nach Schmöckwitz! Gehen Sie nach Schulzendorf und erklären dort den Leuten, warum sie auf ihre Lebensqualität verzichten sollen. [Beifall bei der PDS]
Sie müssen endlich einmal auf den Punkt kommen. Sie müssen diese Risiken, die Probleme angehen und nicht weiter erzählen, wie toll das alles sei.
Eines dieser Probleme ist diese Standortentscheidung. Der Standort Schönefeld ist in dem ordentlichen Raumordnungsverfahren von 1994 als „nicht geeignet“ klassifiziert worden. Der Konsensbeschluss, der keinen rechtlichen Belang hat, hat das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens auf den Kopf gestellt. Seitdem gilt der Konsensbeschluss als Bibelwort, als unangreifbar. Das Problem haben Sie damit nicht aus der Welt geschafft.
Sie haben durch die große Koalition die Formulierung aus dem Konsensbeschluss in den Landesentwicklungsplan „engerer Verflechtungsraum“ einfach übertragen – ebenso in das Landesentwicklungsprogramm. Das Oberverwaltungsgericht Frankfurt/ Oder hat zu Recht bemängelt, dass ein solches Verfahren eben keine planungsrechtliche Grundlage ist und dass es an keiner Stelle des Planungsverfahrens eine ordentliche und sachgerechte Standortabwägung gegeben hat. Legen Sie eine Standortabwägung vor! Bringen Sie diese in das Planfeststellungsverfahren ein! Dann sind auch diese rechtlichen Belange zumindest angegangen worden. Das OVG hat zu Recht gesagt: Solange eine solche Standortabwägung nicht sachgerecht erfolgt ist, ist auch das gesamte Planfeststellungsverfahren juristisch angreifbar. Wir sehen weitere Gerichtsurteile deutlich auf das Verfahren zukommen. [Beifall bei der PDS]
Im Planfeststellungsverfahren haben wir die nächsten Probleme. – Ich benenne nur einige, die mir wirklich aufgefallen sind, weil ich in der letzten Zeit häufig in Schöneweide am Plananhörungsverfahren teilgenommen habe. – Das Problem der Altlasten: Es ist eben ein Unterschied, ob man sagt „Es gibt 123 Altlastenverdachtsflächen“ und ob man innerhalb des Planfeststellungsverfahrens nur 30 anschaut und nur fünf ordentlich untersucht – von 123 Altlastenverdachtsflächen sind fünf untersucht worden – oder ob eine ordentliche Untersuchung gemacht wurde. Dann gibt es noch so etwas wie ein Bodenschutzgesetz. Das ist ein Bundesgesetz. Das besagt: So denn bekannt ist, dass Altlasten drin sind, besteht ein Sanierungszwang. – Was macht die Verwaltung, die gewusst hat, welche Verdachtsflächen dort sind und welche Belastung in diesem ganzen Gebiet tatsächlich vorhanden sind? Nichts, es gibt alte Öllager, sehr viele alte Munitionsreste und, und, und. Da wird im Gottvertrauen – es kommt BBI; es wir alles schön gemacht – die Sanierung einfach unterlassen. Sie werden, nur um eine sachgerechte Altlastenuntersuchung vorlegen zu können, mindestens zwei Jahre lang diese ganzen Flächen untersuchen müssen. Das ist im Planfeststellungsverfahren von international renommierten Wissenschaftlern nachgewiesen worden. Sie können nicht einfach so tun und sagen: Es gibt keine Probleme. – Das ist ein Problem. Es ist ein Kostenproblem. Es ist klar, dass kein privater Investor dieses Problem so einfach erst einmal schultern wird.
