Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Der zuständige Fachausschuss führte zum vorliegenden Ge setzentwurf am 27. Februar dieses Jahres eine Anhörung mit Experten durch. Zur Auswertung der Anhörung lagen dem Ausschuss in seiner abschließenden Beratung am 27. März zwei Änderungsanträge vor: ein Antrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und einer der Koalitionsfraktionen.

Den Vertretern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war wichtig, vorab im Fachausschuss noch einmal über den beab sichtigten Ausschluss von Qualitätskriterien zu informieren und dies auch fachlich zu begründen.

Die Koalitionsfraktionen folgten gern der Empfehlung der Lan deskrankenhausgesellschaft, bei der Finanzierung der Kranken häuser auch die stationsäquivalenten Leistungen zu berücksich tigen - eine wichtige und richtige Ergänzung, insbesondere für die psychiatrischen Kliniken, in denen diese Leistungen bereits angeboten werden.

Auch dem Hinweis der Landeskrankenhausgesellschaft, den Passus zum Kinderschutz wiederaufzunehmen, ist die Koaliti on gerne gefolgt und plädiert insofern dafür, § 34 wiederaufzu nehmen. Beide Änderungsanträge wurden im Fachausschuss einstimmig bzw. mehrheitlich angenommen.

Mit der Gesetzesänderung zum Landespflegegesetz möchten wir den Landkreisen und den kreisfreien Städten die Durchfüh rung von Modellvorhaben zur kommunalen Beratung pflege bedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen ermöglichen. Bundesgesetzlich wurde das mit den §§ 123 und 124 im SGB XI schon geregelt; allerdings bedarf es auch einer landes rechtlichen Regelung, die mit diesem Gesetzentwurf nun vor liegt.

Ich bitte Sie ganz herzlich um Zustimmung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Krankenhausentwick lungsgesetzes und des Landespflegegesetzes in der vom Fach ausschuss beschlossenen Fassung. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir danken Ihnen ganz besonders und setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Nowka für die CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal auf die Anhörung im Ausschuss einzugehen: Beim Lesen des Proto kolls fühlte ich mich in vielerlei Hinsicht bestätigt: Zunächst darin, dass es richtig war, im Februar 2017 zur Sicherung von Qualität und Versorgung den Stein zu dieser Gesetzesänderung ins Rollen gebracht zu haben. Es ist richtig und gut, dass wir von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen und in Zu kunft die G-BA-Standards aus dem Brandenburger Blickwin kel betrachten. Und: Die Initiative kam genau zum richtigen

Zeitpunkt, einem Zeitpunkt, zu dem uns unterstellt wurde, un ser Vorhaben, Qualitätsregelungen und flächendeckende Ver sorgung gleichermaßen zu bedenken, gefährde das Patienten wohl.

(Frau Fortunato [DIE LINKE]: Warum?! Das passt doch!)

Ein Zeitpunkt, der, wie sich nun zeigt, richtig gewählt war, da wir jetzt über ein Gesetz beraten, das im Konsens aller beteilig ten Akteure und der Fraktionen beschlossen werden kann. Da durch ist es möglich, dass das Gesetz in seinen Auswirkungen auch in der Krankenhausplanung 2020 Berücksichtigung findet.

(Frau Fortunato [DIE LINKE]: So ist es!)

Da schließt sich auch wieder der Kreis zur Anhörung: Herr Dr. Voth von der Ruppiner Kliniken GmbH berichtete sehr emotional aus der Sicht eines Schwerpunktversorgers und sag te beispielsweise, dass der Helikopter aus Perleberg regelmä ßig über seine Klinik hinweg nach Berlin fliege. Wir alle wis sen, was es kostet, die Personalvorgaben zum Beispiel für das Notfallstufenkonzept einzuhalten, und wie schwer es ist, dafür Personal zu finden. Deshalb sind in Zukunft zwei Dinge beson ders wichtig: Erstens müssen wir zusehen, dass unsere Kran kenhäuser auch behandeln können, wozu sie in der Lage sind. Zweitens können wir unsere Häuser der Grundversorgung nicht zu ambulant-stationären Gesundheitsstandorten umfunktionie ren, ohne zu wissen, wie das dauerhaft und verlässlich funktio nieren soll.

(Beifall CDU)

Das Projekt „Strukturmigration im Mittelzentrum Templin“ ist fürstlich mit Bundes- und Landesmitteln ausgestattet, um diese alles entscheidende Frage beantworten zu können; doch leider fehlen genau hier bislang Ergebnisse.

