Es geht aber nicht nur um die finanzielle Hilfe. Unsere Senatsmitglieder haben schnelle materielle Hilfe geleistet. Ein Beispiel: Die Sozial- und Gesundheitssenatorin hat sofort die Bereitschaft Berlins nach Dresden gemeldet, 600 Patientinnen und Patienten in Berliner Krankenhäusern aufzunehmen. Bekannt ist insbesondere, dass Frühchen in den Berliner Krankenhäusern aufgenommen wurden und damit ihr Überleben gesichert wurde. Unser heute zu wählender Wirtschaftssenator kann gleich ganz konkret anpacken.
Ich bin persönlich in ständigem Kontakt mit Abgeordneten aus Sachsen, die genau wissen, was unbedingt gebraucht wird. Es geht jetzt – nach der ersten breiten Hilfswelle – um eine zielgerichtete Hilfe. Mir wurde berichtet, dass viele Unternehmen in Sachsen volle Auftragsbücher, aber keine Maschinen, kein Material und keine Lagerkapazitäten haben. Wäre es nicht vernünftig, wenn man schnell ein Tauschbörse der IHK organisieren würde, um mit Maschinen, Geräten und Lagerkapazitäten – die vielleicht in Berlin vorhanden oder nicht ausgelastet sind – zu helfen? Dieses Thema kann Harald Wolf nach seiner Wahl gleich anpakken.
Jede Senatsverwaltung, jeder Bezirk und jede Universität sollte prüfen, welche Möglichkeiten sie haben, um konkreten Hilfe zu leisten. Auch wir im Abgeordnetenhaus sollte über konkrete Hilfe nachdenken. Es wäre mehr als eine Geste, wenn
jeder Abgeordnete einen Kollegen aus dem Sächsischen oder Sachsen-Anhaltinischen Landtag befragen würde, wie konkret geholfen werden kann. Aus unserer Fraktion ist zum Beispiel die Abgeordnete Hiller in Absprache mit einem Bundestagsabgeordneten nach Bitterfeld zu einem Arbeitseinsatz gefahren. Sie hat einen Bus mit Jugendlichen mitgenommen und dort ein paar Tage lang den Schlamm weggeschippt. So ein Beispiel sollte Schule machen.
Ich habe selbst in Kooperation mit einem sächsischen Abgeordneten zwanzig Kinder für die Herbstferien nach Berlin eingeladen.
Nun zu den Konsequenzen, die wir aus dem Hochwasser zu ziehen haben: Sicherlich müssen mehrere Bereiche diskutiert werden, beispielsweise Berlins Beitrag zum Umweltschutz, zur Klimaveränderung sowie die weitere Entwicklung des Katastrophenschutzes. Meine Kollegin Delia Hinz wird als unsere Expertin für Umweltschutz in der zweiten Runde auf diese Probleme detailliert eingehen. Es ist Konsens in der Wissenschaft, dass jedes Jahrhunderthochwasser ursächlich etwas mit der Erderwärmung zu tun hat. Ein Teil dieser Erderwärmung wird durch menschliches Handeln verursacht. Darüber – das wurde vorhin schon angesprochen – wird heute und in den folgenden Tagen in Johannesburg beraten. Leider sind die USA, Japan, Kanada, Australien aber auch wir in den EU-Ländern bezüglich des eigenen Engagements zur Reduzierung der Treibhausgase sehr zurückhaltend. Wir sind – obwohl wir uns dazu bekannt haben – von den im Kyoto-Protokoll festgelegten Reduktionszielen weit entfernt. Obwohl wir in Deutschland andere Ziele formuliert haben, haben sich die Emissionen absolut gesehen sogar erhöht. Wir in Berlin müssen versuchen, unseren konkreten Beitrag zu leisten.
Man kann auch Erfolge benennen. Es ist ein Erfolg unseres Senats, dass ein Stromlieferungsvertrag mit der Bewag geschlossen wurde, der die ausschließliche Nutzung von Ökostrom festschreibt.
Wir sind auch noch ein ganzes Stück von einer wirklich nachhaltigen Entwicklung entfernt. Wer sich angesichts der Katastrophe für den weiteren Ausbau von Flüssen zu Wasserautobahnen ausspricht, der hat aus der Flutkatastrophe noch keine Schlussfolgerungen gezogen.
