Protokoll der Sitzung vom 31.05.2001

Im dritten Anlauf ist es jetzt gelungen. Es hat zweieinhalb Legislaturperioden gedauert, bevor dieses selbstverständliche Grundprinzip jetzt durchgesetzt wurde. Das oberste politische Gremium dieser Republik hat, wie gesagt, vor fünf Minuten beschlossen, dass das Prinzip des rauchfreien Arbeitsplatzes in die Arbeitsstättenverordnung eingeführt wird. Damit bekommen die Nichtraucher einen Rechtsanspruch und werden aus der Bitthaltung herausgenommen. Dies möchte ich mit diesem schönen Antrag, den meine Fraktion beschlossen hat

[Heiterkeit bei den Grünen]

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übrigens ohne Gegenstimmen, nach anfangs etwas komplizierter Debatte –, als politisches Programm für Berlin zur Grundlage machen. Dafür bitte ich nach der Diskussion im Gesundheitsausschuss um Ihre Zustimmung. – Ich danke Ihnen.

[Allgemeiner Beifall]

Schönen Dank, Herr Dr. Köppl! Beifall bei allen Fraktionen – das haben Sie auch nicht alle Tage. Das ist schon etwas Besonderes. Für die Fraktion der CDU hat jetzt Mario Czaja das Wort – gegen die Raucher.

Der Kollege Köppl war vorhin noch eine rauchen, wie ich gesehen habe. – Dr. Köppl, die Mitglieder meiner Fraktion sagten mir, dass es üblicherweise zu einem dauerhaften Ritual von Ihnen gehört, diesen Antrag hier einzubringen.

[Frau Ströver (Grüne): Nein, der ist neu!]

Deswegen kann ich Ihnen gratulieren zu der Entscheidung der Bundesregierung, denn es war einer der Punkte, auf die ich hinarbeiten wollte, dass es jetzt Ihre Aufgabe wäre, in der Bundesregierung darauf hinzuwirken.

[Beifall bei den Grünen]

Aber manchmal überholen Sie uns eben doch, ohne einzuholen.

Ich mache es deswegen kurz. Es hat eine bestimmte Erotik, zum letzten Tagesordnungspunkt zu reden. Dass dieses Parlament mit dem jetzigen Vizepräsidenten und ehemaligen Gesundheitssenator Herrn Luther 1992 erstmalig das Verbot des Rauchens in öffentlichen Verwaltungen eingeführt hat, dass wir das hier draußen merken, Eingezwängtheit im Rauchercasino und viel Platz im Nichtraucherbereich, alles das sind sicherlich Intentionen, die schon in diesem Parlament verwirklicht wurden.

Einige Punkte, die Sie angesprochen haben, finden auch unsere Unterstützung. Ob wir das nun mit einem Verstärken des Beauftragtenwesens, das Sie fordern – die Verbindung mit dem Drogenbeauftragten – angehen müssen, wollen wir im Ausschuss diskutieren. Ich denke, wir können das – konstruktiv wie immer in gesundheitspolitischen Fragen – in aller Freundlichkeit in den Gesundheitsausschuss überweisen und uns dann genüsslich damit beschäftigen.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Czaja! – Für die Fraktion der PDS hat Frau Dr. Lötzsch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Vorredner Herr Czaja! Genauso wie es augenscheinlich von Dr. Köppl gemeinsam mit anderen ein Ritual ist, unter der Überschrift „steter Tropfen höhlt den Stein“ Nichtraucherinitiativen einzubringen, ist es auch ein Ritual in allen Fraktionen, dass sich plötzlich flügelübergreifend ganz neue Koalitionen in den Fraktionen bilden.

[Heiterkeit und allgemeiner Beifall]

Der eine Flügel verbündet sich völlig unerwartet mit einem anderen; auch gewisse niedere Instinkte kommen heraus. Die Jüngeren, vielleicht noch etwas der Pubertät verhaftet, holen demonstrativ ihre Zigarettenschachteln heraus, gehen hinaus und sagen: „Jetzt gehe ich erst mal eine rauchen“.

[Zuruf]

Ja, die Vernünftigen wie Herr Schlede bleiben hier, das haben wir wohl gehört. – Ich denke, dass wir heute in der Debatte schon etwas weiter sind. Wenn wir die Debatte in den letzten Jahren ansehen, hat insbesondere ein heute fraktionsloser Abgeordneter immer sehr prinzipielle Reden gehalten und alle, die sich für den Nichtraucherschutz eingesetzt haben, in eine nicht akzeptable Ecke gestellt.

[Wieland (Grüne): Er hat im Rechtsausschuss geraucht, der Dr. Wruck!]

