Protokoll der Sitzung vom 13.04.2000

Mit der gestrigen Entscheidung des Hauptausschusses, die neu gegründete Genossenschaft Bremer Höhe aus Prenzlauer Berg bei Erwerb und Sanierung ihrer 514 Wohnungen finanziell zu unterstützen, ist ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. Das ist ein Beitrag zur sozialen Stadtentwicklung.

[Gaebler (SPD): Na, also!]

Wir loben auch, wenn es angebracht ist, Herr Gaebler! – Denn durch das Engagement der Mieter und ihr Bleiben im Kiez findet eine soziale Stabilisierung in einem Problemgebiet statt, können Modernisierung und Instandsetzung bei langfristig sozial verträglichen Mieten durchgeführt werden. Zugleich wird damit ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entlastung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften geleistet, da diese finanziell kaum mehr in der Lage sind, ihren Altbaubestand zu sanieren.

Berlin muss Mieterstadt bleiben.

[Niedergesäß (CDU): Bleibt es auch!]

Die Stabilisierung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist für die Mieter auch deshalb wichtig, weil die öffentlichen Unternehmen besser als ihr Ruf sind. In einer Umfrage im Auftrag des Berliner Mietervereins lagen die städtischen Wohnungsunternehmen bei den zwei wichtigsten Kriterien in der Beurteilung der Mieter an den Spitzenpositionen.

Noch ein paar Worte zu den In-sich-Geschäften: Bisher sind auf diese Weise Einnahmen von rund 750 Millionen DM in den Landeshaushalt geflossen. Den Unternehmen entstanden allein durch diese Kaufpreiszahlungen 1998 und 1999 Zinsbelastungen von 88 Millionen DM. Es ist im Grunde genommen eine verdeckte Kreditaufnahme des Landes.

Dieses Superressort erfordert eigentlich eine Superrede.

[Doering (PDS): War doch super!]

Einen letzten Satz darf ich dennoch sagen: Herr Strieder, Sie haben nach Ihrer Wahl gesagt, ein gutes Pferd springt knapp. Bisher ist es ein bisschen eigenartig. Entweder scheut das Pferd

[Frau Oesterheld (Grüne): Es hoppelt!]

oder die Hindernisse erweisen sich als zu groß oder der Reiter versucht sich unter der Messlatte durchzuschlängeln. Das kann so nicht sein. Arbeiten Sie daran!

[Beifall bei der PDS – Zuruf des Abg. Dr. Lehmann-Brauns (CDU)]

Schönen Dank, Frau Kollegin! – Das Wort für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Goetze. – Bitte schön!

[Dr. Rogall (SPD): Herr Niedergesäß hat so viel zu sagen!]

Nein, Herr Niedergesäß möchte nicht. Herr Goetze spricht jetzt, Herr Kollege Rogall!

[Zuruf: Oh! – Niedergesäß (CDU): Ich komme schon noch zum Zuge!]

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Goetze

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben von der Kollegin Matuschek eine wohlmeinende Kommentierung unserer Koalitionsvereinbarung gehört. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Es ist viel Positives herübergekommen. Wir sind auch gut daran, das, was wir uns vorgenommen haben, zu verwirklichen. Nicht verwirklichen werden wir allerdings die Ansätze der achtziger Jahre in der Verkehrspolitik. Darüber sind die Zeit und die Entwicklung in dieser Stadt, sind die Anforderungen einfach hinweggegangen. Insofern wird das, was Sie uns seit anderthalb Jahrzehnten gebetsmühlenartig vortragen, in der Sache auch nicht besser.

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

Vielmehr gehe ich davon aus, dass wir auch die aktuellen Probleme lösen können. Zu den aktuellen Problemen gehört auch der Bau der U 5. Ich bin ausgesprochen zuversichtlich und denke, dass wir heute Signale und demnächst Entscheidungen haben werden, die ganz eindeutig dazu führen, dass die U 5 möglichst unverzüglich gebaut wird,

[Beifall bei der CDU]

denn all die Scheinargumente, die heute angeführt werden, um sie nicht zu realisieren, gelten in fünf oder zehn Jahren genauso. Deshalb ist das etwas unehrlich von denjenigen, die diesen Bau kritisieren.

