Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Berger! Ich möchte mich zunächst bei Ihnen für die Leitung der Enquetekommission bedanken, die bei Ihnen in sehr guten Händen war, wodurch eine sehr gute Arbeitsatmosphäre geherrscht hat.
Aber leider haben Sie in Ihrem Vortrag – das ist mir zu kurz gekommen – die Dissense nicht aufgebrochen.
Sie haben von Nachhaltigkeit als Kaugummibegriff gesprochen. Ich habe das geahnt und mir eine Definition dazu herausgesucht. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig,
wenn sie die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation befriedigt, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Das hat einmal die Bund-Länder-Kommission so genannt. Diese Definition haben wir in der Enquetekommission nicht erreicht. Wir haben dort – um einmal Bilanz zu ziehen – wenig über Nachhaltigkeit gesprochen. Wir haben uns auf hohem akademischen Niveau über Kleinigkeiten gestritten und sind zum Teil mit ökologischen Ideologien überfrachtet worden. Allein über die Frage, was die Metropole Berlin ist, haben wir über zwei Sitzungen diskutiert und konnten trotzdem keine einheitliche Meinung, keine Linie finden. Ich kann also den Kolleginnen und Kollegen nur die Lektüre dieses Berichts ans Herz legen, um deutlich zu machen, wo die Schwerpunkte und die Dissense der einzelnen Parteien liegen.
Wir als CDU-Fraktion sind der Meinung, dass für eine nachhaltige Entwicklung dieser Stadt Zielsetzungen notwendig sind, Ziele, die die Politik real erreichen kann. Wir halten nichts von Indikatoren, die wie ein Bummiheft mit Blümchen und Häkchen einzelne Bereiche abhaken, um eine Politik dann als nachhaltig zu betrachten. [Beifall bei der CDU]
Mir hat auch in dieser Diskussion gefehlt, und ich bin der Meinung, dass gerade die Enquetekommission daran gekrankt hat, dass in keinem Maße die Menschen in der Stadt mitgenommen wurden. Wir haben akademisch diskutiert, den Menschen in dieser Stadt klar gemacht, dass sie zu viel Ressourcen verbrauchen, ohne ihnen eine Chance zu geben, in diesem Bereich mitzumachen. Herr Berger und Prof. Rogall, das war Ihr Credo, dass wir verzichten, abschneiden und verbieten müssen. Genau das kann keine Entwicklung sein, sondern wir müssen die Menschen mitnehmen, und sie müssen Fähigkeiten lernen, das zu entwickeln, wir dürfen nicht per Gesetz verbieten.
Mit welcher Begründung wollen wir den kommenden Generationen Probleme mit Verzicht und Sparen aufbürden? Denn jede Generation – das ist das, was zukunftsgerichtet ist – hinterlässt der nachfolgenden geistige und materielle Ressourcen. Wir hätten an diesen geistigen und materiellen Ressourcen arbeiten müssen, die wir den nachfolgenden Generationen hinterlassen wollen, indem wir ihnen die Chance geben, die Probleme, die uns und sie betreffen, zu lösen, anstatt kleinkariert und ideologisch verbrämt an Blümchenseherei, an ökologischen Fußabdrücken zu diskutieren. Herr Berger, wir können in Berlin keine Felder anbauen, wo wir Weizen für Berlin aussäen. Berlin wird immer eine Stadt bleiben, die einen großen ökologischen Fußabdruck hat. Das ist eine Diskussion, die nur dazu führt, die wirklichen Probleme zu verdrängen.
Wenn die nächste Enquetekommission an der Erweiterung dieses Berichts und an konkreten Handlungszielen arbeitet, dann kann ich nur bitten, dass wir endlich versuchen, die Menschen mitzunehmen, dort abzuholen, wo sie sind, und mit Verzichtsübungen und Einschränkungen jeglicher Art aufhören. Ich wünsche dabei viel Erfolg. – Danke schön!
