Protokoll der Sitzung vom 10.05.2001

lfd. Nr. 11, Drucksache 14/1153:

Große Anfrage der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU über Berlin und die Einführung des Euro

wurde erfreulicherweise vertagt.

Wir kommen dann zur

lfd. Nr. 12, Drucksache 14/1146:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz vom 14. März 2001 und des Hauptausschusses vom 4. April 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Forderungen an andere verpflichten uns selbst: Der Strombezug des Abgeordnetenhauses, Drucksache 14/177

Eine Beratung, wie im Ältestenrat noch vorgesehen, wird nicht mehr gewünscht. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag Drucksache 14/177 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Zugestimmt hat die Opposition. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 13 und 14 sind durch die Konsensliste erledigt.

Nun rufe ich auf

lfd. Nr. 15, Drucksache 14/1149:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport vom 29. März 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über interkulturelle Bildung in der Lehrer/-innenausbildung, -fortbildung und -weiterbildung, Drucksache 14/667

Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Beratung wird nicht mehr gewünscht. Wer dem Antrag Drucksache 14/667 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenstimmen! – Enthaltungen? – Es gab keine Enthaltungen. Die Gegenstimmen waren die Mehrheit bei Zustimmung durch die Opposition. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dann kommen wir zu der

lfd. Nr. 16, Drucksache 14/1150:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport vom 8. März 2001 und des Hauptausschusses vom 4. April 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über gesamtstädtische Strategie für den Umgang mit Veranstaltungsund Sportgroßhallen, Drucksache 14/530

Dazu gibt es den Änderungsantrag der Fraktion der PDS, Drucksache 14/530-1.

Die Fraktion der PDS bittet um Beratung. Der Ältestenrat empfiehlt eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Für die PDS hat nun Herr Dr. Kaczmarczyk das Wort. – Bitte schön, Herr Dr. Kaczmarczyk!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gegenwärtig alles überschattenden Löcher im Haushalt haben natürlich viele Väter, unter anderem auch die, dass auf wichtigen Gebieten unserer gesellschaftlichen Tätigkeit Versäumnisse zu verzeichnen sind und Konzeptionslosigkeit und Chaos herrschen. Wenn man sich die Frage stellt, wo die vielen Milliarden geblieben sind, dann führt

