Protokoll der Sitzung vom 18.05.2000

[Bm Dr. Werthebach: Seinem?]

Seinem Innensenator, ja! Ich habe es Ihnen doch schon einmal gesagt: Sie sind mit Mühe und Not zum Bürgermeister gewählt worden. Herr Diepgen ist nun immer noch Regierender Bürgermeister. Da gibt es eine gewisse Hierarchie, Herr Werthebach. Damit müssen Sie leben. Sie sehen doch, wenn Sie jahrelang hier Unsinniges in Richtung Bundestag fordern, fühlt sich auch der Regierende Bürgermeister bemüßigt, diese Methode mitzumachen und zu sagen: Wegen der Sicherheitsprobleme um die US-Botschaft brauchen wir die Videoüberwachung des gesamten Pariser Platzes, um dann in das gesamte Straßenland vorzudringen. Das war Ihre Idee – ebenfalls vom Anfang dieser Woche. Da sagen wir insbesondere zu den Damen und Herren der Sozialdemokratie: Wir wissen zwar, dass die CDU, kaum dass die Tinte unter den Koalitionsvereinbarungen getrocknet war, damit anfing, dennoch die Videoüberwachung zu fordern.

[Kittelmann (CDU): Zur Begründung! – Landowsky (CDU): So ein Unsinn!]

Aber wir haben die Erwartung – wir erinnern uns an den großen Lauschangriff, wir erinnern uns an die Schleierfahndung –, dass Sie nicht zum dritten Mal umfallen. Diese Erwartung haben wir tatsächlich, dass Ihren großen Worten insoweit, dass Sie dies abgewehrt haben, große Taten folgen.

[Niedergesäß (CDU): Was ist denn das?]

Das ist die Aufforderung an Sie.

Insgesamt gilt: Dieses Haus müsste über die Frage der Bürgerfreiheit in dieser Stadt und in der Frage, wieviel innere Liberalität der Senat der Stadt zubilligt, aktuell eine Auseinandersetzung führen. Unser Thema ist dazu geeignet. Wir fordern auf, diesem die Mehrheit zu geben.

[Beifall bei den Grünen]

Für die Koalitionsfraktionen begründet Herr Abgeordneter Gewalt den Antrag auf eine Aktuelle Stunde. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens nach dem Vortrag von Ihnen, Herr Kollege Wieland, ist mir die Aktualität unserer Aktuellen Stunde „Expo“ noch deutlicher geworden als vorher.

[Heiterkeit bei der PDS]

Bei der Lektüre des geradezu haarsträubenden Titels der Aktuellen Stunde „Der Senat bedroht die Demokratie“ – und zu der von Ihnen vorgeschlagenen Aktuellen Stunde fällt mir nur noch das Berliner Sprichwort ein, Herr Kollege Wieland: „Haben Sie es nicht ’ne Nummer kleiner?“

[Wieland (Grüne): Lassen Sie uns doch darüber diskutieren!]

Während man Ihrer Bundespartei konstatieren kann, dass sie Veränderungen zu einer realpolitischen Partei vorgenommen hat, fahren Sie offensichtlich immer noch in der Revoluzzer-Mentalität Ihrer Gründungsjahre, Herr Wieland.

Ich komme zum Stichwort der Videoüberwachung. Herr Wieland, man kann zur Videoüberwachung stehen, wie man will. Fakt ist aber nun einmal, dass selbst das rot-grün regierte NordrheinWestfalen die Videoüberwachung inzwischen vorsieht. Nun mögen Sie die Auffassung Ihrer Parteifreunde nicht in allen Punkten teilen, aber dass all diese die Demokratie in Nordrhein- Westfalen gefährden würden, werden Sie kaum behaupten können.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Was hat das mit der Expo zu tun?]

Zum Stichwort der Versammlungsfreiheit kann man natürlich auch hier unterschiedlicher Auffassung sein.

[Frau Oesterheld (Grüne): Expo!]

Herr Abgeordneter! Sie sollten mehr dazu sagen, warum Sie die Expo 2000 begründen wollen und nicht so sehr, warum Sie das andere Thema für schlecht halten!

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Kittelmann (CDU): Sie hätten auch Herrn Wieland ermahnen sollen!]

