Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Ich komme zum Schluss.

Meine Damen und Herren, alles, was wir in unserem Entschlie ßungsantrag erwähnt haben - zum Beispiel Mindestabstände und die Einkreisung von Siedlungen -, muss neu überdacht werden. Deshalb brauchen wir - das ist mein Schlusssatz - einen Neuanfang, wenn es um Windenergie geht. Wir brauchen einen Neustart der energiepolitischen Ausrichtung im Land Branden burg und müssen die Windenergie in geordnete Bahnen lenken. Weil wir wollen, dass die Energiewende in Deutschland ein Er folg wird, müssen wir die Menschen mitnehmen. Das geht aber nur mit Akzeptanz, lieber Herr Holzschuher, und nicht mit Weiße-Salbe-Anträgen.

(Beifall CDU sowie der fraktionslosen Abgeordneten Vi da und Hein)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Domres.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Homeyer, ich glaube, Sie brauchen zuallererst einen energiepolitischen Kompass; denn diese Pole mik, die Sie hier an den Tag legen, bringt uns, glaube ich, nicht weiter, und sie hilft auch in der Problemsicht nicht weiter.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Lüttmann [SPD] und Vogel [B90/GRÜNE])

Laut aktuellem Energiemonitor vom April 2018 des Bundes verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft halten 93 % der Befragten die Energiewende für wichtig bzw. sehr wichtig und wünschen sich einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energi en in Deutschland.

Eine klare Mehrheit der Bevölkerung unterstützt die Energie wende. Allerdings scheint dies nicht uneingeschränkt für das

Land Brandenburg zu gelten. Den einen sind sie Grundbaustein und Garant für eine erfolgreiche Energiewende, den anderen Sinnbild für Verlust von Lebensqualität bis hin zu gesundheitli cher Beeinträchtigung oder einfach nur Zerstörung von wert vollem Landschafts- und Naturraum. Windräder polarisieren eben.

Insofern spiegelt die Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie am 18. April zum Antrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN die öffentliche, fachliche und politische Stimmungslage gleichermaßen wider. Eines hat die Anhörung auf jeden Fall gezeigt: Der Wind gegen einen weiteren Ausbau der Windkraftanlagen weht ziemlich stark.

(Zuruf von der CDU: Eben!)

Trotzdem muss unser Anspruch sein, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Energiewende auf größtmögliche Akzeptanz der Bevölkerung trifft und insbesondere die Bran denburgerinnen und Brandenburger mitgenommen werden. Dabei kommt es meiner Fraktion im Wesentlichen auf drei Punkte an.

Erstens: die soziale Komponente. Strom muss bezahlbar blei ben und darf nicht zum Luxusgut werden.

Zweitens: Die Brandenburgerinnen und Brandenburger müssen bestmöglich in die Planungsprozesse - insbesondere bei den Windkraftanlagen - einbezogen, an ihnen beteiligt und ernst ge nommen werden. Das sind Herausforderungen - nicht nur für die Regionalen Planungsgemeinschaften.

Drittens: Die Menschen vor Ort und die Kommunen müssen von der Energiewende profitieren.

Wie vielfältig die Formen der Beteiligungsmöglichkeiten sein können, hat die Anhörung gezeigt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass es der Koalition gemeinsam mit der Impulsgeberfraktion Bünd nis 90/Die Grünen gelungen ist, aus der Anhörung Schlussfol gerungen zu ziehen, und dass wir heute über unseren Antrag mit dem Ziel, Maßnahmen zu initiieren, die einen Beitrag zur Stär kung der Akzeptanz des weiteren Ausbaus der Windenergie im Land Brandenburg sein könnten, hier im Landtag beraten kön nen.

Für die Linksfraktion ist das Thema Akzeptanz bei Weitem kein Neuland. So haben wir vor fast einem Jahr, im Juli 2017, einen Workshop zu dem Thema „Lokale Teilhabe an der Energiewen de in Brandenburg“ durchgeführt. Damals war das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern, welches am 28.06.2016 in Kraft gesetzt wurde, die wohl fortschritt lichste Regelung auf Länderebene. Dieses Gesetz ist sofort be klagt worden und spielte in der Anhörung allenfalls noch eine untergeordnete Rolle. Warum ich das erwähne? Weil es zeigt, wie schwierig es ist, wirksame Instrumente auf den Weg zu bringen, die sich am Ende des Tages in verbesserter Akzeptanz und Beteiligung vor Ort niederschlagen.