Wenn Krankenhäuser der Grundversorgung 20 % ihrer Betten kapazität abbauen sollen, um im Gegenzug ambulant-stationä res Zentrum zu werden, muss der Bundesgesetzgeber den fi nanziellen Ausgleich normieren. Momentan ist leider nicht ab sehbar, ob die hierfür notwendigen belastbaren Referenzwerte aus Templin noch geliefert werden können.

Die Krankenhäuser sind wichtig für unsere Region, weil sie auch Anziehungspunkte für Fachärzte sind. Wie wollen wir ei ner jungen Familie eine ländliche Region ohne Kinderarzt - vielleicht generell ohne Fachärzte - schmackhaft machen? Das funktioniert nicht. Deshalb gilt: Erst wenn das Neue funktio niert, kann man das Alte verändern.

Mit der medizinischen Versorgung auf dem Land spielt man nicht.

(Frau Lehmann [SPD]: Wer spielt denn damit?!)

Das Krankenhausentwicklungsgesetz beinhaltet alle Vorausset zungen für eine gute Versorgung überall im Land - diese Chan ce muss unbedingt genutzt werden.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wesentlicher Knackpunkt wird dabei die zwischen Berlin und Brandenburg

abgestimmte Krankenhausplanung sein. Ich muss in diesem Zusammenhang betonen, dass sich meine Befürchtung be wahrheitet, dass die Brandenburger Interessen hier bislang nicht ausreichend berücksichtigt werden. Ich hege die Befürch tung, dass vor allem unsere Kliniken der Grund- und Schwer punktversorgung bei den Plänen der Landesregierung zu kurz kommen: 3,6 % der Berliner lassen sich in Brandenburg behan deln. Im Gegensatz dazu sind es aber 12 % der Patienten aus Brandenburg, die in Berlin stationär versorgt werden.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Abstimmung mit Berlin ist wichtig. Aber Sie verkennen hier leider viele Zusammen hänge.

(Frau Lehmann [SPD]: Das glaube ich nicht!)

Mir ist zum Beispiel vollkommen schleierhaft, warum eine Brandenburger Familie zur Geburt eines gesunden Kindes nach Berlin fahren muss. Mir fällt dafür nur ein Grund ein, und zwar die Tatsache, dass uns Hebammen fehlen. Seit Jahren for dern wir Sie auf, die Hebammenausbildung nach EU-Vorga ben - Berlin tut das schon seit einiger Zeit - umzusetzen. Nun wird in Nauen eine Geburtsstation geschlossen, und plötzlich fallen alle aus den Wolken. Es muss immer erst etwas passie ren - so ist zumindest mein Eindruck.

Tatsache ist: Die Landesregierung hat viel zu lange versäumt, die Ausbildung von Hebammen - das setzt sich bei der Ausbil dung von Medizinern, Apothekern, PTAs usw. fort - bedarfsge recht anzubieten. Entwicklungen wurden also verschlafen. Auch damit gefährden wir letztendlich Krankenhäuser.

Zum Schluss noch zwei Dinge: Ich freue mich, dass der Kin derschutz im Gesetz verankert bleibt und auch die Beteiligung des Parlaments sichergestellt ist.

(Beifall CDU)

Wir dürfen gespannt sein, wie das Gesetz in seiner Umsetzung funktioniert. Die Änderungsvorschläge zum Landespflegege setz tragen wir mit. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Fortunato für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Landespolitik hat die Auf gabe, die stationäre Versorgung der Bevölkerung heute und auch künftig für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes si cherzustellen.

(Beifall CDU)

Mehr noch: Sie hat die Krankenhauslandschaft beständig und bedarfsdeckend weiterzuentwickeln.

(Frau Lehmann [SPD]: Klatschen!)

Wir brauchen die Krankenhäuser als wichtige Ankerpunkte der gesundheitlichen Versorgung in der Fläche. Brandenburg hat sich zum Ziel gesetzt, den hohen Qualitätsstandard aller Kran kenhausstandorte in der Fläche zu schützen und zu erhalten.

Im Landtagsbeschluss vom 30.06.2017 forderte der Landtag die Landesregierung auf, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie das Brandenburger Krankenhausentwicklungsgesetz so novel liert werden kann, dass die planungsrelevanten Qualitätsvorga ben des Gemeinsamen Bundesausschusses unter Berücksichti gung der speziellen und spezifischen Situationen im Land Brandenburg umgesetzt werden können.