Das werde ich gern tun, Herr Präsident! Wenn die Opposition aber meint, zur Versammlungsfreiheit diskutieren zu müssen, muss ich wiederum erklären, warum ich dieses nicht für notwendig halte. Meine Damen und Herren, Herr Kollege Wieland, in den ältesten Demokratien Europas – das wissen Sie genauso gut wie ich –, in Paris und London, gibt es ein viel schärferes Versammlungsrecht. Ich habe noch nicht gehört, dass in Paris oder London – das mag Sie überraschen –

[Frau Künast (Grüne): Was ist denn los?] ein frei gewähltes Parlament keine Existenzberechtigung hat. Ich komme nun zur Expo. [Beifall bei den Grünen]

Danke, meine Damen und Herren von der Opposition! Die Expo hat allerdings eine Aktualität für unsere Stadt. Schon auf Grund der räumlichen Nähe zum Veranstaltungsort hat sie enorme wirtschaftliche und politische Auswirkungen auf die Entwicklung der Bundeshauptstadt. Die Expo steht vor der Tür; sie ist im Gange. Insofern begründet sich die Aktualität allein aus dieser Tatsache. Wenn Sie nun unbedingt, Herr Kollege Wieland, die innere Sicherheit diskutieren wollen, haben Sie dies zur Genüge im Innenausschuss des Parlaments getan.

[Frau Künast (Grüne): Expo!]

Offensichtlich haben Sie allerdings die Titelung der Aktuellen Stunde schon vor der Innenausschusssitzung vorgenommen, Herr Kollege Wieland. Anderenfalls kann ich mir nicht erklären, warum Sie die Widersprüchlichkeiten über die angeblichen Übergriffe von Zivilpolizisten nicht in die Aktuelle Stunde mit aufgenommen haben.

[Frau Künast (Grüne): Auf der Expo!]

Insofern werden wir heute zur Expo 2000 diskutieren. Ihre Aktuelle Stunde ist überflüssig.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die antragstellenden Fraktionen haben die Einbringung ihrer Aktuellen Stunde begründet. Ich lasse abstimmen: Wer dem Antrag der Fraktion der SPD und der CDU zum Thema Expo 2000 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das erste war die Mehrheit. Dann wird die Aktuelle Stunde mit diesem Thema unter dem Tagesordnungspunkt 1 A durchgeführt.

Schließlich möchte ich noch auf die Ihnen vorliegende K o n s e n s l i s t e

Der Ältestenrat empfiehlt, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

TOP 4 14/359 Erstes Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2000 bereits vorab an Haupt

TOP 8 14/346 Große Anfrage über Zukunft der Medienwirtschaft in Berlin vertagt

TOP 10 14/357 Große Anfrage über Investitionsbank – IBB – soll Landesstrukturbank werden vertagt

TOP 11 14/368 Große Anfrage über Berlin: Die europäische Call-Center-Hauptstadt? an WiBetrTech (i. V. m. Anhörung)

TOP 13 14/296 Bericht über den Stand der Gesamtjugendhilfeplanung bereits überwiesen an JugFamSchulSport

TOP 14 14/304 Sechster Tätigkeitsbericht des Berlinder Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 1999 vertagt

TOP 16 14/294 Vorbildfunktion der Politik im Kampf gegen Filz und Korruption abgelehnt

TOP 17 14/295 Einbeziehung des Landesarbeitsamtes etc. in die Novellierung des Arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogrammes abgelehnt

TOP 18 14/317 Sicherstellung eines regionalen Angebots an ganzjährig geöffneten Wärmestuben und Notübernachtungsmöglichkeiten abgelehnt

TOP 19 14/318 Zukunft der Berliner Krankenhäuser und der AOK abgelehnt

TOP 20 14/319 Versprechungen der großen Koalition (1): Das Krankenhaus Moabit bleibt erhalten abgelehnt

TOP 24 14/307 Freiwillige Rückkehr der Kosovo-Flüchtlinge bereits vorab an InnSichO

TOP 25 a) 14/308 Zweisystem-Fahrzeuge für die S-Bahn an BauWohnV

b) 14/309 S-Bahnbetrieb mit Zweisystem-Fahrzeugen auf der Strecke FalkenseeBuch an BauWohnV

c) 14/310 S-Bahnbetrieb mit Zweisystem-Fahrzeugen auf der Strecke Birkenwerder-Flughafen Schönefeld an BauWohnV

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Führer