(Lakenmacher [CDU]: Das ist so unverfroren! - Dr. Red mann [CDU]: Das ist ein eindeutiger Verstoß! - Bretz [CDU]: Trotzdem wird er die Wahl verlieren!)
Jetzt ist zunächst der Abgeordnete Vogel an der Reihe, dann der Abgeordnete Vida. - Herr Vogel, Sie haben das Wort.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort dargestellt, dass die zwei Monate Wahlkampfurlaub auf Antrag genehmigt wer den. Sie hatten ausgeführt, dass dieser Antrag im Fall von Herrn Rautenberg gestellt wurde. Sind Ihnen in Ihrem eigenen Geschäftsbereich Fälle bekannt, in denen Richter, Richterin nen, Staatsanwälte, Staatsanwältinnen auch für den Bundestag kandidieren - egal, ob als Wahlkreiskandidat oder als Listen kandidat - und keinen solchen Antrag stellen? Wie würden Sie mit einer solchen Situation umgehen? Das ist die eine Frage.
Die zweite Frage: Sie haben in Ihrer Antwort angesprochen, dass die Gegenkandidatin von Herrn Rautenberg im selben Wahlkreis, Frau Dr. Thiemann, als Oberbürgermeisterin von Brandenburg denselben Regeln unterliegt. Wissen Sie, ob auch dort ein Antrag auf Wahlkampfurlaub gestellt wurde?
Herr Vogel, ich bin nicht Dienstherr von Frau Oberbürgermeis terin Dr. Thiemann. Das müssten Sie in ihren Bereichen klären. Da bin ich leider nicht aussagefähig.
Punkt 2: Ich kann nur das darlegen, was Gegenstand meiner Kenntnis ist. Ich hatte allein den Antrag von Herrn Dr. Rauten berg zu beurteilen und zu bewerten. Inzwischen habe ich ihn so genehmigt.
Ich möchte noch einen Nachsatz loswerden. Der von mir ge schilderte verfassungsrechtliche Anspruch, der seine Ausfor mung im Landesbeamtengesetz gefunden hat, zeigt, dass es Beamten nicht nur nicht verboten ist, an einem politischen Meinungsstreit teilzunehmen, sondern das sogar noch geför dert wird. Es ist ein gebundener Anspruch. Danach habe ich, wenn der Antrag gestellt wird und die entsprechenden Voraus setzungen vorliegen, dass für den Bundestag kandidiert wird, diesen Anspruch entsprechend zu bescheiden und zu genehmi gen.
- Herr Ministerpräsident, wenn Sie statt des Staatssekretärs die Fragen beantworten wollen, haben Sie am Mikrofon gern die Gelegenheit dazu! Ich bitte auch Sie, wie alle anderen, sich et was im Zaum zu halten.
Ich habe eine etwas allgemeinere Frage, anknüpfend an das, was Sie geantwortet haben. Vielleicht wird jemand anders aus der Landesregierung antworten, weil Sie ja deutlich gemacht haben, auf welchen Zuständigkeitsbereich Sie sich beschrän ken. Das ist auch okay.
Sie haben deutlich gemacht, dass in der Landesregierung und in Ihrem Haus sehr streng darauf geachtet wird, eine Trennung vorzunehmen, und Sie das immer kritisch betrachten. Im Land Brandenburg - entgegen der gespielten Empörung gerade eben - ist es gängige Praxis, dass kommunale Wahlbeamte und andere Amtsträger ihren Wahlkampf ganz klar unter dem Eti kett des Hauptverwaltungsbeamten bzw. des Amtsträgers füh ren. Das ist ein generelles Problem, wenn beispielsweise SPDBürgermeister die Adressen ihres Rathauses als Wahlkampfadressen angeben, Telefonnummern ihrer Sekretärinnen als Wahlkampftelefonnummern angeben, die E-Mail-Adressen der Amtsverwaltung als Kontakte in Wahlflyern angeben.
Herr Staatssekretär, ich habe das mehrfach kritisiert. Ich habe eben gehört, dass auch Sie das kritisch sehen. Welche Schritte leiten Sie ein, welches Monitoring gibt es hierzu im Land Brandenburg, um Ihren strengen Kriterien, die Sie hier gerade formuliert haben, Taten folgen zu lassen und nicht immer nur alle vier Jahre in allen Wahlkämpfen auf einer Empörungswel le durch das Land zu reiten oder das empört zurückzuweisen? Wann wird hier im Land Brandenburg endlich eine systemati sche Betrachtung dieses mit Händen zu greifenden Problems vorgenommen?
Ich gehe davon aus, dass jeder Beamte in diesem Land, egal, ob es ein Generalstaatsanwalt oder ein anderer Beamte ist, der sich politisch betätigt, seine Pflichten kennt und sich auch an seine Pflichten hält. Das bezieht sich ganz ausdrücklich auch auf die beamtenrechtliche Neutralitätspflicht.
Wir kommen zu den nächsten beiden Fragen. Das sind die Fra gen 916 (Kraftwerk Jänschwalde laut Studie unrentabel) und 917 (Neue EU-Grenzwerte: Kohlekraftwerk Jänschwalde bald unrentabel). Sie werden gemeinsam beantwortet.
