Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 6/11563, der eine Änderung und Einfügung in Artikel 1 von § 4 Abs. 1 und eine Einfügung nach Abs. 3 des Gesetzentwurfs vorsieht, ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltun gen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommuna les, Drucksache 6/11548, „Gesetz zur Neuordnung der Ausbil dung und des Studiums für den Polizeivollzugsdienst“. Wer dieser Beschlussempfehlung und dem Bericht zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Ent haltungen? - Auch keine. Damit ist dem einstimmig zuge stimmt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE, Drucksa che 6/11578, ohne eigenen Titel. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Auch keine. Damit ist der Entschließungsan trag einstimmig angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9. Bevor ich Tagesordnungs punkt 10 aufrufe, möchte ich gerne Gäste auf unserer Besu chertribüne begrüßen, und zwar Gewerkschafterinnen und Ge werkschafter der Gewerkschaft Verdi. Herzlich willkommen bei uns im Plenarsaal. Schön, dass Sie da sind, ich grüße Sie.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei sowie den Justiz- und Maßregelvollzug des Lan des Brandenburg und zur Änderung weiterer Gesetze

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/10692

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales

Drucksache 6/11544

Ich eröffne die Aussprache. Zu uns spricht die Abgeordnete Geywitz für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Herzlichen Dank für Ihr Interesse an diesem wichtigen Thema. Drei Jahre sind vergangen, seitdem die Europäische Union die Datenschutz-Grundverordnung veröffentlichte, eine Verordnung, die vielleicht wie keine andere in der vergangenen Zeit zahlreiche Institutionen europaweit beschäftigt hat und bis heute noch beschäftigt - uns natürlich auch.

Weit weniger bekannt ist die damals mit veröffentlichte soge nannte kleine Schwester der Datenschutz-Grundverordnung, die die Präsidentin gerade erwähnt hat: die Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe zogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Daten verkehr - kurzum der Datenschutz bei Polizei und Justiz.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen vom Sozialaus schuss, die die Regelungen für das PsychKG in ihrem Aus schuss sehr intensiv auch im Rahmen einer Anhörung disku tiert haben.

Die sogenannte kleine Schwester der DSGVO ist ein wichtiger Meilenstein für eine effektivere und effizientere Zusammenar beit der Justiz- und Polizeibehörden in ganz Europa. Gerade in diesem hochsensiblen und von Eingriffen überdurchschnittlich stark berührten Bereich der Strafverfolgung und Gefahrenab wehr ist eine gesetzliche Festlegung unerlässlich.

Der bisherige europäische Rahmenbeschluss machte keine Aussagen über die interne Organisation der Datenverarbeitung bei Polizei und Justiz und beschränkte sich lediglich auf den grenzüberschreitenden Datenverkehr. Der gestiegene Bedarf der Polizei und Justiz an einem schnelleren Datenaustausch zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität erfordert jedoch neue rechtliche Regelungen.

Der nun zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf stellt die Ausführung aus Sicht des Landes Brandenburg dar. Wir kom men damit jedoch nicht nur der bloßen Umsetzung einer EURichtlinie nach, sondern auch dem Grundsatz, dass jede Person während einer mitunter sogar europaweiten polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit das unverrückbare Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten hat. Ziel der Richtlinie und damit des vorliegenden Gesetzentwurfes ist es also, inner halb der EU-Staaten einen Mindeststandard beim Datenschutz in den Bereichen Polizei und Justiz herbeizuführen.

Der Datenschutz ist für uns ein hohes Gut, das in Brandenburg bereits durch die in der allgemeinen Verwaltung geltende Da tenschutz-Grundverordnung und ergänzend durch das bereits in Kraft getretene Brandenburgische Datenschutzgesetz maß geblich geschützt wird.

Dieser umfassende Datenschutz wird nun vervollständigt, um den Menschen prioritären Schutz ihrer persönlichen Daten zu gestehen zu können, die aufgrund einer möglichen Straftat un ter Beobachtung der Polizei oder Justiz stehen. Die Bürgerin nen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass Po lizei und Justizbehörden so sorgfältig wie nur irgend möglich mit ihren Daten umgehen - und das auch, wenn ein Austausch zwischen EU-Staaten erfolgt.

Der vorliegende Gesetzentwurf stellt diese Garantie an die Bürgerinnen und Bürger dar. Wir glauben nicht, dass der Ge setzentwurf aufzuschieben ist. Vielmehr muss er jetzt verab schiedet werden, um diese Schutzfunktion zu erfüllen. Der Entwurf ist in langen Verhandlungen unter Einbeziehung aller Beteiligten ausverhandelt worden und erfüllt die Ziele der EURichtlinie vollends.