[Dr. Rogall (SPD): Herr Kurth lügt nicht!]

Dann sollen sie lieber sagen: Wir wollen es gar nicht haben –, aber diese Verschiebung ist nicht mit realistischer und ehrlicher Politik zu begründen.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Ich denke, dass wir bauen werden und das zügig.

Der Bauetat ist heute schon mehrfach erwähnt worden, und zwar immer dann, wenn die Senatsverwaltungen, die vor dieser, die wir jetzt besprechen, in der Erörterung waren, mitteilen konnten, dass dieses oder jenes Programm zu Lasten des Bauetats bei ihnen verwirklicht wird. Das ist auf der einen Seite für die Stadt eine wichtige Geschichte, etwa bei der Schulsanierung, auf der anderen Seite macht es aber deutlich, dass im Stadtentwicklungsetat stark gekürzt worden ist. 112 Millionen DM sind im Rahmen der Haushaltsberatungen gestrichen worden. Wir müssen natürlich darauf achten, dass diese Streichungen nicht zu Lasten des Investitionsvolumens gehen, eines Investitionsvolumens, das bei uns auch Arbeitsplätze sichert. Wir müssen einfach sehen, dass die Streichung von 150 000 oder 200 000 DM an Investitionsmitteln pro Jahr jeweils einen Arbeitsplatz kostet.

[Cramer (Grüne): Kommt darauf an, wie Sie sie anlegen!]

Es gibt einen Großteil von Firmen, die Monopolisten sind – wie z. B. die Wasserunterhaltung oder Ähnliches –, und da gibt es vom freien Markt so gut wie keine Aufträge. Hier müssen wir darauf achten, dass ein Mindestmaß an Infrastruktur erhalten und gesichert bleibt.

Wir werden in der City-West die nicht mehr in das Gesamtbild der Architektur und unsere Stadtentwicklungsvorstellungen passenden Bauten der 60er und 70er Jahre beseitigen und in der City-West ein würdiges Pendant zur City-Ost entstehen lassen. Wir werden in der City-Ost daran gehen, ein Gebäude mit der Schlossfassade und einer modernen inneren Nutzung wieder aufzubauen, und zwar möglichst schnell.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir sind auf einem guten Weg, alle Fraktionen schwenken, aus verschiedenen Richtungen kommend, auf das ein, was die CDUFraktion schon seit längerem als Idee favorisiert hat.

[Zuruf des Abg. Berger (Grüne)]

Wir hatten leider eine Investorensuche, die nicht zum Ergebnis geführt hat, allerdings auch deswegen nicht, weil man mitten im Verfahren die Anforderungen verändert hat, was nicht ganz fair ist. Deswegen ist es auch etwas fehl am Platz, heute zu sagen, es gebe keine privaten Investoren, denn die hat man auf diese Weise einfach ausgebootet.

Wir hatten dann eine Kommission zu besetzen. Das ist wieder so eine Geschichte, die offensichtlich von den Gegnern des Schlosses initiiert worden ist. Das ist mein persönlicher Eindruck. Es wurde eine Kommission besetzt, bei der sich in den letzten zwei Monaten nichts getan hat, und deswegen habe ich ein wenig den Eindruck, dass die Gegner dieses Wiederaufbaus mit der vielleicht etwas zeitraubenden Gründlichkeit der Befürworter arbeiten und diesen Bau letztlich doch verhindern wollen. Ich meine wie bei der U 5: Dann sollen sie es lieber sagen, anstatt auf diese merkwürdige Art und Weise vorzugehen. [Liebich (PDS): Ich sage es: Wir wollen die U 5 verhindern!]

Wir haben im Vorfeld oder während der Etatdebatte immer wieder Hinweise aus den Bezirken bekommen – Stichwort: Stadtbild und Brunnensanierung. Da haben wir die etwas merkwürdige Situation, dass erst Bezirke aus einem rein parteipolitischem Ansatz heraus Brunnen z. B. verkommen lassen – sie nicht mehr sanieren und nicht mehr betreiben. Dann können sie über mehrere Jahre wehklagen, wie grässlich und schrecklich alles ist und wie ungerecht der Senat ist. Anschließend kriegen sie dann als Bonus die Sanierung präsentiert und finanziert, und ich warte nur darauf, dass wir in ein oder zwei Jahren feststellen müssen, dass diese Anlagen dann auch wieder hin sind, weil man in manchen Bezirken kein Interesse hat, an dieser Stelle etwas für das Stadtbild zu tun.

