Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

[Dr. Lindner (FDP): So ein Quatsch!]

der Mitbestimmung von Beschäftigten in ihren ureigensten Angelegenheiten, nämlich ihrem Arbeitsplatz.

[Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Die Verwaltung reformieren, Kosten sparen, das können Sie mit uns. Auch über die Möglichkeit reformierter Regelungen z. B. die Straffung von Mitbestimmungsvorgängen hätten wir uns gerne unterhalten. Wir unterhalten uns aber nicht über die Abschaffung von jahrzehntelang, teils in heftigen Auseinandersetzungen errungenen demokratischen Mitbestimmungsrechten.

[Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Nun lassen Sie mich noch eines, und zwar als letzten Satz sagen:

Kurz, bitte!

Achten Sie bitte darauf, dass Sie sich bei dem Versuch, dieses Recht wegzuschlagen, nicht den Arm brechen. interjection: [Beifall bei der SPD – von Lüdeke (FDP): Was sagt denn Herr Sarrazin dazu?]

Danke, Frau Kollegin Hertel! – Herr Trapp hat das Wort für die Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Kollege Trapp!

[Zuruf des Abg. Lorenz (SPD) – Zuruf: Trapp, Gatow!]

Locker bleiben! Trapp, Gatow! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion, wenn man ihn so liest, die Modernisierung des Personalvertretungsgesetzes, hört sich auf den ersten Blick sehr professionell an. interjection: [Ritzmann (FDP): Vielen Dank!]

(A) (C)

(B) (D)

Wer diesen Antrag jedoch genauer durchleuchtet, wird feststellen, dass er massiv in die Rechte der Arbeitnehmer eingreift, hin bis zu „Hire and Fire“.

[Beifall der Abgn. Meyer (FDP) und Thiel (FDP)]

Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes leisten eine gute Arbeit, wie es auch in der Umfrage der „Berliner Morgenpost“ dokumentiert wurde. Eine weitere Leistungssteigerung ist vom Senator Dr. Körting in Aussicht gestellt worden, jedenfalls im Interview in „Berliner Morgenpost“, schauen wir einmal.

[Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Das Personalvertretungsgesetz Berlins vom 26. Juni 1974 in der Fassung vom 30. November 2000 hat sich über Jahrzehnte bewährt. Es hat seine Zerreißprobe bestanden in der Zusammenführung beider Berliner Verwaltungen. Im letzten Jahrzehnt wurden ca. 60 000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sozialverträglich abgebaut, und die Personalräte haben verantwortungsbewusst bei diesem Prozess die Rechte der Beschäftigten wahrgenommen.

[Beifall bei der SPD]

Es ist vielmehr an der Zeit, die Verwaltungen aufgabenkritisch zu durchleuchten und nicht nur immer auf das Personal zu schauen.

Nun einmal zu der schwachen Begründung des Antrags. 1. „Verfassungswidrigkeit“: Das zitierte Gutachten des Unternehmensverbandes Berlin-Brandenburg ist aus meiner Sicht ein Gefälligkeitsgutachten, denn der Berliner Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 25. Januar 2001 eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

[Dr. Lindner (FDP): Als unzulässig, Herr Trapp, er hat sich gar nicht mit der Sache beschäftigt!]

2. „Betriebsbedingte Kündigungen sind faktisch unmöglich.“ – Herr Lindner, selten werden Häuptlinge in die Gefahr der betriebsbedingten Kündigungen geraten, denn sie verstehen es, sich zur Wehr zu setzen. Es trifft vielmehr immer die Indianer. Und hier ist es richtig, dass im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens der Dienststellenleiter die Gesichtspunkte zur Sozialauswahl offenlegt. Und er hat auch deutlich zu machen, aus welchem Grund der ausgewählte Mitarbeiter am wenigsten schutzbedürftig ist.

[Dr. Lindner (FDP): Wir wollen es ja nicht abschaffen!]

Personalräte haben nach dem Personalvertretungsrecht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, nämlich des Kündigungsschutzgesetzes zu überwachen, und können nicht ohne Grund die Zustimmung verweigern. Ich glaube auch, dass die Mitbestimmung der Personalräte verhindert, dass die Behörden viele Niederlagen vor Arbeitsgerichten erzielen.

Ein Beamter, den Sie ja auch in Ihrem Antrag ansprechen, der zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, kann auch von einem Personalrat im Rahmen der Mitbestimmungsverfahren nicht gerettet werden.

Herr Kollege Trapp, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lindner?

Erst danach! –

[Dr. Lindner (FDP): Ich habe keine Nachfrage, sondern eine Zwischenfrage!]

