Protokoll der Sitzung vom 24.02.2000

Die finanziellen Größenordnungen, die Sie genannt haben, kann ich nicht bestätigen, Herr Over. Es mag sein, dass das stimmt. Aber natürlich ist es richtig und ein großer Vorteil und endlich ein Fortschritt, dass nicht „Bastelbuden“ versuchen, ein Solarzentrum auf die Beine zu stellen, sondern große Firmen wie RWE oder Siemens. Sie wissen, dass beispielsweise British Petrol die größte Forschungsanstrengung im Rahmen der Solarenergie macht. Ich glaube, es wäre eine gute Auszeichnung für Berlin, wenn all diese renommierten Firmen ihre Anstrengungen in regenerative Energien in diesem Zentrum vorführen würden.

Die nächste Frage geht nun an Herrn Abgeordneten Wieland!

Ich habe eine Frage an den Quasi-Justizsenator, Herrn Diepgen. – Herr Diepgen! Teilen Sie die Sorge der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin, dass im Hinblick auf die Aufarbeitung der CDU-Regierungskriminalität möglicherweise die sachlichen und personellen Kapazitäten nicht ausreichen? Ich nenne einmal als Beispiel, wenn es umfangreiche Meineidsermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss geben sollte, was nicht so fernliegend ist, wenn man hört, dass agierende Personen dort mit divergierenden Aussagen hinein gehen wollen. Deswegen die Frage: Haben Sie mit Generalstaatsanwalt Karge über diese Problematik bereits gesprochen, und was gedenken Sie zu tun?

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Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Das waren mindestens vier Fragen. Ich will sie im Einzelnen aufarbeiten.

Erstens: Sie unterstellen eine Sorge der Staatsanwaltschaft, die mir nicht bekannt ist. Zweitens: Es gibt eine generelle Sorge bei der Staatsanwaltschaft, dass die personelle und sächliche Ausstattung – übrigens nicht nur mit Mitarbeitern, die selbst Ermittlungen durchführen, also Amtsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft, sondern insbesondere auch im Bereich des mittleren Dienstes – nicht ausreichen. Meine Schlussfolgerung ist, dass ich demnächst Sie bitten werde, mich zu unterstützen, wenn es darum geht, Personaleinsparungen in dem Bereich zu vermeiden.

[Wieland (GRÜNE): Wenn es um die Aufdeckung von Regierungskriminalität geht, immer!]

Mit dem Kollegen Karge werde ich über die Frage sprechen, denn Ihre Frage lässt bei mir die Sorge entstehen, dass irgendein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Irritationen in die Öffentlichkeit bringt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie einfach eine Behauptung aufgestellt haben, über Sorgen im Zusammenhang mit einem speziellen Fall von Strafverfolgung, die überhaupt jeder Grundlage entbehrt, denn Herr Abgeordneter, das würden Sie doch mit Ihrer Verantwortung als Abgeordneter nie in Übereinstimmung bringen wollen.

Eine Zusatzfrage durch den Fragesteller!

Herr Regierender Bürgermeister! Da dürfen Sie ganz sicher sein, dass ich keine Sorgen erfinde, die bei der Staatsanwaltschaft nicht da sind und auch geäußert werden. Aber ich frage einmal weiter: Ist es denn zutreffend oder auch wieder eine Erfindung des Abgeordneten Wieland, dass bereits im ersten Fall eines Ermittlungsverfahrens in Zusammenhang mit diesem Komplex „CDU-Regierungskriminalität“ Sie oder Ihr Staatssekretär Rauskolb versucht haben, eine Einzelweisung der Staatsanwaltschaft zu geben? Ist dies zutreffend, und wie halten Sie es in solchen Verfahren mit Einzelweisungen?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Abgeordneter! Ich will vermeiden, die Frage jetzt sozusagen leger zu beantworten, interjection: [Wieland (GRÜNE): Darum bitte ich auch!]

was angesichts der politischen Zielrichtung, die Sie verfolgen, leicht eine Versuchung bei mir ergeben könnte.

