zes. Berlin ist in der Gesamtdiskussion um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schlecht weggekommen. Hier ist etwas nachzuarbeiten,
und zwar im Hinblick auf zentrale Demokratiedefizite. Frau Dr. Lötzsch, hier wird immer alles auf die angeblich so starke brandenburgische CDU, die dieses oder jenes verhindert habe, geschoben. Der Staatsvertrag wurde aber von zwei sozialdemokratisch geführten Bundesländern vorgelegt. In Berlin gibt es einen PDS-Koalitionspartner, in Brandenburg nur die CDU. Dafür ist das Ergebnis ziemlich schäbig, zumal Sie es noch schnell am letzten Amtstag des Herrn Ministerpräsidenten Stolpe unterschrieben haben, damit Herr Platzeck nicht dazu kommt, diesen Staatsvertrag gegenzulesen und diese gravierenden Demokratiedefizite vielleicht nachbessern zu wollen, meine Damen und Herren von der SPD! Das finde ich schade. Hier ist etwas versäumt worden, was ein Aufbruch für die Region BerlinBrandenburg gewesen wäre.
Medien als so genannte vierte Gewalt gehören unter einen besonderen Schutz. Auch das Personal, Herr Lindner – das ist der Unterschied zwischen Schraubenproduktion und Produktion medialer Inhalte –, in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gehört unter einen besonderen Schutz, damit es unabhängig wirken kann, damit es argumentieren kann, frei von Repression. Deswegen ist das Berliner Personalvertretungsgesetz,
das übrigens im SFB nie ein Konflikt war, ein besseres als das Bundespersonalvertretungsgesetz und hätte hier hineingehört.
Zweiter Punkt: Die Zusammensetzung des Rundfunkrats – warum hat man sich hier so rückwärts gewandt verhalten? – Ich verstehe es nicht. Ein Rundfunkrat soll die gesellschaftliche Repräsentanz der Bevölkerung sein. Hier wurden übrigens brandenburgische Belange sehr gut berücksichtigt. Neu aufgenommen wurde ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Sorben. Da wurden der Landesbauernverband aufgenommen und die kommunalen Spitzenverbände. Aber neuere gesellschaftliche Gruppen – die Ausländer werden durch die Ausländerbeauftragte vertreten, die das benennen kann –, Lesben und Schwule, Verbraucherverbände – keine von diesen Gruppen ist vorgesehen. Sie schlagen – Herr Lindner hat es gesagt – ein Parteienvertretungssystem vor, was wir nie wollten. Wir sagen: die Parteien heraus aus dem Rundfunkrat und damit die Demokratie stärken. Aber wenn Sie ein Vertretungsmodell wählen, wo – wenn man die jetzige Zusammensetzung der beiden Landtage anguckt – dreimal SPD, zweimal PDS und zweimal CDU vertreten sind, finden Sie das einen demokratischen Fortschritt? – Für eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung ist das kein Demokratiebeweis.
Zuletzt muss ich Ihnen noch eines sagen: Sie haben die zentrale Frage, wo man diesen Sender konzentriert und er seinen Sitz hat, nicht beantwortet. Es geht auch nicht darum, Vorgaben für das Programm zu machen, Herr Zimmermann, sondern es geht darum, Mindestzahlen für Radio- und Fernsehprogramme zu formulieren, damit nicht am Ende aus zwei Anstalten eine geschrumpfte Anstalt herauskommt, die weniger Hörfunkund Fernsehprogramme hat als jetzt. Sie hätten eine Mindestanforderung der beiden Länder an diese zahlenmäßige Programmausstattung hineinschreiben müssen. Das wäre zukunftsweisend gewesen, um den Sender, der in der Region neu entsteht, zu stärken. Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, dieses Paket noch einmal aufzuschnüren, bei diesen Defiziten, wofür Sie eigentlich mit Ihrer sozialdemokratischen Tradition eintreten müssten – und die PDS ebenfalls –, nachzuarbeiten und ein zukunftsweisendes neues Rundfunkkonzept für die Region zu entwickeln.
Vielen Dank, Frau Ströver! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medienpolitik, worüber ich jetzt abstimmen lasse. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das mit den Stimmen aller Fraktionen so angenommen.
I. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU über Gesetz zur Eindämmung des Finanzchaos in Berlin (Finanzchaos-Eindämmungsgesetz – FinChaosEindG –)
I. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU über Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Unterrichtung des Abgeordnetenhauses und die Abgrenzung und Behandlung von Investitionen in der Landeshaushaltsordnung
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS über Information des Parlaments während der haushaltswirtschaftlichen Sperre
Ich eröffne die I. Lesung. Der Ältestenrat empfiehlt für die gemeinsame Beratung eine Redezeit von bis zu zehn Minuten pro Fraktion. Wortmeldungen liegen vor. Es beginnt die CDU mit dem Kollegen Zimmer. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß zwar noch nicht, wo hier geblitzt wird am Podium, aber wenn irgendjemand von Ihnen in jüngster Zeit einmal „Men in Black“ gesehen haben sollte, da gibt es auch diese Institution – vielen Dank, jetzt habe ich es gesehen –, da wird man „geblitzdingst“ und danach vergisst man alles. Ich habe fast den Eindruck, dass das an diesem Podium schon montiert gewesen ist, bevor wir in die heutige Debatte eingetreten sind. Wenn ich einmal Revue passieren lasse, was sich dieser Senat so auf die Fahnen geschrieben hat, dann wundert man sich schon, dass wir heute wieder ein ganzes Paket von Anträgen zu beraten haben, die letztendlich nur eines konstatieren: Wir haben eine ganze Zeit mit vielen Debatten verbracht, und offensichtlich weiß man jetzt wieder, jedenfalls auf der Senatsseite – da kommt auch der Herr Sarrazin, sonst hätte ich noch ein bisschen auf ihn gewartet –, nicht mehr, was man hier vor kurzem noch verkündet hat.
In diesem Jahr hatten wir zuerst gar keinen Haushalt. Darauf haben wir dann eine ganze Weile gewartet, es zog sich elendig hin. Irgendwann in der zweiten Hälfte dieses Jahres oder zu Beginn der zweiten Hälfte dieses Jahres haben wir ihn dann vorgelegt bekommen mit Nachschiebelisten. Es war ein Haushalt,
wo wir gesagt haben: Das ist ein handwerklich schlechter Haushalt. – Dann haben wir einen Haushalt gehabt, der ist nun im Ergebnis auch noch verfassungswidrig, wie auch der Herr Senator hier konstatiert hat, wobei er das kurz nach der Sitzung nicht mehr wahrhaben wollte. Binnen 24 Stunden nach seiner Verkündung ist dieser Makulatur. Nun kann man sagen, so etwas kann passieren. Das wäre aber eine etwas einfache Antwort. Zum einen möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass in dem Haushaltswerk viele Stunden harte Arbeit stecken. Damit meine ich insbesondere Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Die haben sich schon etwas dabei gedacht, als sie das aufschrieben und aufschreiben mussten. Da gab es diverse Vorbereitungen, da gab es Vorgespräche, da gab es Absprachen, da gab es Änderungsrunden. Dann haben wir hier im Hauptausschuss stundenlang beraten, dann haben wir im Parlament stundenlang beraten. Und alles ist umsonst gewesen, außer Spesen nichts gewesen, außer Personalkosten. Ich will jetzt nicht die Debatte von gestern aufrufen mit den SowiesoKosten, weil die Mitarbeiter ohnehin bezahlt werden müssen. Aber ich glaube, die hätten in der Zeit Sinnvolleres tun können, als einen Haushaltsplan aufzustellen, der heutzutage keine Bedeutung mehr hat.
Als Begründung ziehen Sie zwei Punkte heran, die völlig überraschend waren: Einerseits sind das auf der Einnahmeseite die Steuerausfälle. – Herr Sarrazin, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich genau an dieser Stelle stand und Ihnen sagte, dass Sie im Hinblick auf Ihre Einnahmeerwartung einen völlig unrealistischen Ansatz gebildet haben und dass auf Grund der Steuerschätzung absehbar war, dass das, was Sie in der Nachschiebeliste einstellen, nicht ausreichen würde, um die Einnahmeausfälle auch nur im Ansatz auszugleichen. Schon damals schüttelten Sie den Kopf. Das war zu einem Zeitpunkt, als – wenn wir die Ist-Listen betrachten – die großen Mindereinnahmebeträge schon vorhanden waren. Auch wenn sie vielleicht noch nicht auf dem Papier standen, so waren sie doch schon vorhanden. Entweder Sie haben es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, was dafür spricht, dass das Berichtswesen bei Ihnen nicht ordentlich funktioniert, oder Sie wollten es nicht wahrhaben. Diese Form der Realitätsverweigerung trifft man in letzter Zeit seitens der Regierung häufig an. Aber das alles hilft nicht.