Menschliches Leben und Wirtschaften ist an einem Punkt angelangt, an dem es Gefahr läuft, sich seiner eigenen natürlichen Grundlagen zu berauben. In allen Staaten der Erde setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine langfristige und dauerhafte Verbesserung der Lebensverhältnisse nur möglich ist, wenn sie die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen mit einschließt.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, hat sich nicht irgendein Hochschullehrer ausgedacht, sondern so beginnt der Bericht der ehemaligen Bundesregierung anlässlich der UN-Sonderversammlung 1997 in New York. Aber Sie haben
diesen Bericht leider nie gelesen und zur Kenntnis genommen, sonst hätten Sie in unserer Enquetekommission nicht so gesprochen, wie sie gesprochen haben.
Leider kommen alle Untersuchungen der Politikwissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Politik nicht in der Lage ist, derartige Fehlentwicklungen, wie sie die alte Bundesregierung dargestellt und berichtet hat, vorbeugend zu verhindern, sondern vielmehr das Kind immer und immer wieder in den Brunnen fallen muss. Die Wissenschaftler nennen das Politikversagen.
Nun befürchten viele Menschen, dass die Wissenschaftler Recht haben, denn wenn auch einzelne Umweltbelastungen in den westlichen Industriestaaten zurückgegangen sind, die globale Umweltbilanz fällt verheerend aus: Klimaveränderung, Ozonloch, schleichende Vergiftung unserer Biosphäre, Artensterben und die Übernutzung der natürlichen Ressourcen. Oft scheint es mir, als wenn die Kritiker Recht hätten, wenn sie denken, dass wir alle zu oft kleinkariert und in rein tagespolitischen Kategorien, arbeitsteilig statt vernetzt denken und handeln. Die SPD-Fraktion jedenfalls will diesen Politikstil verändern.
Die Weltgemeinschaft hat versucht, den Vorwurf des Politikversagens zu widerlegen, indem sie sich auf der UN-Konferenz in Rio 1992 auf das neue Entwicklungsziel „sustainable development“ – nachhaltige oder auch zukunftsfähige Entwicklung – einigte. Die Europäische Gemeinschaft hat dieses Ziel in ihrem EVU-Vertrag von Amsterdam und Deutschland im Grundgesetz aufgenommen.
Auch im Abgeordnetenhaus haben wir zumindest versucht, durch zahlreiche Anträge und Einsetzung zweier Enquetekommissionen Anstöße für eine derartige zukunftsfähige Entwicklung zu geben. Leider hat die Mehrzahl der Ausschüsse – ich glaube, das muss man hier festhalten – diese Zielrichtung noch nicht in ihre Arbeit aufgenommen. Auch das, meine ich, wollen wir gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode ändern.
Die Aufgabe der Enquetekommission in dieser Legislaturperiode bestand in der Operationalisierung des Nachhaltigkeitsbegriffs. Hierzu wurden wir beauftragt, ein Ziel- und Indikatorensystem zu erarbeiten, um so der Berliner Politik endlich eine Richtschnur oder, wenn Sie so wollen, einen Kompass für die tagespolitischen Entscheidungen, die wir nach wie vor zu fällen haben, zu geben.
Bei der Erarbeitung ihres Entwurfs haben die rot-grünen Mitglieder die Definition einer nachhaltigen Entwicklung wie folgt konkretisiert:
Eine nachhaltige Entwicklung strebt für heutige und künftige Generationen hohe ökologische, ökonomische und sozialkulturelle Standards im Rahmen der Grenzen des Umweltraumes an.
ich zitiere hier den Entwurf des umweltpolitischen Schwerpunktprogramms der Ministerin Merkel aus dem Jahr 1998 –
und damit auch der Umweltpolitik eine Schlüsselrolle zu, denn die natürlichen Lebensgrundlagen begrenzen die Umsetzungsmöglichkeit anderer Ziele.
