Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Wir alle wissen doch, dass dies eine zentrale Einnahmequelle unserer Kommunen ist. Wir alle kennen das Verfassungs gerichtsurteil, wonach bis Ende des Jahres eine Neuregelung gefunden sein muss oder die Grundsteuer ersatzlos entfallen wird. Mir ist vollkommen unverständlich, wie man diese Ein nahmequelle mit Tricksereien zugunsten der wohlhabenden Grundstücksbesitzer - insbesondere im Süden Deutschlands - insgesamt aufs Spiel setzen kann.

(Beifall SPD - Kalbitz [AfD]: Von denen kriegen wir kein Geld!)

Am 1. Februar 2019 hatten sich die Finanzminister der Länder und des Bundes auf Eckpunkte eines modifizierten, wertabhän gigen Modells der Grundsteuer geeinigt. Nur Bayern beharrt auf einem wertunabhängigen Modell, dem sogenannten Flächenmodell, und will eine Öffnungsklausel bei der Grund steuer. Damit würde eine Luxusimmobilie in bester Lage steuerlich genauso behandelt werden wie zum Beispiel ein be bautes Grundstück in Lauchhammer, das derzeit vom Grund wasser bedroht ist.

(Oh! bei der AfD)

- Ja, das ist weder sozial ausgewogen noch gerecht.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Aufgrund der bisherigen Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Betriebskosten könnte es dazu kommen, dass eine refor mierte Grundsteuer die Bruttomiete weiter verteuert und die Situation der Mieterinnen und Mieter auf dem ohnehin ange spannten Wohnungsmarkt verschlechtert. Aber die Mieterinnen und Mieter dürfen eben nicht die Verlierer der Grundsteuer reform werden.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Deshalb brauchen wir begleitende Maßnahmen und müssen schauen, wie kommunale Wohnungsgenossenschaften, Woh nungsgesellschaften und andere gemeinwohlorientierte Woh nungsunternehmen von der Grundsteuer befreit werden können und dass sich die Bedingungen für den kommunalen und sozia len Wohnungsbau mittels anderer Maßnahmen verbessern. Das wäre gerecht.

(Beifall DIE LINKE)

Schließlich - würde man sich auf das bayerische Modell eini gen - hätten wir danach dank der vom Freistaat angestrebten Öffnungsklausel bis zu 16 verschiedene Landesregelungen und einen weiteren Steuerwettbewerb. Das ist wahrlich kein Bei trag zur Umsetzung des Verfassungsziels der Schaffung gleich wertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik. So, meine Damen und Herren, wird es wohl nicht gehen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Ich wüsste gern, was die märkische Union ihrerseits unter nimmt, um - auch angesichts des Zeitdrucks - im eigenen Laden auf eine vernünftige Lösung zu drängen. Oder wollen Sie es einfach hinnehmen, Herr Senftleben, dass den Branden burger Gemeinden rund 282 Millionen Euro - Stand 2018 - ent gehen?

Sie sehen, meine Damen und Herren: Um den Wählerinnen und Wählern am 26. Mai anständig vor die Augen treten zu können, müssen wir uns deutlich dazu bekennen, dass noch ei ne Menge zu tun bleibt, um ein gerechteres und zuversichtli cheres Leben in Europa und unseren Kommunen zu gewähr leisten. Ich danke Ihnen und freue mich auf die Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Lakenmacher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kommunalwahl am 26. Mai ist gemeinsam mit der Europa wahl der Auftakt ins Wahljahr 2019. Meine Fraktion schließt sich dem Wahlaufruf an. Ich möchte zu Beginn aber auch allen Kandidatinnen und Kandidaten danken, die an diesem Tag Ver antwortung für ihre Städte, Gemeinden und Landkreise über nehmen wollen, denn diese Ehrenamtler spüren oftmals als Erste Veränderungen in der Gesellschaft. Sie sind Adressaten von Erwartungen und Ängsten der Bürger sowie in letzter Zeit auch von aufgeheizten politischen Debatten.

(Beifall CDU sowie des fraktionslosen Abgeordneten Königer)

Es ist wichtig, dass wir diese ehrenamtlichen Kandidatinnen und Kandidaten im kommunalpolitischen Raum haben. Die Städte und Gemeinden sind ein wichtiger politischer Raum, in dem viele Diskussionen ausgetragen werden. Ich bin gerade im Hinblick darauf froh - ich denke, da spreche ich vielen hier aus

dem Herzen -, dass die von der Landesregierung geplante Kreisgebietsreform gescheitert ist.

