Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

Eine Zusatzfrage kommt von der Fragestellerin.

Die meisten meiner Zusatzfragen hat Herr Senator Böger bereits beantwortet. Ich möchte aber noch wissen, ob Sie mir zustimmen, Herr Senator, dass die Ergebnisse der Umfrage des „Tagesspiegels“ vom 13. März, dass 76,4 % der Berliner Bevölkerung eine einheitliche Schulkleidung befürworten, auch ein Hinweis sind, den Schulen insofern freie Hand zu geben, dies einzuführen.

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Diese Umfrage im „Tagesspiegel“ zeigt, dass es in unserem Land eine sehr offene und zum Teil auch befürwortende Diskussion für diese Frage gibt. Ich betone noch einmal, dass ich es bildungspolitisch schon unter der gegenwärtigen Rechtslage für möglich halte, dass in den einzelnen Schulen so etwas entschieden wird. Ich lege nur Wert darauf, dass dies in der Schule diskutiert, in den Gremien besprochen und dann eine freie Entscheidung getroffen wird, ob es eingeführt werden soll. Im übrigen, wenn ich das noch anfügen darf, entnehme ich dieser Umfrage – und das begrüße ich außerordentlich –, dass es in unserem Land trotz der bekannten jüngsten Geschichte – Stichwort: DDR – Missbrauch von Uniformierungen, die auf gedankliche Uniformierungen basiert – und unserer anderen gemeinsamen Geschichte eine etwas liberalere Haltung zu dieser Frage einer einheitlichen Kleidung gibt, die eben auch sehr wohl ein Selbstbewusstsein, ein Einverständnis, eine Gemeinsamkeit an einer Schule ausdrücken kann. Und wenn dies in einer einzelnen Schule gewollt

wird und in Gremien diskutiert wird, dann ist das, glaube ich, eine vernünftige Maßnahme. Aber es wird kein Regelgesetz des Landes geben, dass es ab demnächst verpflichtend sei, Schuluniformen zu tragen.

Wünschen Sie noch eine Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall. – Dann hat die nächste Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schlede!

Herr Senator Böger, sind Ihnen freiwillige Bewerbungen von Klassen in Berlin, Schulkleidung zu tragen, bekannt, und würde sich der Senat bereit finden, dieses zu unterstützen, positiv zu begleiten und die entsprechenden Ergebnisse für die Berliner Schulen auszuwerten?

Herr Senator, Bitte!

Herr Präsident, Herr Abgeordneter Schlede! Ich lese, wie Sie, auch Zeitungen, aber ich möchte gleich die Adressenorientierung korrigieren: Der Senat ist nicht der Anlaufpunkt. Auch der Schulsenator ist für vieles verantwortlich, aber bitte keine Post zu mir, dass ich dann Klassensätze von T-Shirts zu bestellen hätte. Das ist sicher nicht der Fall, sondern das müssen die einzelnen Schulen selbst entscheiden. Ich verfolge diese Diskussion

Ich begreife diese Diskussion, Herr Abgeordneter Schlede, als eine Frage, in der sich einzelne Schulen über ihr Schulprogramm, ihr Selbstverständnis, das man sich nach außen darstellt, eben auch dazu bekennen möchte. Dem kann ich durchaus positive Aspekte abgewinnen. Aber bitte nicht den Senat mit einer Bekleidungskammer verwechseln!

Die nächste Zusatzfrage – Frau Abgeordnete Thieme-Duske. Bitte sehr!

Herr Senator, können Sie sich auch der Meinung anschließen, dass es in dem Fall, dass unter Schülern ein Wettbewerb um die schickste Kleidung ausbricht, das sinnvollste Instrument ist, dass der Lehrer in intensiven Gesprächen mit den Kindern und mit Eltern darauf hinwirkt, dass es doch andere Möglichkeiten gibt, sich zu entfalten, und dass Schuluniformen die rigideste Maßnahme wären, diese pädagogische Aufgabe zu lösen.

Herr Senator, bitte sehr!

Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Ich kann in dieser Frage nur aus meinem Fundus als Elternteil schöpfen, und da will ich Ihnen gestehen, dass Kleidungsfragen gegenüber den eigenen Kindern eine sehr diffizile und manchmal sehr merkwürdige Verhaltensweisen auslösende Fragen sind. Ich denke, das ist zunächst eine familiäre Angelegenheit, und schließlich wäre es gut, wenn unsere Lehrkräfte nicht nur durch ihren guten Unterricht, sondern auch durch eine perfekte Kleidung glänzen würden.

[Beifall bei der SPD]

Die letzte Zusatzfrage in diesem Zusammenhang hat der Abgeordnete Mutlu. – Bitte sehr!

