Protokoll der Sitzung vom 10.05.2001

Insbesondere in stark monostrukturell geprägten Wohngebieten wie Großsiedlungen im Ostteil der Stadt, aber auch in Sanierungsgebieten und in Quartiersmanagementgebieten soll die zweckfremde Nutzung von Erdgeschosswohnungen von der Genehmigungspflicht nach der Zweckentfremdungsverbotsverordnung befreit und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch eine Zweckentfremdungsgenehmigung ohne Forderung von Ausgleichszahlungen unterstützt werden. Zudem sind weitere Erleichterungen für die zweckfremde Nutzung von Wohnraum als Arztpraxen oder für soziale, gesundheitliche, erzieherische, therapeutische oder kulturelle Zwecke geplant. Darüber hinaus sind allgemeine Reduzierungen bei der Höhe der laufenden Ausgleichszahlungen vorgesehen. Wir wollen es auch dem Studentenwerk erleichtern, Studentenwohnungen in bisherigen normalen Wohnungen anzubieten, ohne dass das als eine gewerbliche Tätigkeit angesehen wird. Die von uns mittlerweile erarbeiteten Änderungen sollen in den nächsten Tagen den Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet und anschließend vom Senat verabschiedet werden.

Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage – bitte sehr!

Herr Senator! Der Entwurf der neuen Zweckentfremdungsverbotsverordnung liegt ja schon lange auf dem Tisch, und Sie sagten selbst, dass er jetzt den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt wird. Meine Frage lautet: Wann ist mit dem In-Kraft-Treten zu rechnen?

Herr Senator – bitte!

Herr Abgeordneter Dr. Arndt! Sie müssen etwas wissen, was ich nicht weiß, nämlich dass die Änderungsverordnung schon lange vorliegt. Sie ist von mir noch nicht schlussgezeichnet, und infolgedessen liegt sie noch nicht vor. Ich sagte, dass wir die erarbeiteten Änderungen den Verbänden zur Stellungnahme zuleiten. Wenn die Verbände wirklich inhaltlich Einfluss auf die Zweckentfremdungsverbotsverordnung nehmen sollen, macht es nur Sinn, wenn wir ihnen Zeit zur Stellungnahme lassen. Ich denke, die Änderungsverordnung wird in den nächsten drei Monaten in Kraft treten können.

Eine weitere Zusatzfrage des Fragestellers – bitte!

Herr Senator! Meine zweite Frage lautet: Ist im Diskussionsprozess über die Ausgestaltung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung auch davon die Rede, Wohnraum in Gebieten, die von besonderem Lärmquellen betroffen sind – z. B. in Einflugschneisen –, von der Zweckentfremdungsverbotsverordnung zu befreien, weil dort Wohnen teilweise kaum noch möglich ist?

Herr Senator – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Arndt! Das sieht diese Zweckentfremdungsverbotsveränderungsverordnung nicht vor, denn wir haben bestimmte gesundheitliche Bedingungen in allen Wohngebieten zu garantieren. Wenn sie von besonderem Lärm betroffen sind, der von außen auf die Wohnungen einwirkt, besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf Lärmschutzfenster.

Wir wollen mit der Veränderung und Liberalisierung erreichen, dass in den Gebieten, wo nur gewohnt wird – also z. B. den Großsiedlungen, in denen ja ein erheblicher Leerstand vorhanden ist –, Wohnungen genutzt werden können, um dort Arbeitsplätze zu schaffen, Baubüros unterzubringen oder dort eine ärztliche, erzieherische, kulturelle und soziale Versorgung eher zu ermöglichen, weil dort Gewerberäume nicht vorhanden sind. Es geht uns auch darum, in Sanierungsgebieten und in Gebieten mit Quartiersmanagement besondere Erleichterungen zu schaffen, weil wir uns davon versprechen, dass in diesen Gebieten zusätzliche neue Arbeitsplätze entstehen, die dort dringend gebraucht werden und notwendig sind. Das ist nicht nur eine Frage der Vermietbarkeit von Wohnungen, sondern das muss insgesamt in eine Strategie der sozialen Stadtentwicklung eingebettet sein. Deswegen konzentrieren wir uns auf die Großsiedlungen, die Plattenbauten, die Sanierungsgebiete und die Quartiersmanagementgebiete.

Die nächste Zusatzfrage geht an den Herrn Abgeordneten Niedergesäß – bitte!

Herr Senator! Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe, so habe ich den Eindruck, dass Sie sehr zaghaft an diese Geschichte herangehen, und habe meine Bedenken, dass in den Siedlungsgebieten, wo beispielsweise Ärztehäuser komplett in solchen Häusern untergebracht sind, etwas passiert.

[Wieland (Grüne): Bitte eine Frage stellen!]

Können Sie etwas zu der Modifizierung der Belastungen sagen, die jetzt pauschal 10 DM pro Quadratmeter betragen?