Ein anderes Problem ist der Lärm. Sowohl Herr Cramer als auch Herr Gaebler sagen: Na ja, den Lärmschutz hängen wir ganz hoch. – Dann frage ich mich, warum in diesem Planfeststellungsverfahren ausgerechnet ein Herr Prof. Dr. Dr. Jansen auftritt, dessen Lärmberechnungsgrundlage für Lärmbelastungen von 1967 ist. Dieser Herr Prof. Dr. Dr. Jansen, der auch als Gutachter in einem Planfeststellungsverfahren am Flughafen Hamburg aufgetreten ist, ist vom dortigen Gericht zurückgewiesen worden mit der Begründung: Wir werden hier doch keine Oldtimer Jansen aufleben lassen für einen Lärmschutz, bei dem die Lärmwirkungsforschung inzwischen das Jahr 2001 schreibt. Dieser Herr Jansen ist der Hauptgutachter für das Lärmgutachten in Schönefeld. Es ist völlig unakzeptabel, dass es bisher nicht eine einzige Initiative seitens der Befürworter des Flughafens gegeben hat, um ordentliche Lärmbelastungskarten erstellen zu lassen. Es gibt deutliche Stellungnahmen – das stimmt – sowohl von der Senatsverwaltung von Frau Schöttler als auch
von Herrn Strieder, die genau dieses Lärmgutachten von Jansen zurückweisen. Aber es gibt keine Initiative – weder von der Anhörungsbehörde noch sonst irgendwem –, um ein anständiges Lärmgutachten auf den Tisch zu legen. Das nächste Risiko ist, dass das Bundesverwaltungsgericht, vor dem dieses Planfeststellungsverfahren landen wird, es natürlich auf dieser Grundlage zurückweisen wird.
Ganz abgesehen davon: Wenn dort Gutachter auftreten und die Maßeinheiten Phon und Dezibel, Meter und Kubikmeter nicht auseinander halten können, dann finde ich das mehr als nur verwunderlich. Auch das ist während des Anhörungsverfahrens in Schöneweide vorgekommen.
Lärm ist auch eine Frage mit finanziellen Folgen. Auch die Frage, ob die betroffenen Gebiete in den Unterlagen als Wohnoder Gewerbegebiete eingestuft wurden, hat finanzielle Folgen. Übrigens ist auch das nachgewiesenermaßen Nicht-ausgleichen-Können von Umweltbelastung und Naturbeschädigung und demzufolge das Ins-Auge-Fassen von einem finanziellen Ausgleich für Umweltbelastungen nicht mit einer Zahl belegt, aber die Experten sagen, dass es sich um eine zweistellige Millionensumme handelt. Auch diese muss irgendwann in den Kostenrechnungen auftauchen.
Es wurde mehrfach gefordert, dass die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens längst hätten zurückgewiesen werden müssen. Wir sehen mit Entsetzen, dass dieses Verfahren im Wissen all dieser Mängel einfach weitergeführt wird – nach dem Motto: Das Bundesverwaltungsgericht ist auch nur ein Gericht. Es könnte auch anders entscheiden. – Wir sagen: Das ist eine Handhabung, bei der man einmal in sich gehen und sich fragen sollte, ob der Rechtsstaat nicht eigentlich zum Schutz der Bürger da ist und nicht zum Schutz von schlechten Planungsunterlagen. [Beifall bei der PDS]
Weil heute wenig Zeit ist, nenne ich noch einige Stichworte: Sie wissen gar nicht, was Sie eigentlich privatisieren wollen – ob die BBF mit den Schulden oder ohne sie. Soll der Flughafen mit den Grundstücken, die noch zu erwerben sind, privatisiert werden, oder wählt man doch das Erbpachtmodell, was hieße, die öffentliche Hand müsste die Grundstücke kaufen und in Erbpacht geben? Das sind die Rahmenbedingungen, die die Investoren interessieren. Kann der Investor mit einer Flughafengebühr rechnen oder nicht? Aus dieser Flughafengebühr will er ja seine finanziellen Einsätze für die Errichtung des Flughafens refinanzieren. Manchmal höre ich: Gar nicht. Rechtlich nicht durchsetzbar. – Manchmal höre ich 10 DM, dann wieder 10 Euro. Brutto oder netto? Wo sind die Rahmenbedingungen dieses Privatisierungsverfahrens? Die wollen wir auf dem Tisch haben. Dann können wir weitersehen.
Was hier abläuft – das ist der Grundkonflikt dieses gesamten Verfahrens –, ist Folgendes: Sie wollen einen Flughafen bauen, von dem Sie nicht wissen, ob er überhaupt planungsrechtlich durchsetzbar ist. Sie wollen einen Flughafen privatisieren, von dem Sie auch nicht wissen, wie er aussieht. Sie wollen ihn auch privatisieren, obwohl Sie nicht wissen, mit welchen Rahmenbedingungen eine solche Privatisierung vonstatten gehen soll. Solange Sie das nicht klären können, kann kein Investor der Welt ein Angebot auf den Tisch legen, das vielleicht irgendwann akzeptabel ist.
