Und weiß die Bankgesellschaft Berlin, welchen Einfluss das Land Berlin auf das Gebaren der Immobilienholding der Bankgesellschaft hat? – Ich sage, Letzteres weiß die Bankgesellschaft, nämlich keinen Einfluss. Insofern handelt es sich hier auch um ein untaugliches Modell.
Ich stelle aber gleichzeitig die Frage: Warum kann das Land Berlin nicht selbst das machen, was die Bankgesellschaft vorschlägt, nämlich zu sagen: 25 % der Wohnungsbestände – das ist das Angebot der Bankgesellschaft – der GSW werden privatisiert. Dann sage ich: Warum ist es nicht möglich, dass die GSW 25 % ihrer Wohnungsbestände Mietern und Genossenschaften anbietet und darüber die kommunale Wohnungsversorgung gesichert bleibt und die GSW im öffentlichen, im kommunalen Besitz bleibt und damit wirklich die Steuerungsmöglichkeit des Landes Berlin existiert und zugleich der Genossenschaftsgedanke in dieser Stadt gestärkt bleibt? Es gibt keinen haushaltspolitischen Zwang, es ist nicht alternativlos, die Wohnungsbaugesellschaften zu veräußern und dem freien Markt zu überantworten, sondern es gibt politische und finanzierbare Alternativen. Und ich finde, sie müssen diskutiert werden, anstatt in kurzfristigem Denken und unter Inkaufnahme weiterer sozialer Probleme hier den Ausverkauf eines der Grundpfeiler des sozialen Ausgleichs in dieser Stadt in Kauf zu nehmen.
Zu den notwendigen Veränderungen in dieser Stadt gehören nicht nur Strukturreformen unter dem Stichwort Haushaltskonsolidierung, sondern es gehört dazu auch die Frage, wie Berlin mit seiner neuen Rolle als Parlaments- und Regierungssitz umgeht. Der Innensenator scheint von dieser neuen Rolle offensichtlich überfordert zu sein. Seine Vorstöße zur Einschränkung des Demonstrationsrechts in der Innenstadt demonstrieren dies deutlich. Wir halten es für eine demokratische Selbstverständlichkeit – das zeichnet eine demokratische Hauptstadt aus –, dass Berlin Demonstrationen in der Innenstadt und in der Nähe des Parlaments- und Regierungssitzes hat und diese nicht nur duldet, sondern sie als demokratische Markenzeichen mit Stolz aushält und begrüßt.
Ich bin froh, dass sich der Deutsche Bundestag mehrheitlich dem Ansinnen des Innensenators, das Demonstrationsrecht in der Innenstadt einzuschränken, verweigert hat. Das Demonstrationsrecht ist eines der grundlegenden Rechte. Es darf nicht zur Spielmasse der Stadtbildpflege werden.
Zum Thema Demonstration gehören allerdings auch die Demonstrationen und Märsche der NPD in der letzten Zeit durchs Brandenburger Tor. In der Tat waren das beschämende Bilder, die um die Welt gingen. Es war ein Alarmsignal dafür, dass Rechtsradikale in dieser Stadt offensichtlich zunehmend meinen, dass der Zeitpunkt gekommen sei, ihre gesellschaftliche Ächtung zu durchbrechen.
[Kittelmann (CDU): Was ist Ihre Meinung zum Linksradikalismus? – Zuruf von der PDS: Eine qualifizierte!]
Sie können sich gerne unterhalten. Ich will Sie dabei nicht stören. – Das Thema des erstarkenden Rechtsextremismus löst man jedoch nicht durch Richterschelte und Verbote. Wo war die Stimme des für Justiz zuständigen Senatsmitglieds, als die Unabhängigkeit der Gerichte in dieser Stadt diskutiert wurde
und in Frage stand? Das war ein deutliches Zeichen, die Angliederung des Justizressorts beim Regierenden Bürgermeister war keine gute Lösung, sondern eine schlechte.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dem Innensenator diese Aufmärsche gar nicht so ungelegen kamen. Hat er doch keine Gelegenheit ausgelassen, um regelmäßig zu erklären, dass sich ohne eine generelle Einschränkung des Demonstrationsrechts das Problem der NPD-Aufmärsche nicht lösen lasse. Das ist falsch. Die richtige Antwort wurde am 12. März erteilt, als die Berliner Initiative für ein Europa ohne Rassismus versucht hat, die demokratische Öffentlichkeit am Brandenburger Tor zu mobilisieren und deutlich zu machen, dass es eine demokratische Öffentlichkeit und Mehrheit und engagierte Bürgerinnen und Bürger in Berlin gibt, die ein Wiedererstarken des Rechtsextremismus nicht wollen, das öffentliche Auftreten von Rechtsradikalen bekämpfen und dem widerstehen. Das ist die demokratische Antwort auf die Provokation der NPD – nicht Richterschelte und der Appell an die Gerichte, sondern das aktive Engagement der Bürger der Gesellschaft.