Ich frage, was der Kampf um demokratische Haltung bedeutet, ob das nur eine leere Floskel ist. In welcher Art und Weise werden Sie das fördern? Insbesondere stellt sich die Frage, wie Sie mehr Raum für politische Diskussionen in den Schulen schaffen wollen, wenn wir in Betracht ziehen, wie es in den Schulen in Bezug auf Unterrichtsausfall und Lehrerpersonalmangel aussieht.

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Es ist zwar nicht in dem Zusammenhang, aber Herr Senator Böger, bitte sehr!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Mutlu! Zunächst einmal betrachte ich den Kampf um demokratische Haltung bei Schülerinnen und Schülern mitnichten als eine Floskel, sondern eine der wichtigsten Aufgaben eines öffentlichen Bildungssystems, interjection: [Beifall bei der SPD und der CDU] um das einmal klarzustellen. Ich habe nur in dem Zusammenhang gerade gesagt, wir sollten uns bei dieser wichtigen Frage, in der es keine schnellen Antworten, sondern dauerhaftes und kontinuierliches Bemühen gibt, nicht von einer anderen Frage ablenken lassen, die auch wichtig ist: Ich habe Verständnis für die Probleme mancher Schulen, wenn dort junge Männer – und um die handelt es sich ja – kahl rasiert und mit Kampfstiefeln und Springerstiefeln sowie Blousons auftreten. Da habe ich sehr viel Verständnis, sich damit auseinander zu setzen. Gleichwohl kann ich keinen Ukas erlassen, in dem ich sage, das ist verboten. Das geht eben nicht. Aber ich habe Verständnis dafür. Wenn vor Ort in einer Schule gesagt wird, wir wollen das nicht, wird das entsprechende Kollegium meine volle Rückendeckung haben. Die andere Frage, Herr Abgeordneter: Da bitte ich nun wirklich, nicht mit Polemik daran zu arbeiten. Ich bin dem Finanzsenator außerordentlich dankbar, dass er trotz der schwierigen Finanzlage eben gesagt hat, das Programm gegen Rechtsextremismus, das gesamte Programm Jugend gegen Gewalt wird so konsequent weitergeführt. Ich bin auch ganz sicher, dass wir zwischenzeitlich in den Schulen zumindest eine Verbesserung haben, was die Unterrichtsversorgung betrifft. Ich glaube auch, dass die Schulen Raum zur politischen Diskussion haben. Sie haben auch Projekttage angeregt. Ich denke, wir sollten uns diesen mühsamen Prozess nicht in Form von Polemik zerreden lassen, sondern gemeinsam daran wirken, dass er ein Erfolg wird.

Meine Damen und Herren! Damit ist die Fragestunde durch Zeitablauf beendet. Alle Mündlichen Anfragen, die heute nicht beantwortet werden konnten, werden gemäß unserer Vereinbarung und der Geschäftsordnung schriftlich beantwortet.

Nun rufe ich zur

Spontanen Fragestunde

auf. Sie drücken bitte erst, wenn ich den Gong gedrückt habe. [Gongzeichen] Nun beginnen wir mit der normalen Reihenfolge. Hier hat zunächst Herr Abgeordneter Schlede das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte sehr!

Herr Senator Böger, hält der Senat an seiner Planung fest, die Staatliche Europaschule Berlin in Sek I und II fortzusetzen, und wann wird er die dafür notwendigen Festlegungen für die erreichbaren Abschlüsse treffen, um Eltern und Schülern in dieser Schule eine Perspektive zu bieten?

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schlede! Der Senat hält an seinen Planungen fest, die Europaschulen durchgängig fortzuführen. Der Senat ist des weiteren darum bemüht, diese Europaschulen, die ja ein großartiges Konzept darstellen und auch in vielen Bereichen ein sehr gute Durchführung haben, noch weiter auszubauen, in der Hinsicht, dass wir zu einem intensiven Austausch mit entsprechenden muttersprachlichen Lehrkräften kommen und übrigens auch, um umgekehrt die deutschen Lehrkräfte in dieses Land zu bekommen.

Ich wäre sehr dankbar und werde mich bemühen, mit Hilfe des Auswärtigen Amtes dies zu organisieren, weil ich glaube, dass dieses bilinguale Konzept der Europaschulen nur dann gelingen kann, wenn man tatsächlich auch die entsprechenden Lehrkräfte hat. Um auf eine Problemstellung hinzuweisen: Die müssten dann jeweils in der Vereinbarung nach der Regelung des Entsendelandes bezahlt werden, da wir in Europa, wie Sie wissen, ganz unterschiedliche Usancen haben.