Ich denke – da kann ich mich Herrn Wieland anschließen –, es wäre ein gutes Signal, wenn sich Berlin gegen das Verkehrsprojekt 17 aussprechen würde. Allerdings sieht es so aus, als ob die Planung des Bundes unberührt von der Flutkatastrophe weitergingen. Ein neuer Abschnitt des Projekts 17 ist in Planung, die Spree soll auf gut 5 Kilometer vertieft, die Ufer mit Spuntwänden befestigt und Brücken abgerissen werden. Gerade das Projekt 17 zeigt doch, dass es weder ökonomisch, noch ökologisch sinnvoll ist. Wir sollten ernsthaft daran arbeiten, es zu stoppen.
Der Brandenburger Ministerpräsident Platzeck hat bei seinem Antrittsbesuch in Berlin allen Berlinerinnen und Berlinern für die Hilfe bei der Bekämpfung des Hochwassers gedankt. Ich denke, dass diese Hilfeleistung bei den Brandenburgern auch sehr positiv aufgenommen worden ist. Wenn ein neuer Fusionsanlauf zu einem gemeinsamen Land gelingen soll, dann sind auch diese konkreten Erfahrungen der Hilfe wichtig. Die Welt hört eben nicht an der Stadtgrenze auf. Gerade die Natur nimmt keine Rücksicht auf Ländergrenzen, und das ist auch ein Stichwort für unsere gemeinsame Landesplanung. Beide Länder müssen Nachhaltigkeit bei der Landesplanung ganz oben auf die Prioritätenliste setzen. Neue wie alte Pläne sollten noch einmal unter diesem Gesichtspunkt unter die Lupe genommen werden, denn es geht darum, nicht nur im Angesicht der Katastrophe von ihr beeindruckt zu sein, sondern auch an die Monate und Jahre danach zu denken. – Vielen Dank!
Danke schön! – Für die FDPFraktion hat nunmehr das Wort der Kollege Schmidt. Während Sie an das Rednerpult gehen, kann ich die Damen und Herren Abgeordnete darüber informieren, dass wir seit heute über eine neue Spitzfindigkeit der Technik verfügen. Sie bekommen von uns jetzt nicht mehr nur zusätzlich ein Signal, dass noch 60 Sekunden Redezeit sind, sondern wir verfügen jetzt auch über einen Blitz, den Sie bitte auch beachten. Wenn dieser zu sehen ist, heißt das, dass die Redezeit bereits überschritten ist. Dies ist das absolute Alarmsignal. Wir haben uns vergewissert, dass das Rednerpult damit nicht unter Strom steht, sondern es ist völlig harmlos und dient nur Ihrer eigenen Orientierung.
Ich hoffe, ich werde nicht geblitzt, wenn ich hier zu schnell spreche. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich sagen, dass es mir schon ein wenig peinlich ist, hier in einer Debatte zu sprechen, die doch mehr – auch wenn es sich vorrangig um bundespolitische Themen handelt – im Zeichen des Bundestagswahlkampfes steht als der Sachdebatte. interjection: [Beifall bei der FDP]
Die verheerenden Auswirkungen des Hochwassers in den letzten zwei Wochen haben deutlich gezeigt, wie verwundbar selbst eine der größten und reichsten Industrienationen bei einer Katastrophe dieses Ausmaßes ist. Nun ist es erstrangiges Ziel, allen Opfern zu helfen, schnell und unbürokratisch. Die FDP begrüßt deshalb auch die Bereitschaft der europäischen Union, dafür Mittel bereitzustellen. Wir begrüßen auch die Einrichtung eines europäischen Fonds für Naturkatastrophen. Das ist eine richtige Entscheidung, die deutlich die Solidarität der Menschen in Europa untereinander ausdrückt.
Einen absolut sicheren Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen kann es nicht geben. Die Hochwasserkatastrophe führt jedoch deutlich vor Augen, wie wichtig ein wirksamer Umweltschutz ist, national und international.
Denn Solidarität verlangen langfristig auch die anderen Regionen der Welt, die von Umweltkatastrophen bedroht sind.