Herr Senator! Wenn Sie auf die Feststellungen antworten wollen, denn die Frage war nicht erkennbar, haben Sie das Wort – bitte!

Wir nehmen generell in all diesen Gebieten die Erdgeschosswohnungen aus. Dabei sind gar keine Antragsverfahren mehr notwendig, und damit entfallen auch Ausgleichszahlungen, denn die Zweckentfremdungsverbotsverordnung wird sich auf diese Erdgeschosswohnungen nicht mehr beziehen.

Hinsichtlich der Ärztehäuser in den Plattenbausiedlungen haben Sie Recht. Nicht Recht haben Sie z. B. hinsichtlich der Baubetreuungsbüros oder bestimmter kultureller Einrichtungen, Mutter-Kind-Gruppen und dergleichen mehr, die wir dort unterbringen wollen. Das gilt auch für soziale und therapeutischen Einrichtungen, die nicht unbedingt in Ärztehäusern untergebracht werden, und dergleichen mehr. Wir schaffen dort also ein großes Potential für eine Liberalisierung.

Die eigentliche Frage lautet: Warum muss man die Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Berlin insgesamt beibehalten? – Das Gebiet ist so groß, dass man nicht generell davon sprechen kann, dass alle Marktsegmente an Wohnungen beliebig verfügbar sind und man den Wohnraum nicht mehr schützen müsste. Vielmehr gibt es weite Gebiete in der Stadt, wo das Wohnen weiterhin geschützt werden muss, weil dort die Nachfrage sehr viel höher als das Angebot ist. Doch gibt es eben andere Bereiche wie z. B. in den Plattenbausiedlungen, innerhalb derer ein Überangebot an Wohnraum besteht, so dass wir diesen mutigen Schritt der Liberalisierung gehen können und die Erdgeschosswohnungen insgesamt aus dem Geltungsbereich herausnehmen. Diese Wohnungen können dann ohne Antragstellung, ohne Befreiung und ohne Gebühren zu gewerblichen Zwecken umgenutzt werden.

Das Wort zur nächsten Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Spindler – bitte sehr!

Herr Senator Strieder! Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und eine Kammer-Entscheidung bringt auch noch keine Gewissheit. Es freut mich, dass Sie gemeinsam mit dem Bezirksamt Charlottenburg die Beschwerde vorbereiten. Weitere Entscheidungen stehen noch aus. Unabhängig davon möchte ich Sie fragen, ob Sie es auch für einen Mangel halten – jedenfalls nach dem, was man der Entscheidung entnehmen konnte –, dass kein Unterschied zwischen Innenstadt und den sonstigen Bezirken gemacht wird. Halten Sie es deshalb für erforderlich, dass in der in Vorbereitung befindlichen Änderungsverordnung diesbezüglich eine Präzisierung erfolgt?

Meine zweite Frage schließt sich an.

Es ist nur eine Zusatzfrage erlaubt!

Kann ich davon ausgehen, dass wir – genauso wie Herr Dr. Arndt – den Entwurf für diese Änderungsverordnung auf den Tisch bekommen, damit wir im Ausschuss gemeinsam über diese Fragen diskutieren können?

Herr Senator – bitte!

Wenn es einen Entwurf gibt, dann bekommen Sie ihn auch auf den Tisch und nicht nur die Verbände. Das ist doch selbstverständlich.

Zu der anderen Frage: Das Gericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es um eine summarische Prüfung geht – also um eine Prüfung mit grobem Überblick. Für die Differenzierung, die Sie ansprechen, gibt es leider keine Rechtsgrundlage. Man kann nicht nach Gebieten differenzieren, in denen die Zweckentfremdungsverbotsverordnung gelten darf oder nicht, sondern wir müssen versuchen, andere Kriterien zu finden. Deswegen haben wir auf die Erdgeschosswohnungen abgestellt, und deswegen haben wir unsere Entscheidung an die Struktur bestimmter Wohngebiete geknüpft, aber nicht an bestimmte Bezirke.

(A) (C)

(B) (D)

Wir kommen nun zu den nächsten beiden Mündlichen Anfragen. Zunächst hat Frau Abgeordnete Freundl das Wort zu ihrer Mündlichen Anfrage über

Mittelstopp in der Berliner Arbeitsmarktpolitik

Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass vor dem Hintergrund der mit dem Haushalt 2001 schon beschlossenen Mittelkürzung von rund 75 Millionen DM an Landesmitteln für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – ABM – und Strukturanpassungsmaßnahmen – SAM – die neuerliche Reduzierung der ursprünglich benannten Mittel um weitere 15 Millionen DM für ABM und SAM das Ende einer Vielzahl von Projekten der sozialen Infrastruktur zur Folge hat sowie im Ergebnis Arbeitslosigkeit zu- und soziale Betreuung abnimmt, und wie sollen die 15 Millionen DM konkret erbracht werden?

