Das ist eine beträchtliche Nachfragemacht, mit der das Land erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Unternehmen im Lande hat. Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist dabei nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Wertschöpfung. Die Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe entscheiden auch wesentlich mit, ob sich Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch Niedrig löhne, Verletzung elementarer Arbeitsnormen oder unverhält nismäßiger Belastung der Umwelt verschaffen können.
„Das Wirtschaftsleben gestaltet sich nach den Grundsät zen einer sozial gerechten und dem Schutz der natürli chen Umwelt verpflichteten marktwirtschaftlichen Ord nung“.
Auf dieser Grundlage sollte die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Das tut sie aber mit dem Vergabegesetz leider nur in Teilen bzw. nicht verpflichtend. Der einzige Pas sus dazu findet sich in § 3 mit dem Satz:
„Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen können Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt wer den... “.
Hier steht ein „kann“, wo eigentlich ein „soll“ stehen müsste - jedenfalls dann, wenn man die Brandenburger Nachhaltigkeits strategie ernst nähme.
Das Land hätte es in der Hand, den Abschied vom reinen Wett bewerb um das billigste Angebot einzuleiten. Nach unserer Auffassung muss bei der Prüfung eines Angebots nicht nur der Preis, sondern müssen auch Umwelteigenschaften und Lebens zykluskosten unbedingt berücksichtigt werden. In diese Rich tung geht unser Änderungsantrag, den wir auch hier wieder stellen.
Unterm Strich ist es ein Gesetz, das für die Arbeitnehmer einen notwendigen, aber immer noch sehr geringen Arbeitslohn fest schreibt, für Arbeitgeber mit einigem bürokratischem Aufwand verbunden ist und zudem wesentliche Vorgaben wie die Ein haltung der ILO-Arbeitsnormen oder umweltbezogene Aspekte lediglich als Randnote behandelt. Das reicht nicht aus.
Das ist umso bedauerlicher, weil uns Berlin gerade vormacht, wie eine grundlegende Überarbeitung des Vergabegesetzes aussehen könnte. Da gibt es nicht nur ökologische Mindest standards; dort sollen auch mittlere und kleine Unternehmen, zum Beispiel Start-ups, bei öffentlichen Ausschreibungen künf tig stärker zum Zuge kommen.
Ein einheitliches Vergabegesetz in der Region würde zudem al len Unternehmerinnen und Unternehmern zugutekommen und den Bürokratieaufwand reduzieren.
Die Probleme haben die Koalitionsfraktionen zumindest schon erkannt und zum Teil im Entschließungsantrag aufgegriffen. Taten sind allerdings mehr als Worte, und da hier suggeriert wird, das Vergabegesetz leiste bereits „eine zeitgemäße Integ ration von sozialen, ökologischen und administrativen Zielen“, können wir dem Antrag nicht zustimmen, denn das ist - wie beschrieben - nicht der Fall.
Anstatt gut klingende Anträge zu verabschieden, muss das Ge setz entsprechend geändert werden. Wir kündigen daher schon einmal an, dass wir ein gemeinsames und nachhaltiges Verga begesetz für Berlin und Brandenburg nach der Landtagswahl auf die Tagesordnung setzen, denn die Vergabe öffentlicher Aufträge in Brandenburg muss von Grund auf neu ausgestaltet werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste - drei sitzen noch oben -, herzlich willkommen! Heute Morgen hat Mike Bischoff in seiner Rede gesagt: Wir wollen kein Billiglohnland sein. - Das ist etwas, worüber weitgehende Einigkeit besteht. Das Problem ist: Das setzt voraus, dass gute Arbeit auch anständig bezahlt wird. Jetzt aber haben wir ein Wort benutzt - nämlich das Wort „anständig“ -, das ein unbe stimmter Rechtsbegriff ist. Es muss erst einmal definiert wer den, was „anständig“ ist. Es war gut, eine Mindestlohnkom mission mit allen Sozialpartnern am Tisch einzuberufen, um uns diese Empfehlung zu geben. Das ist ein glaubwürdigerer Weg, als wenn wir uns als Politik angemaßt hätten, diese Defi nition allein zu geben.