Ich hoffe, dass eine solche Antwort auch am 1. Mai in Hellersdorf gegeben wird, wenn die NPD versucht, erneut einen rechtsradikalen Aufmarsch zu organisieren.
Ich begrüße, dass die CDU den Aufruf, den wir im Abgeordnetenhaus verabschiedet haben, mitgetragen hat. Es ist ein Dokument politischen Fortschritts. 1998 stand die CDU bei einer ähnlichen Aktion noch auf der anderen Seite des Brandenburger Tors, während auf der einen Seite der DGB, die Jüdische Gemeinde, die SPD, die PDS und die Grünen gegen Rechtsradikalismus demonstrierten. Die CDU stand abseits und demonstrierte gegen Extremismus von links und rechts. Es ist ein Fortschritt, dass es diesmal anders war. Ich wünsche mir allerdings nicht nur Ihre Zustimmung im Abgeordnetenhaus, sondern auch aktive Präsenz und Eingreifen in solchen Situationen und nicht nur verbale Bekundungen.
Ich wünsche mir vor allen Dingen von der CDU – insbesondere von der Berliner – klare Worte gegen Kampagnen, die dem Rechtsradikalismus den Nährboden geben.
Kampagnen in der Tradition von Roland Koch mit der Parole „Kinder statt Inder“ oder „Inderwahnsinn“ sind rassistisch und fremdenfeindlich und zerstören das innerpolitische Klima. Sie geben dem Rechtsradikalismus den Nährboden und liefern ihm die nötigen Stichworte.
In der Tat, Herr Kittelmann – Ich komme zu einem auch Sie interessierenden Thema, nämlich zu einem anderen Beispiel, in dem Demokratie nur durch ein aktives Eintreten von Bürgerinnen und Bürgern geschützt werden kann. Damit bin ich beim Verfassungsschutz. Die rekordverdächtige Zahl der Skandale dieses Amtes hat wohl auch dem Letzten klar gemacht, dass der Berliner Verfassungsschutz der Demokratie mehr geschadet als genutzt hat. Es war ein Lehrstück, dass ein MfS-Mann so brauchbar war und das, was er in der DDR als Bespitzelungstechniken gelernt hat, ihn so überaus brauchbar für seine neuen Aufgaben in der Demokratie gemacht hat. Damit blamiert sich die Rede von den überaus guten auf der einen und dem überaus schlechten Geheimdiensten auf der anderen Seite einer Wirklichkeit. Es ist pikant, dass Mitglieder meiner Fraktion, die zu DDR-Zeiten als Oppositionelle von der Hauptabteilung 20 des MfS observiert wurden, jetzt wieder in den Dunstkreis der Observation eines ehemaligen Mitarbeiters dieser Hauptabteilung geraten – Heute allerdings unter der Führung eines christdemokratischen Innensenators.
Darauf ist nicht die Überführung des Landesamtes für Verfassungsschutz in eine Abteilung der Innenbehörde eine Antwort, sondern die vollständige Auflösung der Verfassungsschutzbehörde. Demokratie kann nicht mit den Mitteln der Konspiration, des Vertrauensbruchs und der Denunziation geschützt werden. Demokratie braucht Öffentlichkeit und aktives Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Veränderungsbedarf in Berlin besteht auch bezüglich des politischen Klimas. Der Kalte Krieg ging weltweit vor über zehn Jahren zu Ende, und er muss endlich auch in Berlin überwunden werden. Keine Stadt ist so sehr von den Erfahrungen des Kalten Kriegs gekennzeichnet und geprägt wie Berlin. Das ist kein Wunder, denn Berlin war die Frontstadt des Kalten Krieges. In Berlin stand die Mauer, und diese Erfahrung hat im Osten wie im Westen geprägt. Wir erleben heute immer noch – trotz aller positiven Veränderungen und produktiven Begegnungen und der Zusammenarbeit von Ost und West –, wie sehr die fortdauernden Unterschiede noch existieren. Unterschiedliche Erfahrungen, Kulturen, die Erfahrung von Benachteiligung im Einigungsprozess im Osten, Unverständnis im Westen über Klagen, die aus dem Osten kommen – all das ist nach wie vor Bestandteil der politischen Realität, der politischen Diskussion und des Umgangs in dieser Stadt. Der augenfälligste Ausdruck davon ist die Spaltung des politischen Systems, die wir nach wie vor in Berlin haben. Der Osten ist durch die Stärke der PDS gekennzeichnet,
der Westen durch die Stärke der CDU. Diese beiden Parteien stehen in der Hauptverantwortung für die Überwindung dieser Gräben. Beide Parteien standen in der Vergangenheit für die Fronten des Kalten Krieges, der diese Stadt nach wie vor kennzeichnet. Das Ausspielen von Ost gegen West und umgekehrt darf nicht länger Mittel der Austragung parteipolitischer Konkurrenz in Berlin sein.
Der verbale Kampf gegen das „mausgraue Ostniveau“ und „sozialistische Wärmestuben“ muss ebenso überwunden werden wie DDR-Nostalgie als Politikersatz.