Die Kritik, die uns immer wieder erreichte, der vorliegende Entwurf würde von der EU-Richtlinie zu sehr abweichen, ist nicht berechtigt. Eine Richtlinie soll dem Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum einräumen, eigene Erwägungen einzube ziehen. Das hat die Landesregierung getan, um unter anderem eine leichtere Anwendbarkeit des Gesetzes in der Praxis zu ge währleisten. Das stellt in keinerlei Hinsicht eine Aufweichung der EU-Vorgaben dar. Auch haben wir uns sehr intensiv mit der Einschätzung der Landesdatenschutzbeauftragten auseinander gesetzt und einige kritische Anmerkungen aufgenommen. Ich bin überzeugt davon, dass am Ende dieses Prozesses alle maß geblichen Aspekte berücksichtigt worden sind.

Kurz zusammengefasst enthält der Gesetzentwurf zum Daten schutz bei Polizei und Justiz erstens Regelungen zu den Rech ten der betroffenen Personen, zweitens zum Umgang mit per sonenbezogenen Daten innerhalb der Polizei und Justiz, drit tens zur Datenübermittlung an Dritte, viertens zur Aufsicht über die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen. Die daraus ableitbare effektivere und effizientere Bekämpfung der Krimi nalität sowie der Schutz personenbezogener Daten sollten im Interesse unseres Rechtsstaates sein, sodass eine Verschiebung der Verabschiedung des Gesetzes nicht geboten erscheint. Ein Aufschieben, um andere Regelungen herbeizuführen, halten wir für nicht verhältnismäßig. Ich bitte daher, diesem Gesetz entwurf zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Lakenmacher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Gesetz wird die Richtlinie (EU) 2016/680 um gesetzt. In den vergangenen 20 Jahren ist die Welt rasant zu sammengewachsen. Auch der Verkehr von personenbezogenen Daten wird immer wichtiger. Dies ist auch im Bereich der Strafverfolgung sowie des Straf- und Maßregelvollzugs der Fall. Durch die nunmehr umzusetzende Richtlinie wird eine Mindestharmonisierung in allen EU-Mitgliedsstaaten herge stellt, um die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden zu erleichtern, bei gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes.

Dies ist ein richtiges und wichtiges Anliegen. Denn es muss einerseits die grenzüberschreitende Strafverfolgung sicherge stellt werden - man denke nur an die grenzüberschreitende Bandenkriminalität. Andererseits muss der notwendige Daten schutz gewährleistet sein; das ist ganz selbstverständlich. Da ten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Entsprechend sensi bel muss man damit umgehen. Datenschutzrecht ist ja vor al lem eines: Grundrechtsschutz.

Der Grundrechtsschutz hat einen äußerst hohen Stellenwert. Das Datenschutzrecht leitet sich aus dem allgemeinen Persön lichkeitsrecht ab und ist damit untrennbar mit der Würde des Menschen verbunden. Datenschutz ist damit nicht nur funda mental für unser gemeinsames rechtsstaatliches Verständnis, sondern auch zentral für den Einzelnen als individuelles Rechtssubjekt. Daher begrüßen wir, die CDU-Fraktion, die Vereinheitlichung der Standards.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die Vorgaben der EURichtlinie endlich um. Sie wurde bereits im April 2016 erlas sen. Eine Umsetzung - das kann man wohl so sagen - ist damit mehr als überfällig. Gerade im Bereich der Strafverfolgung so wie des Justiz- und Maßregelvollzugs werden personenbezoge ne Daten erhoben. Diese dann auch entsprechend zu schützen ist selbstverständlich.

(Beifall CDU)

Das Gesetz nutzt aber auch die Regelungsspielräume, die uns die Richtlinie lässt, um das unabweisbare Bedürfnis des Daten schutzes mit den Anforderungen der Praxis unter einen Hut zu bringen; denn das Gesetz muss praktikabel sein. So soll es bei spielsweise im Strafvollzug ausreichen, wenn ein Hinweis auf die Erhebung bestimmter personenbezogener Daten nur einmal erfolgt. Gerade bei längeren Inhaftierungen würde der be zweckte Datenschutz in sein Gegenteil verkehrt, wenn er stets und ständig ohne Änderung der Umstände und des Inhalts wie derholt werden müsste.

Zudem setzt das Gesetz Vorgaben im Bereich der Unterbrin gung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz - PsychKG - um, die das Bundesverfassungsgericht uns gemacht hat. Auch dies ist ein richtiger, wichtiger und längst überfälliger Schritt.

(Beifall CDU)

Insofern, meine Damen und Herren, begrüßen wir die - endlich erfolgte - Umsetzung der Richtlinie. Man hätte das früher ma chen können, ja müssen. Wir werden dem Gesetzentwurf zu stimmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Dr. Scharfen berg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Mai 2018 gilt auch für den Bereich Polizei und Justiz in der EU ein ein

heitlicher Rahmen für den Datenschutz. In der sogenannten JIRichtlinie sind Mindeststandards vorgegeben, die alle Mit gliedsstaaten in ihrem nationalen Recht einhalten müssen. Die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermitt lung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr bilden ge meinsam mit der Datenschutz-Grundverordnung seit 2018 den gemeinsamen Datenschutzrahmen in der Europäischen Union. Ziel der JI-Richtlinie ist es, für den Datenschutz in den Berei chen Polizei und Justiz eine Mindestharmonisierung innerhalb der EU herbeizuführen, um insgesamt ein höheres Daten schutzniveau zu erreichen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf holen wir etwas nach, was mit der Änderung des Brandenburgischen Datenschutzge setzes im Mai vergangenen Jahres offengeblieben war. Damals hatten wir eine Übergangsregelung vorgesehen. Da es bei Jus tiz und Polizei besondere Bedingungen im Umgang mit der EU-Datenschutz-Richtlinie zu berücksichtigen gilt, haben wir uns für diese sensiblen Bereiche mehr Zeit gelassen.