In Johannesburg beteiligen sich seit Montag Delegierte aus 160 Staaten am Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung. Die größte Gipfelkonferenz der Weltgeschichte steht vor der Aufgabe, einen konkreten Aktionsplan für den Umweltschutz zu erstellen. Ein verbindliches gemeinsames Maßnahmenpacket ist längst überfällig, ansonsten droht sich der Gipfel in die Reihe der Gipfelkonferenzen einzureihen, die letztlich nichts gebracht haben. [Beifall bei der FDP]
Die Bundesregierung ist deshalb gefordert, sich für eine Resolution einzusetzen, die an jene Länder appelliert, die das KyotoProtokoll immer noch nicht mittragen. Die Gemeinschaft der Partnerländer muss erweitert werden, insbesondere die Vereinigten Staaten müssen in dieser Angelegenheit dringend umgestimmt und für das Kyoto-Protokoll gewonnen werden. Dies erfordert weitere Anstrengungen und Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen in bilateralen Gesprächen, und in internationalen Verhandlungen muss die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die USA das Kyoto-Protokoll ratifizieren.
In Johannesburg muss auch der politische Mut gefunden werden, die Haupthindernisse für eine nachhaltige Entwicklung zu benennen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Die Industrienationen müssen noch verbliebene Handelshemmnisse abbauen. Allerdings müssen auch Menschenrechte und eine gute Regierungsführung bei den betroffenen Staaten eingeführt werden. Korruption und Misswirtschaft sind zu bekämpfen. Die Globalisierung stellt keine Gefahr dar, sondern eine Chance für Entwicklung. Investitionen in den betroffenen Ländern sind wir
kungsvoller als Entwicklungshilfe. Dies bietet auch neue Exportchancen und Investitionsfelder für deutsche Unternehmen. Von wirtschaftlicher Zusammenarbeit können schließlich alle Partner profitieren.
Der Handel mit Emissionszertifikaten ist auf internationaler wie nationaler Ebene ein modernes marktwirtschaftliches Instrument für den Umweltschutz. Den Entwicklungs- und Transformationsländern wird durch den Handel eine attraktive Möglichkeit gegeben, aktiv und in eigener Verantwortung am Welthandel teilzunehmen und so Beiträge zum Umweltschutz zu leisten und dabei gleichzeitig ihre eigene wirtschaftliche Situation zu verbessern. Der Handel mit diesen Zertifikaten ist insoweit auch eine Chance für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit.
Die Nutzung dieser flexiblen Instrumente des Kyoto-Protokolls ist dabei kein Selbstzweck, die FDP ist jedoch davon überzeugt, dass der Einsatz von marktwirtschaftlichen Instrumenten mit Minimierung der Kosten, die für den Umweltschutz notwendig sind, das Ziel eines Mehr an Umweltschutz besser erreichen lassen als zusätzliche Reglementierungen.
Auf nationaler Ebene geht es um eine wirksame Verminderung von Treibhausgasemissionen. Die Bundesregierung hat in diesen Bereichen bislang eher zu wenig geleistet.
Die Reduktionsleistung beim CO2-Ausstoß wurden in dem überwiegenden Teil in den Jahren 1990 bis 1997 realisiert. Der Bundesumweltminister ist nun gefordert, sich nicht lediglich auf das Minderungsziel der Europäischen Union von 21 % bis 2010 für Deutschland zu beziehen, sondern sollte das im Deutschen Bundestag vereinbarte Ziel von einer Senkung von 25 % aktiv angehen.
Zielführende Maßnahmen müssen nun insbesondere in den Bereichen Bau und Verkehr ergriffen werden. Mit Blick auf den Gebäudesektor heißt dies, dort den Energieverbrauch zu senken und die Effizienz der Energienutzung weiter zu verbessern.
Für eine Senkung der Treibhausgasemission im Verkehrsbereich liefern vor allem die Brennstoffzelle und die Wasserstofftechnologie viel versprechende Absätze. Die FDP setzt deshalb hohe Erwartungen in eine marktwirtschaftliche Förderung dieser erneuerbaren Energien. Nicht zuletzt sind regenerative Energietechniken Zukunftstechnologien für den Umweltschutz.
Die Branche hat damit auch eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung von Deutschland als Standort von Forschung und Hochtechnologie.
Die verheerenden Schäden des Hochwassers haben auch deutlich gezeigt, wie wichtig vorbeugender Hochwasserschutz ist, auch wenn es keinen absoluten Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen gibt. Auf nationaler Ebene muss verstärkt dem Rückhalt von Wasser in der Fläche Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies ist zum Beispiel durch die Erhaltung und Wiederherstellung eines naturnahen Gewässerzustandes oder durch Maßnahmen der Entsiegelung von Flächen durch Verhinderung der Bodenverdichtung und durch Verbesserung der Regenwasserversickerung möglich.
