Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Das sind Rahmenbedingungen, die junge Leute hier vorfinden, und das war wirklich nicht immer so. Das ist ein guter Erfolg, der hier in den letzten Jahren erreicht wurde.

Da macht es natürlich Sinn, sich alle Maßnahmen anzuschau en. Wir haben ja in der Tat einiges auf den Weg gebracht, zu dem ich auch noch etwas sagen werde. Ich habe mir die Über

schriften Ihrer Kapitel angeschaut. Bei der AfD heißt es: Wir sollen evaluieren, wir sollen kooperieren, wir sollen überprü fen, wir sollen uns Kennzahlen ausdenken. Bei der CDU heißt es: Konsequenter umsetzen, verbessern, ausweiten, stärken, vorantreiben!

Ich entnehme dem Folgendes: Die Grundkonzeption dessen, was wir machen, kann so falsch nicht sein, denn ein einziger richtig neuer bzw. viele richtig neue Gedanken finden sich in den Anträgen nicht, sondern nur die von mir beschriebenen Überschriften.

Ich möchte etwas zu der interessanten Forderung bezüglich der dualen Ausbildung mit Abitur sagen. Ich kann Ihnen nur emp fehlen: Unterhalten Sie sich mit den Unternehmensverbänden in Brandenburg. Das haben wir nämlich getan. Sie finden dort nicht den Zuspruch, den man bei dieser Forderung vielleicht vermuten mag.

Erst einmal finden wir es natürlich richtig, dass Bildungswege offengehalten werden und es keine Begrenzung gibt. Aber die Zahl derjenigen, die es schaffen, neben einer Berufsausbil dung - was nicht unanstrengend ist - die Fachhochschulreife zu erreichen, ist wirklich überschaubar. Und wenn man mit Unter nehmensverbänden spricht, machen sie sich schon Sorgen, da es gerade in anspruchsvollen Ausbildungsgängen eine hohe Belastung ist, neben der betrieblichen und schulischen Ausbil dung noch einen höheren schulischen Abschluss zu erreichen. Wir haben uns - wie gesagt - mit dieser Forderung sehr be schäftigt. Sie gehört nicht zu den Dingen, die mit großem Kon sens von den Sozialpartnern in Brandenburg gefordert werden.

Das, was wir machen, ist eine gute Berufs- und Studienorien tierung in Brandenburg. Das Konzept der Landesregierung „Übergang Schule-Beruf“ ist - wie schon gesagt - beschlossen worden. Es wirkt, und es wird auch immer stärker wirken. Wir haben einen Fächerkanon von Maßnahmen: Wir haben die Schülerpraktika, wir haben das Praxislernen. Vor Kurzem fand der Zukunftstag statt; ich hatte Gelegenheit, dort zu sein. Wir haben eine ganze Menge Schülerfirmen, die sich gründen. Das sind inzwischen schon 120.

Und es sind in der Tat elf Jugendberufsagenturen. Um für diese Idee noch mehr zu werben - und zwar auch in dem Bereich der Optionskommunen, wo man ja etwas zurückhaltend ist -, haben wir als Ministerium zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit mit großem Erfolg und mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit den 1. Tag der Jugendberufsagenturen durchgeführt. Wir planen für den Herbst die zweite Veranstaltung dieser Art.

Am INISEK-Förderprogramm der Berufsorientierung sind 188 Schulen beteiligt, beim Praxislernen sind inzwischen 107 von 188 Schulen dabei - mit steigender Tendenz. Wir haben die Produktionsschulen, wir haben das Produktive Lernen und jetzt auch die Flexible Schulausgangsphase in den Schulen. Damit tun wir sehr, sehr viel, um Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg zu begleiten.

Und auch das ist wirklich wichtig: Wir erreichen die 10 000 Ausbildungsverträge in Brandenburg.

(Zuruf von der AfD: Stimmt doch gar nicht!)

- Doch. - Ich weiß nicht, warum Sie das infrage gestellt haben. Uns ist vor allem beim Ausbildungskonsens bewusst, dass es

ein ehrgeiziges Ziel ist; aber es ist geschafft worden, wie man feststellt, wenn man sich die Zahlen des BIBB anguckt, sogar mehrere Jahre hintereinander. Insofern sind wir auch dort mit den Ergebnissen zufrieden.

Es gelingt uns nicht, für jeden schwachen Jugendlichen einen passenden Ausbildungsplatz zu bekommen. Da liegt die große Herausforderung. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit den Kooperationspartnern hier weiter vorangehen werden. Wenn uns dabei noch eine Evaluation und ein paar Kennzahlen weiterhelfen, werden wir uns dem auch nicht verschließen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort hat die Abgeordnete Schade für die AfD-Fraktion.

