Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

Dass diese erhebliche Änderung der Ursprungsvorlage nach intensiver Diskussion und unter Verzicht auf eine vom Senat vorgeschlagene verbindliche Erläuterung schließlich einstimmig beschlossen wurde, macht deutlich, wie konstruktiv Beratungen im Hauptausschuss unverändert sein können. Das zeigt sich auch daran, dass die CDU nicht gegen diesen Nachtragshaushalt gestimmt hat – sie hat ihm auch nicht zugestimmt –, sie hat sich enthalten, und sie hat sich auch nicht den Fristverkürzungen und Terminveränderungen im Beratungsverlauf entzogen. – Meine Damen und Herren von der Union, herzlichen Dank, das hat es mir erleichtert, die Haushaltsberatungen zu leiten.

Gestern schließlich haben wir neben weiteren Tagesordnungspunkten – herauszuheben sind die Hochschulverträge – die Auflagenbeschlüsse beschlossen, die Ihnen heute vorliegen.

Im Namen des Ausschusses will ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Herrn Schreiber und seinem Team für die geleistete Arbeit zu bedanken.

[Allgemeiner Beifall]

Wie stets wäre eine korrekte Haushaltsberatung ohne diese Arbeit undenkbar gewesen.

Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stenound des Ordnungsdienstes und auch die des Caterings haben nicht auf die Uhr geschaut und die arbeitnehmerunfreundliche Arbeitsweise des Hauptausschusses klaglos ertragen. Auch ihnen herzlichen Dank.

[Allgemeiner Beifall]

Bevor ich nun zum obligaten Schlusssatz der Berichterstattung komme, gestatten Sie mir eine eher persönliche Anmerkung. Ich weiß, dass die Wissenschaft der Politik wenig mit der Wissenschaft zu tun hat, die ich studiert habe. Daher weiß ich auch, dass es in der Politik auf eine konkrete Frage durchaus verschiedene politische Antworten geben kann. Fast bin ich geneigt zu sagen: Das ist auch gut so. Dass aber politische Standpunkte, insbesondere in Haushaltsfragen wesentlich davon abhängen, ob man Regierungsfraktion oder Opposition ist, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mich erstaunt in den letzten

Beratungen. In den Naturwissenschaften gilt nicht die Behauptung, sondern allein der Beweis. Dass das nicht auf die Politik übertragbar ist, nicht einmal auf die Haushaltspolitik, das bedauere ich. Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte in der Politik aber sollten doch die Begründungen und Argumente konsistenter sein.

[Zuruf des Abg. Adler (CDU)]

Es ist mein Wunsch, dass wir uns künftig um den richtigen Weg streiten,

[Niedergesäß (CDU): Nur noch auf Video 5 beispielsweise!]

das aber mit nachvollziehbaren Argumenten und einig in dem Ziel, unsere Stadt aus ihrer beängstigenden finanziellen Situation zu befreien.

Und nun der rituelle Schlusssatz: Meine Damen und Herren, der Hauptausschuss bittet Sie, den Nachtragshaushalt 2001 entsprechend seinen Beschlussempfehlungen anzunehmen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Dr. Seitz. Ich spreche im Namen des ganzen Hauses allen Damen und Herren, die im Hauptausschuss ihre Arbeit leisten – wie wir wissen, ist dafür immer viel Engagement und Zeit nötig – herzlichen Dank aus!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das ist, denke ich, auch einen Beifall wert.

Die Einzelpläne werden wir nachher mit den Änderungsanträgen verbinden. Darüber wird am Schluss aller Redebeiträge abgestimmt.

Ich weise noch darauf hin, dass wir keine Kurzinterventionen zulassen. Das machen wir bei Haushaltsberatungen immer so, das ist dann auch so beschlossen.

Nunmehr kommen wir zur Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Kaczmarek das Wort – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss am Anfang dieser Haushaltsdebatte einen Irrtum bekennen. Bis vor kurzem war ich davon ausgegangen, dass dieser rot-grüne Übergangssenat nicht handlungswillig sei.

[Zuruf des Abg. Hillenberg (SPD)]

Nachdem ich die Damen und Herren Senatoren in den Haushaltsberatungen im Hauptausschuss erlebt habe, muss ich mein Urteil allerdings grundlegend ändern: Meine Damen und Herren vom Übergangssenat, Sie sind schlichtweg nicht handlungsfähig.

[Beifall bei der CDU – Ha, ha! und Gelächter von der PDS – Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Dass sich Herr Wowereit und Frau Krajewski weigern, einen Haushaltsplan für das kommende Jahr vorzulegen, das habe ich bisher für eine bösartige Verstocktheit gehalten. Aber jetzt sehe ich es ein, sie sind dazu gar nicht fähig. Das dünne Brett Ihrer Koalitionsvereinbarung zeigt es genau. Sie haben kein inhaltliches Programm, Sie haben keine Übereinstimmung außer dem gemeinsamen Ziel: die Macht. Sie haben keine Vorstellungen zur Konsolidierung außer ein paar Allgemeinplätzen.