die Spur der Scheine – wenn ich das mal so frei nachempfinden darf – auch in die Einrichtungen und Bauten, die uns heute sehr viel Kopfzerbrechen machen. Ich meine die Sportgroßhallen, die noch in der seinerzeitigen Olympia-Wahnidee entstanden sind, vorbei am Bedarf, vorbei an der Haushaltslage durchgesetzt wurden und uns heute in der Unterhaltung ein Riesenproblem bereiten. [Czaja (CDU): Wie der Palast der Republik!] – Da gebe ich Ihnen durchaus Recht. Ich weiß ja nicht, warum ich Ihnen da widersprechen sollte. Jeder hat so seine Leichen im Keller. Honecker hatte den Palast der Republik, und Sie haben die Sportgroßhallen und andere Milliardenlöcher zu verantworten. Ich denke, irgendwann sollten wir mal aufhören, eine großmannssüchtige Politik zu betreiben, sondern mit den Beinen auf dem Boden bleiben. Dann würden uns solche Desaster erspart bleiben. [Zuruf von der CDU: Wovon reden Sie?] Die 800 Millionen DM, die für den Bau der Sportgroßhallen verpulvert wurden, waren ja nur die eine Seite der Geschichte. Tatsächlich sind wir jetzt gefordert, jährlich Zuschüsse in einen Betrieb von Hallen zu bezahlen, die eigentlich so nicht gewollt wurden und die so nicht gebraucht werden. Wenn meine Fraktion verlangt, dass wir endlich für einen vernünftigen Umgang mit diesen Dingen, die wir eigentlich nicht haben wollten, aber um wenigstens den Schaden zu begrenzen, eine Konzeption erarbeiten lassen und diese zur Grundlage des Handelns zu nehmen, um weiteren Verlust vom Land abzuwehren, dann ist das sehr vernünftig, und ich denke, es bedürfte eigentlich keines Kommentars. Wenn in den Ausschüssen nicht gegenteilig diskutiert würde, brauchten wir hier kein Wort mehr darüber zu verlieren. Es liegt auf der Hand, dass, wenn man vernünftig handeln will, man auch einen vernünftigen Plan macht und sich konzeptionell sachkundig macht. Es gibt in ganz Deutschland keine der 30 Großhallen und Arenen, die wirtschaftlich betrieben werden kann. Gleichzeitig wird alle paar Wochen ein neues Projekt geboren und den jetzt bereits ruinöserweise dastehenden Hallen eine neue Konkurrenz angeboten. In Siemensstadt soll eine gebaut werden, über dem Bahnhof Olympiastadion soll durch eine andere Interessentengruppe eine neue Halle entstehen. Ich denke, wir sollten einfach die Senatsverwaltung in die Lage versetzen, konzeptionell den Bedarf und den Umgang mit den Großsporthallen in Berlin zu planen und auch durchzusetzen. Nun könnte man sagen: Schön, das sind ja private Betreiber, die sich dort melden; sollen die doch ihr Geld verpulvern, wenn die da 250 oder 300 Millionen DM ausgeben wollen. Vielleicht kurbelt das sogar die Bauwirtschaft an. – Aber ich denke, wir sollten nicht vergessen, dass hier 800 Millionen DM Steuergelder in die bereits existierenden Hallen gesteckt wurden. Und wir sollten alles dazu tun, das finanzielle Desaster nicht durch eine ruinöse Konkurrenz weiter zu vergrößern. [Zuruf von der CDU: Das ist Sozialismus!] Es wäre schon beinahe müßig, auf die chaotischen Zustände hinzuweisen, die gegenwärtig in der Bädersituation zu verzeichnen sind. Da wird erst einmal irgendetwas in die Welt gesetzt, und hinterher wird dann darum gebarmt, eine Konzeption für den Umgang mit diesen Hallen und mit diesen Einrichtungen zu erstellen. Das, was unser Antrag, was die Fraktion mit diesem unserem Antrag hier bezweckt, ist nicht mehr und nicht weniger, als vorher nachzudenken und dann zu handeln und nicht erst zu handeln und dann darüber nachzudenken. Was dabei herauskommt, sehen wir an unserem gegenwärtigen Haushalt. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke! [Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der CDU der Herr Kollege Heinrich. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dr. Kaczmarczyk! Das sollte man ja mindestens erwarten, dass Sie Ihren Antrag für vernünftig halten. Wir halten ihn nicht für rea

listisch. Die Planungen für die Deutschlandhalle sind längst abgeschlossen. Die Capitals aus der benachbarten Jaffe´straßenhalle finden hier vorläufig künftig ihr Domizil.

[Frau Ströver (Grüne): Was wird danach?]

Ja, wir warten erst mal, dass die große Sporthalle in Siemensstadt gebaut wird, und dann wird man sehen. Wenn die Großhalle kommt, dann werden sie dorthin umziehen. Insoweit ist die Zeit über den Antrag, der auf dem Anfang des Jahres basiert, hinweggegangen. – Aber auch darüber hinaus: Wer glaubte denn ernsthaft, dass private Betreiber großer Sporthallen, großer Veranstaltungsanlagen ihre eigenen Interessen zurückstellen, um der öffentlichen Hand das Regime über die eigenen Hallen leichter zu machen? Das ist nicht Marktwirtschaft. Das müssten Sie eigentlich inzwischen ja auch wissen.

[Zuruf von der CDU: Eigentlich schon!]