Zunächst freue ich mich über die teilweise sachlichen Redebei träge, auch wenn nicht jeder der Abgeordneten hier unseren Antrag tatsächlich verstanden hat.

(Lachen bei der SPD)

Ich freue mich auch darüber, dass unser Antrag dazu beigetra gen hat, dass Sie sich rückblickend mit all Ihren mehr oder we niger erfolgreichen Aktivitäten der letzten Jahre etwas tiefer beschäftigt haben. Ihre Schlussfolgerungen können nicht darü ber hinwegtäuschen, dass es beim Thema des Übergangs von der Schule zum Beruf beträchtliche Probleme gibt, die wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können, wollen wir als Bundes land den wirtschaftlichen Anschluss nicht verlieren.

Und wir können es uns auch nicht mehr leisten, dass die jungen Menschen zwei bis drei Jahre in einem Übergangssystem ge parkt werden, um dort das nachzuholen, was sie in zehn Jahren Schulbildung versäumt haben, oder dass sie die Schule gar oh ne Schulabschluss verlassen.

Wir können es uns auch nicht mehr leisten, dass junge Men schen zwei bis drei Jahre in einem Übergangssystem geparkt werden, um dort das nachzuholen, was sie in zehn Jahren Schulbildung versäumt haben, oder die Schule gar ohne Schul abschluss verlassen. Wir können es uns auch nicht leisten, dass die Schüler erst mit 19 oder 21 Jahren in die Berufsausbildung gehen. Und wir können es uns schon gar nicht mehr leisten, dass den hohen Abbrecherquoten in der Ausbildung und beim Studium vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Fachkräfteproblematik nicht konsequent begegnet wird.

In Ihren Redebeiträgen - auch Herr Baer sprach es an - stellten Sie darauf ab und im Bericht vom Januar 2018 ist zu lesen, dass Unternehmen noch aktiver werden müssen. Aber, meine Damen und Herren, genau das ist der Ansatz, den Sie seit Jah ren fahren: Die anderen sind schuld. Die anderen müssen ma chen. - Ich sage Ihnen: Nein, sie sind nicht schuld! Sie müssen nicht machen!

Unternehmen haben sich sehr wohl den Problemen gestellt: IHK und Handwerkskammer haben konkret formuliert, worum es ihnen geht. An dieser Stelle erinnere ich an die alljährlichen Lippenbekenntnisse des von der Landesregierung initiierten

Ausbildungskonsenses, der keinerlei Wirkung entfaltet. Er ist eben bloß ein Bekenntnis, nichts wirklich Abrechenbares.

Sie werden auch nicht müde, die Forderungen - Frau Ernst wie derholte es - nach 10 000 Lehrstellen immer und immer wieder neu zu formulieren. Das macht die Sache aber nicht besser. Denn wenn die Unternehmen keine ausbildungsreifen Jugendli chen finden, stellt sich die Frage: Wen sollen sie dann ausbil den? Warum soll man Lehrstellen zur Verfügung stellen, wenn man doch niemanden findet, den man ausbilden kann? Sie wäl zen sogar die Aufgaben der Schule auf Unternehmen ab: Unter nehmen sollen den Schülern Nachhilfe geben. - Meine Damen und Herren, das kann nicht ernsthaft die Lösung sein!

Dann sprechen Sie die Bezahlung an: Auf meiner Sommertour durch Unternehmen in Brandenburg erzählte mir ein Unterneh mer, dass er, wenn er jemanden für nur einigermaßen geeignet hält, diesen fragt, welche Ausbildungsvergütung er sich vor stellt - und dann wird verhandelt wie auf dem Basar. Das ist - zugegeben - ein Extrembeispiel.

Unternehmer müssen sich schon jetzt immer mehr einfallen lassen, um Jugendliche für sich zu begeistern: Frühzeitig wer den Kontakte zu den Schulen aufgebaut, Ausbildungsmessen veranstaltet, wird die Übernahme der Kosten der Führerschein ausbildung in Aussicht gestellt, Unternehmen sponsern Jahres fahrkarten - um nur einige der vielen Dinge zu nennen, die sie tun. Bis zu einem gewissen Grad machen die Unternehmen al so schon, was möglich ist.

