaft über andere auszuüben. Aber wir können nicht all diese Dinge, die an sich im Sinne dieser Herr
schaft total neutral sind, verbieten. Genau das ist es, was Sie nicht verstehen. Deswegen sage ich Ihnen und müssen Sie sich vorwerfen lassen: Sie greifen sich von diesen vielen Gegenständen genau das heraus, was als Symbol für den Islam gelten kann und letztlich deswegen das Symbol Ihrer antimuslimischen Einstellung ist. Genau das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leider ist Ihr Antrag, Frau Bessin, nicht im Ansatz so differenziert wie die guten Anträge der CDU, die Sie gerade zitiert haben.
Im Grunde genommen führen wir fast die gleiche Debatte wie schon in der letzten Plenarsitzung. Auch da habe ich bereits darauf hingewiesen, dass wir uns als Christen oder als Atheisten nicht anmaßen sollten, über religiöse Symbole anderer Religionen zu urteilen, und dass Religionsfreiheit keine fest umschriebenen Schranken hat. Es ist immer die Frage, wann verfassungsimmanente Schranken greifen und welche Verfassungsgüter herangezogen werden können, um ein Verbot auszusprechen.
Ich habe schon beim letzten Mal, Frau Bessin, gesagt - entweder Sie haben nicht zugehört oder Sie wollten es nicht verstehen -, dass bereits der Europäische Gerichtshof bei der Entscheidung zum französischen Verbot der Gesichtsverschleierung ausgeführt hat, dass man hier gerade nicht die Gleichberechtigung von Mann und Frau heranziehen und darauf abstellen kann.
Ich möchte aber auch auf das hinweisen, was ich in der letzten Debatte zur Verschleierung gesagt habe. Da heißt es nämlich:
„Meine Damen und Herren, unverzichtbar in der Debatte sind aber ganz klare Signale des Rechtsstaates, dass eine Vollverschleierung in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens nicht hingenommen werden kann. Das sind für uns ganz klar Kitas, Schulen, Hochschulen, Gerichte, Behörden. Das gilt sowohl für die Schüler und Studierenden als auch für die Beteiligten an Gerichtsverfahren und auch die Behördenbesucher, aber - da haben wir das staatliche Neutralitätsgebot - natürlich ebenso für die Beschäftigten.“
„Der Gesetzgeber sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist aufgerufen, in all diesen Bereichen Regelungen zu schaffen.“
Vielen Dank. - Wir kommen zur nächsten Rednerin. Das Wort erhält die Abgeordnete Johlige, sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! In der vergangenen Plenarsitzung haben wir uns mit einem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion auseinandergesetzt, in dem es darum ging, die Verschleierung in der Öffentlichkeit zu verbieten. Heute beschäftigen wir uns mit einem Antrag der AfDFraktion, in dem es darum geht, die Verschleierung in öffentlichen Einrichtungen zu verbieten. Der Substanzgewinn des Antrages ist gleich null, und mich erinnert das offen gestanden an das Aufwärmen von kaltem Kaffee: In der Regel wärmt man kalten Kaffee nur dann auf, wenn man dringend noch Stoff braucht und einem leider nichts anderes mehr einfällt.
Man hat aber ein Problem, wenn man kalten Kaffee aufwärmt, erstens bleibt in der Regel noch mehr brauner Bodensatz als beim ersten Mal übrig
und zweitens entfaltet sich in der Regel auch kein neues Aroma. Genauso ist es mit dieser Debatte: Es wird keine neuen Argumente geben. Deshalb verweise ich an dieser Stelle auf meinen Redebeitrag von vor einem Monat. Dort sind alle Argumente nachlesbar. - Danke schön.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher fort. Sie spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem „Brandenburgischen Verschleierungsverbotsgesetz“ von Ende September legt uns die AfD-Fraktion nun den Antrag vor, die Landesregierung solle eine gesetzliche Regelung schaffen, Gesichtsverschleierung in Landeseinrichtungen und Landesbehörden zu verbieten. Wir Grünen halten ein generelles Verbot von Verschleierung im öffentlichen Raum für verfassungsrechtlich nicht begründbar und lehnen es ab. Für begründbare Einschränkungen vor Gericht, zur Identitätsfeststellung oder beispielsweise auf dem Standesamt sind wir offen.
Nur habe ich während meiner langjährigen kommunalpolitischen Tätigkeit oder auch während meines Wirkens als Landespolitikerin noch nie von diesbezüglichen Problemen gehört. Sollte die Landesregierung wegen belegbarer Vorkommnisse Bedarf an einer gesetzlichen Regelung sehen, werden wir diesen Gesetzentwürfen der Landesregierung unsere Zustimmung erteilen.
Eine Bemerkung noch: Das Verlesen des Programms einer bayerischen Regionalpartei halte ich bei der Entscheidungsfindung in Brandenburg nur bedingt für hilfreich.
Die Landesregierung hat Redeverzicht angezeigt. Wir kommen noch einmal zur Antragstellerin. Frau Bessin, bitte.
Vielen Dank für Ihre Äußerungen. - Frau Nonnemacher, vielleicht müssen wir einfach einmal zusammen durch Teltow-Fläming ziehen. Ich zeige Ihnen das dann gern an geeigneter Stelle.
Zur Identitätsfeststellung - Herr Kosanke, Ihre Bemerkung - möchte ich noch einiges ausführen: Wie Sie wissen, werden Frauen, die aus religiösen oder Herrschaftsgründen eine Vollverschleierung tragen, nicht unbedingt vor Ihnen - stellvertretend für Männer - den Schleier lüften, sondern Sie werden jedes Mal eine Frau dazuzitieren müssen. Sie wissen vielleicht auch, dass es schon Fälle der Identitätsfeststellung vollverschleierter Frauen im Straßenverkehr gab, bei denen die Identitätsfeststellung durch die Polizeibeamten, männliche Personen, nicht möglich war, sondern erst eine - weibliche - Polizeibeamtin dazugeholt werden musste.
Davon, dass man Demos nicht vermummt besuchen darf, war in unserem Antrag gar nicht die Rede. Ich hatte vorgetragen, dass das in dem Antrag der CDU in Sachsen enthalten war. Darauf muss ich nicht weiter eingehen.
Es geht uns darum, dass viele Bürger Deutschlands, nicht nur Brandenburgs, für ein Teilverbot der Vollverschleierung stimmen. Das hatte ich Ihnen bereits im September, als wir schon einmal über dieses Thema diskutiert haben, mitgeteilt.
Frau Richstein, Sie haben genau wiedergegeben, was Sie beim letzten Mal schon ausgeführt haben. Ich hoffe, dass Ihre Fraktion der Überweisung zustimmen wird und wir uns im Ausschuss gemeinsam noch einmal darüber unterhalten und den Antrag entsprechend anpassen können.
Frau Johlige, „wenn man dringend noch Stoff braucht“: Inwieweit Sie sich damit auskennen, überlasse ich einmal Ihrer Fantasie; darüber kann sich jeder selbst Gedanken machen. Dazu brauche ich nichts weiter auszuführen.
Sie alle werden wahrscheinlich vor wenigen Tagen die „Anne Will“-Sendung verfolgt haben, die aufgrund des Auftritts der vollverschleierten Muslimin Nora Illi einen medialen Aufschrei in den sozialen Netzwerken und der Mainstreampresse erzeugte.