Andererseits haben wir den Bereich der Ausgaben. Hierbei geht es um die Sozialausgaben der Bezirke. Auch dieses Problem wurde Ihnen hinlänglich von der Opposition ins Stammbuch geschrieben. Es sollte auch in den Haushalt geschrieben werden. Aber auch dort wurde gesagt, das sei alles nicht zu schlimm und komme schon wieder in Ordnung. Offensichtlich bekommen die Bezirke das aber doch nicht hin.
Fazit: Es war meines Erachtens alles vorhersehbar, und jemand, der einen Haushalt ordentlich aufstellen will, hätte Vorsorge treffen müssen. Darüber, was man unter Vorsorge zu verstehen hat, haben wir gestern im Hauptausschuss diskutiert. Ich meine, dass ein Haushalt nach gewissen Grundsätzen aufgestellt werden muss, und zwar nach denen, die beispielsweise auch ein ordentlicher Kaufmann anlegt, wenn er seine Bücher führt. Jedes Unternehmen würde eine vernünftigere Planung aufstellen, weil es die Folgen in Form von wirtschaftlichem Misserfolg unmittelbar zu spüren bekäme. Letztlich müssten diejenigen dafür bezahlen, die dafür die Verantwortung tragen. Das ist im Land Berlin nicht ganz so. Man hat längere Verträge – es sei denn, man löst sie freiwillig auf. Offensichtlich muss man noch Instrumente finden, um persönliche Verantwortung für Fehlplanungen umzusetzen. Vielleicht würde das helfen, und man würde sich etwas mehr Gedanken machen.
Welche Lösungen schlagen Sie uns vor? – Möglicherweise machen wir gar keine Haushalte mehr und leben nur noch im Zustand der Haushaltssperre. Die Verfassung gibt her, dass wir keinen Haushalts haben. Wir haben schon viel darüber philosophiert, was passierten würde, wenn das haushaltslose Jahr vorüber wäre, denn darüber sagt die Verfassung nichts Genaues. Eine intensive Unterhaltung ist akademisch vielleicht ganz spannend, führt aber letztlich nur dazu, dass das Parlament keine Möglichkeit hat, Einfluss auf den Einsatz der Ressourcen
zu nehmen. Selbst die Regierungskoalition enthebt sich damit ihrer politischen Steuerungsmöglichkeiten. Sie legen damit das Heft des Handelns in die Hände der Verwaltung. Wenn Ihnen das reicht – bitte schön! Mir persönlich reicht es nicht. Ich finde das deutlich zu wenig.
Was jetzt her müsste – dazu gibt es einen entsprechenden Antrag –, wäre ein Nachtragshaushalt. Das ist aus meiner Sicht selbstverständlich. Wenn Sie nicht die erwarteten Einnahmen erzielen und Mehrausgaben haben, dann müssen Sie klar benennen, woher das Geld kommen soll. Ihr Gemauschel und der Versuch, im Zuge der Haushaltswirtschaft den Eindruck zu erwekken, Sie hätten eine Maßnahme getroffen, führt letztlich am Jahresende zu einem Defizit, das die Vorstellungskraft der meisten im Bezug auf das, was uns erwartet, sprengt. Ich glaube nicht, dass Sie mit 1 Milliarde $ auskommen. Das wird deutlich mehr sein. Das ist der Konsolidierungserfolg der rot-roten Koalition. Das ist sehr eindrucksvoll, weil die ganzen harten Einschnitte und das „Sparen, bis es quietscht“ offensichtlich zu nichts geführt haben. Es ist lediglich Chaos, Stillstand und Durcheinander in der Stadt produziert worden. Auf dem Weg in Richtung Haushaltskonsolidierung sind Sie keinen Schritt weitergekommen.
Allerdings lesen wir, dass Herr Sarrazin Giftlisten hat. Er will uns aber nicht verraten, was das für Listen sind, denn er will freundlicherweise die Bundestagswahlen abwarten. Unter einem gewissen parteipolitischen Gesichtspunkt kann man das verstehen. Herr Sarrazin, Sie sind aber Finanzsenator des Landes Berlin und nicht als Parteifunktionär für einen vernünftigen Haushalt verantwortlich. Ich erwarte von Ihnen und den verantwortlichen Mitgliedern der Regierungsfraktionen ein klares Bekenntnis zu dem, was Sie zu tun gedenken.