[Wieland (GRÜNE): Es ging um Herrn Hüllen!]

Ich will es zunächst einmal ganz konkret sagen. Erstens: Konkrete Einzelweisungen in einem solchen Fall gibt es nicht. Zweitens: Ich behalte mir allerdings vor – –

[Wieland (GRÜNE): Haben Sie es getan?]

Ich behalte mir allerdings vor, – –

[Wieland (GRÜNE): Die Frage war: Haben Sie es getan, Herr Diepgen?]

Wenn Sie richtig zugehört haben, habe ich diese Frage schon verneint. Es kann ja sein, dass Sie in Ihrem politischen Eifer nicht richtig zuhören, aber nun sage ich es noch einmal. Herr Abgeordneter, wir kennen uns doch wohl lange genug, dass Sie mir die politische Klugheit zutrauen, eine Einzelweisung in einem solchen Punkt noch nicht einmal zu versuchen.

[Wieland (GRÜNE): Der Staatssekretär auch?]

Und der Staatssekretär ist mindestens genauso klug, seien Sie ganz sicher.

Nächster Punkt: Ich nutze die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass in der Tat ich mir natürlich auch vorbehalte, so, wie es die Rechtslage ist, die notwendigen Informationen zu erhalten über das, was im Hause Justiz, und zwar auch in der Staatsanwaltschaft, an rechtlich relevanten Vorgängen passiert. Und das sind auch dort Fragestellungen, das behalte ich mir vor. Wobei wir beide vor dem Hintergrund unserer beruflichen Ausbildung und Herkunft wissen, dass man mit Weisungen in einem solchen Punkt sehr zurückhaltend ist und wenn, dann höchstens ein rechtliches Gespräch führt. Übrigens, auf rechtliche Gespräche freue ich mich in besonderer Weise.

[Wieland (GRÜNE): Haben Sie aber offenbar auch nicht getan!]

Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Spontanen Fragestunde.

Die lfd. Nr. 2 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

a) Drucksache 14/150:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetz 2000 – HG 2000)

b) Drucksache 14/157:

Bericht über die Finanzplanung von Berlin 1999 bis 2003

c) Drucksache 14/166:

Bericht über die Investitionsplanung von Berlin 1999 bis 2003

in Verbindung mit

Drucksache 14/202:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zur Sanierung des Haushalts 2000 (Haushaltssanierungsgesetz 2000 – HSanG 2000)

Wird der Dringlichkeit hinsichtlich des Haushaltssanierungsgesetzes widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Die ersten drei Vorgänge sind bereits vorab zur Beratung an den Hauptausschuss überwiesen worden. Nachträgliche Zustimmung darf ich hier feststellen.

Für die gemeinsame Beratung bzw. Besprechung der Berichte empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu 20 Minuten pro Fraktion in der freien Aufteilung auf die Redebeiträge. Der Senat wird gebeten, in der Aussprache zu beginnen und den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2000 einzubringen und zu begründen. Ich möchte den Senat bitten, sich auch an diese Gesamtredezeit der Fraktionen in etwa zu halten. – Einen Widerspruch höre ich nicht. Dann gebe ich Herrn Senator Kurth das Wort zur Einbringung des Haushalts. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Senat legt Ihnen den ersten Haushalt der begonnenen Legislaturperiode vor, dazu Haushaltssanierungsgesetz, Finanz- und Investitionsplanung.