Die Umwelt ist eben ein limitierender Faktor. So ist der Austausch zwischen Ozonschicht oder mehr Einkommen, eben nicht verhandelbar. Viele, leider nicht alle, können sich heute in Deutschland entscheiden, ob sie mehr arbeiten und damit mehr Einkommen oder mehr Freizeit wollen.
Eine Entscheidung aber zwischen Natur und mehr Einkommen gibt keinen Sinn, weil Sie sich nicht zwischen Wasser oder Luft, Einkommen oder Lebensgrundlagen entscheiden können, weil ohne Natur das menschliche Leben eben nicht funktioniert und damit eine solche Entscheidung völlig sinnlos ist.
In diesen Zielen waren sich zumindest Rot-Grün einig. Deshalb haben wir unsere Entwürfe zusammengefasst. Aus der Sicht der SPD sollte das Ziel- und Indikatorensystem 11 etwa gleichwertige Qualitätsziele aus den wichtigsten gesellschaftlichen Bereichen nicht nur der Ökologie, sondern allen gesellschaftlichen Bereichen umfassen. Aus diesen Zielen sollen dann politisch handhabbare und messbare Handlungsziele abgeleitet werden. Wir haben das System so angelegt, dass die prozentuale Abweichung
zwischen dem Ziel und dem erreichten Iststand jeweils einmal im Jahr vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit bis zum Jahr 2020
Gemach, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Liebling Kreuzberg für unseren B-NaX in der Tagesschau und Abendschau wirbt, dann wird im Jahr 2020 der dann ziemlich graue Kollege Kaczmarek das übernehmen können und die Zeit der B-NaX-Bullen mitteilen können.
Das haben Sie nicht richtig mitbekommen. Der graue Kollege Kaczmarek wird dann ab dem Jahr 2020 vielleicht die Chance haben, den Stand unseres B-NaX mitzuteilen und ausrufen: „Die Zeit der Bullen ist gekommen!“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bornschein! Vielleicht könnten Sie mir einmal zuhören. – Bei Ihrem Beitrag hatte ich den Eindruck, als wären wir in unterschiedlichen Kommissionen gewesen. Das, was Sie hier vorgetragen haben, spottet jeder Beschreibung. Gerade von Ihrer Seite war angedacht, diese Arbeit auszusetzen. Ich habe dies einfach öfter auch als Boykott der Sache angesehen. Sie hatten es in der Hand, sich hier einzubringen, aber Sie haben einfach versucht, diese Arbeit aufzuhalten. Das möchte ich nur einmal vorab erwähnen.
Ich komme nun zu dem Bericht der Enquetekommission. Nach dem Beschluss dieses Hauses zur Einsetzung war die Arbeit für fast drei Jahre geplant. Unser Ziel war es eigentlich, das bis 1996 geforderte Handlungsprogramm nun endlich zu erstellen. Dass es nun zur vorzeitigen Beendigung unserer Tätigkeit kommt, ist im Wesentlichen der nachhaltigen Fehlentwicklung in dieser Stadt geschuldet. Einen Politikwechsel haben wir schon lange gefordert. Wir hoffen, dass nun mit neuen Mehrheiten auch für die Zukunftsfähigkeit der Stadt mehr getan werden kann.
Sie brauchen gar nicht so lange und so laut zu schreien. Das hilft Ihnen auch nicht weiter. Sie waren die Blockierer. Trotz der kurzen Arbeitszeit der Enquetekommission sind wir ein Stück vorangekommen. Wir sehen diesen vorliegenden Arbeitsbericht als einen Zwischenbericht an, auf dessen Grundlage weitergearbeitet werden soll.
Die hier jeweils nebeneinanderstehenden drei Positionen zum Leitbild und zum Ziel- und Indikatorensystem sind zum Teil sehr unterschiedlich. Es gibt aber auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Diese sollten wir nutzen und ausbauen.
Ich komme nun zu dem Erreichten: Für uns war und ist es wichtig, ein kurzes einprägsames Leitbild zu formulieren. Sie können das im Bericht nachlesen. Bei der Arbeit des Ziel- und Indi