Bei unterschiedlichen Meinungen zwischen der Behörde und den Personalvertretern existiert im Personalvertretungsgesetz das Einigungsverfahren mit der Einigungsstelle, Herr Lindner! Da hat die Innenbehörde drei Vertreter zu stellen – als Arbeitgebervertreter –, und den Vorsitzenden wird sie auch benennen. Die Arbeitnehmer benennen ebenfalls drei Vertreter. In Berlin ist der Vorsitzende immer ein Richter am Arbeitsgericht. Glauben Sie, dass der in der Einigungsstelle anders entscheidet als in seinem Gerichtssaal? – Ich habe eher den Eindruck, Sie wollen

die Personalvertretung aus dem Kündigungsverfahren herausdrücken und für die Not leidenden Rechtsanwälte ein Arbeitsbeschaffungsprogramm auflegen.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Wer Verwaltungsreform ernsthaft betreibt, muss an der Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Personalräte interessiert sein. „Hire and fire“ wird es mit der CDU-Fraktion nicht geben.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Ritzmann (FDP): Zumindest nicht im öffentlichen Dienst!]

Das Wort hat nunmehr der Kollege Krüger für die Fraktion der PDS. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der in Rede stehende Antrag der FDP-Fraktion ist ja wohl als Beitrag zu der Aktion „Schneller kündigen mit der FDP“ zu verstehen.

[Beifall des Abg. Meyer (FDP)]

Das Betrübliche an dem Agieren der FDP-Fraktion ist, dass sie hier, obwohl sie diesen Anspruch gern an andere richtet, nicht Klartext spricht, sondern den Umweg wählt, Vorwürfe an das Personalvertretungsrecht in Berlin zu richten, die in der Sache und in der Richtung unberechtigt sind. Hierzu haben die Kollegen der anderen Fraktionen schon Ausführungen gemacht, die ich nicht wiederholen möchte.

Nun könnte man diesen Antrag einfach einmal anhand einzelner Fragen – worauf er basiert, was er behauptet, was er will und was die Folgen wären – der Reihe nach durchgehen. Sicherlich ist ein Anlass dieses Antrags das rechtswissenschaftliche Gutachten der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Eine Fraktion, die bestimmte Interessen auf ihre Fahnen geschrieben hat,

[Ritzmann (FDP): Wir vertreten die Interessen der Berlinerinnen und Berliner!]

kann hierauf auch – trotz des naheliegenden Vorwurfs des Gefälligkeitsantrags – entsprechend reagieren. Aber dass Sie dabei so unclever sind und diese Interessen ziemlich schlampig und schlecht vertreten, das würde ich Ihnen gern vorhalten. Sie verstehen Ihr Handwerk nicht gut, auf dem Weg zu betriebsbedingten Kündigungen zu kommen. Denn das, was Sie für unmöglich halten, ist nach dem Personalvertretungsgesetz de jure kein Problem. Sie müssen mal Klartext darüber sprechen, ob Sie die Schutzrechte im BAT mit dem Status des unkündbaren Angestellten bejahen oder ablehnen. Das ist ein Stück Klarheit, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Berlin verdienen.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Die Kollegin Hertel hat bereits sehr gut die Angriffe auf die Mitbestimmung als Ganzes zurückgewiesen, und die Gewerkschaften und Personalräte können sich sicher sein, dass Rot-Rot hier auch stehen wird – gegen die FDP.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Kollege Lindner! Was den angedrohten Gang zum Verfassungsgericht betrifft, so hat der Kollege Trapp auf die bereits abgewiesene Klage der Freien Universität Berlin gegen das Personalvertretungsgesetz hingewiesen.

[Dr. Lindner (FDP): Die Klage wurde für unzulässig erklärt. Das Gericht hat sich mit der Sache nicht beschäftigt!]

Wiegen Sie sich nicht in der Sicherheit, dass die nur aus formalen Gründen abgewiesen worden sei und dass Sie in der Sache noch Punkte machen können! Mir liegt die Klage vor. Hier ist explizit dieselbe Argumentation zu finden, die Sie bringen – das Personalvertretungsgesetz verstoße gegen das Demokratieprinzip, die mitentscheidende Beteiligung der Einigungsstellen sei nicht demokratisch legitimiert. Auch hierzu hat sich der Verfas

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sungsgerichtshof in seinem Urteil geäußert und erklärt, dass die Selbstverwaltung der Universitäten durch das Berliner Landespersonalvertretungsgesetz nicht beeinträchtigt wird.

[Abg. Dr. Lindner (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]