Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Das Wort erhält nun noch einmal die Fraktion DIE LINKE. Frau Abgeordnete Dannenberg, Sie haben Gelegenheit, die verbliebene Redezeit zu nutzen. Vorher spricht aber noch Minister Görke für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Branden burg braucht starke Kommunen. Starke Kommunen sind solche, die sich gut selbst verwalten und ausreichend finanz kräftig sind. Bei aller Kritik glaube ich, dass wir in dieser Legislaturperiode sehr, sehr viel getan haben; das lässt sich nicht kleinreden.

Die Erfolgsgeschichte des KIP wurde heute bereits kurz the matisiert. Herr Lakenmacher, selbstverständlich sind Sie und die Mitglieder des Landtages zu den Grundsteinlegungen bzw. den Investitionsfreigaben eingeladen.

(Lakenmacher [CDU]: Nein!)

Aber wahrscheinlich müssen Sie dann auch den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum Sie diesen Haushalt beklagen. Vielleicht ist das der Grund für Ihre Nichtteilnahme.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, jedem ist klar, dass wichtige Ent scheidungen zur Lebensqualität vor Ort - in den Landkreisen, Städten und Gemeinden - getroffen werden. Vor allem ehren amtliche Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker tragen dort Verantwortung; sie wissen am besten, wo der Schuh drückt und wie man mit Kommunalfinanzen umzuge hen hat.

Ganz offensichtlich ist das bei der AfD nicht der Fall. Sie macht sich - wir werden es am Freitag noch hören - mit einem Antrag für die Abschaffung der Grundsteuer stark. Dies lässt auf Ihren kommunalpolitischen Sachverstand schließen.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Heiterkeit der Abgeord neten Lehmann [SPD])

Aber darauf komme ich noch zurück.

Die Grundsteuer ist die zentrale Einnahmequelle unserer Kom munen. 280 Millionen Euro - aufkommensneutral - spült diese Steuer ausschließlich in die Kommunalhaushalte. Die Zeit drängt. Wir haben jetzt bereits Jahre verstreichen lassen und keine klare und vor allem rechtssichere Klärung des Urteils, das das Bundesverfassungsgericht uns und der Bundesrepublik Deutschland ins Stammbuch geschrieben hat. Jede Verzöge rung ist ein Spiel mit dem Feuer, dessen negative Wirkung nicht unbedingt im Bundeshaushalt, sondern bei den Kommu nen ankommt, und die müssen es ausbaden.

Deshalb plädiere ich - Herr Lakenmacher, Sie haben es richtig dargestellt - für ein Modell, das den Wert eines Grundstücks und der Gebäude berücksichtigt - aufkommensneutral und bürokratiearm. Für ein solches wertabhängiges Modell haben übrigens die übergroße Mehrheit der Finanzminister - darunter auch CDU-Finanzministerinnen und -minister - sowie der Bundesfinanzminister votiert, denn diese Art der Berechnung führt zur einer gerechten Besteuerung nach der Leistungsfähig keit des Steuerpflichtigen. Wer eine Luxusvilla am Heiligen See in Potsdams bester Lage besitzt, muss natürlich einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten als jemand,

(Beifall SPD und DIE LINKE)

der ein Einfamilienhaus jwd im Land, möglicherweise an einer viel befahrenen Bundesstraße besitzt.

Für mich war überraschend, dass Sie heute zum ersten Mal Ihre Sympathien für das Flächenmodell kundgetan haben. Es hat mich wirklich überrascht, dass Sie jetzt möglicherweise das bayerische Vorbild zum Favoriten erklären. Frau Dannenberg hat alles über diesbezügliche Risiken und Nebenwirkungen ge sagt; das führe ich in Anbetracht der mir zur Verfügung stehen den Zeit nicht weiter aus.

Weil es keine Mehrheit für ein Flächenmodell gibt, versucht man jetzt über eine Öffnungsklausel, dies durch die Abwei chung von bundeseinheitlichen Regelungen durchzusetzen. Für uns als Landesregierung, für mich als Finanzminister ist das der absolut falsche Weg und indiskutabel.

(Beifall DIE LINKE)

Was wir nicht brauchen, ist ein Flickenteppich, der zu einem unfairen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern und vor allem den Kommunen führt.

Noch einmal zu Ihnen, meine Damen und Herren von der AfD: Sie schießen heute wirklich den Vogel ab. Sie plädieren 11 Ta ge vor der Kommunalwahl gleich mal für die Abschaffung der Grundsteuer,

(Galau [AfD]: Vielleicht sollten Sie nicht nur die Über schrift des Antrags lesen!)

die zu 100 % den Gemeinden zur Verfügung steht, und in Ihrer Hilflosigkeit versuchen Sie dann, über eine Erhöhung der Lohn- und Einkommensteuer eine gewisse Kompensation zu erreichen. Schauen Sie in Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz. Es

gibt keinen ersichtlichen Grund, auf Grundstückseigentum kei ne Steuern zu erheben.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE - Zuruf von der AfD: Lächerlich!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

- Nein. - Ich komme zum Schluss. -

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Das Land braucht starke Kommunen und keinen Populismus von dieser Seite. Deshalb muss die Finanzausstattung aus reichend gesichert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Grundsteuer gehört dazu. Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen halte ich für sehr zielführend, deshalb empfehle ich Ihnen die Zustimmung. - Vielen Dank.