In dieser Legislaturperiode fallen Entscheidungen über die Zukunft des Länderfinanzausgleichs und des Solidarpakts. Aus beiden Finanzströmen decken wir heute ein Viertel unseres Haushalts. Die künftigen Verhandlungsergebnisse betreffen daher die finanzielle Lebensfähigkeit unseres Landes unmittelbar. Das Verfassungsgericht hat die wesentlichen Elemente des

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Sen Kurth

Finanzausgleichs bestätigt. Wir sind uns mit der Mehrheit der Bundesländer einig, dass das vorzulegende Maßstäbegesetz von dem Prinzip des kooperativen Föderalismus, der Solidarität der Bundesländer, getragen sein muss. Es geht um zweistellige Milliardenbeträge. Das darf aber niemanden zu dem Trugschluss verleiten, unsere eigenen Konsolidierungsbemühungen seien damit fast nebensächlich. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Bemühungen Berlins um die Konsolidierung seiner Finanzen aus eigener Kraft werden auch in den anderen Ländern und im Bund sehr genau verfolgt. Ohne eigene Anstrengungen wird es keine Bereitschaft der anderen geben, an einer für Berlin angemessenen Neuregelung mitzuwirken. Wir sind nicht Kostgänger oder Bittsteller. Wir erwarten, dass der Bund sich an den besonderen finanziellen Lasten, die Berlin als Regierungssitz zu tragen hat, beteiligt. Mit den Leistungen für die Hauptstadtkultur ist es nicht getan, wenn wir Entwicklungsmaßnahmen und Infrastruktur finanzieren, die allein durch den Regierungssitz entstehen. Mit ihrer Weigerung verstößt die Bundesregierung gegen klare vertragliche Vereinbarungen.

Erneut erreichen wir den Ausgleich unseres Haushaltes nur durch eine hohe Neuverschuldung und den erheblichen Einsatz eigenen Vermögens. Unser Finanzierungsdefizit liegt bei 15 Prozent des Haushaltes. Wer auch morgen noch politisch gestalten will, muss heute um die notwendigen Freiräume kämpfen.

Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Das hat auch nie jemand behauptet. Klar ist aber auch: Nur bei einem ausgeglichenen Haushalt behält der Staat auf Dauer Handlungsfähigkeit, bleiben wir politikfähig. Wir wissen, die Verschuldung des Landes ist im letzten Jahrzehnt drastisch gewachsen, die Gründe hierfür sind bekannt. Das Zusammenwachsen der Stadt hat finanzielle Anstrengungen gefordert, das Wegbrechen des industriellen Sektors, der daraus folgende Anstieg der Arbeitslosigkeit, der zu rasche Abbau der Bundeshilfen. Diese Belastungen wirken fort, und auch in den nächsten Jahren wird die Verschuldung weiter steigen. Wir bekommen den Anstieg in den Griff. Aber wir zahlen schon heute 10,2 Millionen DM pro Tag allein an Zinsen. Ich erspare mir Beispiele, was man damit Sinnvolleres machen könnte.

Wir haben in der Finanzplanung deutlich darauf hingewiesen: Für einen Großschuldner wie Berlin birgt jede Zinssteigerung ein erhebliches Risiko. Ein Prozent Zinssteigerung bedeutet für unseren Haushalt mehr als 600 Millionen DM zusätzliche Belastung. Keiner darf hiervor die Augen verschließen.

[Müller-Schoenau (GRÜNE): Der Senat!]

Die Steuerquote von 41 Prozent ist auch, aber nicht nur ein Ausweis unserer geringen Steuerkraft. Sie ist vor allem ein Beleg dafür, dass unsere Ausgaben zu hoch sind. Es gibt kein relevantes Ausgabenfeld, in dem Berlin bei den Kosten nicht an der Spitze aller Bundesländer liegt. Zum Teil übertrifft es den Durchschnitt um ein Mehrfaches. In einer solchen Situation geht es nicht um die Verteidigung des Status quo. Es kann und darf nicht alles so bleiben, wie es ist. Politik für das neue Berlin heißt, den Veränderungsprozess zu akzeptieren und zu steuern, nicht, ihn zu blockieren. Der Senat stellt sich diesem Reformprozess und wird in dieser Legislaturperiode die Ausgaben um 4,5 Prozent absenken, und das bei steigenden Zinsbelastungen. Unsere Politik wird daran gemessen werden, wie weit es gelingt, auf die Rasenmähermethode zu verzichten. Die Alternative hierzu heißt: Setzen klarer Prioritäten.