Es ist doch vielmehr so, dass Konkurrenz das Geschäft belebt, und in dieser Konkurrenz soll sich auch das Land Berlin stellen. Wenn es eine Großsporthalle gibt, dann wird die Konkurrenz nicht leichter. Darüber muss man sich den Kopf zerbrechen, nicht versuchen, mit anderen die Lasten zu teilen und auch das Minus dann womöglich zu teilen. Das wird dann eher ein Jammertal für alle, und dann sind auch die Betreiber von privaten Großsporthallen sehr viel schneller wieder vom Markt, als sie hier sind. So läuft das nicht, die nutzen ihre Chancen, und sie werden – so glaube ich jedenfalls –, wenn das funktioniert, in Siemensstadt dann auch ihre Geschäfte machen.

Also: Wir erwarten von der Senatsjugend- und Sportverwaltung, dass sie mit ihren Vertragspartnern möglichst wenig Defizite erzielt. Das ist ja schon ein wenig ehrgeiziges Ziel, könnte man meinen, aber vor dem Hintergrund der enormen Ausgaben und der enormen Lasten, die da sind, ist das ehrgeizig genug. Aber keine Blütenträume, und darum kein Antrag, den Sie in dieser Richtung hier stellen. Wir lehnen den ab.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Heinrich! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr der Kollege Volk erneut das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion ist nun mittlerweile schon ein Jahr alt und inzwischen auch einmal aktualisiert worden. Wir haben ihn mehrfach diskutiert, in allen möglichen Bereichen, im Ausschuss auch. Was will der Antrag? Der Antrag will im Grunde genommen nur eins, er will ein Nutzungskonzept. Es ist auch verständlich. Wenn einer in dieser Stadt fragt: Was wollt ihr eigentlich in dieser Stadt? Wo plant ihr eigentlich was im Bereich Großhallen? – können wir als Opposition bestenfalls eine Empfehlung abgeben, was wir uns so vorstellen könnten. Der Abgeordnete Heinrich geht da schon ein bisschen weiter. Sie sagten gleich, Siemensstadt kommt.

[Heinrich (CDU): Hoffen wir!]

Sie hoffen es. Genau das ist eben das Problem. Marktwirtschaft ist nicht so zu verstehen, dass das Land Berlin nur wartet, und die anderen sagen, was sie wollen, sondern auch formuliert, was man selbst will, wo man sich was entwickelt vorstellt, das will dieser Antrag, indem er sagt: Wir wollen ein Nutzungskonzept. Und wenn wir zurückschauen in die Geschichte, dann ist es ja auch verständlich. Was wurden in dieser Stadt schon für Sporthallen gebaut,

[Niedergesäß (CDU): Schön!]

aber nur in der Zeitung, auf dem Papier. Ich will nur erinnern, da sollte einmal eine große Halle über dem S-Bahnhof Olympiastadion gebaut werden, dann einmal ein riesenhafter Dom auf dem Flughafen Tempelhof. Alles toll, aber natürlich alles nur Pläne. [Wieland (Grüne): Seestraße!]

Es geht immer weiter, genau. – Jetzt ist die Frage: Ostbahnhof oder Siemensstadt? Wir selbst können und wollen diese Frage nicht beantworten, aber wir wollen uns ganz dazu Gedanken machen. Wir fordern den Senat natürlich auf, sich entsprechend seiner Pflicht, dazu ein Konzept zu überlegen. Welche Halle kommt, diese Frage muss beantwortet werden.

Ich kann es so zusammenfassen: Strategisches Planen ist wertlos, es sei denn, man hat zuerst eine strategische Vision. Eine strategische Vision ist ein klares Bild von dem, was man erreichen will. Wir gehen davon aus, dass der Senat offensichtlich nicht weiß, was er will. – Ich danke Ihnen!

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Niedergesäß (CDU): Starker Beifall!]

Danke schön, Herr Kollege Volk! – Nunmehr hat Frau Seidel-Kalmutzki das Wort für die Fraktion der SPD. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gesamtstädtische Strategie für den Umgang mit Veranstaltungs- und Sportgroßhallen oder wie viele Hallen braucht die Stadt? Ich denke, dies ist hier die falsche Frage. Sie impliziert, es könnte eine klare Zahl geben, eine Antwort, welche Planungsgröße uns Sicherheit gibt; dann ist Ruhe, und dann wird umgesetzt. So einfach, das wissen Sie alle, ist das leider nicht.

