Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

Dann stimmen wir ab. Wer dem Antrag der Fraktion der POS,

diesen Tagesordnungspunkt als nicht dringlich zu erachten, seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen!- Die Gegenstimmen!- Enthaltungen?- Damit haben wir den Punkt auf der Tagesordnung.

Wir können damit in die Beratung eintreten. Vielleicht verzich

ten diejenigen, die sie nicht wollten auf ihren Redebeitrag. Aber das, denke ich, wird nicht so sein. -Ich habe eine Wortmeldung von Frau Oesterheld für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünenbitte!

Frau Oesterheld Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Herr Präsident, ich kann Ihnen leider nicht den Gefallen tun, wenn man dieses Vorhaben so hopplahopp durchs Parlament bringen will, dass wir dazu nicht einmal einen Ton sagen. Das ist doch wohl das Mindeste, was Sie uns dazugestehen müssen.

Die Genehmigung dieses Bebauungsplans Cuvry-Center ist ein großes Beispiel, wie der Senat und auch die Koalitionsfraktionen auf der einen Seite blumige und schöne Worte für Dinge finden und wie knallhart letztendlich Ihre Politik ist. Im Wirtschaftsausschuss wird lange darüber lamentiert. wie man denn dem Einzelhandel helfen kann, wie man denn diese großflächigen Einzelhandelszentren eindämmen kann, die dem Einzelhandel schaden. Denn es ist der Einzelhandel, der Qualität in den Kiez bringt, und es ist der Einzelhandel, der für Arbeits- und Ausbildungsplätze sorgt - nicht der großflächige Einzelhandel.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen und der POS]

Aber im Bauausschuss wird jedes großflächige Einzelhandelszentrum gnadenlos genehmigt. Und so vertreiben Sie den Einzelhandel. Sie gefährden -das wurde eben schon zur Dringlichkeit gesagt - die gesamte Markthallengenossenschaft. Und was da an Qualität aus dem Kiez heraus kommt, das können sich nur die Leute vorstellen, die dort regelmäßig einkaufen, die dort regelmäßig essen gehen und die es dort angenehm finden. Wie blind dürfen eigentlich Abgeordnete sein, dass sie so weit weg von ihrem eigenen Programm solche Beschlüsse fassen?

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Blumenreich hat auch Herr Strieder, als er noch Stadtentwick

lungssenator war, von Quartiersmanagement geredet. Dieser Bebauungsplan betrifft das Quartiersmanagementgebiet ist im Wrangelkiez.

[Sen Strieder: Genau! Gott sei Dank!]

Da wurde uns angekündigt: Für die Familien sollen die Quartiere verbessert werden, damit die Familien mit Kindern nicht rausziehen, und überhaupt sollen die Umwelt und die Lebensbedingungen verbessert werden. - Und was haben Sie im Bauausschuss beschlossen?- Sie haben im Bauausschuss beschlossen, dass dieAnwohnerdieses Kolosses im Wrangelkiezvor ihrem Fenster eine dreigeschossige Parkgarage haben, dass ihnen die Einfahrt direkt vor die Tür gesetzt wird, dass eine Straße, die bisher eine Spielstraße war - die Cuvrystraße mit 10 Metern Breite -, in Zukunft 1 000 Autobewegungen in der Stunde haben wird und dass die Kinder selbstverständlich nicht mehr auf der Straße spielen können. Wenn das für Sie eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern ist- ich finde das einfach nur ätzend!

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Aber man tut ja was für die Familien. Was tut man für sie? Schallschutzfenster und wer hätte das gedacht für das

Schlafzimmer schallgedämpfte Entlüftungssysteme I Das ist es, wie wir uns alle vorstellen, dass wir in der Stadt leben wollen! Nur noch Entlüftungssysteme, nur noch schalldicht, damit wir von der Umwelt auch gar nichts mehr mitkriegen. Damit verbessern Sie dieses Quartier nicht, damit machen Sie es extrem schlechter.