Natürlich ist es opportun - wie Herr Vida es in seinem Antrag fordert -, die Energiestrategie des Landes Brandenburg in Sa chen installierter Windkraftleistung auf 7 500 Megawatt zu be grenzen. Praktisch allerdings würde der Ausbau der Windkraft

wahrscheinlich zum Ende des Jahres 2019, spätestens im Jahr 2020 zum Erliegen kommen. Die kumulierte Leistung aus Wind kraft betrug am 31.12.2017 6 794 Megawatt. Allein im vergan genen Jahr betrug der Bruttozubau ca. 535 Megawatt. Voraus gesetzt, dieser Zubau hält an, haben wir innerhalb der nächsten beiden Jahre locker die 7 500 Megawatt in Brandenburg er reicht. Ich glaube nicht, dass die Begrenzung der installierten Windkraftleistung zielführend ist. Vielmehr sollten wir überle gen, ob das Ausbauziel „2 % der Landesfläche“ angesichts im mer leistungsfähigerer Anlagen nicht doch überdenkenswert wäre.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unstrittig ist: Insbe sondere Windkraftanlagen bleiben ein Eingriff in das Land schaftsbild. Die Auswirkungen auf die Menschen und die Natur gilt es zu minimieren. Der notwendige Ausbau ist in einer de mokratischen Gesellschaft auf Akzeptanz angewiesen, gerade vor Ort. Genau dies könnte künftig ohne kluges Agieren aller Beteiligten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene proble matisch werden. Akzeptanz wird zunehmend zur harten Wäh rung der Energiewende. Eine tragfähige Verständigung in den Regionen benötigt klare und wirkungsvolle Rahmenbedingun gen.

Eine besondere Rolle in der Debatte spielt die Beteiligung der Standortgemeinden an den Erträgen der Windkraft. Sie gehen bislang trotz des Ökostrombooms oft leer aus oder werden mit Kleinigkeiten abgespeist - im Gegensatz zu den Flächeneigen tümern, auf deren Grundstücken Anlagen installiert werden. Diese Schieflage löst nicht selten Unmut in den Gemeinden aus, weil viele Menschen quasi nur die bisweilen negativ emp fundenen Folgen des Ausbaus spüren.

Auch meiner Fraktion ist es daher essenziell wichtig, rechtssi chere Modelle zu finden, die eine direkte finanzielle Beteili gung der Standortgemeinden ermöglichen. Entsprechende Vor schläge, unter anderem vom Städte- und Gemeindebund des Landes Brandenburg, zu einer Konzessionsabgabe auf einge speisten Strom liegen auf dem Tisch und sind im Ausschuss debattiert worden. Nun gilt es, diese im Land umzusetzen. Des halb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Gleichzeitig möchte ich mich bei den Grünen für die konstruktive Zusam menarbeit bedanken. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Schröder.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen von Rot-Rot-Grün! Immer, wenn Sie von „Toleranz“ und „Akzeptanz“ sprechen, muss man wachsam sein. Dann ist mit Projekten zu rechnen, die - aus Bür gersicht - weit über das zumutbare Maß hinausgehen.

Herr Homeyer, Entschuldigung, aber auch Sie haben noch vor wenigen Jahren hier ganz anders geredet. Sie hatten eine völlig andere Meinung - übrigens auch zur 10-H-Regel.

Geplant sind politische Entscheidungen mit so weitreichenden und verheerenden Auswirkungen auf Brandenburg, dass sie mit

Vernunft nicht mehr gerechtfertigt werden können. Auch heute haben wir es mit einem solchen Antrag von Rot-Rot-Grün zu tun. Schon der Titel sagt alles: „Akzeptanz der Windenergie stärken“. Der Bürger soll also wieder einmal Toleranz für einen fatalen Politikstil aufbringen, der jeglicher vernünftiger Grund lage entbehrt. Das zeigt übrigens schon der erste Abschnitt Ih res Antrags.

„Neben der Umweltverträglichkeit, der Versorgungssi cherheit und der Wirtschaftlichkeit ist die Akzeptanz die vierte zentrale Säule der Energiewende.“

Meine Damen und Herren, keine der aufgeführten Säulen ist tragfähig. Ihr Energiewende-Haus steht auf wackeligen Säulen. Immerhin geben Sie das weiter unten in Ihrem Antrag selbst zu, wenn Sie in Bezug auf die Umweltverträglichkeit feststellen, dass - ich zitiere erneut - „die Nutzung der Windenergie … mit“ - erheblichen - „Eingriffen in die Natur- und Kulturland schaft verbunden“ ist.

