Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg auch von meiner Seite ein Dank an die SPD-Fraktion und die Frakti on DIE LINKE für die gute Zusammenarbeit. Ich danke expli zit Herrn Holzschuher für seinen Einstieg, in dem er den Bogen zum Klimawandel geschlagen hat.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ich bin sehr froh darüber, dass Sie so ausführlich verdeutlicht haben, was insoweit unsere Aufgabe ist, das heißt, warum wir das alles machen, obwohl es doch so schwierig ist.

Mit Blick auf Herrn Homeyer stelle ich fest: Sie haben populis tisch alles zusammengehauen, was es in diesem Bereich gibt.

Dies geschah auf so unsolide Art und Weise, dass ich mich dar über sehr wundern muss.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Um ein paar Stichworte herauszugreifen: Sie erwecken den Eindruck, der gesamte Tourismus in Brandenburg werde still gelegt, nur weil wir über Windräder diskutieren. Ich erinnere daran, dass es um 2 % der Landesfläche geht. Das heißt im Um kehrschluss, dass 98 % der Landesfläche davon ausgeschlossen werden. Das, was Sie dazu ausgeführt haben, war reines Katas trophenherbeigerede ohne jegliche Substanz.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE - Schröder [AfD]: Schauen Sie sich doch einmal an, wie es überall aussieht!)

Was das Thema „Verschiebung der Energiestrategie“ angeht, bin ich in Teilen sogar bei Ihnen. Auch ich finde es problema tisch, dass die Novellierung mehrmals verschoben wurde. Die Begründung dafür haben Sie aber geteilt. Die Verschiebung er folgte nämlich ursprünglich deshalb, weil es hieß, Vattenfall verkaufe die Braunkohlebranche, weshalb wir abwarten müss ten, was dabei herauskommt, das heißt, welche Pläne der neue Besitzer hat. Dann hieß es, wir müssten den Ausgang der Bun destagswahl abwarten. Jüngst hörten wir, wir müssten das Er gebnis der Arbeit der Kohlekommission abwarten. Aus den ge nannten Gründen erfolgte immer wieder eine Verschiebung. Sie von der CDU haben das damals nicht kritisiert. Ich finde es schon problematisch, dass Sie das nicht mehr erwähnen.

Letzter Punkt: Sie erwecken im Einstieg zu Ihrem Entschlie ßungsantrag den Eindruck, als ob hier in Brandenburg das totale Planungschaos herrsche. Auch Ihre Kolleginnen und Kollegen - Landräte, Bürgermeister, Abgeordnete - sitzen in den Planungs gemeinschaften und diskutieren über die Regionalplanung.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Wenn Sie jetzt im Grunde sagen, sie machten alle nur katastro phalen Mist, dann finde ich das nicht in Ordnung.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Ihr Entschließungsantrag enthält auch viele richtige Punkte; das möchte ich nicht unerwähnt lassen. Dennoch weist er in die komplett falsche Richtung - das haben meine Vorredner von SPD und Linken schon angedeutet - und stiftet Verwirrung. Das wird schon im Vortext deutlich. Darin heißt es, es bestehe „Un klarheit bezüglich der Entsorgung veralteter Anlagen“. Damit erwecken Sie den Eindruck, als ob gerade riesige Sondermüll deponien für alte Windenergieanlagen entstünden.

Das Gegenteil ist der Fall! Um es deutlich zu machen: Beton, Stahl und Kupfer sind die Hauptbestandteile von Windenergie anlagen, für die es bereits etablierte Recyclingprozesse gibt. Aber auch schwer wiederzuverwertende Flügel der Windener gieanlagen können eine zweite Nutzung erfahren. Die BTU Cottbus und Recyclingunternehmen wie Veolia haben diesen Markt längst erkannt und entsprechende Projekte entwickelt. So kann der glasfaserverstärkte Kunststoff zum Beispiel als Zu schlagstoff für Beton weiterverarbeitet werden. Nach Aussage des Branchenpioniers Neocomp aus Bremen wird dieser Zu