Sie haben auf der einen Seite einen Stadtentwicklungsplan

"Zentren und Einzelhandel", denn Sie wollten es ja in den Griff bekommen, dass nicht überall die großflächigen Einzelhandel

Frau Oesterheld

(A) entstehen. Aber dieses Center ist gar nicht in diesem Plan ent

halten. Und obwohl das gleiche Büro, das diesen Stadtentwicklungsplan Einzelhandel gemacht hat, auch das Gutachten für die Botag gemacht hat, kamen die gar nicht in ihrem STEP darauf. genau dieses Einzelhandelszentrum hineinzusetzen weil es

nämlich nicht verträglich ist!

Sie haben daneben den Flächennutzungsplan. Daraus lässt es sich auch nicht herleiten. Sie haben im Bezirk eine Bereichsentwicklungsplanung. Daraus lässt sich das auch nicht herleiten. Sie machen Bürgerbeteiligung, und es ist nicht einmal ein Halbsatz von dem. was die Anwohnerinnen und Anwohner da vorgetragen haben, auch nur berücksichtigt worden. Das heißt, Sie machen auch noch die Bürgerbeteiligung zur Farce. Und Sie machen Ihr Quartiersmanagement, in dem sich Bürgerinnen und Bürger beteiligen sollen. einfach nur noch lächerlich. Das ist nicht unsere Position. Wir finden, wenn man Quartiersmanagement macht, dann muss man darauf achten, dass die Lebensqualität besser wird und nicht schlechter, das ist doch wohl klar.

Aber als Letztes vielleicht noch: Ich habe mich die ganze Zeit

gewundert und ich kenne ja die Kreuzberger SPD seit Jahren-, wie die Kreuzberger SPD so einen Antrag unterstützen konnte, weil sie an anderer Stelle solche Bauvorhaben auch nicht wollte. Nun ist es allerdings nicht verwunderlich, wenn die halbe Kreuzberger SPD, aber auch die Schöneberger, und auch mehrere aus dem Abgeordnetenhaus in diesem Bauprojekt befangen sind. So wundert es dann nicht, wenn man über Bauprojekte redet, mehr SPDier als Bauherren dabei sind.

Ich finde. es geht zu weit, wenn Sie gegen jegliches Recht ver

stoßen.

[Dr. Arndt (SPD): Alles nur Vorurteile!]

Der Senat hat nämlich das Bebauungsplanverfahren an sich gezogen.

(8) Präsident Führer: Frau Abgeordnete, Sie müssen dann zum

Schluss kommen!

Ich bin gleich fertig! -weil der Bezirk von dem Investor 200 000 DM für die Infrastruktur dieses Kiezes haben wollte. Dann ist der Investor zum Senat gelaufen und hat gesagt: Wir möchten die 200 000 DM nicht bezahlen. Daraufhin hat der Senat das Verfahren an sich gezogen, und dem Investor würden die 200 000 DM erlassen. So macht man keine Stadtentwicklungspolitik I

[Beifall bei den Grünen und der POS]

Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Abgeordneter Czaja das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Oesterheld, Sie haben schon im Ausschuss massiv gegen diese Investition von 140 Millionen DM in einem schwierigen Gebiet wie Kreuzberg gesprochen.

[Zuruf von links: Waren Sie schon mal da?]

-Ja! Ich war mehrfach dort, Herr Kollege! -Ich denke, das was jetzt erreicht wurde, kann sich sehen lassen.

[Frau Oesterheld (Grüne): Groß ist es, das stimmt!]

Wir haben mit diesem innerstädtischen Standort, 1 0 km vom Alexanderplatz, ein Bauvorhaben gesichert, das eben nicht auf der grünen Wiese gebaut wird, was Sie sonst kritisieren. sondern das innerhalb der Stadt gebaut wird und das in einem schwierigen Gebiet gebaut wird - Cuvrystraße Ecke Schlesische Straße mit schon jetzt schon schwieriger Einzelhandelsstruktur, die nachher dort aufgefangen werden kann.

