Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

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Nein! Das muss nicht sein. Er hat sich ja schon offenbart.

[Kittelmann (CDU): Mensch, sind Sie nett!]

Die ökologischen Belastungen durch den städtischen Verkehr haben die Grenzen der Gesundheitsschädigung längst überschritten. In Berlin leben mehrere Hunderttausend Menschen an Straßen, an denen die gesetzlich fixierten Grenzen der Lärmbelastung dauerhaft überschritten sind und auch die ab 2005 vorgeschriebenen EU-Grenzwerte für Schadstoffbelastungen werden in Berlin an vielen Stellen überschritten. Drastische Auflagen der EU zum Schutz der Bevölkerung sind zu erwarten, wenn es uns nicht gelingt, die Belastungswerte in Berlin deutlich zu minimieren.

Last but not least, in Fortsetzung des Beginns unserer heutigen Sitzung: Berlin hat leider immer noch fast 150 000 Verkehrsunfälle pro Jahr mit fast 20 000 Verletzten und ca. 100 Getöteten zu beklagen. Das ist eine Zahl, die wir so nicht länger akzeptieren können.

[Beifall bei der PDS]

Verantwortungsvolle Politik muss Lösungen für diese Probleme anbieten. Das haben wir vor. Das werden wir tun. Wir werden als rot-rote Koalition die Potentiale Berlins für eine zukunftsfähige, eben weil ökologisch orientierte, finanziell vertretbare und sozial verträgliche Mobilitätspolitik in die Wege nutzen und entwickeln.

Wir werden im Übrigen die Innovationskraft der Verkehrsforschung und Verkehrtechnologie nutzen, um den Standortvorteil Berlins, einen hervorragenden Nahverkehr anbieten zu können, weiter zu entwickeln. Und wir werden den Wirtschaftsfaktor Verkehrwirtschaft stärken durch Bestandspflege der hier ansässigen Verkehrsunternehmen und -technologiefirmen.

Allerdings sind wir uns bewusst, dass schnelle Veränderungen im Mobilitätsverhalten eher nicht zu erwarten sind. Wir betreiben keine Verzichtspolitik und keine Verkehrspolitik mit dem Holzhammer und auch nicht mit dem Moralknittel. Leitsatz unserer Verkehrspolitik ist die soziale Verantwortung. Wir wollen Mobilitätsangebote entwickeln, die gleichermaßen den Ansprüchen auf Freizügigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe gerecht werden und den ökologischen und wirtschaftlichen Erfordernissen, den finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Hand und dem Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen dienen.

Dabei haben wir auch das Erbe der von der CDU geführten großen Koalition abzutragen. Dafür nur zwei Beispiele: Seit Jahren werden im Tiergartenstraßentunnel öffentliche Gelder verbuddelt, die für den kommunalen Straßenbau und für die Straßenunterhaltung zur Verfügung gestanden hätten. Inzwischen sind es 208 Millionen $.

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Und ein weiteres Beispiel: Anstatt die BVG politisch zu stärken und sie als Kristallisationspunkt für moderne und flexible, aber vor allen Dingen kundenfreundliche Angebote zu nutzen, wurde mit fruchtlosen Fusionsdebatten und Drohgebärden Verunsicherung über Beschäftigte und Fahrgäste gebracht, und der vom ehemaligen CDU-Verkehrssenator Klemann eingegangene Vertrag über die Einnahmeverteilung mit der Deutschen Bahn AG ging eindeutig zu Lasten der BVG, also der Berlinerinnen und Berliner.

[Zuruf von der FDP: Sie können sich ein neues Brett machen lassen, weil das alte abgenutzt ist!]

Nur mir großer Mühe konnte dieser Vertrag quasi der DB AG abgekauft werden für 75 Millionen DM. Das ist auch ein Erbe dieser großen Koalition, und wir werden daran noch zu tragen haben.

[Wieland (Grüne): Wobei ein Koalitionspartner noch dabei ist! – Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU) – Zurufe von der FDP]

Noch ein Hinweis für Herrn Niedergesäß: Die großartige Teltowkanal-Autobahn hat nur sehr wenig mit dem Flughafen zu tun. Nur zehn Prozent der prognostizierten Verkehrsbelegung ist flughafenbedingt, also was Sie uns hier jahrelang erzählt haben,

[Wieland (Grüne): Das war doch Nagel!]

der Flughafen könnte nur durch die Autobahn funktionieren, ist durch die Verkehrswissenschaft längst widerlegt worden.