Von Versorgungssicherheit kann bei volatilen, also wetterab hängigen Energieumwandlungsanlagen schon gar keine Rede sein. Damit haben wir es aber zu tun, wenn wir von Wind- und von Solarenergie reden.

Meine Damen und Herren, die Wirtschaftlichkeit scheint eine Frage des Blickwinkels zu sein. Wenn Sie meinen, dass die Ver mögenszuwächse von Subventionsspekulanten zulasten der Verbraucher und Steuerzahler als „wirtschaftlich“ bezeichnet werden können, dann ist das zwar eine sehr verquere Sichtwei se; aber immerhin hat das im Entferntesten mit einer Art Wirt schaft zu tun -

(Beifall des fraktionslosen Abgeordneten Hein)

nämlich mit Misswirtschaft.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Dann ist da noch die Sache mit der Klimarettung. Bei einer vollkommenen Dekarbonisierung und dem damit einhergehen den Abschuss Deutschlands in das vorindustrielle Zeitalter

(Frau Geywitz [SPD]: Ja, ja!)

würde sich die Weltmitteltemperatur lediglich um 0,000653 Grad Celsius verringern. Mithin zu vernachlässigen, kaum messbar. Ich frage mich, was das letzten Endes bringen soll.

(Zuruf der Abgeordneten Geywitz [SPD])

An Deutschlands Wesen wird die Welt eben nicht genesen, auch nicht an dem Wesen dieser Energiewende. Das belegen die von mir zugrunde gelegten Zahlen des IPCC, die übrigens naturbe dingt um ein Vielfaches höher angesetzt sind. Meine Damen und Herren, wenn Sie ernsthaft glauben, damit das Weltklima zu retten, dann kann Ihnen wahrscheinlich niemand mehr hel fen.

Nun zu Ihren Vorschlägen zur Verbesserung der Akzeptanz von Windenergieanlagen. Beratungseinrichtungen sollen es also wieder einmal richten, nachdem sich die Bürger der rot-roten Politik vollständig entzogen haben. Das ist ein Plan, der - natür lich - von den Grünen stammt, die ursprünglich ihren eigenen, dem Namen nach unabhängigen Berater durch den Steuerzahler

finanziert haben wollten. Dass Sie diesen Vorschlag nun auf greifen, zeigt, dass Sie das eigentliche Problem, nämlich die Betroffenheit der Bürger, insbesondere der Anwohner von Windenergieanlagen, gar nicht verstanden haben.

In dasselbe Schema passen die angestrebte verstärkte Trans parenz und die sogenannte Bürgerbeteiligung bei Windkraft projekten. Zur „Beratung“ gehören dann auch noch Makula turveranstaltungen, auf denen zwar Meinungen ausgetauscht werden können, nach denen aber ansonsten herzlich wenig passiert.

Auch an dieser Stelle will ich anmerken, dass die gesundheitli chen Bedenken unterschiedlichster Fachleute und die gewalti gen Naturzerstörungen nicht durch gekaufte „Akzeptanz“ kom pensiert werden können, zumal Sie den Kommunen schon früher hätten helfen können, wenn Sie die von den Windkraft betreibern gezahlten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor Ort, bei den betroffenen Kommunen, belassen hätten. Stattdes sen landen diese Gelder im Naturschutzfonds und werden für Großprojekte in Brandenburg verwendet.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Hierzu ein letztes Wort an die CDU: Auch wir hatten überlegt, einen Entschließungsantrag einzubringen. Aber es kann keine Akzeptanz für ein Vorhaben geben, das schlicht inakzeptabel ist, egal wie viel man an den Symptomen herumoperiert.

Wie ich eingangs schon sagte: Liebe Kollegen von der CDU, auch Sie haben damals unseren Gesetzentwurf zur 10-H-Rege lung abgelehnt. Wenn ich das, was Sie in Ihren Entschließungs antrag zur 10-H-Regelung aufgenommen haben, übersetzen soll, dann sage ich: Das hinkt leider an allen Ecken und Enden. Dennoch danke ich Ihnen dafür, dass Sie mittlerweile auch in dieser Frage die Stimme der Bürger aufgenommen haben. Dass das allerdings viel bewirken wird, wage ich zu bezweifeln, weil die Kanzlerin, die Sie immer noch stellen, die Initiatorin dieser unsäglichen Energiewende ist. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Schinowsky. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg auch von meiner Seite ein Dank an die SPD-Fraktion und die Frakti on DIE LINKE für die gute Zusammenarbeit. Ich danke expli zit Herrn Holzschuher für seinen Einstieg, in dem er den Bogen zum Klimawandel geschlagen hat.