Die Ende April dieses Jahres verschärften EU-Grenzwerte für Kraftwerksabgase machen einer aktuellen Studie zufolge den Betrieb des Kohlekraftwerkes Jänschwalde unrentabel. Ab 2021 müssen Betreiber von Kohle-, Gas- und Ölkraftwerken strengere Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen wie Stickoxid, Schwefeldioxid und Quecksilber einhalten. Kraft werksbetreiber haben die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen zu beantragen.
Ergänzend dazu: Bei den neuen Grenzwerten geht es um den Schutz der Gesundheit - soweit zur Erklärung! Ausnahmen sol len gemäß der Neuregelung nur dann möglich sein, wenn die Anlagenbetreiber innerhalb von 24 Monaten einer unwiderruf lichen Stilllegung der Anlage bis 2030 zustimmen.
- Sehr gut! Herr Vogel kannte es auch noch nicht. Ich halte die Regelung gerade zum Schutz der Gesundheit für sinnvoll.
Die Frage an die Landesregierung lautet: Wie bewertet sie eine Abschaltung des Kohlekraftwerkes Jänschwalde bis zum Jahr 2030 im Hinblick auf die Versorgungssicherheit bei Strom im Land Brandenburg?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Schinowsky, sehr geehrter Herr Domres, beim Thema der Versorgungssicherheit - das war Ihre Frage, Frau Schinowsky - muss folgende Frage beantwor tet werden: Wie systemrelevant ist das Kraftwerk Jänschwalde für die Versorgungssicherheit in der 50-Hertz-Regelzone und für das deutsche Stromsystem? Lassen Sie mich dies kurz an einigen Zahlen verdeutlichen:
Jede neunte Terawattstunde in Deutschland wird in Branden burg produziert. Brandenburg exportiert jedes Jahr rund 60 % des hier erzeugten Stroms. Die 50-Hertz-Regelzone hat einen Nettostromexport von ca. 40 Terawattstunden. Es ist also fest zustellen, dass Brandenburg einen wichtigen Beitrag zur Ver sorgungssicherheit in Deutschland leistet.
Zudem muss bedacht werden, dass kein Bundesland stromaut ark ist. Es gibt im deutschen Stromsystem Stromexportregio nen, zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein, und Stromimportregionen, zum Bei spiel Berlin, Hessen und Baden-Württemberg. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien wird der Stromaustausch zwi schen diesen Regionen weiter zunehmen.
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage einer si cheren Systemführung. Auf welche Kraftwerke in diesem Zu sammenhang und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich verzichtet werden kann oder nicht, entscheidet abschließend die Bundes netzagentur in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern.
Herr Domres, bei der von Ihnen angesprochenen Verschärfung der EU-Grenzwerte Ende April ging es um die Festlegung der sogenannten besten verfügbaren Techniken für Großfeuerungs
anlagen. Auf Grundlage dieser besten verfügbaren Techniken waren Emissionsgrenzen abzuleiten. Die Industrieemissions richtlinie, die die rechtliche Basis dafür ist, definiert die ver fügbaren Techniken unter anderem als die Techniken, die in einem Maßstab entwickelt worden sind, der ihre Anwendung unter wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen ermöglicht.
Wenn die erwähnte Studie zu dem Schluss kommt, dass ein Braunkohlekraftwerk wie zum Beispiel das in Jänschwalde da durch unrentabel wird, deckt sich dies mit unserer Auffassung, dass bei dieser möglicherweise vorläufigen Entscheidung der Kommission - das ist alles noch ein bisschen unklar - die bes ten verfügbaren Techniken eben nicht gemäß dieser Definition entwickelt worden und die Emissionsgrenzen daher fehlerhaft sind. Deswegen hat sich die Bundesregierung in ihrer Sitzung richtigerweise gegen den Beschluss ausgesprochen. - Vielen Dank.
Dann kommen wir zur Frage 918 (Aktionsbündnis gegen Ge walt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit), gestellt von der Abgeordneten Bessin.
Auf der Internetseite des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ist eine Bro schüre zu finden: „Die neue Partei am rechten Rand - Pro gramm und Positionen der Alternative für Deutschland“. Sie beinhaltet unwahre Behauptungen, zum Beispiel, dass für die AfD die Zuwanderung in erster Linie ein Problem ist; das fin det sich auf Seite 16.
Das ist falsch, denn nur die unkontrollierte Zuwanderung - ein fach einmal zuhören da gegenüber! - ist ein Problem.
Auch die Behauptung auf Seite 18, dass die AfD verhindern will, dass Flüchtlinge nach Europa kommen, ist nicht richtig. Wir unterscheiden zwischen Flüchtlingen, Asylbewerbern im Sinne des Grundgesetzes und Migranten, die unerlaubt einrei sen.
Die Frage an die Landesregierung: Hat „Tolerantes Branden burg“ Steuergelder verwendet, um die oben genannte Broschü re zu verfassen und herauszugeben?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bessin, die von Ihnen genannte Broschüre ist von „Tolerantes Brandenburg“ weder verfasst noch herausgegeben worden.
Die Broschüre ist vom „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechts extremismus und Fremdenfeindlichkeit“ hergestellt worden.
Es gibt Nachfragen. Zunächst ist die Fragestellerin Frau Bessin selbst und danach der Abgeordnete Jung an der Reihe. Bitte schön.