Das Gesetz erfüllt grundsätzlich die Anforderungen, die mit dem EU-Recht gesetzt werden. Das geht aus den Stellungnah men hervor, die in der schriftlichen Anhörung zu dem Gesetz entwurf abgegeben worden sind. Allerdings hat es im Rahmen dieser Anhörung auch kritische Anmerkungen und Vorschläge gegeben. Wir haben uns intensiv mit der Stellungnahme der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht auseinandergesetzt, die eine ganze Reihe kriti scher Bemerkungen gemacht hat. Im Ergebnis dieser inhaltli chen Befassung greifen wir in drei Änderungsanträgen die Kri tik von Frau Hartge auf. Diese Änderungen haben in erster Li nie klarstellenden Charakter.

Ein weiterer Änderungsantrag bezieht sich auf die Bestimmun gen zur Justiz. Aus der Anhörung im Sozialausschuss haben sich umfangreiche Änderungen zum Maßregelvollzug ergeben, die uns der Sozialausschuss übermittelt hat. Diese Änderungen sind als gemeinsamer Änderungsantrag von SPD, Linken und Grünen vorgelegt worden.

Im Innenausschuss haben sich CDU und Grüne überraschend dafür ausgesprochen, den Gesetzentwurf zurückzustellen und in der nächsten Legislaturperiode neu zu diskutieren. Herr La kenmacher hat gerade sehr überzeugend gegen ein solches Vor gehen argumentiert; das finde ich gut. Deshalb war es richtig, dass wir die Verschiebung abgelehnt haben. Ich denke, dass wir lange genug auf dieses Gesetz gewartet haben. Die im Aus schuss angesprochenen Mängel des Gesetzentwurfs rechtferti gen es aus unserer Sicht nicht, die Umsetzung europäischen Rechts noch länger auszusetzen. Schon bei der Beschlussfas sung zum Polizeigesetz hatten Sie kritisiert, dass die Über gangsregelung im Datenschutzgesetz geschaffen worden ist. Ein neuer Landtag müsste dieses Gesetzgebungsverfahren komplett neu aufrollen. Das würde erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb ist es in jedem Falle besser, diesen Gesetz entwurf mit den von uns vorgeschlagenen Änderungen jetzt zu beschließen und im neuen Landtag über mögliche Änderungen und Ergänzungen zu diskutieren.

Wir empfehlen die Annahme des Gesetzentwurfs mit den im Ausschuss für Inneres und Kommunales beschlossenen Ände rungen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Das Wort erhält nun der Abgeordnete Jung. Er spricht für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Liebe Gäste! Der umfangreiche Gesetzentwurf zur Umset zung der EU-Richtlinie für die Verarbeitung personenbezoge ner Daten im Bereich der Polizei sowie des Justiz- und Maßre gelvollzugs war in 1. Lesung ohne Debatte an den Innenaus schuss überwiesen worden. Dann wurde festgestellt, dass auch der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie für den Maßregelvollzug hätte mitgestaltend tätig sein müssen; die Überweisung ist am 11. April 2019 hier im Plenum nachgeholt worden. In der Folge fanden entsprechende Aus schusssitzungen und Anhörungen statt.

Interessant war dabei, dass Ärzte äußerten, im Maßregelvoll zug dauere es ewig lange, bis durch die Gerichte entsprechende Entscheidungen ergehen würden. Das ist natürlich nicht halt bar. Man kann schon erwarten, dass es im Land Brandenburg - wie auch in anderen Bundesländern - Bereitschaftsgerichte gibt, die diese Dinge innerhalb von einigen Stunden entschei den.

Interessant war auch die Anhörung der Landesdatenschutzbe auftragten, die sich kurz mündlich äußerte und ihre erheblichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf vortrug. Ich kann das nachvollziehen und teile das auch.

Im Ergebnis werden wir uns bei der Abstimmung über den Ge setzentwurf der Stimme enthalten. Was der Kollege Scharfen berg gerade wiederholt hat, war ja das, was er auch im Aus schuss gesagt hatte. Es überzeugt mich nicht, dass man nur deshalb, weil es das Prinzip der Diskontinuität gibt, einen män gelbehafteten Gesetzentwurf unbedingt noch verabschieden muss. Aber gut, okay. Sie werden es tun. Mich überzeugt das nicht. Aus dem Grund werden wir uns enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)