2. Wie bewertet der Senat die Vorschläge der Senatsfinanzverwaltung, neuerliche Einsparungen bei ABM und SAM durch die Einrichtung von 6-Monats-Maßnahmen, befristet bis zum 31. Dezember 2001, zu erbringen und sind diese Vorschläge mit den Arbeitsämtern abgestimmt?

Nun Frau Dr. Klotz mit ihrer Anfrage über

Erwerbslose zahlen Zeche für die Misswirtschaft der großen Koalition

Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum wurden die für die Arbeitsmarktförderung bereitgestellten Haushaltsmittel für das laufende Jahr, die gegenüber dem Vorjahr ohnehin schon dramatisch gekürzt wurden, trotz Zusage des Finanzsenators bisher immer noch nicht vollständig freigegeben? Wann ist mit der Freigabe zu rechnen?

2. Und weil es einen direkten Zusammenhang zwischen den Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik und der Misswirtschaft bei der Bankgesellschaft gibt, für die Herr Landowsky persönlich und politisch Verantwortung trägt, übergibt ihm meine Fraktion heute für sein schlechtes Gewissen ein goldenes Ruhekissen!

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne) legt ein mit Spielgeld besticktes Kissen auf den Tisch vor Abg. Landowsky (CDU). – Abg. Dr. Köppl (Grüne) wirft Spielgeld in den Plenarsaal.]

Frau Abgeordnete! Ich kann dieses nicht akzeptieren! Ich e r t e i l e Ihnen für das Verhalten e i n e R ü g e Dieser Text steht nicht in Ihrer Mündlichen Anfrage, solche Dinge sind nicht in Ordnung – die bestellten Fotografen auch nicht!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Nun hat das Wort zur Beantwortung Frau Senatorin Schöttler!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Freundl! Zu Ihrer ersten Frage: Die Beratungen des Senats zum Nachtragshaushalt 2001 sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb können über Konkretisierungen zu den Kapiteln meines Haushalts noch keine Angaben gemacht werden. Wie wir bereits in der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen gestern ausführlich erörtert haben, beschränkt sich die Veränderung des Haushalts in meinem Bereich auf die pauschalen Minderausgaben in Höhe von 2 Prozent. Es gab im Zusammenhang mit der Auflösung der pauschalen Minderaus

gaben keine Kürzungen. Wir haben weitgehend Eingriffe auf Grund einvernehmlicher Verhandlungen zwischen der Finanzverwaltung und meiner Verwaltung vermieden.

Zu Ihrer 2. Frage: Es sind uns derartige Vorschläge nicht bekannt. Telefonische Rücksprachen auf Verwaltungsebene haben zu keiner Bestätigung von Seiten der Finanzverwaltung hinsichtlich dieser Vorschläge geführt. Grundsätzlich ist es die Absicht des Senats ABM und SAM bis zu 12 Monaten zu realisieren, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben, wenn es denn keine Anschlussbeschäftigung gibt. In Einzelfällen kann es aus finanztechnischen Gründen zu kürzeren Laufzeiten kommen, die dann immer mit einer Verlängerungsoption versehen sind. Die Arbeitsämter sind darüber entsprechend informiert.

Zu Ihrer Frage, Frau Abgeordnete Klotz: Auch darüber haben wir gestern im Ausschuss ausführlich diskutiert. Ich will es aber gern hier noch einmal wiederholen: Die Senatsverwaltung für Finanzen hat nach langen Diskussionen und intensivem Schriftverkehr die Sperre für den Haushalt der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen in Höhe von 80 Millionen DM mit Schreiben vom 7. Mai 2001 aufgehoben. Bis zur Verabschiedung des 1. Nachtragshaushalts bleibt die 2-prozentige Sperre bestehen. Die Servicegesellschaften sind über die Freigabe der Mittel bereits informiert. Damit können die geplanten Fördermaßnahmen weitgehend im geplanten Umfang umgesetzt werden.

Zur ersten Nachfrage die Fragestellerin Frau Freundl, bitte sehr!

Da wir den Kausalzusammenhang eben noch einmal dargestellt bekommen haben, frage ich dazu, ob es weitere Kürzungen geben wird. Frau Schöttler! Es ist sehr erfreulich, dass der Protest der Akteure der Arbeitsmarktpolitik gefruchtet hat und nun die 80-Millionen-DM-Sperre zurückgenommen wird. Aber jetzt beginnen die Verhandlungen zum Nachtragshaushalt. Ich möchte wissen, ob Sie in diese Verhandlungen zum Nachtragshaushalt gehen mit einem Konsens mit Senator Kurth, dass es keine weiteren Einsparungen im Bereich Arbeitsmarktpolitik geben wird, kurz gefragt: Sind die zu erbringenden 15 Millionen DM Einsparungen im Bereich SAM und ABM für den Nachtragshaushalt vom Tisch?