Es reicht nicht, dass der Kollege Krüger sich im Hauptausschuss dem Herzinfarkt nähert und uns stakkatohaft versucht zu erklären, die böse Opposition lehne sich nur zurück, feixe und mache keine Vorschläge. Wir haben viele Vorschläge gemacht und machen Ihnen auch heute wieder welche. Aber von Ihnen kommt nichts. Sie versuchen vielmehr, alles im Wege des Haushaltsvollzugs zu erledigen. Das ist offensichtlich die Form der Verantwortung, die Sie für den Haushalt ausüben wollen.
Das Parlament muss wieder zum Zuge kommen. Es muss darüber reden können, was von Ihnen geplant ist, und das Parlament muss sich dazu eine Meinung bilden. Das Parlament muss zum Zuge kommen, wenn es um den Haushalt geht, weil Sie auf der Handlungsebene offensichtlich versagt haben und fortgesetzt versagen. Es muss zum Zuge kommen, weil die großen Projekte der Strukturveränderung kein Stück vorangekommen sind. Wir haben es vorhin schon gehört. Trotzdem ist es einer erneuten Erwähnung wert: Zum Beteiligungsmanagement kommt voraussichtlich zum Jahresende ein Bericht, weil man vorher nicht in der Lage ist, uns einen zu liefern, der diskussionsfähig wäre. Es ist klar, dass auch ich keinen nicht diskussionsfähigen Bericht beraten möchte. Ich kann meine Zeit sinnvoller verbringen. Ich hätte allerdings erwartet, dass Sie schon einen Bericht haben, denn das Beteiligungsmanagement ist – wie den Richtlinien zur Regierungspolitik zu entnehmen ist – eine der größten Aufgaben, die sich die Regierungskoalitionen gesetzt hat.
Das Facility-Management ist auch ein trauriges Kapitel. Durch einfache Maßnahmen könnte man dabei einen Schritt vorankommen. Aber Sie stellen uns ein Modell vor, das gute Gründe dafür liefert, daran zu zweifeln, ob das richtig ist. Schon allein die Fragen, inwieweit die Rechte der Mitarbeiter gewahrt sind, inwieweit es günstiger ist und inwieweit steuerliche Verpflichtungen auf das Land Berlin zukommen, werden mit einer lapidaren Erklärung Ihrer Berater weggewischt. Ich glaube nicht, dass Ihre Asset-Management GmbH sich nicht wirtschaftlich betätigt. Es handelt sich nicht um einen karitativen Verein. Sonst könnten Sie eine gGmbH daraus machen. Dann würden sie möglicherweise
sogar Ihr Ziel erreichen, aber das Finanzamt würde Ihnen das mit Sicherheit nicht zubilligen. Zudem muss das Parlament handeln, da das Chaos, das Sie angerichtet haben, offensichtlich von Ihnen nicht mehr in den Griff zu bekommen ist.
Deswegen haben wir ein Finanzchaoseindämmungsgesetz eingebracht. Wir wollen nur ganz banale Dinge: Wir wollen Haushalte beraten, bevor sie ablaufen.
Nein, das tue ich nicht, weil ich schon geblitzt werde und es mir deshalb nicht mehr möglich ist, darauf angemessen zu reagieren. – Wir wollen Haushalte beraten, bevor sie schon fast abgelaufen sind. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Im Grund müsste demnächst eine Haushaltsaufstellung anlaufen. Das müssten Sie trotz des Doppelhaushalts machen, damit Sie uns den Haushalt im Jahr 2003 rechtzeitig vorlegen können. Wir brauchen eine Finanzplanung, um ein perspektivisches Handeln zu ermöglichen, damit wir wissen, woran wir sind, und damit nicht immer versucht wird, die Ad-hoc-Maßnahmen dieses Senat, die zu nichts führen, ohne Beratung im Parlament durchzuziehen. Wir brauchen Daten aus den Bezirken, die vergleichbar sind. Es muss vermieden werden, dass die Abgeordneten vor Bergen aus Bezirkshaushalten sitzen, mit denen sie nur etwas anfangen können, wenn sie sich sehr lange Zeit damit beschäftigen. Eine bessere Aufbereitung wäre sinnvoll. Ein Planungsinstrumentarium könnte nicht schaden.