Nun zu Ihrer nächsten Frage, was die Prüfungsanforderungen betrifft, möchte ich Ihnen antworten: Der Senat wird rechtzeitig die Prüfungsanforderungen verdeutlichen.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator! Ist Ihnen bekannt, dass aus ursprünglich vier deutsch-englischen Zügen mittlerweile nur noch eine Klasse im achten Jahrgang vorhanden ist, und halten Sie es nicht für überfällig, dass jetzt den Eltern, den verbleibenden Schülern Sicherheit gegeben wird, wie sie diesen Zweig abschließen können?

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Her Abgeordneter Schlede! Ich gestehe ein, dass ich bei ca. 1 000 Schulen und knapp 350 000 Schülerinnen und Schülern mit zigtausend Klassen und Zügen über diesen konkreten Fall jetzt zu dieser Stunde nichts weiß. Aber da Sie es geäußert haben, wird sich sicherlich meine Behörde, die alle an Fernsehern sitzen, darum kümmern.

[Heiterkeit – Zuruf: Hoffentlich nicht alle!]

Die nächste spontane Frage kommt von der Abgeordneten Rusta.– Bitte sehr!

Ich frage den Senator Stölzl, aus welchen Gründen die vom Bund bereitgestellten 3,5 Millionen DM für die Staatskapelle an der Staatsoper Berlin immer noch nicht angekommen sind?

Normalerweise dürfen Fragen, die in Zusammenhang mit einem bereits debattierten Sachverhalt stehen, nicht mehr gestellt werden. Da es bereits auf der Tagesordnung gestanden hat, gehe ich aber davon aus, dass es sich um eine Ergänzung handelt. – Herr Dr. Stölzl zur Beantwortung, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Die Bundesregierung hat zur Verdeutlichung des Zweckes in einer Protokollnotiz zum Hauptstadtkulturvertrag mitgeteilt, dass Bedingung dieser Überweisung der erneute Vertragsabschluss mit Daniel Barenboim ist. Erst wenn dieser vorliegt, kann überwiesen werden. Das ist das eine Problem.

Das andere Problem ist, dass in der Tat ein Dissens über den Zweck der Summe zwischen der Staatskapelle an der Staatsoper und der Bundesregierung sowie uns besteht. Die Staatskapelle verhandelt – wie wir seit langem wissen – über einen neuen Tarif. Die Bundesregierung ist nicht der Meinung, dass sie damit in Garantie zur Bezahlung eines künftigen neuen Tarifes einträte. Diese Summe ist überhaupt nur – streng rechtlich betrachtet – für den Haushalt 2001 gesichert, woraus sich selbstverständlich für das Land Berlin unmöglich – selbst wenn man es wollte – eine langfristig bindende Erhöhung des Tarifes für die Staatskapelle ergeben könnte. Wir haben deswegen den Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins, Herrn Bolwin, der in allen Tariffragen unser Vertreter ist, gebeten, mit der Staatskapelle Berlin Verhandlungen zu führen. Diese sind im

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Sen Dr. Stölzl

Gang. Welche Form, wenn der Vertrag Barenboim vorliegt, tatsächlich diese Summe im Haushalt der Staatsoper haben könnte, muss abgewartet werden. Der Betrag wird nach Erfüllung der vom Bund gegebenen Bindungen dort ankommen.

Wünschen Sie noch eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte sehr!

Herr Senator! Ist denn absehbar, wann der neue Vertrag mit Daniel Barenboim abgeschlossen werden wird?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Rusta! Die Verhandlungen sind im Gang. Der Katalog der Forderungen von Daniel Barenboim ist gewaltig, wie man sich leicht vorstellen kann. Wir haben in mehreren Schritten versucht, dem nahe zu kommen. Ich möchte nach den Erfahrungen mit Künstlerverträgen der jüngsten Zeit jetzt keine Prognose abgeben, wie schnell er zu einem Abschluss bereit ist. Die Verhandlungen befinden sich auf einem guten Weg. An dem grundsätzlichen Wunsch Barenboims, hier weiterzumachen, gibt es keinen Zweifel.

Die nächste Frage kommt Frau Abgeordneter Schaub von der Fraktion der PDS, bitte sehr!

Vielen Dank! Meine Frage ist an Herrn Senator Böger gerichtet. Trifft die Information zu, dass die Anzahl der Stunden für sonderpädagogischen Förderbedarf in Integrationsschulen bzw. Klassen im kommenden Schuljahr auf dem diesjährigen Niveau eingefroren werden soll, obwohl die Anzahl der betroffenen Schüler zunimmt und dass deshalb die Integrationsplätze mit dem Losverfahren vergeben werden sollen?

Herr Senator Böger!