Der Schattenhaushalt der BBF gehört längst aufgelöst. Da wären auch die Zinszahlungen des Landes Berlin, die Jahr für Jahr hineingesteckt werden, um die BBF am Leben zu erhalten, endlich einmal aufgelöst. Das wäre mutig gewesen, Herr Wowereit.
Zur Verkehrsinfrastrukturanbindung will ich mich kurz fassen. Wir haben den Lehrter Bahnhof noch nicht fertig, aber da soll ein unterirdischer Bahnhof mit sechs Gleisen für einen Flughafen gebaut werden, wo man nicht weiß, wie viele Passagiere dort überhaupt abzufertigen sein werden. Es ist keinerlei Rege
lung der Kreuzungskosten vorhanden. Die Bahn sagt, wir machen alles, wenn ihr uns die Infrastruktur schenkt; im Übrigen müsst ihr aber Verkehrsleistungen bestellen und bezahlen. Und so geht es weiter.
Es kommt mir im Moment so vor, als sei auch die neue Regierung ein bisschen in der Situation wie der Schneider von Ulm: Sie sind auf den Kirchturm geklettert und haben ein untaugliches Fluggerät mitgenommen. Wir können nur davon abraten, zu springen.
Ein Zitat von Herrn Diepgen sei mir noch erlaubt. Er sagte 1999 in der Debatte, als hier mit den politischen Mehrheiten die ersten Verträge mit Hochtief durchgedrückt wurden: Der Flughafen kommt, der wird gebaut werden, daran werden auch nicht irgendwelche Gerichtsverfahren etwas ändern. – Herr Wowereit, merken Sie sich diesen Satz! Ich möchte nicht, dass er Ihnen auch einmal aus dem Munde rutscht.
Danke schön, Frau Kollegin! – Das Wort hat nunmehr für den Senat der Regierende Bürgermeister. – Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat von Berlin steht ohne Wenn und Aber zum Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Flughafen Berlin Brandenburg International, und zwar zum Großflughafen als Singlestandort.
Wir stehen auch ohne Wenn und Aber zum Konsensbeschluss, und nicht nur der Berliner Senat, sondern insgesamt die drei Gesellschafter. Das ist ein gutes Zeichen, dass sich die Gesellschafter hier einig sind.
Ich weiß gar nicht, warum eine Oppositionspartei nun meint, irgendwelche Zweifel säen zu sollen, oder meint, sie habe irgendetwas bei der Frage gepachtet, wie wichtig es ist, dass die Region Berlin-Brandenburg einen leistungsstarken Flughafen bekommt, der für die wirtschaftliche Entwicklung der Region Berlin-Brandenburg ein ganz wichtiger Faktor ist, nicht nur für die Arbeitsplätze, die direkt am Flughafen entstehen, nicht nur für die Arbeitsplätze, die durch den Bau des Flughafens entstehen, sondern auch für Standortentscheidungen vor allem auch von international operierenden Firmen, die einen Standort auch davon abhängig machen, ob sie gute Anbindungen haben. Da ist ein gut ausgebauter Flughafen eine Garantie dafür, dass eine Standortentscheidung für Berlin-Brandenburg gefällt wird.
Ein für die Stadt so wichtiges Projekt ist nicht nur durch den Konsens einer Regierung zu tragen, sondern jeder, der politische Verantwortung für die Stadt trägt, egal ob in Regierung oder Opposition, muss dieses konsequent durchsetzen und durchführen. Nach der heutigen Debatte habe ich daran erhebliche Zweifel. Wie stellt sich das dar? – Da gibt es einen Fraktionsvorsitzenden, der sich bei der wichtigen Abstimmung der Stimme enthalten hat, jetzt aber Reden hält, als ob er schon immer der glühende Befürworter für den Singlestandort Berlin Brandenburg International gewesen wäre.