Was haben Sie denn den Bürgern dieser Stadt versprochen? – Die SPD wollte in der großen Koalition gemeinsam mit der CDU den Landeshaushalt sanieren. Den Fahrplan haben wir Ende 1999 in schwierigen Verhandlungen, an denen auch Frau Fugmann-Heesing teilnahm, mühsam festgelegt. Dann wollten Sie einen Nachtragshaushalt haben. Den hatte Finanzsenator Kurth zügig und kompetent vorgelegt. Dann hieß es, wir können nur einen Nachtragshaushaltsplan verabschieden, wenn es strukturelle Entscheidungen zur Haushaltskonsolidierung gibt. Der Senat hat mit seinem 50-Punkte-Papier und auch die CDUFraktion hat mit ihren weitreichenden Vorschlägen die Vorarbei

ten dazu geleistet. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Die strukturellen Sparbeschlüsse waren Ihnen nicht einmal wert, sie zu lesen.

Allerdings, meine Damen und Herren, gerade von der SPDFraktion, der Fluch der bösen Tat holt Sie heute ein. Vielleicht hätten Sie sie doch besser lesen sollen, die 50 Punkte, dann wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass Sie gestern im Hauptausschuss bei den Auflagenbeschlüssen der CDU, die samt und sonders aus der 50-Punkte-Liste stammen, an vielen Stellen zugestimmt haben, vernünftigerweise zugestimmt haben.

[Beifall bei der CDU – Müller-Schoenau (Grüne): Ach nee! – Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Auf Ihre 50 Punkte zur strukturellen Sanierung des Haushalts waren wir seither. Wir sind ja bescheiden. Uns hätten schon fünf Punkte gereicht. Außer der Ankündigung von Frau Krajewski, zwar keinen Haushalt, aber wenigstens Strukturbeschlüsse vorzulegen, herrscht Funkstille. Vielen Dank, Frau Finanzsenatorin, für diese Bemühungszusage. Ihre Kraft reicht nur dazu aus, den fast unveränderten Nachtragshaushalt von Eberhard Diepgen und Peter Kurth vorzulegen und zu behaupten, das sei das, was Sie schon immer wollten. Da kann man allerdings von Glück reden, dass Sie in Ihren Reihen Senatsmitglieder haben, die sich mit dem Abschreiben auskennen. Und wenn es schon bei der Juraklausur nicht ganz geklappt hat, wenigstens haben Sie den Nachtragshaushalt des letzten Senats richtig abgeschrieben.

[Beifall und Heiterkeit bei der CDU]

Nun lernt man ja im Rahmen der Täuschung auch hinzu, und damit die Täuschung nicht zu offenkundig wird, haben Sie noch schnell eine Liste nachgeschoben, mit der noch einmal 90 Millionen DM umverteilt werden – 90 Millionen von 47 Milliarden DM! Wahrhaftig eine Heldentat!

Herr Wowereit, es genügt nicht, Probleme zu beschreiben. Man muss sie auch lösen. Es genügt auch nicht, Regierungserklärungen abzugeben des Inhalts: Wir werden mal mit allen Gruppen der Stadt sprechen. – Sie sind als Regierender Bürgermeister gewählt worden und nicht als Moderator einer Realityshow.

[Beifall bei der CDU – RBm Wowereit: Da muss er ja selber lachen!]

Regieren bedeutet führen. Sie allerdings wollen nur die Wählerinnen und Wähler dieser Stadt an der Nase herumführen. Ein Regierender Bürgermeister, der mit dem Anspruch der Überwindung alter, verkrusteter Strukturen antritt, ist in der Pflicht, seine Alternative darzustellen und sich nicht in den großen Schuhen seines Vorgängers zu verstecken.

[Beifall bei der CDU – Gelächter bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Von Neuanfang ist bei diesem Senat keine Spur. Was Wunder auch bei einem Senat, dessen Altersdurchschnitt bei über 50 Jahren liegt.

[Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne) – Wolf (PDS): Und Steffel ist nicht John F. Kennedy, der wäre jetzt 84!]

Wer sich bedenkenlos für die Macht entscheidet, ohne Verantwortung zu übernehmen, der schadet dieser Stadt.

Und wer behauptet, die bisherige Regierung unter der Führung der CDU hätte keine Konsolidierungserfolge erzielt, der versucht, die Wählerinnen und Wähler in dieser Stadt zu täuschen.

[Cramer (Grüne): Was ist denn mit den 6 Milliarden DM bei der Bankgesellschaft? Sagen Sie doch mal etwas dazu!]

Die Erfolge, Herr Cramer, die Ihnen vielleicht entgangen sind, weil Sie sich ausschließlich mit bestimmten etwas schmalspurigen Themen in dieser Stadt beschäftigen,

[Beifall bei der CDU]

die Erfolge sind:

−ein kontinuierlicher, sozial verträglicher Abbau von 60 000 Stellen im öffentlichen Dienst seit 1991. Das entspricht etwa 4,8 Milliarden DM. Kein anderes Bundesland hat eine solche Leistung vollbracht.

−die Bezirksgebietsreform – Verringerung der Anzahl der Bezirke von 23 auf 12,