Genau hier setzt die Änderung des Brandenburgischen Verga begesetzes an: Wir erhöhen den Mindestvergabelohn von der zeit 9 Euro auf 10,50 Euro - und ja: schon ab dem nächsten Jahr auf 10,68 Euro. Beides liegt deutlich höher als der Bun desmindestlohn, und das hat gute Gründe.
Ich muss auch sagen: Wenn fraktionsübergreifend und von kompetenter Seite ein jeder vorrechnet, dass der Mindestlohn, der die Mindestversorgung im Alter garantiert, irgendwo über 12,60 Euro liegt, und uns dann eine Kommission 10,50 Euro empfiehlt, ist es offensichtlich nicht so, dass man an dieser Schraube beliebig drehen kann, weil keiner davon betroffen wäre. Es wurde uns in der Empfehlung sehr deutlich gesagt, das muss in Stufen passieren - und dieser Schluck aus der Pulle mit über 1,50 Euro ist das, was dem öffentlichen Dienst als Auftraggeber maximal zuzumuten ist.
Ich glaube, Herr Homeyer, wir können es fast nur verkehrt ma chen. Auf der einen Seite sagen Sie: Ihr verabschiedet ein Ge setz, das keine Wirkung erzielt. - Ich habe gerade gesagt: Das kann so nicht sein, sonst wären andere Zahlen herausgekom men. - Auf der anderen Seite bin ich mir aber auch sehr sicher: Wenn wir kein Gesetz gemacht hätten, wäre der Vorwurf ge kommen, dass das Land als öffentlicher Auftraggeber nicht mit gutem Beispiel vorangeht, die Untergrenze nach unten offen lässt und Billiglohn-Aufträgen Tür und Tor öffnet. Das wäre dann die andere Argumentation.
Das Land als öffentlicher Auftraggeber darf keinen Profit aus einem Wettbewerb um immer niedrigere Preise schlagen, denn ein solcher Wettbewerb wird mit niedrigen Löhnen auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Das muss verhindert werden.
Trotz Vollzeitbeschäftigung Aufstockerleistungen beziehen zu müssen, um die Familie zu ernähren - also Armut trotz guter Arbeit -, das darf es in einem sozialen und fairen Land nicht geben.
Apropos Fairness, da möchte ich kurz auf einen Punkt von heute Morgen zurückkommen: In diesem Zusammenhang das Wort „Unproduktivität“ in Bezug auf die Firmen, die im Osten arbeiten, in den Mund zu nehmen, ist ein Unding. Dem möchte ich hier laut und deutlich widersprechen: Das ist eine Beleidi gung all derjenigen, die ihre Wirtschafts- und Arbeitskraft in unser Land stecken. Das darf so nicht im Raum stehen bleiben.
Über das öffentliche Auftragswesen haben wir als Landesre gierung die Möglichkeit, direkt Einfluss zu nehmen, und da durch leisten wir unseren Beitrag zu fairen Löhnen. Ja, es be deutet mehr Aufwand - es hat gar keinen Sinn, das zu leug nen -, aber diejenigen, für die wir es machen, sind uns den Mehraufwand wert. Genauso muss man an der Stelle sagen, dass der bürokratische Aufwand, der damit einhergeht, zum
Teil von uns kompensiert wird. Selbstverständlich wird den Kommunen der zusätzliche Verwaltungsaufwand finanziell ent golten - das machen wir nicht auf dem Rücken der Kommunen. Damit ist das Wichtigste gesagt, und ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind am Ende der Ausspra che und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN auf Drucksache 6/11134 zur Einfügung neuer Ziffern 1 bis 4 ab. Hier geht es um die Änderungen in Artikel 1 §§ 1 bis 4. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur zweiten Abstimmung: ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/11144, „Vergabe attraktiv und innovativ gestalten“. Hier geht es um die Änderung der Ziffer 1 - die Einfügung eines neuen Absatzes in § 3 - und die Streichung der bisherigen Ziffern 2 und 3. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen?