Ja, Dr. Wruck hat im Rechtsausschuss geraucht,

[Zuruf: Unerhört!]

unerhört, ist richtig! –, um seinen Widerstandsgeist zum Vortrag zu bringen. Es hat ihm nicht viel genutzt, jetzt ist er hier allein und fraktionslos. Das ist vielleicht auch eine Warnung an bestimmte Raucherinnen und Raucher, dass dies das Schicksal sein kann.

Ich finde den Antrag von Herrn Dr. Köppl sehr diskussionswürdig und möchte die Durchsetzbarkeit kurz ansprechen. Es ist sehr schön, dass überall in den öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Bahnsteigen nicht geraucht werden darf. Aber wenn man auf dem U-Bahnsteig steht, Personen dort rauchen und dort eine wunderbare Durchsage kommt – „Bitte beachten Sie das Rauchverbot, vielen Dank für Ihr Verständnis“ –, wird dort ungerührt weiter geraucht. Es wäre ein Vorschlag, dort eine kleine Übung in Zivilcourage zu machen und andere Leute anzusprechen mit dem Hinweis: „Haben Sie es nicht gesehen, haben Sie es nicht gehört? Versuchen Sie es doch wenigstens mit meiner freundlichen Ansprache!“

Letzter Satz dazu: Es wird häufig gesagt: Wir lieben Amerika, aber was dort mit den Rauchern gemacht wird, ist einfach gemein, denn sie werden dort unterdrückt. – Aber ich denke, es gibt einen Politiker in der Bundesrepublik, den man sicherlich stark kritisieren kann, den aber alle Umfragen mindestens auf Platz 2 setzen: den Bundesaußenminister. Dieser hat den historischen Satz geprägt: Wir haben die Amerikaner nicht zu kritisieren. – Schönen Dank!

[Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Frau Dr. Lötzsch! Ich freue mich in der Tat über die große Übereinstimmung quer durch alle Fraktionen. Insbesondere als ehemaligen Gesundheitssenator freut mich das natürlich.

Last but not least hat Frau Helbig für die SPD-Fraktion das Wort. – Ich hoffe, Sie stimmen mit ein!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: In der Tendenz stimmt natürlich auch die SPD-Fraktion hier zu.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Herr Czaja, ich vermag noch nicht so richtig die Erotik der letzten Rederunde zu erkennen – aber nun gut.

[Zurufe]

Fest steht, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, und zwar für Raucher und Nichtraucher. Deshalb sind wir es insbesondere Kindern und Jugendlichen schuldig, die Voraussetzungen zu schaffen, dass ihre Gesundheit nicht geschädigt wird. Das kann man mit Sicherheit mit Schritten, wie sie in diesem Antrag skizziert sind, in die richtige Richtung bringen.

Wir müssen aber auch beachten: Rauchen ist eine Sucht. Nehmen Sie mir als überzeugter Nichtraucherin ab: Wir müssen dabei auch die persönliche Freiheit eines jeden Rauchers beachten, dass er irgendwo seiner Sucht frönen kann.

[Vereinzelter Beifall – Zuruf]

Ja, sicher, die SPD-Fraktion hat beispielsweise mit der Einführung von Druckräumen für Drogenabhängige auch kein Problem, aber das ist immer eine Frage der Mehrheiten.

Der Antrag ist von der Tendenz her positiv zu beurteilen. Er hat allerdings in der Systematik ein Problem, Herr Kollege Köppl. Sie haben nämlich die eigentlichen Forderungen in die Begründung geschrieben, wahrscheinlich, um die Akzeptanz des Antragstextes zu erhöhen. Deshalb schlage ich vor, wir sollten im Gesundheits- und Sozialausschuss noch einmal über die Details sprechen und uns ansehen, welcher Auftrag an den Senat hier gehen sollte. In diesem Sinne signalisieren wir durchaus Zustimmung. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Vielen Dank, Frau Helbig!

Die antragstellende Fraktion der Grünen bittet um Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Stimmenthaltung ist die Überweisung mit großer Mehrheit des Parlaments so beschlossen.

Wir sind damit am Ende unserer Tagesordnung und zu einem fröhlichen und gemeinsamen Abschluss gekommen, nachdem der Tag mit sehr ernsthafter Debatte begonnen hatte. Unsere nächste Sitzung findet am Donnerstag, dem 14. Juni 2001, um 13.00 Uhr an dieser Stelle statt. – Die Sitzung ist geschlossen.

[Schluss der Sitzung: 18.20 Uhr]

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A n l a g e 1 Konsensliste

Der Ältestenrat empfiehlt, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

TOP 3 14/1190 Gesetz zur Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes und anderer datenschutzrechtlicher Regelungen an InnSichO (f) u. Recht