Es sind zwei Kurzinterventionen angezeigt. Wir beginnen mit Herrn Senftleben, danach hat Herr van Raemdonck Gelegen heit. Bitte, Herr Senftleben.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich plädiere wie der Finanzminister und alle anderen Kollegen der Koalition dafür, dass man trotz des Wahlkampfcharakters der heutigen Aktuellen Stunde allen Rednern vernünftig zu hört.

Ich betone: Kollege Lakenmacher hat darauf hingewiesen, dass es für uns als Union in Brandenburg - und nicht als CSU in Bayern - entscheidend ist, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land nicht mehr belastet werden, als sie bisher für die Grundsteuer gezahlt haben. Genau diese Auf kommensneutralität - wie die Themen Bürokratiefreiheit oder Armut - steht für uns im Mittelpunkt der Diskussion, wenn es darum geht, für die Zukunft eine vernünftige Entscheidung über die Grundsteuer in Deutschland und in Brandenburg zu finden. - Das ist die erste entscheidende Botschaft.

(Beifall CDU)

Es war mit Sicherheit ein Versprecher von Ihnen - obgleich es auf jeden Fall schon Wahlkampfrhetorik ist -, wenn Sie auf der einen Seite die Villenbesitzer in Potsdam herausstellen und die anderen Menschen in Brandenburg mit „jwd-Bewohner“ be schreiben. Okay, lassen wir das einmal beiseite und werten es als Betonung Ihrer heutigen Redebeiträge.

Eines will ich aber deutlich machen: Wir als Union in Branden burg haben immer gesagt: Wir wollen, dass sich alle 16 Bun

desländer auf einen gemeinsamen Weg verständigen. - Genau diese Verständigung erwarte ich, und da können Sie als Finanz minister und als Landesregierung einen großen Beitrag leisten, denn Sie sind derzeit in der Verantwortung, in der Verhandlung mit allen Bundesländern und auch mit dem Kollegen Scholz auf Bundesebene. Deswegen schieben Sie Ihre Verhandlungs unfähigkeit nicht in unsere Reihen ab, sondern lösen Sie die Probleme, die Sie als Brandenburger Regierung zu lösen haben!

(Beifall CDU)

Dritter Punkt, zum Thema unfairer Steuerwettbewerb: Nicht wir, Sie haben die Brandenburgerinnen und Brandenburger bei der einzigen Möglichkeit, die Sie steuerrechtlich haben, mehr belastet. Sie können Bayern hier gern als negatives Beispiel heranziehen; dort gilt eine Grunderwerbsteuer von 3,5 % - in München und jwd in Bayern. Sie haben für die Brandenburger die Grunderwerbsteuer auf 6,5 % erhöht. Sie nutzen das, was Sie bei anderen kritisieren. Das ist, meine Damen und Herren, nicht redlich, auch nicht von der Regierung hier in Potsdam während des Wahlkampfes.

(Beifall CDU sowie vereinzelt AfD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Ende. - Ich hoffe, dass vielleicht bis zum 1. September eine Lösung gefunden wird. Wenn nicht, werden wir uns danach dafür einsetzen, dass wir in Brandenburg und Deutschland für die Grundsteuer eine gemeinsame Lösung finden und keinen Flickenteppich haben. Auch ich bin dafür, dass wir für ganz Deutschland eine vernünftige gemeinsame Lösung finden. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Minister Görke, Sie haben Gelegenheit, auf diese Kurzinter vention zu reagieren. - Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Senftleben, auch ich bin jemand, der nicht dafür plä diert, dass wir im Rahmen der Steuergesetzgebung durch föde rale Entscheidungen Wettbewerbsvorteile herbeiführen. Es ist, wie es ist: Wir haben bei der Grunderwerbssteuer die Möglich keit der Differenzierung. Nicht nur Brandenburg hat sie ge nutzt. Wir sehen ja, wohin das führt, wenn wir jetzt den födera len Wettbewerb um Grunderwerbssteuer und Grundsteuer er leben.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Sie in Ihrem Wahlprogramm artikulieren, dass Sie die Grunderwerbssteuer zumindest für Familien senken wollen. Zur Redlichkeit gehört, zur Kenntnis zu nehmen: Bei der Grunderwerbssteuer besteht keine Mög lichkeit der Differenzierung. Entweder senken Sie sie von

6,5 % auf 4,5 % mit jährlich 100 Millionen Euro - die Sie in Ihrem Wahlprogramm nicht aufgeführt haben - für alle oder für niemanden.

(Frau Schade [AfD]: Das ist doch Quatsch, was Sie er zählen!)

Dann kommen zu Ihren 650 Millionen Euro noch schnell 500 Millionen Euro in der kommenden Legislaturperiode hin zu. Auch das gehört zur Wahrheit, wenn man tiefgründig über die Grunderwerbssteuer spricht.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Noch einmal: Wir wollen eine Aufkommensneutralität in Bran denburg in Höhe von 280 Millionen Euro. Das steht; das wol len alle Finanzminister, auch der der CSU. Es gehört auch zur Wahrheit, dass es dabei Gewinner und Verlierer geben wird. Deshalb habe ich beispielhaft ein Seegrundstück in Potsdam einem Grundstück in einer „jwd-Lage“ gegenübergestellt. Das sind die Gewinner bzw. werden möglicherweise auch die Ver lierer sein. Das gehört zur Wahrheit. Aufkommensneutral in Höhe von 280 Millionen Euro - das steht und bleibt auch so; dafür setzen wir uns ein.

(Beifall DIE LINKE und SPD)