Eine kurze Bestandsaufnahme: Die Deutschlandhalle – bis Juli für den Eissport saniert – steht mit 8 000 Plätzen zur Verfügung, Max-Schmeling-Halle und Velodrom mit je 10 000 Plätzen; beide Hallen werden von den Berlinerinnen und Berlinern gut angenommen, auch wenn die Hallen noch attraktiver gestaltet werden könnten. Ich denke da z. B. an eine bessere Ausschilderung oder ein durchdachtes Verkehrskonzept für U- und S-Bahn sowie für die Autobahn. Das Sechstagerennen und die Spiele von ALBA wären aber ohne die Atmosphäre in den neuen Hallen inzwischen undenkbar. Weitere Hallen stehen uns zur Verfügung: Das ICC, die Arena in Treptow und das Estrel-Convention-Center. Im Gespräch sind seit Wochen – und Angebote liegen vor – zwei weitere Großhallen für Berlin. Aber es ist eben nicht einfach die staatliche Planung, und schon werden die Hallen umgesetzt, sondern es handelt sich um sehr komplexe Vorgänge und um die Frage, ob wir in der Verantwortung sind, privates Engagement zu bremsen oder zu unterstützen. Die richtige Frage wäre hier: Wie können wir für die Metropole sinnvoll Veranstaltungsorte entwickeln? Welche könnten dies sein? Welche Unterstützung können wir geben? Sicher auch – das wollen wir nicht verschweigen –: Wie wird verantwortungsvoll geprüft, dass die Orte optimal genutzt werden und die Gemeinschaft im geringsten Maße zuzahlen muss?

Im Mittelpunkt sollte ein klares Interesse stehen: Was nützt den Bürgern? Was könnten die attraktivsten Angebote sein? Dies hat – die aktuelle Debatte zeigt es – mehr mit dem Klima in dieser Stadt zu tun. Wollen wir aus der Dorfbeschaulichkeit heraus und leuchtenden Auges auf andere Metropolen blicken? Dann heißt das auch, dass sich diese Stadt ändern muss, dass wir uns ändern müssen. Wenn wir uns deutlich für attraktive Angebote entscheiden, dann wird es auch das Letzte sein, dass wir uns gerade im Wissen um unsere beschränkten Haushaltsmittel zum Richter über jene oder die Planung machen. Ich zumindest bin mit keinem der Planer für die zwei potenziellen Großhallen verschwägert und denke, weder wir noch die Senatsverwaltung sollte darüber richten, welche Investitionen sich lohnen.

Ich bin überzeugt, dass diese Einrichtungen eine Chance sein können, dass gerade durch das Engagement der Investoren zusätzliche Mittel aktiviert werden können und noch viele attraktive Veranstaltungen nach Berlin kommen können. Es wird nicht so wie in der Werbung sein – kein Pfennig dazu bezahlt –, sondern es geht darum, eine verantwortliche Partnerschaft zu ent

wickeln. Diese aber hat wenig mit einem Planungspapier zu tun als vielmehr mit der konkreten Umsetzung. Dieses werden wir verfolgen.

Den Antrag allerdings, ebenso wie den heute vorliegenden Änderungsantrag, lehnen wir, den Empfehlungen der Ausschüsse folgend, ab.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Danke schön, Frau Seidel-Kalmutzki! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Ausschüsse empfehlen – wie bereits gesagt – die Ablehnung des Antrages. Ich lasse abstimmen, und zwar zuerst über den Änderungsantrag der PDS, Drucksache 14/530-1. – Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke! Das sind die Stimmen der Opposition. Gegenstimmen? – Das war eine Mehrheit der Regierungsfraktionen. Und Enthaltungen? – Keine. Dann ist das abgelehnt.

Jetzt lasse ich über den Ursprungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag Drucksache 14/530 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Auch das ist wieder die Opposition. Gegenstimmen? – Erwartungsgemäß die Regierung und damit eine Mehrheit. Enthaltungen? – Keine. Dann ist das abgelehnt.