Wir kommen zur dritten Abstimmung: ein Änderungsantrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE auf Drucksache 6/11139, Neudruck, zur Einfügung einer neuen Ziffer 4. Hier geht es um die Änderung in § 13 Abs. 1 Satz 1. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimment haltungen? - Damit ist der Antrag bei einigen Enthaltungen mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur vierten Abstimmung: ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 6/11164. Hier geht es um die Einfügung einer neuen Ziffer 1 - die Änderung von § 2 Abs. 1 Satz 1 -, die Änderung von § 6 Abs. 2 sowie die Ergänzung in § 7. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur vorletzten Abstimmung: die Beschlussemp fehlung und der Bericht auf Drucksache 6/11040, Neudruck, zum „Ersten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Ver gabegesetzes“. Wer der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit wurde dem mehr heitlich zugestimmt.
Wir kommen zur letzten Abstimmung: ein Entschließungsan trag der Fraktionen SPD und DIE LINKE auf Drucksa che 6/11143, „Vergabegesetz - Staatliches Steuerungspotenzial weiterhin nutzen“. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag bei einigen Enthaltungen mehrheitlich angenom men.
Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kran kenhausentwicklungsgesetzes und des Landespflege gesetzes
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Krankenhausentwicklungs gesetzes und Landespflegegesetzes setzt die Landesregierung unseren Landtagsbeschluss aus der 48. Sitzung vom 30. Juni 2017 um. Zur Schaffung bzw. Gewährleistung von auch in Zu kunft verlässlichen Strukturen in der gesundheitlichen Versor gung hatten wir die Landesregierung unter anderem gebeten, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie das Brandenburger Kran kenhausentwicklungsgesetz so novelliert werden kann, dass die planungsrelevanten Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses - abgekürzt G-BA - unter Berücksichti gung der spezifischen Situation im Land Brandenburg umge setzt werden können.
Mit dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf haben wir die Möglichkeit, hinsichtlich der Qualität in unseren Krankenhäu sern regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Im Hinter grund steht das Krankenhausstrukturgesetz vom 10. Dezember 2015. Mit diesem Gesetz hat der Bundesgesetzgeber die Quali tät der Krankenhausversorgung als ein Kriterium für die Kran kenhausplanung eingeführt. Die planungsrelevanten Qualitäts kriterien - so heißen sie - erarbeitet der Gemeinsame Bundes ausschuss.
Da die Krankenhausplanung eindeutig Ländersache ist, war uns bei der Bundesgesetzgebung seinerzeit schon sehr wichtig, dass die vom G-BA erarbeiteten Qualitätsindikatoren Empfeh lungen sind und nicht automatisch in den Krankenhausplan übernommen werden müssen, sondern erst nach Berücksichti gung regionaler Besonderheiten durch die zuständige Kranken hausplanungsbehörde des Landes. Mit diesem Instrument, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden wir sehr behutsam und mit Augenmaß umgehen. Selbstverständlich werden wir darauf achten, dass der eventuelle Ausschluss von Qualitätsin
dikatoren nicht mit Einbußen in der qualitativen medizinischen Betreuung der Brandenburgerinnen und Brandenburger einher geht. Der Krankenhausspiegel wird hierfür für uns ein wichti ger Seismograf sein.
Der zuständige Fachausschuss führte zum vorliegenden Ge setzentwurf am 27. Februar dieses Jahres eine Anhörung mit Experten durch. Zur Auswertung der Anhörung lagen dem Ausschuss in seiner abschließenden Beratung am 27. März zwei Änderungsanträge vor: ein Antrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und einer der Koalitionsfraktionen.