Protokoll der Sitzung vom 28.06.2017

Ich erinnere mich an Sie, Herr Minister, im Haushaltskontroll ausschuss. Welche traurige Figur haben Sie abgegeben, als Sie uns erläuterten, dass in der Justiz seit 20 Jahren Verfahren ein geführt werden! Zweistellige Millionensummen sind dabei draufgegangen, und wesentlich vorangekommen ist man nicht.

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen. Auch Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Ministerpräsident, denken Sie bitte einmal darüber nach, ob nicht die gute Entwicklung in der Vergangenheit und in der Gegenwart in den betroffenen Landkreisen und kreisfreien Städten gefährdet wird. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Auch die Fraktion DIE LINKE möchte von der zusätzlichen Redezeit Gebrauch machen. Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Christoffers.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst lassen Sie mich eines feststellen: Wir beginnen doch nicht mit der parlamentarischen Debatte. Ich sagte vorhin, wir haben fast über ein Jahr eine öffentliche Debatte geführt. Deswegen gab es eine Reihe von Argumenten, die bereits ausgetauscht gewe sen sind.

Erstens: Wissen Sie, was mich an dieser Diskussion unange nehm berührt? - Man gewinnt den Eindruck, wenn man auf Kritiker zugeht, wenn man Argumente aufnimmt, dann ist man trotzdem undemokratisch, weil man dann Leute „spaltet“.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Wenn man sie nicht aufnimmt, dann ist man erst recht undemo kratisch. Daraus wird dann die Begründung gemacht, dass die se Reform eigentlich politisch nicht geht. Ich finde das sehr schwierig.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zweitens: Frau Nonnemacher, ich freue mich auf die Debatte, die wir in den Ausschüssen haben werden. Denn mit Sicherheit gibt es Änderungsbedarf, gibt es auch Diskussionsbedarf. Das werden wir mit Sicherheit auch gemeinsam beraten können und werden.

Das Dritte ist, meine Damen und Herren: Ich bin manchmal überrascht, mit welcher Sorglosigkeit in Wahlzeiten mit politi schen Argumentationen umgegangen wird. Es geht hier wirk lich nicht um Finanzprognosen bis 2040. Ich gehe auch davon aus, dass die CDU möglicherweise nach der Bundestagswahl einen Beitrag dazu leisten wird, dass sich die Steuersituation der Länder nicht verbessert. Allein das, was Sie an Steuersen kungen angekündigt haben, sind 15 Milliarden Euro.

Nun kann man sich lange darüber streiten, ob das sinnvoll ist oder nicht, aber auf jeden Fall führt das ohne Kompensation für die Länder zu weniger Einnahmen.

(Beifall DIE LINKE)

Der vierte Punkt, den ich ansprechen möchte:

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch zu einer Debat tenkultur und zu einem Debatteninhalt zurückkommen, damit es aufhört, die Verwaltungsstrukturreform zu vereinzeln, und so getan wird, als wenn das der einzige politische Ansatz in diesem Land ist, den es umzusetzen gilt,

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

und dabei vergessen wird, dass genau diese Verwaltungsstruk turreform nur ein Instrument ist. Das wissen Sie, das weiß ich,

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

und ich glaube, das kann man in der Diskussion mit der Bevöl kerung auch durchaus darstellen. Insofern fand ich die Rede des Ministerpräsidenten nicht inhaltsleer, sondern sie hat ein fach deutlich gemacht, dass wir hier eine Breite von Aufgaben zu lösen haben. Genau das werden wir auch tun.

(Zuruf von der CDU)

Herr Petke, ich weiß nicht, woher es kommt, dass Sie meine Vorstellung von Digitalisierung - wenn ich Sie richtig verstan den habe - kennen: Ohne die Digitalisierung wäre diese Re form überhaupt nicht möglich.

(Lachen des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Das, was wir vorhaben, wäre vor 15 Jahren überhaupt noch nicht gegangen. Deswegen sage ich: Ich stimme Ihnen zu, dass wir Nachholbedarf haben. Und diesen Nachholbedarf werden wir auch aufarbeiten - selbstverständlich -, …

Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt auch zum Schluss kom men.

