Protokoll der Sitzung vom 15.03.2001

[Molter (CDU): Lieber grünen Pfeffer!]

Auch dies ist nicht ganz so harmlos, wie es dargestellt wird, wie die Tüte Pfeffer unter der Nase. Auch hier muss man ernsthaft reden über die gesundheitliche Gefährdung, die der Einsatz mit sich bringen kann, und ob es wirklich das mildere Mittel ist.

[Zuruf des Abg. Bohm (CDU)]

Dann müsste man CN/CS streichen aus dem Gesetz, wenn man es hier einbaut. Oder man muss es modifizieren, dass man den täglichen Dienst und den Einsatz in geschlossenen Einheiten auseinander hält. Darauf werden wir dringen.

Deswegen noch die vierte und letzte Bemerkung: Es kann nicht so sein, wie es schon in der Boulevardpresse stand: Dieses Gesetz wird am 4. April in Kraft treten. Herr Gewalt, Sie haben eben gesagt: Wir werden das beschlossene Gesetz tatkräftig umsetzen. – Noch ist es nicht beschlossen. Es ist ein erheblicher Beratungs- und Besprechungsbedarf. Wir werden an dieser Besprechung völlig unideologisch – nehmen Sie es hin, Herr Kollege Lorenz! – und ohne Vorurteile teilnehmen. Aber wir wollen natürlich die Auswertung der anderen Bundesländer haben und ärztliche Gutachten über die gesundheitlichen Auswirkungen. Die werden wir ansehen, besprechen, und dann werden wir sehen, wo und inwieweit wir den einzelnen Veränderungen zustimmen können und wo wir es nicht können. Das ist, wie gesagt, eine Frage der Beratung, nicht geeignet hier in I. Lesung zu vertiefen und hier schon die Ergebnisse vorwegzunehmen, wie es Herr Gewalt leider getan hat.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Wieland! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung – federführend – und mitberatend an den Rechtsausschuss. Widerspruch höre ich nicht, dann ist das so beschlossen.

Die lfd. Nr. 3 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Dann kann ich aufrufen

lfd. Nr. 4, Drucksache 14/1064:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Standesämter für Lesben und Schwule öffnen – Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Beratung kann nach der Geschäftsordnung bis zu 5 Minuten je Fraktion dauern. Die I. Lesung ist eröffnet.

Herr Kollege Weinschütz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort! – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 1. August 2001 wird das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft treten. Erstmals in Deutschland bekommen lesbische Bürgerinnen und schwule Bürger einen gesicherten Rechtsrahmen für ihre Beziehungen. Ab dann können schwule wie lesbische Paare ihre Partnerschaft amtlich eintragen lassen. Wir wollen damit Familie und Verantwortungsbereitschaft fördern und gleiche Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger schaffen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Grüne Familienpolitik heißt: Wir unterstützen Menschen, die auf Dauer füreinander oder für Kinder einstehen wollen. Bislang wurden homosexuelle Paare vom Recht wie Fremde behandelt, selbst wenn sie jahrzehntelang zusammengelebt und füreinander gesorgt hatten. Damit ist nun endgültig Schluss, das ist ein historischer Durchbruch. interjection: [Beifall bei den Grünen und der PDS]

Leider hat sich der Senat beim Zustandekommen dieses Gesetzes nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Im Bundesrat hat die Hauptstadt der Lesben und Schwulen nicht dafür gestimmt, sondern sich enthalten. [Frau Ströver (Grüne): Pfui!] Und als es im Vermittlungsausschuss darum ging, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um verbleibende Rechtsfragen zu klären, haben die CDU-geführten Länder angekündigt, die Arbeitsgruppe zu boykottieren. Von Berlin war nichts anderes zu hören. Das ist peinlich und beschämend. Das muss sich ändern. Berlin muss hier treibende Kraft sein. [Beifall bei den Grünen und der PDS] Im Gesetzgebungsverfahren haben verschiedene Vorschläge der Parteien vorgelegen. Einer ist vom Bundestag jetzt beschlossen worden und steht im Bundesgesetzblatt. Wer nun an dessen Umsetzung und Durchführung nicht mitarbeitet, sondern im Gegenteil die erreichten Verbesserungen mit dem Gang zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe bedroht, muss sich fragen lassen, ob er denn wirklich Politik für die Menschen macht oder nur sein parteipolitisches Süppchen kochen will. Wir fordern vom Senat, vom Regierenden Bürgermeister im Interesse der in dieser Stadt lebenden lesbischen Bürgerinnen und schwulen Bürger: Setzen Sie sich aktiv für einen Kompromiss im Vermittlungsausschuss zum Wohle der Menschen ein! [Beifall bei den Grünen und der PDS] Die Berliner Verwaltung braucht auch rechtzeitig vor dem 1. August 2001 Klarheit, wer dann für was zuständig ist. Und bis zum 1. August ist es nicht mehr lange hin. Wir wollen, dass es bei den Standesämtern am 1. August nicht so ein Chaos gibt wie nach dem 1. Januar 2001 in den Bezirksämtern auf Grund unklarer Zuständigkeiten nach der Bezirksfusion. Deswegen legen wir unseren Vorschlag jetzt rechtzeitig vor. Für das von uns vorgeschlagene Standesamt sprechen schon praktische Gründe. Dort sind die notwendigen Unterlagen, und die Standesbeamtinnen und Standesbeamten haben die notwendige Vorbildung und Erfahrung. Das sieht übrigens auch der Bundesverband der Deutschen Standesbeamten so. Das Standesamt beinhaltet aber auch ein gutes Stück Symbolik. Alles andere würde als Diskriminierung von Lesben und Schwulen verstanden werden. Das aber verbietet unsere Verfassung. Deswegen fordere ich Sie auf: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, damit Berlin sich auch bei der Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes als Hauptstadt zeigt und bei der Öffnung der Standesämter Vorreiter ist. – Vielen Dank! [Beifall bei den Grünen und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Frau Richter-Kotowski! Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Weinschütz! Vielleicht geht es auch ein bisschen weniger pathetisch. Wir haben diese Diskussion vor einiger Zeit auch im Plenum geführt. Ich denke, dass es hier mit Ihrem Antrag um die Umsetzung des Bundesgesetzes geht. interjection: [Weinschütz (Grüne): Richtig!]

