wicklungskonzept. Dort gibt es eine konzertierte Aktion, einen Beirat für Siemensstadt, der seit ungefähr drei Jahren seine Arbeit führt, zu regelmäßigen Sitzungen kommt. Siemens ist bemüht, an der Stelle auch zusätzliche Arbeitsplätze von anderen, von dritten Firmen anzusiedeln.
Aktuelle Stunde zum Thema „Strukturveränderungen in der Berliner Kulturlandschaft – Einsichten und Erkenntnisse“
auf Antrag der Fraktion der SPD. Dazu liegen auch bereits Wortmeldungen vor. Zu Wort hat sich der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Kollege Wowereit, gemeldet, der nunmehr das Wort hat, für maximal zehn Minuten, füge ich hinzu. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich selbstverständlich an die zehn Minuten halten, obwohl man über Strukturveränderungen in der Berliner Kulturlandschaft – Einsichten und Erkenntnisse – sicherlich sehr viel länger diskutieren könnte.
Dass das Thema, das wir heute gewählt haben, aktuell ist, das kann man jeden Tag in den Zeitungen nachlesen. Auch heute sind die Berichte umfangreich. Nicht nur im Feuilleton, sondern auch in der allgemeinpolitischen Berichterstattung ist das Thema „Strukturreformen in der Berliner Kulturlandschaft“ und „Wie geht es weiter mit der Berliner Kultur?“ ein bestimmendes Thema, und dies auch zu Recht. Normalerweise beschäftigen sich mit Kultur und erst recht mit Kulturpolitik nur wenige Interessierte – nicht nur in diesem Haus, sondern auch in dieser Stadt.
Gucken Sie sich einmal um, Herr Kollege Wieland, dann kriegen Sie einen Schock! Sie sind zwar immer noch eine kleine Fraktion, aber mehr als jetzt sechs sind Sie immer noch, also zwei Drittel Ihrer Fraktion sind draußen. Kümmern Sie sich um Ihren Laden, dann haben Sie genug zu tun! –
Ist es nun ein gutes Zeichen, dass sich jetzt so viele mit Kulturpolitik beschäftigen und auseinander setzen? Oder sollten wir uns nicht lieber mit dem auseinander setzen, was Kultur eigentlich leisten soll, nämlich über gute Inszenierungen diskutieren? – Ich habe meine Zweifel, dass es gut ist, dass wir so stark über die Kulturpolitik diskutieren müssen, aber ich denke, wir kommen darauf noch zurück.
Wir sollten bei allen Debatten über die Berliner Kultur und über alle Probleme, die wir haben, nicht vergessen, welche hervorragende Kulturlandschaft diese Stadt zu bieten hat.
Bei all den Problemlagen vergessen wir manchmal, dass tagtäglich in sehr vielen Kulturinstitutionen dieser Stadt – und nicht nur bei der so genannten Hochkultur, sondern bei sehr vielen kleinen Institutionen – eine hervorragende Kulturarbeit geleistet wird,
dass nicht nur viele Berlinerinnen und Berliner, sondern sehr viele Gäste aus ganz Deutschland, aus der Welt dieses Kulturangebot schätzen und auch wahrnehmen. Die verstehen manchmal gar nicht, was wir da überhaupt zu kritisieren haben und so viel darüber zu diskutieren haben. Dies muss noch einmal gesagt sein.
Wir dürfen bei allen Debatten nicht vergessen, wie wichtig Kultur für die Lebensqualität in Berlin ist. Sie ist auch als Standortfaktor wichtig – nicht nur für Touristinnen und Touristen, die
sich freuen, dass sie in die Oper, ein Konzert, ein Schauspiel oder in die Off-Szene gehen können. Auch für Neugründungen von Unternehmen ist es wichtig, dass es neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch Kultur gibt. Die vielen Verbände, die nach Berlin gekommen sind, hätten dass sicher auch nicht getan, wenn nicht die kulturelle Vielfalt da wäre.
Es ist für mich kein Unglück, dass wir viele Einrichtungen haben, die wir ohne die Teilung Berlins nicht hätten. Wir haben drei Opernhäuser. Das sehe ich nicht als Nachteil an, sondern das ist ein Vorteil für die kulturelle Vielfalt.
Ich bin zufrieden, dass in den zehn Jahren nach der Einheit nicht der Fehler gemacht wurde, die kulturellen Einrichtungen zu dezimieren und die Kultur neu zu planen. Es war richtig, den Versuch zu unternehmen, alle großen und großartigen Einrichtungen im Ost- und Westteil Berlins zu erhalten. Das ist nicht überall gelungen.
Und zwar nicht nur Herr Momin, sondern auch andere Kultursenatoren haben noch darunter zu leiden, dass es einen solchen Vorfall gab. Für viele beeinflusst dass auch die Entscheidungsrichtlinien, weil sich heute keiner mehr traut, harte Entscheidungen zu treffen. Im Nachhinein war die Entscheidung richtig, denn man muss zur Kenntnis nehmen, dass keiner mehr ins SchillerTheater ging. Es muss auch im Kulturbereich möglich sein, sich notfalls von Einrichtungen zu trennen, wenn die Leistung nicht mehr da ist. [Beifall des Abg. Wieland (SPD)]
Aber vorher muss man – das ist die Aufgabe der Kulturpolitik und des Kultursenators – dafür Sorge tragen, dass durch die richtigen Intendantenentscheidungen solche Situationen erst gar nicht eintreten. Das Schiller-Theater ist aber sicher eine Ausnahme gewesen.