… weil das eine Voraussetzung ist. Insofern freue ich mich auf die weitere Debatte. Ich gehe davon aus, wir werden uns an dieser Stelle über diese Fragen noch sehr oft miteinander unter halten. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Prophylaktisch frage ich noch einmal: Möchte jemand von der AfD oder BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die verbliebenen drei Minuten noch nutzen? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann sind wir am Ende der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über die Empfehlung des Präsidiums ab, den Gesetzentwurf der Landes regierung auf Drucksache 6/6775 - Gesetz zur Funktionalre form 2020 im Land Brandenburg - an den Ausschuss für Inne res und Kommunales - federführend - sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, an den Aus schuss für Europaangelegenheiten, Entwicklungspolitik und Verbraucherschutz, an den Ausschuss für Haushalt und Finan zen, an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungswunsch folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diesem Überweisungswunsch mehrheitlich gefolgt worden.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung. Das Präsidium emp fiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksa che 6/6776, ebenfalls ein Gesetz der Landesregierung, Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg und zur Änderung anderer Gesetze, an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Wer diesem Über weisungsvorschlag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch diesem Überweisungswunsch mehrheitlich gefolgt worden.

Gemäß § 48 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung gilt damit auch der Änderungsantrag auf Drucksache 6/6840 - ein Änderungs antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - als mit überwiesen.

Wir kommen nun zur dritten Abstimmung, zur Abstimmung über den Antrag der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER auf Drucksache 6/6812 - Neudruck - mit dem Titel „Relevanz ei nes Volksentscheides gegen die Kreisgebietsreform“. Wer die sem Antrag der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltun gen? - Bei einigen Enthaltungen ist diesem Antrag mehrheit lich nicht gefolgt worden.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 3, und wir treten jetzt in eine 30-minütige Mittagspause ein. Ich denke, das ist angemessen; wir sind zeitlich schon sehr in Verzug. Wir treffen uns hier um 14.15 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung: 13.47 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 14.20 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung fort. Ich be grüße auf unserer Tribüne Schülerinnen und Schüler des Hum boldt-Gymnasiums Cottbus. Herzlich willkommen im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Einrichtung eines Runden Tisches für ein lösungsori entiertes Konzept zur Bekämpfung der Armut in Brandenburg

Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 6/6774

Es liegt hierzu ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Druck sache 6/6875, vor.

Die Aussprache wird von der AfD-Fraktion eröffnet. Frau Ab geordnete Bessin hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kollegen! Lie be Gäste! Mit unserem Antrag für einen runden Tisch gegen Armut wollen wir dafür sorgen, dass dieses bedrückende The ma in der politischen Debatte mehr Gewicht erhält und vor al lem, dass durch Taten nun endlich Ergebnisse, also eine Redu zierung der Armut, erzielt werden. Wir fordern einen runden Tisch gegen Armut auch deshalb, weil allein das Thema Kin derarmut, das am Freitag hier im Plenum behandelt wird, nicht ausreicht und zu kurz greift.

Armut generell - insbesondere Altersarmut - ist ein bedrücken des Phänomen, das leider eher zu- als abnimmt. In den vergan genen Jahren haben sich etliche wissenschaftliche Studien mit dem Problem beschäftigt. So beispielsweise in dem Bericht „Sozialatlas über die Lebensverhältnisse in Deutschland“, dass sich bei den 55- bis 64-Jährigen das Armutsrisiko verschärft hat. Das gilt auch in Brandenburg, wo mittlerweile rund 24 000 Bürger von Grundsicherung im Alter leben. Das ist doch ein echter Schandfleck für unser schönes Land!

Wer von Ihnen glaubt denn, dass Rentner mit Grundsicherung problemlos über die Runden kommen - gerade angesichts der steigenden Mieten? Oft können sie sich auch die Zuzahlung für die Medikamente oder eine notwendige neue Brille nicht leis ten. Und dann wundern Sie sich, dass ältere Menschen gegebe nenfalls aus der gewohnten Umgebung wegziehen müssen? Das ist eine hausgemachte Verdrängungspolitik! Was hat die Landesregierung eigentlich bisher dagegen unternommen, bei spielsweise über die Einflussmöglichkeiten, die ihr über den Bundesrat zur Verfügung stehen? Oder in der Großen Koalition von CDU und SPD?

Die Ursachen für Armut - das wissen wir alle - sind vielfältig. Eine davon ist sicherlich die von CDU und SPD gestützte Ren te mit 67, die die Situation nur noch weiter verschärfen wird. Da frage ich mich dann manchmal auch, wie die Linke mit solch einer SPD hier im Land zurechtkommt.

(Frau Große [DIE LINKE]: Wir sind doch hier aber nicht im Bundestag, sondern im Landtag! - Frau Lieske [SPD]: Das hat doch aber mit der Armut nichts zu tun!)

- Natürlich hat die Rente mit 67 etwas mit der Armut zu tun, aber ganz sicher!

Besonders peinlich ist der Umstand, dass Sie von der SPD hier seit 1990 in Regierungsverantwortung sind und beim Thema Armut - das kann man auch so sagen - bisher versagt haben. Hinter nüchternen Statistiken stecken jedoch Menschen, die langzeitarbeitslos sind oder wegen einer Erkrankung im Be rufsleben ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können.