(A) (C)

(B) (D)

Wir können uns sicherlich im Ausschuss darüber streiten, ob es denn unbedingt ein Gesetz sein muss, also ein Ausführungsgesetz, so wie Sie es hier vorlegen, oder ob nicht eine Ausführungsvorschrift genügt. Aber es ist richtig, dass das Bundesgesetz vorgibt, dass es eine Behörde sein soll, die diesen Eintrag der Lebenspartnerschaften vornimmt. Mit dieser Registrierung und dieser gesetzlichen Vorgabe ist natürlich alles möglich. Das wissen Sie, das wissen wir.

Nun haben Sie sicherlich in Ihrer Begründung Recht, wenn Sie sagen, das Standesamt habe eine symbolische Bedeutung. Das ist auch von den Verbänden an dieser Stelle immer wieder vorgetragen worden. Allerdings will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass ich Ihre juristische Argumentation in Ihrer Begründung in Bezug auf Artikel 12 Absatz 2 der Verfassung von Berlin nicht teile, weil es hier eben nicht um eine Gleichstellung gehen soll. Das ist ausdrücklich von uns an vielen Stellen vorgetragen worden. Aber praktisch muss es natürlich eine Behörde sein, die die Personenregistrierung durchführt, da haben Sie völlig recht.

Erlauben Sie mir da einen kleinen Seitenhieb: Das Friedhofsamt scheidet schon aus nachvollziehbaren Gründen an der Stelle aus,

[Klemm (PDS): Das ist sehr freundlich! Ich würde gern mit meinem Mann aufs Friedhofsamt gehen!]

so dass es eigentlich in der Diskussion, die im Ausschuss geführt werden soll, nur darauf ankommt, ob es das Landeseinwohneramt ist oder das Standesamt. Diese Diskussion wird im Ausschuss geführt werden, es müssen die Für und Wider erörtert werden, was da für das Land das Richtige sein soll. – Erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung an dieser Stelle: Ich persönlich trete für eine Lösung beim Standesamt ein. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei den Grünen]

Danke schön, Frau RichterKotowski! – Das Wort für die Fraktion der PDS hat nun der Kollege Hoff!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den der Kollege Weinschütz hier begründet hat, ist in der Tat aus unserer Sicht durchaus eine Möglichkeit, um eine Analyse der politischen Debatte seit der Beschlussfassung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Bundestag zu machen. Da hat der Kollege Weinschütz absolut Recht, insofern geht es hier nicht um Pathos, mit dem etwas vorgetragen wird, sondern um eine Analyse, wie das Land Berlin sich in der Debatte um das Lebenspartnerschaftsgesetz verhält, das im Bundestag mit großer Mehrheit, wenn auch nicht einstimmig, verabschiedet wurde.

Auch von unserer Fraktion im Bundestag und hier im Abgeordnetenhaus wird das Gesetz durchaus nicht einmütig und unkritisch gesehen. Wir haben bei dieser Gesetzesbeschlussfassung auch gesagt und auch im Abgeordnetenhaus in der entsprechenden Debatte dazu deutlich gemacht, dass uns diese Lebenspartnerschaftsgesetz nicht weit genug geht. Gleichwohl haben wir dieses Gesetz immer als einen Fortschritt betrachtet und haben gesagt: Das ist uns eigentlich zu wenig, aber es ist besser, als das, was bislang existiert hat. Aus diesem Grunde wollen wir nun auch, dass sich die entsprechenden Institutionen – dazu gehört auch das Land Berlin – dafür einsetzen, dass hier zügig entsprechende Regelungen gefunden werden. Das Land Berlin wird immerhin von einer großen Koalition regiert, also mit einem sozialdemokratischen Regierungspartner, der auf Bundesebene sehr stark in die Entwicklung und Beschlussfassung des Lebenspartnerschaftsgesetzes eingebunden war, der aus unserer Sicht in der Rolle, die das Land Berlin hier wahrgenommen hat, zu wenig deutlich gemacht hat, dass er ein erhebliches Interesse daran hat, dass das Land Berlin sich hier stärker als bislang zu diesem Gesetz bekennt und in den entsprechen

den Bund-Länder-Institutionen mitarbeitet. Nur weil zufällig der Innensenator des Landes Berlin ein CDU-Innensenator ist, ist das noch lange kein Grund, dass hier eine Landeslinie von CDUregierten Ländern durchgeführt wird, sondern hier ist eine große Koalition. Es hätte sich aus unserer Sicht angeboten, dass das Land Berlin seine Bund-Länder-Verantwortung wahrnimmt und in einer entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe mitarbeitet.