Bisherige Eingriffe in den Naturhaushalt haben erheblichen Einfluss auf das Hochwassergeschehen. Fehlentwicklungen der Vergangenheit sind mit Entschlossenheit zu begegnen. Hier müssen Behörden, betroffene Länder und alle Beteiligten eng zusammen arbeiten.
Ich glaube, Sie haben diesen Teil unseres Wahlprogramms noch nicht so recht verstanden. Dazu später dann noch mehr.
Hochwasserschutz ist eine länderübergreifende Herausforderung. Dies gilt auf internationaler Ebene mit Blick auf die Anrainerstaaten der Flusssysteme wie auch auf nationaler Ebene mit Blick auf eine Zusammenarbeit der beteiligten und betroffenen Bundesländer. Ein wirksamer und zukunftsfähiger Hochwasserschutz kann nur mit einer ausgewogenen Kombination aus ökologisch ausgerichteten Maßnahmen zum Wasserrückhalt in den Einzugsgebieten, mit Schutzmaßnahmen auf höchstem technischen Stand, Anpassung der Landschaftsnutzung in den Überschwemmungsgebieten und individueller Vorsorge erzielt werden. Hochwassermanagement erfordert aber auch eine internationale Kooperation und lässt das allgemeine Vorsorgeprinzip der Umweltpolitik ganz konkret werden. Mit Blick einer auf die Unzulänglichkeiten an den Landesgrenzen orientierten Hochwasservorsorge müssen die Bemühungen um ein länderübergreifendes Hochwassermanagement in der Praxis vorangetrieben werden. Hier ist auch der Senat gefordert für ein Engagement über den Bundesrat.
Bau- und Ausbauprojekte an den Flüssen und in ihren Einzugsgebieten müssen genauer auf ihre komplexen Auswirkungen auf die Umwelt untersucht werden. Ein pauschaler Verzicht auf diese Vorhaben, ohne vorherige genaue Untersuchung ihrer Auswirkungen, lehnt die FDP ab, da dies natürlich auch wirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringt. Eine zeitliche Verschiebung oder Streckung von Maßnahmen von Bau- und Ausbauprojekten zu Gunsten der durch das Hochwasser beschädigten Infrastruktur sollte nach vorheriger Prüfung erwogen werden.
Die Schaffung eines Aktionsplanes Umweltschutz für Berlin ist sinnvoll, um einzelne Maßnahmen zu bündeln, sie in ein strategisches Konzept einzubetten und Defizite aufzuzeigen. Die Ergebnisse der Enquetekommissionen der 13. und 14. Legislaturperiode bieten eine gute Basis für die Erarbeitung eines solchen Aktionsplanes. Von dem dadurch gewonnenen Know-how können auch unsere Partnerstädte profitieren.
Wirksamer Umweltschutz ist jedoch vor allem auf die Kooperation aller Bürgerinnen und Bürger angewiesen. In zahlreichen Verbänden engagieren sich unzählige Menschen ehrenamtlich für den Umweltschutz. Nur durch das freiwillige Engagement der Helfer in den Hochwassergebieten konnte Schlimmeres verhindert werden. Dadurch wurde deutlich, wie wichtig das Netzwerk der Hilfsorganisationen für uns ist. Ebenso würden etliche als selbstverständlich empfundene Leistungen wie z. B. Krankentransporte und Behindertenversorgung ohne freiwillige Helfer nicht mehr funktionieren. Um die Einsatzfähigkeit der Hilfsdienste zu sichern, bedarf es neben finanziellen Mitteln auch einer großen Zahl von Freiwilligen. Um Organisationen wie z. B. das Technische Hilfswerk und das Deutsche Rote Kreuz aus der medialen Randexistenz zu holen, sollen diese ihre Tätigkeiten einmal jährlich an Berliner Schulen präsentieren dürfen. Dadurch kann die Bedeutung des Ehrenamts herausgestellt und das soziale Bewusstsein der Schüler geschärft werden. Derartige Maßnahmen, die die Kooperation aller Bürgerinnen und Bürger für Katastrophen und Umweltschutz fördern, sind notwendige Bestandteile eines Aktionsplanes für den Umweltschutz in Berlin. An dessen Erarbeitung wird sich die FDP in allen Gremien dieses Hauses konstruktiv beteiligen. – Vielen Dank!