Woran hapert es nun konkret? Mit pädagogischen Methoden müssen die jungen Menschen ihre Fähigkeiten erkennen und Vertrauen in ihre Fertigkeiten gewinnen, die sie in der Schule erworben haben. Die erprobten und gut gestimmten Instrumen te dafür finden Sie in unserem Antrag: nicht 1 001 Möglichkei ten, sondern eine qualitativ hervorragende Berufsorientierung schon ab der 5. Klasse. Nicht immer mehr Geld in unsinnige Experimente, sondern das, was schon einmal funktioniert hat, qualitativ verbessern, abrechen- und bewertbar machen, und nur die nachweisbar bestausgebildeten Fachkräfte dürfen mit dem wertvollsten Gut, das eine Gesellschaft besitzt, arbeiten. Denn derzeit gibt es unzählige Akteure, die da mitmischen: Heerscharen von Sozialpädagogen und Amtsmitarbeitern küm mern sich um die große Brandenburger Nachwuchshoffnung. Jeder macht, was er kann, aber nicht, was nachweisbar zum Er folg führt. Es fühlt sich ja auch niemand wirklich verantwortlich.

Die Ausgaben im Bildungssystem wachsen seit Jahren, aber nur wenig wird besser. Es muss also nicht nur um immer mehr Geld, sondern um mehr Qualität gehen. Die erschreckenden Zahlen of fenbaren sich mit Blick auf den INSM-Bildungsmonitor 2018: Allein die Tatsache, dass Brandenburg bei der Forschungsorien tierung auf dem 16. Platz gelandet ist, spricht Bände. Über das Desaster bei der Digitalisierung will ich gar nicht reden.

Aber wir haben auch gute Beispiele, die ich hier namentlich leider nicht nennen darf, weil ich den Schulleitern und Lehrern Anonymität zugesagt habe.

(Oh! bei der SPD)

- Ja, so weit sind wir leider schon.

Wir sollten unsere Leuchtturmprojekte allen Akteuren im Land zugängig machen und die Erfahrungen der Besten in den schu lischen Alltag übernehmen; denn es gibt sie.

Lassen Sie uns doch einmal genauer einen Blick in die Arbeits agenturen und Jobcenter werfen: Ist es nicht deren vornehmste Aufgabe als Behörde, gerade junge Menschen schnell und ziel führend in eine Ausbildung oder eine berufliche Tätigkeit zu bringen? Weshalb befinden sich über 4 000 Schüler in Über gangssystemen, obwohl es mehr freie Ausbildungsplätze als Bewerber gibt? Hier müssen wir die erforderliche Qualität der Arbeit der Institutionen - wo nötig, auch verbunden mit be rechtigten Forderungen an den Bund - einfordern.

Blicken wir nach Sachsen, Berlin oder in die Schweiz, erhalten wir von dort wertvolle Impulse für die duale Ausbildung mit Abitur. Sogar in Cottbus hat man begonnen, mit der dualen Be rufsausbildung mit Abitur zu experimentieren.

Schlussendlich: Wann haben wir das letzte Mal geprüft, ob die Inhalte des Schulfaches WAT noch zeitgemäß sind und sich tat sächlich an den Herausforderungen der Wirtschaft orientieren?

(Zuruf der Abgeordneten Koß [SPD])

Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, ihre vielen Beschlüsse einer öffentlichen Erfolgskontrolle zu unter ziehen. Dass dies unverzüglich geschehen muss, zeigt das nachweislich gesunkene Bildungsniveau in Brandenburg. Die ser Antrag soll zu einer Konsolidierung der Strukturen hin sichtlich bewährter Instrumente beitragen und zeitgemäße Mo dule einflechten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache und rufe zur Ab stimmung über den Antrag der AfD-Fraktion „Ausbildungs konsens - und wie nun weiter? Wirksamkeit von Maßnahmen im Bereich der (Aus)Bildung junger Menschen“ auf Drucksa che 6/10429 auf. Wer stimmt dem Antrag zu? - Wer stimmt da gegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion „Brandenburg wachsen lassen: Berufsorientierung und Ausbildungsmaßnahmen an den Fachkräftebedarf anpassen!“ auf Drucksache 6/11156 auf. Wer stimmt dem Antrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltun gen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungs punkt 6 auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regio nalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungs planung

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/9504

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung

Drucksache 6/11070

Des Weiteren liegen ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/11147 sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Windenergie: Planung und Beteiligung stärken. Konflikte zwischen Gemeinden ver hindern.“ auf Drucksache 6/9580 vor.

Ich eröffne die Aussprache. Zu uns spricht die Abgeordnete Lieske für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Da die Präsidentin im Anmarsch war, habe ich überlegt, wen ich hinter mir richtig anspreche. Verehrte „wechselnde“ Präsidentin!