[Zurufe von der POS]

Der erste Entwurf hat 20 000 qm Einzelhandelsfläche vorgesehen, während es jetzt noch um 8 500 qm geht - ein Verhand

lungserfolg von denen, die mit den Investoren gesprochen haben. Einfach nur dagegen sein bringt eben nichts, Baurecht ist Baurecht,

[Over (POS): das wird noch schwierig, Herr Czaja! Haben Sie das immer noch nicht verstanden? Sie werden zumachen!]

und wenn jemand 20 000 qm bauen kann, das Land aber aushandelt, dass da nur 8 500 qm gebaut werden und davon noch 2 000 qm für 12 DM Miete an junge Unternehmen gefördert vergeben werden, dann ist das nach meinem Empfinden ein Erfolg derer, die diesen B-Pian ausgehandelt haben.

[Beifall bei der CDU und der SPDI

Wir haben es bei diesem Bauvorhaben damit zu tun, dass Arbeitskräfte und Kaufkraft gebunden werden und dass zusätzlicher Verkehr wie sonst auf der grünen Wiese vermieden wird, weil er gehalten wird und weil kein Verkehr auf die grüne Wiese stattfindet, sondern wohnortnah eingekauft werden kann. Dort entsteht vor allem ein Food-Bereich und kein klassischer CenterBereich. dass wissen Sie ziemlich genau. Deswegen spricht dieser zweite Punkt dafür.

Das Dritte ist: Es ist ein sehr schwieriges Gebiet, das mit einer Investitionssumme von 140 Millionen DM gefördert wird. Sie wissen sehr genau, dass man damit auch die Umgebung anreizen kann und damit in der Umgebung auch Einzelhandel sichert.

Und ganz zum Schluss: Bezirkliehe Interessen sollten gewahrt werden. Die Bezirkspolitiker, die das Vertrauen der Bürger von Kreuzberg haben. haben sich für diesen Bebauungsplan ausgesprochen; nur der grüne Bezirksbürgermeister war der Meinung, dass man diesen Bebauungsplan nicht weiter vorantreiben sollte. Hier ist ein vernünftiges Konzept aus wohnortnahem Einzelhandel, aber Ausgleich auch von Unternehmensansiedlungen geschafft worden. Deswegen kann man diesem von dem Bezirk Kreuzberg lange hingeschleppten Bebauungsplan auch hier in der Dringlichkeit zustimmen. Wir sind für schnelle Investitionen in schwierigen Gebieten dieser Stadt und stimmen deswegen der Beschlussempfehlung zu.

[Beifall bei der CDU und der SPDI Präsident Führer: Für die Fraktion der POS hat nun der Abgeordnete Holttreter das Wort. Bitte sehr! Holttreter (POS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Strieder ist nicht mehr auf seinem Platz. Als ehemaliger Kreuzberger Bürgermeister scheint ihn das nicht sehr zu interes- sieren. [Zurufe - Schiede (CDU): Doch. doch! Da steht er 'I -Ach, da ist er! Entschuldigung! Er hört auch zu, denke ich. Aber er war letzte Woche beim Bauausschuss und beim Unter- ausschuss Bebauungspläne nicht anwesend, weil er bei "Urban 21 ''war und dort über die nachhaltige Stadtentwicklung gesprochen hat. Wir haben im Bauausschuss über den Bebau- ungsplan gesprochen, und die Vertreterinnen und Vertreter der großen Koalition haben dem Bebauungsplan zugestimmt [Beifa!! des Abg. Dr. Arndt (SPD)]

eine Entscheidung, die nachhaltige Auswirkungen auf das Gebiet haben wird.

[Zuruf von der SPD: Hoffentlich!]