Man kann nicht einerseits über Rechtsformänderungen – die Sie immer fordern, Frau Ströver – diskutieren und sagen, man solle alles in GmbHs umwandeln, und andererseits kein Risiko für kulturelle Einrichtungen zulassen. Natürlich muss es auch ein Risiko geben. Wir haben ja nicht nur Staatstheater in Berlin, sondern auch viele private Theater. Diese tragen alle ein persönliches Risiko für den Erfolg oder Misserfolg ihrer künstlerischen Arbeit. Wir tun aber so, als existiere bei den staatlichen Bühnen ein solches Risiko nicht. Dahin gehend ist eine Bewusstseinsänderung nötig.
Die kulturpolitische Vielfalt übt auf viele internationale Künstler eine große Anziehungskraft aus. Dabei geht es mir nicht um die Stars, die hierher kommen, nicht nur um Dirigenten und um international bekannte Opernsänger. Es geht auch darum, dass uns der Maler aus Sydney, der sich in der Gegend um die Auguststraße ein Atelier sucht, ebenso wichtig ist wie eine Sängerin wie Gayle Tuffts, die aus Amerika kommt und in der Bar jeder Vernunft auftritt. Es wären noch viele Künstler zu nennen, die die künstlerische Attraktivität Berlins suchen. Wir stehen heute nicht in Konkurrenz zu Köln, München oder Hamburg, sondern zu New York, Paris und London. Das muss auch so sein.
Wenn wir hervorragende Künstlerinnen und Künstler in dieser Stadt behalten und anziehen wollen, dann hat das seinen Preis. Es darf etwas kosten. Wir erhalten das nicht zum Nulltarif. Wir hatten hervorragende Künstlerinnen und Künstler. Beispielsweise hat keine Stadt der Welt eine vergleichbare Orchesterlandschaft. Wir haben erstklassige Dirigenten. Kreizberg, Thiele
mann und Barenboim stellen in ihrer einzigartigen Stärke etwas dar, das keine Stadt zu bieten hat. Mit Nagano und Rattle haben wir zwei weitere hervorragende Dirigenten bekommen, von den anderen ganz zu schweigen. Wir müsse so weitermachen. Die Orchesterlandschaft kann sich sehen lassen. Wir müssen sie erhalten.
Das ist nicht nur eine finanzielle, sondern in erster Linie eine künstlerische Frage. Wir müssen darüber diskutieren, wie sich die Institutionen entwickeln. Natürlich ist bei einer Opernkrise nicht nur darüber zu diskutieren, wie viel Geld ein Opernhaus erhält. Es muss auch überlegt werden, ob sie mit ihrer künstlerischen Konkurrenz leben können. Diese Frage muss beantwortet werden.
Wir sind dabei, die Berliner Kulturlandschaft neu zu ordnen. Das haben wir von der vergangenen Kultursenatoren gefordert – Frau Thoben hat es nicht lange machen können oder wollen – und jetzt von Herrn Stölzl. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihm dafür, dass er den Mut hatte, Strukturvorschläge zu machen, die kontrovers diskutiert werden können.
Wir haben das von ihm gefordert. Er hat als erstes eine Analyse gemacht. Dafür hat er Beifall bekommen. Als zweiten Schritt hat er nach der Sommerpause ein Strukturpapier vorgelegt. Dazu ist der Beifall ein wenig ausgeblieben, Frau Ströver, vor allem von Ihrer Seite. Sie hetzten ihn zuerst auf und sagten, er solle Rechtsformänderungen, Abfindungsfonds und Strukturveränderungen machen, aber als diese vorgelegt wurden, war plötzlich alles nicht notwendig, und alles war falsch.
Ich habe den Kultursenator ermuntert, im Bereich der Opernhäuser über Fusion nachzudenken und sie vorzuschlagen. Dazu stehe ich noch heute, auch wenn mittlerweile von vielen Interessierten Kritik kommt. Es ist unseriös, ihn zuerst zum Handeln aufzufordern und anschließend zu sagen, es sei nicht so gemeint gewesen. [Beifall bei der SPD und der CDU]
Wir stehen zu dieser Aussage. Aber sie muss künstlerisch begründet sein, Herr Stölzl. Ihre These, dass es zwei eigenständige Orchester an einer fusionierten Oper geben kann, muss geklärt werden. Es muss geprüft werden, ob das künstlerisch zu vertreten ist, sonst ist das nicht zu machen. Es gibt gute Gegenargumente, die entkräftet werden müssen, wenn Sie bei Ihrer Meinung bleiben. Es muss auch geprüft werden, ob es vernünftig ist, das Ballet am fusionierten Opernhaus anzusiedeln. Ich habe dahin gehend künstlerische Zweifel. Sie müssen den Nachweis erbringen, dass sich das alles rechnet, denn eine solche Strukturmaßnahme lässt sich nur begründen, wenn Ihre Rechnung zutrifft, nämlich dass 10 Millionen DM gespart und 10 Millionen DM zur Verbesserung der künstlerischen Situation eingesetzt werden können. Ich kann den Häusern nicht solche Strukturreformen klar machen, wenn unter dem Strich nichts künstlerisch und materiell herauskommt. Diesen Nachweis müssen Sie noch bringen.
Sie sind auch verpflichtet, ein künstlerisches Konzept mit Personen vorzulegen. Der größte Schwachpunkt an Ihrem Papier ist, dass Sie die Personen nicht benannt haben. Sie müssen sagen, wer Generalintendant der vereinigten Häuser wird und wer Generalmusikdirektor. Dabei muss über Herrn Barenboim entschieden werden. Es ist unwürdig, dass der eine darauf wartet, dass der andere geht, und einer darauf wartet, dass ihm der Stuhl vor die Tür gesetzt wird. Hierzu ist eine Entscheidung von Ihnen, Herr Stölzl, notwendig. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie Barenboim in Berlin halten wollen oder nicht.