[Beifall bei der PDS]

Unsere Mobilitätspolitik setzt auf Sanierung statt Neubau, Verknüpfung vorhandener Netze von Straßenbahn, S-Bahn und U-Bahn statt parallelem Weiterbau der Einzelnetze. Wir wollen Stadtverträglichkeit statt Stadtzerstörung, wir werden innovative und integrative Verkehrsorganisationen fördern. Die Chancen für diese moderne Mobilitätspolitik sind in Berlin außerordentlich günstig. Kaum irgendwo sonst findet man einen so vielfältigen und von breiten Bevölkerungskreisen akzeptierten Nahverkehr wie hier. Eine im Übrigen riesige Taxiflotte, eine Car-Sharing-Tradition, [Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

moderne Fahrrad-Rikschas und eine gute Ausstattung der meisten Haushalte mit Fahrrädern. Auch die, ich sagte es schon, 1,3 Millionen Privatautos gehören zum Ausgangspotential unserer Verkehrspolitik. Manches geht uns nicht schnell genug, die kritische Revision der einzelnen Projekte bedarf auch einer gewissen Zeit, wir haben aber die Bewertung aller Planungen nach strengen Kosten-Nutzen-Regeln begonnen, auch jener Projekte, die unsere Vorgänger für den Bundesverkehrswegeplan, den Wunschkatalog aller Autobahnfreunde, angemeldet haben, wie zum Beispiel in Berlin die Fortführung der Bundesautobahn A 100 von Neukölln nach Treptow.

Wir haben uns trotz aller Finanznöte für die Fortsetzung des Straßenbahnausbaus am Alexanderplatz,

[Niedergesäß (CDU): CDU-Antrag!]

für die Anbindung des Lehrter Stadtbahnhofs an die Straßenbahn entschieden, für den Ausbau des Radwegenetzes und die Aufwertung öffentlicher Plätze.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Meine Damen und Herren von der FDP!

Frau Kollegin!

Ja, ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident! – Was Sie heute hier vorgetragen und abgezogen haben, das war schon mehr als ein Klamaukstück. Sie führen sich auf wie kleine Kinder, die sich die Augen zuhalten beim Versteckspielen und glauben, nicht gesehen zu werden.

[Oh! bei der FDP]

Das ist eine Politik, die Mauern baut, und wir wollen eine Politik, die Zukunft hat.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Zurufe von der FDP]

Vielen Dank, Frau Matuschek! – Der Kreis der Redner schließt sich jetzt mit Bündnis 90/Grüne. Herr Cramer hat das Wort – bitte schön!

[Zuruf von der FDP: Danach ist ja wohl keine Steigerung mehr möglich!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder blamiert sich so gut, wie er kann. Die Schwarz-Gelben haben es heute in der Person von Herrn von Lüdeke und Herrn Niedergesäß wunderbar getan: Herzlichen Glückwunsch zu dieser Blamage!

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

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Herr Niedergesäß! Zu einigen Punkten möchte ich doch etwas sagen: die Straßenbahn in der Leipziger Straße. Dass Sie dies nicht haben wollen, wissen wir. Dass Sie diese Strecke aber zusammen mit der SPD beschlossen haben,

[Niedergesäß (CDU): Ist ja gar nicht wahr!]

in trauter Eintracht, das haben wir nicht vergessen.

[Niedergesäß (CDU): Lügner!]

Sie behaupten, es sei rechtswidrig, Straßenbahnschienen ohne einen Planfeststellungsbeschluss einzubauen. Das hat Herr Strieder gemacht, das hat auch Herr Nagel von der SPD gemacht, das hat aber auch Herr Klemann von der CDU in Buchholz-West so gemacht. Es ist dagegen geklagt worden. Wir leben in einem Rechtsstaat. Die Gerichte haben entschieden, dass es zulässig ist, nehmen Sie das zur Kenntnis. Die Zeiten sind vorbei, dass der oberste Dienstherr auch noch sagen kann, was die Gerichte zu beschließen haben. Nehmen Sie, Herr Niedergesäß, das doch bitte zur Kenntnis.

[Beifall bei den Grünen]

Wenn Sie in diesem Zusammenhang von Wirtschaftsverbrechen reden, kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben noch gar nicht das Thema Bankgesellschaft aufgerufen. Wir haben doch noch gar nicht über Herrn Landowsky gesprochen,

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

wir haben noch gar nicht über den größten Wirtschaftsverbrecher der Stadt in dieser Debatte geredet. Das kommt erst später, also bewahren Sie sich diese Begriffe.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Zur B 101 kann ich nur sagen: Brandenburg baut die Straße vierspurig bis zur Landesgrenze aus, weil sie vom Bund finanziert wird. Das ist eine bessere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Aber Berlin muss sich Gedanken darüber machen, wie man es selbst finanziert, wie man den innerstädtischen Verkehr abwickelt. Das kann nicht funktionieren, und deshalb ist es richtig, dass die B 101 aus der Straßenplanung gestrichen wird, nehmen Sie das zur Kenntnis.

[Beifall bei den Grünen – Niedergesäß (CDU): Das ist absoluter Schwachsinn!]

Dann kam noch so ein Vergleich, Herr Niedergesäß – ich bin noch nicht fertig mit Ihnen –, dass Sie den Regierenden Bürgermeister mit Walter Ulbricht gleichsetzen. Also, Herr Präsident, mit Verlaub, das hätten Sie rügen müssen.