Ähnlich verhält es sich beim Lamentieren um die Grünmittel. Wir mussten feststellen, dass die interessierten Kreise und Verbände sich vehement dafür eingesetzt haben, dass die Grünunterhaltung auf dem Status quo verbleibt. Man war dort der Auffassung, es gebe ein dramatisches Absinken. Wenn wir uns die Ist-Zahlen des letzten Jahres anschauen, dann sind 72 Millionen DM für die Grünerhaltung in den Bezirken angesetzt worden, und 70 Millionen DM sind ausgegeben worden. Das ist fast eine Punktlandung, und insofern kann man sich an dieser Stelle auch nicht beschweren.

Wir werden in der Zukunft mehr Wert auf die Frage legen müssen, wie wir EU-Mittel bekommen. Wir haben das Umweltentlastungsprogramm für die Förderperiode 2000 bis 2006. Die Projektträgerschaft ist ausgeschrieben und entschieden. Es gibt auch Schwerpunktsetzungen im Haushalt, was den Mitteleinsatz angeht. Soziale Stadtentwicklung ist dabei ein wesentlicher Schwerpunkt. Völlig weggefallen ist bedauerlicherweise die Investitionsförderung bei kleinen und mittleren Unternehmen. Das ist eine Fehlentwicklung, wie ich meine, denn diese Investitionshilfen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass Branchenkonzepte erarbeitet werden konnten und dass viele Unternehmen in das Boot geholt wurden, um Umweltentlastungen zu befördern. Ich denke, dass wir hier wachen Auges darauf achten müssen, dass es beim Einsatz dieser UEP-Mittel nicht zu Fehlentwicklungen kommt. Wir sollten uns wesentlich intensiver als in der letzten Legislaturperiode mit dem Einsatz dieser Mittel beschäftigen.

Wir werden in dieser Legislaturperiode Wohnungsbaugesellschaften verkaufen, aber nennen dazu ganz deutlich Essentials und den Blickpunkt im Rahmen einer Gesamtstrategie: Erstens bricht dieser Verkauf keine Mietverträge. Wir werden, um eine vernünftige Mietenentwicklung sicherstellen zu können, noch in diesem Jahr einen Gesamtberliner Mietenspiegel vorlegen können. Wir haben das Essential, 300 000 Wohnungen in landeseigenen Gesellschaften zu behalten. Wir haben unmittelbar nach der Regierungsbildung – das Thema „Bremer Höhe“ ist schon angesprochen worden – die Genossenschaftsgründungen massiv unterstützt, und wir werden in dieser Richtung einen deutlichen Schwerpunkt legen.

Wir müssen sehen, dass wir die belegungsgebundenen Wohnungen besser verteilen, denn nicht so sehr der Gesamtzustand der Stadt oder einzelner Quartiere, sondern das Wohnumfeld, die Bildungseinrichtungen und Ähnliches sind maßgebend für Wegzüge.

[Beifall des Abg. Radebold (SPD)]

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Belegungsgebundene Wohnungen – möglicherweise auch in Form von Handel – sind hier besser zu verteilen. Das Zweckentfremdungsverbot ist teilweise zu lockern und die Fehlbelegungsabgabe weiter zurückzuführen. Wir haben uns zu kümmern um Betriebskostenabsenkungen und um den Einsatz der Förderprogramme der IBB. Davon gibt es über ein Dutzend, und die kann man zusammenfassen und optimieren.

Der Haushaltsentwurf, der zur Beschlussfassung ansteht, bietet einen guten Rahmen, all diese Ziele mittelfristig zu erreichen und in diesem Jahr die Pflöcke dafür einzuschlagen. Ich bitte Sie herzlich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Das Wort hat nun Frau Kollegin Oesterheld – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Goetze! Es war ja wieder zum Ergötzen.