(Beifall CDU sowie des fraktionslosen Abgeordneten Vida)

Zum Ende dieser Legislaturperiode können wir feststellen: Es war letztlich die größte kommunalpolitische Leistung der Landesregierung und des Ministerpräsidenten, den eigenen Reformvorschlag - jetzt kommt es wieder - auf einem Park platz in der Prignitz stillos - da sind Sie sich treu geblieben, Herr Dr. Woidke - zu beerdigen. Danke dafür!

(Gelächter CDU und AfD - Zuruf von der Regierungs bank: Es hätte auch etwas gefehlt!)

Ich möchte mir nicht ausmalen, unter welchem Stern diese Kommunalwahl gestanden hätte, wenn die Kreistage eines rie sigen Lausitzkreises - der Lausitzbanane - oder eines Land kreises Barnim-Uckermark hätten gewählt werden müssen: wie viele ehrenamtliche Kommunalpolitiker vorher das Hand tuch geworfen hätten, welche Verwerfungen die Verteilungs kämpfe um die Kreisstädte und die kommunalen Arbeitsplätze mit sich gebracht hätten. Dies alles ist uns Gott sei Dank erspart geblieben.

(Beifall CDU sowie des fraktionslosen Abgeordneten Vida)

Meine Damen und Herren, wie stehen die Kommunen im Jahr 2019 da? Ein Erfolg bei der Kommunalfinanzierung ist die vom gesamten Landtag unterstützte Anhebung der Ver bundquote - in diesem Jahr, im nächsten Jahr und auf 22,43 % im Jahr 2021. Pro Jahr erhält die kommunale Familie damit rund 100 Millionen Euro mehr. Damit lässt sich etwas be wegen.

Die kreisfreien Städte Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt erhalten in den nächsten zehn Jahren Teilentschul dungshilfen. Auch das ist ein Erfolg, jedoch müssen wir fest stellen, dass ein Viertel der Kommunen insbesondere im ländli chen Bereich weiterhin in der Haushaltssicherung ist und von der Kommunalaufsicht kontrolliert wird. Diese Kommunen stehen nun vor der Herausforderung, ihre Defizite durch weite re Einsparungen abzubauen. Sie stehen auch vor der Frage, warum ihnen bei der Entschuldung nicht ebenso wie den kreis freien Städten geholfen wird. Es ist bedenklich, dass trotz Rekordsteuereinnahmen und Hochkonjunktur ein so großer Teil der Kommunen in den letzten Jahren nicht vorangekom men ist. Auch das müssen wir leider feststellen.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Schade [AfD])

Auch in Bezug auf die Investitionen stehen die Kommunen vor großen Herausforderungen. Ein Beispiel sind die Gemeinde straßen, bei denen laut Gutachten des Difu ein Investitionsbe darf von bis zu 2,7 Milliarden Euro besteht. Auch hinsichtlich der Feuerwehr, der Bildungsinfrastruktur oder des bezahlbaren Wohnens - das haben wir hier oft diskutiert - bestehen große Investitionsbedarfe. Mit der Änderung des Finanzausgleichs gesetzes stehen den Kommunen ab 2020 6,5 % der Schlüssel zuweisungen als investive Mittel zur Verfügung; das sind et was mehr als 130 Millionen Euro. Als ein wichtiges Instrument für Investitionen haben sich auch die kommunalen Infrastruk

turprogramme des Landes und des Bundes erwiesen. Nach lan gem Anlauf und einigen Problemen, als die Landesmittel trotz hohen Bedarfs nicht abgeflossen sind, scheint das kommunale Investitionsprogramm KIP jetzt in Gang zu sein - jedenfalls sieht man die Minister pünktlich zum Wahlkampf fast im Wochentakt Bänder vor sanierten Feuerwehrgerätehäusern durchschneiden.

(Senftleben [CDU]: Täglich!)

Ich hoffe, die Minister erwähnen vor Ort auch den Landtag als Haushaltsgesetzgeber, der diese Förderprogramme mit abge sichert hat.

(Beifall CDU)

Mit Ende der Legislaturperiode laufen diese Förderprogramme aus, der Bedarf ist aber bei Weitem noch nicht gedeckt. Hier wird der neue Landtag Verantwortung übernehmen müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Bei Gesprächen mit den Kommunen werden auch Probleme bei den kommunalen Landesförderungen deutlich. Sie bekla gen den bürokratischen Aufwand - auch dann, wenn man einen Ablehnungsbescheid bekommt. Uns wird gesagt: Erhöht ein fach die investiven Schlüsselzuweisungen, um sie als ständige Landesförderprogramme aufzulegen! - Das Problem ist aber: Dann können der Ministerpräsident und der Innenminister keine Bänder mehr durchschneiden.