[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Weinschütz (Grüne)]

Deshalb muss man in der politischen Öffentlichkeit deutlich machen: Wenn davon gesprochen wird, dass das Land Berlin in der entsprechenden Arbeitsgruppe nicht mitgearbeitet hat, dann trifft das nicht zu, sondern der Senat oder die Senatsvertreter des Landes Berlin haben in dieser Arbeitsgruppe nicht mitgearbeitet. Das Land Berlin als Hauptstadt von Lesben und Schwulen hätte dabei mitgearbeitet. Das sollte man hier noch einmal deutlich machen. Das sollte sich auch der Innensenator aus unserer Sicht hinter die Ohren schreiben.

[Beifall bei der PDS – Frau Richter-Kotowski (CDU): Na, na!]

Zum letzten Punkt – Antrag und Gesetz, die Bündnis 90/ Grüne hier vorgelegt haben. Aus unserer Sicht – und darum werden wir im Ausschuss kein größeres Gewese machen – bieten sich die Standesämter auf Grund ihrer Dezentralität und der Aufgaben, die sie bislang wahrnehmen, zwangsläufig besser an als jede andere Behörde für die Aufgaben, die im Antrag – Drucksache 14/1064 – beschrieben sind. Der Gesetzentwurf wird unsere Zustimmung finden. Wir hoffen, dass das Gesetz in dieser Fassung eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus finden wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Danke schön, Herr Hoff! – Das Wort hat nunmehr für die SPD-Fraktion der Herr Kollege Kleineidam. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich zunächst, dass man in diesem Haus offenbar fraktionsübergreifend der Ansicht ist, dass ein Bundesgesetz – auch wenn es in der Vergangenheit kontrovers diskutiert wurde –, wenn es beschlossen ist, auch im Land Berlin umgesetzt werden muss.

[Frau Merkel (SPD): Richtig!]

Es wäre unvorstellbar, dass wir am 1. August eine Situation hätten, dass interessierte Bürgerinnen und Bürger auf der Suche nach einer Behörde sind und niemand ihnen sagen kann, wo sie das neu geschaffene Rechtsinstitut eingehen können, wo sie es für sich selbst anwenden können. Wenn wir hier insoweit einen Konsens haben, wird es uns hoffentlich auch möglich sein, in angemessener Zeit die Beratung in den Ausschüssen durchzuführen, damit die Berliner Behörden zum 1. August in der Lage sind, das Gesetz wirklich umzusetzen.

Aus Sicht der SPD-Fraktion bieten sich die Standesämter als zuständige Behörden an, denn dieses Rechtsinstitut, das geschaffen wurde, muss in einem würdigen und angemessenen Rahmen umgesetzt werden können. Hier haben die Berliner Standesämter ausreichend Erfahrung. Ich hoffe, dass wir es in den Ausschüssen so sachlich, wie wir es heute hier diskutieren konnten, und schnell zu Ende bringen und Rechtssicherheit zum 1. August herstellen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Schönen Dank, Herr Kollege Kleineidam! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung – federführend – und mitberatend an den Rechtsausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen!

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Momper

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5, Drucksache 14/1022:

Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 12 des Petitionsgesetzes für die Zeit vom 18. November 1999 bis zum 13. Februar 2001

Der Bericht liegt Ihnen als Drucksache vor. Zu einem zusätzlichen mündlichen Bericht erteile ich dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Reinhard Roß, das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Roß!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, Ihnen den ersten Arbeitsbericht des Petitionsausschusses in dieser Wahlperiode heute vorstellen zu können.

[Beifall der Abgn. Wansner (CDU) und Schöneberg (CDU)]

Der Ausschuss schließt mit diesem Bericht, der Ihnen als Drucksache bereits vorliegt, ein arbeitsintensives, aber auch ein erfolgreiches Jahr ab. Die Sorgen, Nöte und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger Berlins sind nicht geringer geworden. Das zeigen die nach wie vor hohen Fallzahlen von 2 433 Petitionen im Berichtszeitraum. Die mehrmalige Behandlung von Petitionen im Ausschuss oder das Wiederaufgreifen eines abgeschlossenen Petitionsverfahrens gehört zur Alltagsarbeit des Ausschusses und ist problemlos möglich. Jede weitere Zuschrift wird mit großer Sorgfalt abgearbeitet, und das waren immerhin 1 508 zusätzliche Schreiben, in denen häufig neue Gesichtspunkte vorgetragen wurden, die weitere und zum Teil aufwendige Ermittlungen notwendig machten.