schlagstoff inzwischen so stark nachgefragt, dass die Produkti on nicht hinterherkommt. Es besteht somit auch für Branden burger Unternehmen die Chance, mit innovativen Konzepten in den Markt für Anlagenrecycling einzusteigen. Daher sollten wir nicht Verwirrung stiften, sondern Chancen ergreifen.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Warum geht Ihr Entschließungsantrag in die falsche Richtung? Es wurde schon angesprochen: Ihr Vorschlag, die 10-H-Rege lung in Brandenburg einzuführen - übrigens ohne jegliche rechtliche Grundlage; denn die dem Landesgesetzgeber im Baugesetzbuch eingeräumte Frist ist abgelaufen; das wissen auch Sie -, hätte einen fast hundertprozentigen Ausbaustopp für Windenergie in Brandenburg zur Folge; wir haben darüber schon ausgiebig diskutiert.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Das wäre ein Schlag in das Gesicht der Unternehmen der Wind branche.

(Beifall der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

An diese denken Sie nicht, wenn Sie darüber diskutieren, mal eben den Windenergieausbau zu stoppen. Das wäre eine Katas trophe! Um die Energiewende in Brandenburg hin zu 100 % EE - inklusive Gebäude, Verkehr, Industrie - umsetzen zu kön nen, brauchen wir keinen Ausbaustopp, sondern den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien.

Zu einem weiteren Kritikpunkt: Wie Sie wissen, bin ich in der Frage der Energiestrategie 2030 eher selten einer Meinung mit Wirtschaftsminister Gerber; aber in puncto 2 % wurde ziemlich sauber und transparent gearbeitet. Woher kommen die 2 %? Diese Zielsetzung beruht selbstverständlich auch, wie in Ihrem Antrag gefordert, auf der Analyse von Repowering-Potenzialen. Das alles wurde einbezogen. Informieren Sie sich bei den entsprechenden Kollegen! Sie können Ihnen das gern im Detail erläutern.

Zu unseren zwei Anträgen haben dankenswerterweise die Kol legen alles gesagt. Das muss ich nicht mehr machen, das kann ich streichen.

Noch einmal vielen Dank für den transparenten und integrati ven Verhandlungsprozess. Wir hoffen auf die baldige Umset zung im Sinne der Brandenburgerinnen und Brandenburger. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Homeyer hat eine Kurzinter vention angezeigt.

Frau Kollegin Schinowsky, wenn Sie mir Populismus vorwer fen und so tun, als ob alles das, was ich hier sage, aus der hoh len Hand gegriffen sei, und wenn Sie behaupten, uns gehe es eigentlich nur darum, die Energiewende irgendwie zu verhin dern, dann kann ich das so nicht stehen lassen.

Ich kann Ihre Argumentation aus Ihrer Programmatik heraus gut nachvollziehen. Ich sehe auch die Arbeit, die Sie im Aus schuss leisten. Das, was ich zu dem Antrag gesagt habe, ist nichts anderes als das Folgende - Sie haben mir anscheinend nicht zugehört -: Wenn man wirklich etwas für die Bürger tun möchte und dafür, dass deren Akzeptanz der Windenergie und der erneuerbaren Energien generell zunimmt - das ist wichtig für die Zukunft -, dann brauchen wir eine seriöse Datengrund lage. Ich habe mir die Mühe gemacht und entsprechende Anfra gen an die Landesregierung gerichtet, weil ich das wissen will. Ich habe die Angewohnheit - immer noch, Gott sei Dank! -, den Dingen auf den Grund zu gehen.

(Heiterkeit des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

- Kollege Vogel lacht. Er kennt mich noch aus den Untersu chungsausschüssen und weiß, dass ich diese Angewohnheit habe.

Die Antworten, die ich bekommen habe, waren nicht seriös, sondern lauteten - ganz einfach auf den Punkt gebracht, Frau Kollegin -: Wir wissen es nicht! - Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir Abgeordneten auf Fragen, die wir der Landesre gierung stellen, die Wahrheit zu hören bekommen oder gar nichts, dass wir aber nicht belogen werden. Insofern muss ich davon ausgehen, dass die Landesregierung in wesentlichen Punkten nicht weiß, worüber sie spricht.

Sie werfen mir zum Beispiel vor, dass ich Polemik schüre, wenn es um das Recyceln von Anlagen geht. Im Gegenteil! Ich weiß selbst, dass es eine stoffliche Verwertung gibt. Es geht mir darum, dass es die Landesregierung anscheinend nicht weiß.