Das Artikelgesetz wurde im Dezember vergangenen Jahres an den Fachausschuss überwiesen. Bei der dortigen Anhörung wurde eins noch einmal klar: Die vom G-BA festgelegten Qua litätsvorgaben werden nicht automatisch gelten, sondern kön nen durch Landesrecht ganz oder teilweise ausgeschlossen werden. Die Entscheidungshoheit im Land ist gewahrt. Dahin gehend war man sich auch in der Anhörung weitgehend einig. Die Patientensicherheit und die Wahrung der Qualität ist dabei aber immer oberstes Gebot.

Wichtig ist, dass bei einem so grundlegenden Thema wie der Qualität der gesundheitlichen Versorgung unserer Brandenbur ger Bürgerinnen und Bürger die entsprechenden Ausschüsse des Landtages nicht außen vor bleiben. So sind die für Gesund heit und das Rettungswesen zuständigen Ausschüsse des Land tages vor allem zu hören bzw. ist ihnen gegenüber die Aufnah me oder die Ablehnung von qualitätsrelevanten Indikatoren fachlich zu begründen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Mitsprache ist ein wichtiger Bestandteil der patientenorientierten Gesundheits versorgung. Deshalb ist es gut und zeugt von Wertschätzung, dass ehrenamtliche Patientenfürsprecherinnen und -fürspre cher - als Funktionsbezeichnung - in die unabhängigen Be schwerdestellen aufgenommen wurden. Für die Linke gilt: Ei ne solide und verlässliche Krankenhauspolitik muss sich am Gemeinwohl orientieren und den ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nehmen. Die Krankenhausversorgung muss den Patientinnen und Patienten bestmöglich dienen. Das ist die Aufgabe des Landes.

Das Krankenhausentwicklungsgesetz ist nur ein Schritt in Richtung einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung im Land, die sowohl die Patientinnen und Patienten als auch die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung des medizinischen und nichtmedizinischen Personals einschließt.

Sehr geehrte Damen und Herren, in dem vorliegenden Artikel gesetz geht es darum, Möglichkeiten zu schaffen, Modellvor haben für eine kommunale Beratung von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen zu entwickeln. Meine Kolle ginnen und mein Kollege haben schon darauf hingewiesen: Hier sollen keine überflüssigen Parallelstrukturen geschaffen, sondern mögliche Versorgungslücken geschlossen werden. Der Beratungs- und Unterstützungsbedarf des Personenkreises ist aufgrund der demografischen Entwicklung höher denn je. Hier gilt es, nicht die Augen zu verschließen, sondern jede Chance zu nutzen. Es bedarf einer landesrechtlichen Regelung, damit den Landkreisen und den kreisfreien Städten dieser zusätzliche Handlungsspielraum zur Verfügung steht.

Obwohl dieser Punkt unter den Anzuhörenden umstritten war, finden wir diese Ergänzung sehr sinnvoll. Allerdings ist sie es nur dann, wenn sie mit bestimmten Parametern, was Fachlich keit und Vernetzung betrifft, untersetzt ist. Es freut mich außer ordentlich, dass in dieses Gesetz aufgenommen wurde, wie im Falle des Verdachts auf Kindeswohlgefährdung vorzugehen ist; denn Gewalt an Kindern ist für uns nicht hinnehmbar.

(Beifall der Abgeordneten Augustin [CDU])

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Dr. van Raemdonck für die AfD-Fraktion. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Ab geordnete! Liebe Gäste! Die Krankenhäuser in Brandenburg sind für die Versorgung der Menschen unverzichtbar. In einem Land, in dem es immer schwieriger wird, die flächendeckende und fachärztliche ambulante Versorgung sicherzustellen, ist ei ne flächendeckende Präsenz der Krankenhäuser ganz wichtig. Was in der Fläche einmal weg ist, ist nur schwer wiederaufzu bauen. Deshalb bleibt es für uns dabei: Es ist richtig, die Pla nung eines so wichtigen Teils der Versorgung der Brandenbur ger auch in Brandenburg zu belassen und keine Automatismen zuzulassen, mit denen unter Umständen unsere Krankenhäuser einfach verschwinden und niemand im Land etwas dagegen tun kann.

Die Sicherstellung der Krankenhausversorgung ist verfas sungsrechtlich Ländersache, und so soll es auch bleiben. Frau Lehmann, Sie haben ja auch genau das erkannt und auch in Ih rer Rede genannt.