Diese Entscheidung muss auch die CDU mal deutlich für sich treffen. Noch heute hat die Bezirksbürgermeisterin Wanjura von Reinickendorf – in Klammern: CDU – bei der Eröffnung der neuen Abfertigungsgebäude klipp und klar erklärt, sie kämpfe dafür, dass auch nach Fertigstellung des Großflughafens Berlin Brandenburg International Tegel offen bleibt.
Das entzieht die Grundlage sowohl dem Planfeststellungsverfahren wie auch dem Privatisierungsverfahren. Dass der Abgeord
nete Niedergesäß, immerhin ein wortgewaltiges Mitglied der CDU-Fraktion, sich hier offen hinstellt und sagt, er werde alles tun, um den Flughafen in Schönefeld zu verhindern,
Da nutzt es auch nichts, dass man mal eine Reise nach Brüssel unternimmt. Das ist sehr schön, erhöht vor allem die Flugzahlen, die brauchen wir auch, die sind ein bisschen rückläufig, und Sie sollten immer sehr viel fliegen. Ich habe gehört, Sie fliegen auch nach Stuttgart, da werden wir den nächsten Vorwurf bekommen. Ich kann Ihnen sagen, ich fliege auch nach Stuttgart, aber nicht zu Daimler-Chrysler – nicht dass in der nächsten Debatte wieder gesagt wird, der Senat hätte auch nach Stuttgart fliegen müssen. Nach München zu Herrn Stoiber möchte ich auch nicht morgen fliegen, sondern ich fliege nach Karlsruhe zum 50jährigen Jubiläum des Bundesverfassungsgerichtes – damit da keine Irritationen entstehen.
Der Senat braucht keine Ratschläge dafür, wie er Investitionen ermöglicht. Der Senat braucht auch keine Ratschläge dafür, wie er Mittel bei der Europäischen Union in Brüssel akquiriert. Wir haben ein wunderbar arbeitenden Büro, für das wir Sachkompetenz haben, die auch wahrgenommen wird.
Wenn sie etwas an der Frage zu kritisieren haben, warum Mittel noch nicht abgeholt worden sind, dann verstehe ich nicht, warum Sie das nicht zuerst in Ihren eigenen Reihen geklärt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Erkenntnis erst in den letzten drei Monaten gewachsen sein soll, sondern dann hätten vorher auch schon einmal etwas passieren sollen.
Ich bin auch nicht bereit, hier eine Analyse durchzuführen, wer was wann irgendwo falsch gemacht hat. Ich finde es unverantwortlich, wenn ein führender Berliner Vertreter einer Brandenburger Einrichtung Dilettantismus vorwirft. Ich glaube, wir sollten alle gemäßigt bei der Frage vorgehen, wer bei diesem gesamten Verfahren Flughafen etwas falsch oder richtig gemacht hat und wo Risiken begründet worden sind. Da sollten wir Berliner uns auch etwas zurückhalten.
Wir sind interessiert daran, gemeinsam mit dem Land Brandenburg und dem Bund als Gesellschafter alle Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Großflughafen realisiert wird.
Das ist in der Tat kein einfaches Verfahren. Bei allen Bekenntnissen muss man eines erst einmal ernst nehmen, was man auch nicht durch Argumente einfach vom Tisch wischen kann: die Sorgen der Menschen, die dort vor Ort sind und sich durch den weiteren Ausbau des Flughafens beeinträchtigt fühlen. Das muss man ernst nehmen, und das nehmen wir auch ernst.
Wir nehmen auch das Planfeststellungsverfahren ernst. Es ist ein formalisiertes Verfahren, und da sind selbstverständlich die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Träger öffentlicher Belange, der Gemeinden und der sonstigen Träger, zu berücksichtigen und in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren durchzuführen. Deshalb sind die Anhörungen, die dort durchgeführt werden, juristisch eines der kompliziertesten Verfahren. Man sieht, wie lange allein die Verwirklichung in München gedauert hat, nämlich Jahrzehnte, wie lange und kompliziert Verfahren in Hamburg gelaufen sind.
Herr Gewalt, Sie sind sonst nicht immer bereit, auf kleine Städte zu gucken, gucken Sie mal auf die Verfahren! Es war eine besondere Situation in Leipzig. Wir haben aber hier andere Verhältnisse. [Zurufe von der CDU]