Ich betone, dass wir insgesamt eine entsprechende Datengrund lage brauchen. Erst dann können wir uns darüber unterhalten, wie wir die Akzeptanz der Windenergie durch die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg steigern können. Ich spreche mit vielen Bürgern. Von keinem habe ich gehört, dass er Verständ nis dafür hat - es sei denn, er verdient sein Geld damit -, dass Anlagen mit einer Nabenhöhe von 200 Metern oder höher in den Wald gesetzt werden. Das versteht niemand. Wir können eine Menge dafür tun, um die Akzeptanz im Land Brandenburg zu erhöhen - indem wir damit aufhören.

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen - Frau Kollegin, auch das müssen Sie mir einmal erklären; hoffentlich können Sie das mit der gleichen Leidenschaft -, dass eine Partei, die dem Ge danken des Naturschutzes, der Erhaltung der Natur verpflichtet ist, dafür ist, dass Windkraftanlagen - Industrieanlagen! - in den Wald gebaut werden.

(Beifall CDU und AfD)

Warum sind Sie bereit, hektarweise Wald abholzen zu lassen? Sie machen sonst einen riesigen Aufstand, wenn es darum geht, dass …

Herr Abgeordneter, Ihre zwei Minuten sind längst um.

(Zurufe von der SPD: Genau!)

Ich danke Ihnen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie machen sonst einen riesigen Aufstand, wenn es darum geht, dass Alleebäume abgeholzt werden, und wenn es nur drei Stück sind. Das müssen Sie mir einmal erklären. Das ist unglaubwür dig, Frau Kollegin Schinowsky.

(Beifall CDU und AfD)

Die Abgeordnete Schinowsky möchte reagieren. Bitte schön.

Herr Homeyer, ich denke, Sie wissen sehr genau, dass wir nicht für Wind im Wald sind.

(Genilke [CDU]: Was? Seit wann?)

Es ist sehr schade, wie Sie das eben dargestellt haben. Das kön nen wir gern noch einmal ausdiskutieren. So, wie Sie es gesagt haben, war es komplett falsch, und ich denke, das wissen Sie auch. Das als Erstes.

Als Zweites: Die Datengrundlage kann immer besser sein. Man kann mehr Transparenz und Übersichtlichkeit fordern. Sie lei ten aber daraus Ihre Forderung ab, den Windausbau zu stoppen. Das ist der Kern Ihres Antrags; daraus haben Sie auch nie einen Hehl gemacht. Ich sage nur: 10-H-Regelung. Sie verlangen für Neuanlagen Abstände von 1 500 Metern, zu bestimmten Ein richtungen sogar von 2 500 Metern. Im Ausschuss haben Sie gesagt, wir wüssten doch alle, dass der Bedarf an Windenergie in Brandenburg gesättigt sei. All das zeigt doch, dass Sie keinen Kompass haben, wohin es gehen soll.

Wir müssen im Blick haben, dass es einen Klimawandel gibt. Deshalb brauchen wir die Energiewende. Wir müssen schauen, wie wir die Region Berlin-Brandenburg trotz aller Durchlässig keit mit erneuerbaren Energien versorgen können. Dafür brau chen wir den weiteren Ausbau. Ich weiß nicht, was Ihre Aus bauziele sind. Unsere stehen fest, unsere sind klar; bei den erneuerbaren Energien sind sie sogar weitgehend kompatibel mit dem, was die Landesregierung dazu sagt.

(Zuruf von der CDU: In Berlin kein Zubau!)

Wohin die CDU möchte, weiß ich nicht. Ihr billiger Populis mus - Stichworte: „Latte macchiato“ und „Prenzlauer Berg“ - hilft uns keinen Millimeter weiter. Wir müssen sagen, wohin wir wollen, wie wir dort hinkommen. Das, was in diesen Anträ gen steht, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Dann machen Sie doch Vorschläge dazu, wie man die Energiewende weiter entwickeln kann, und behaupten Sie nicht, die Grundrichtung sei komplett falsch. Das hilft uns nämlich nicht weiter.