Die Diskussion um das Verfassungsgericht war insgesamt kein Ruhmesblatt dieses Parlaments, aber es gab ein gutes Zeichen, nämlich die Wahl eines Vorschlags der PDS, der in der letzten Legislaturperiode noch heftig umstritten war, auch und gerade mit den Stimmen der CDU. Ich weiß, dass dies nicht einfach für die CDU war. Meinen Respekt dafür, dass es Ihnen gelungen ist, in dieser Frage über Ihren Schatten zu springen! So muss in dieser Stadt weiter gearbeitet werden.
Ich habe allerdings Zweifel, wenn Herr Landowsky nach unserem Parteitag schon wieder neue Töne anschlägt und seine Dialogoffensive für abgesagt erklärt, wenn er neue alte Illusionen über ein schnelles Ende der PDS aufkommen lässt und sie wieder ausgrenzen möchte. Herr Landowsky, gerade Sie müssten doch wissen, welchen Erneuerungsschub tiefe Krisen einer Partei auslösen können. Das hat doch gerade die CDU gezeigt. Und Ihre Krise war etwas tiefer als unsere Krise.
[Heiterkeit und Beifall bei der PDS – Landowsky (CDU): Sie haben doch eine Rolle rückwärts gemacht!]
Sie begeben sich auch in einen gewissen Widerspruch. Eben buhlen Sie noch um unsere Stimmen für Herrn Stölzl, der ja auch kein schlechtes Ergebnis bekommen hat, und auf der anderen Seite sagen Sie: kein Dialog. Sie können uns nicht einerseits anbieten, in Ihre Koalition einzutreten, was wir dankend ableh
nen, und auf der anderen Seite sagen, der Dialog ist abgebrochen. Das passt nicht zusammen. Da müssen Sie sich einmal entscheiden.
Eine der wichtigen Zukunftsaufgaben, die wir lösen und gemeinsam anpacken müssen, ist die Zukunft der Region. Wir haben dazu vor geraumer Zeit einen Vorschlag gemacht, nämlich die Bildung einer Enquete-Kommission der beiden Länderparlamente zur Zukunft der Region und zur Zukunft eines gemeinsamen Bundeslandes Berlin-Brandenburg. Auch hier muss die Situation beendet werden, dass eher gegeneinander als miteinander in dieser Region gearbeitet wird. Ich begrüße die Erkenntnis von Herrn Schönbohm und auch hier in der Berliner Politik, dass wir auch bei der Zukunft der Region nur weiter kommen, wenn die PDS mit im Boot ist. Viel wichtiger aber ist, dass die Bevölkerung mit im Boot ist.
Es ist notwendig, dass wir hier eine gesellschaftliche Diskussion eröffnen und Erfahrungen über reale Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg organisieren, wobei die Menschen merken, dass es ihnen etwas nützt, und wo nicht Befürchtungen entstehen, dass Berlin nur sein Umland rückerobern will, sondern dass eine Zukunft für die Region dabei herauskommt und nicht die Prignitz und die Lausitz abgekoppelt werden.
Und es ist ein klares Signal notwendig, dass man die Diskussion über die Verfassung eines möglichen gemeinsamen Landes zur Voraussetzung einer gemeinsamen Zukunft macht. Alles dieses ist in der Vergangenheit nicht geschehen.
Unser Angebot zur gemeinsamen Diskussion über die Zukunft in dieser Region steht. Unser Angebot über die notwendigen Veränderungen in dieser Stadt und über den Reformbedarf dieser Stadt steht. Wir wissen, dass diese notwendigen Veränderungen auch für uns nicht einfach sein, auch uns Veränderungen abnötigen und auch für uns nicht immer angenehm sein werden. Wir sind dazu bereit. Wir verlangen allerdings auch, dass von Seiten der Koalition und des Senats endlich eine ungeschönte Bestandsaufnahme gemacht wird, damit in dieser Stadt endlich die Diskussion geführt werden kann, wie die Misere überwunden werden und wie es weiter gehen kann. Nur wenn wir diese Öffnung machen und die Ehrlichkeit haben, vor diese Stadt zu treten und zu sagen, wie die Lage wirklich ist, und zur Diskussion aufzufordern, welche Veränderungen und Reformen wieder Handlungsfähigkeit in dieser Stadt schaffen, nur dann werden wir gewinnen können. Nur dann wird diese Stadt wieder Zukunft haben. Sonst sehe ich düster, sehe nur den Offenbarungseid und chaotische Verhältnisse kommen. Meine Damen und Herren, stellen Sie sich dieser Diskussion, schaffen Sie die Möglichkeiten für diese Diskussion! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. [Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]
Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Dr. Steffel. – Bitte schön, Herr Kollege Steffel!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben heute eine dreifache Premiere: den ersten Haushalt im neuen Jahrhundert, den ersten Haushalt, seitdem Berlin Regierungssitz ist, und den ersten Haushalt, den unser neuer Finanzsenator Peter Kurth vorgelegt hat.