Meine Damen und Herren, eine wichtige Finanzierungsquelle der Kommunen ist die Grundsteuer - sie wurde heute schon in die Debatte eingebracht. Bis Ende 2019 muss hier aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine Neuregelung gefunden werden. Wir unterstützen die im Antrag formulierte Forderung, dass sich die Landesregierung für eine fristgerech tere Form einsetzt, um die Kommunen in Brandenburg vor Steuerausfällen in Höhe von 270 Millionen Euro zu bewahren. Das unterstützen wir. Anders als der Finanzminister dieses Landes richten wir unseren Blick aber nicht nur auf die Kom munen, sondern auch auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzah ler, Eigentümerinnen und Eigentümer, Mieterinnen und Mieter sowie - das sollten Sie auch tun, Herr Finanzminister - auf die Kapazitäten der Steuerverwaltung.

Für uns stehen bei der Reform nicht die Worte „Umverteilung“ und „Wertermittlung“ im Vordergrund, sondern „Aufkom mensneutralität“ und „Bürokratieabbau“.

(Beifall CDU)

Die Reform muss aufkommensneutral ausgestaltet werden: Sie darf nicht dazu genutzt werden, das Steueraufkommen zu er höhen. Wohnen und Mieten ist in Deutschland bereits teuer ge nug. Eine Reform der Grundsteuer darf nicht dazu führen, das Wohnen weiter zu verteuern - das ist unsere klare Aussage.

(Beifall CDU)

Darüber hinaus muss die Steuererhebung nachvollziehbar und transparent sein. Unnötige Bürokratie muss vermieden werden: Die Steuerverwaltung hat schon heute alle Hände voll zu tun, und die angekündigte Einstellung von Quereinsteigern bei der

Finanzverwaltung zur Ermittlung der Daten für die Grund steuer zeigt, dass ein Mehr an Bürokratie nicht unbedingt im Sinne des Steuerzahlers ist, Herr Finanzminister.

Beide Punkte - zum einen die generelle Steuererhöhung und zum anderen der Bürokratieabbau - werden durch den Vor schlag des Bundesfinanzministers bisher nicht erfüllt. Daher können wir den Widerstand auf Bundesebene und einzelner Länder nachvollziehen. Um es klar zu sagen: Wir stellen uns nicht gegen eine mögliche Länderöffnungsklausel. Wir erach ten das nicht - wie Sie - als unfairen Steuerwettbewerb, son dern als das, was es ist: Föderalismus. Sollen die Bürgerinnen und Bürger doch genau sehen, welche Landesregierung ihre Bürger entlasten will und welche nur an die nächste Steuerer höhung denkt!

(Zuruf der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE] - Domres [DIE LINKE]: So ein Unsinn!)

Meine Damen und Herren, am 26. Mai wird aber nicht über die Grundsteuer abgestimmt, sondern über unsere kommunalen Vertretungen und das Europäische Parlament. Die beschriebe nen Herausforderungen sind enorm. Ich und meine Fraktion hoffen, dass die Wahl ein guter Auftakt wird, damit im Herbst endlich ein frischer Wind durch Brandenburg zieht - denn der ist dringend nötig, Herr Ministerpräsident. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie des fraktionslosen Abgeordneten Hein - Lachen bei der SPD)

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner ans Pult bitte, möchte ich Gäste begrüßen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Evangelischen Krankenhauses Ludwigsfelde sowie eine Besuchergruppe aus der schönen Stadt Neuruppin, Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Ihnen allen ein herzliches Willkommen hier im Plenarsaal!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun der Abge ordnete Lüttmann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! „Vor Ort wird Politik konkret“ - das war die Überschrift, die ich kürzlich einem Artikel über das Verhältnis von Landes- und Kommunalpolitik gegeben habe, und dies ist auch meine feste Überzeugung. Nachdem ich nun fünf Jahre hier im Landtag die Landesperspektive kennen lernen konnte - zuvor habe ich sechs Jahre als kommunaler Angestellter gearbeitet -, muss ich sagen: Vieles im Land Bran denburg läuft wirklich gut bis sehr gut, aber einiges ist sicher lich noch zu tun, sowohl vonseiten des Landes als auch von seiten der kommunalen Vertretungen.