Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal daran erinnern, was heute das Thema unserer Aktuellen Stunde ist: Trotz knapper Kassen Priorität für Bildung – Berliner Schulen zukunftsfähig machen. Ich habe allen Rednerinnen und Rednern sehr aufmerksam zugehört. Deshalb noch einen Punkt zur Frage, ob es nötig sei, heute die Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu veranstalten. So wichtig dieses Thema auch ist, kann ich nur feststellen: Nein; erstens interessiert es offensichtlich die Wenigsten im Haus,
und zweitens ist nicht ein Aspekt, der heute genannt wurde, aktuell und neu. [Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Als jemand, der vor 30 Jahren die Lehrerausbildung begonnen hat, sind mir alle diese Themen nicht grundsätzlich neu. PISA und das Forum Bildung haben vieles bestätigt. Ich erinnere an die Diskussion um den elaborierten Code, um die Chancengleichheit, die Vorschulerziehung. Das ist alles in dieser Zeit entstanden. Wir wissen mindestens seit 25 Jahren, was zu tun ist. Aber ich stelle fest: Weder die große Koalition in Berlin noch der rot-rote Senat im letzten Dreivierteljahr haben die Dinge wirklich angepackt. Dabei wissen Sie es alle besser.
Nein, die rot-rote Koalition! Ich möchte Sie einfach bitten: Gukken Sie in Ihre Koalitionsvereinbarung! Im Textteil sind sehr viele Sachverhalte dringeblieben, die schon bei den Ampelverhandlungen so vorgesehen waren, weil sie einfach sehr einleuchtend sind.
Frau Barth hat zu Recht festgestellt – das steht auch in Ihrer Koalitionsvereinbarung –, dass wir das System der Ganztagsbetreuung in den Grundschulen neu denken müssen. Das müssen wir gar nicht, denn im Ostteil der Stadt gab es ein System, das man eigentlich so fortführen könnte. Da gebe ich Ihnen Recht, und ich bedaure nur, dass Sie unsere Anträge, die wir im März gestellt haben, nicht in den Ausschüssen behandelt haben. Sie haben Sie offensichtlich noch nicht einmal gelesen, denn das war genau das, was wir damals gefordert haben. Insofern hätten wir längst zu einem Ergebnis kommen können und brauchten heute nicht lang und breit zu diskutieren.
Die sieben Punkte, die Sie uns genannt haben, Herr Böger, kann ich alle unterschreiben. Aber davon ist keiner wirklich neu. 1998 gab es in dieser Stadt eine große und lange Diskussion nach dem ersten Ergebnis der Sprachstandsmessung. Seitdem wissen wir: Nicht nur die Kinder von Migrant(inn)en, sondern auch deutsche Kinder aus sozial benachteiligten Wohngebieten verfügen nicht über die notwendigen Sprachkenntnisse, um in der Schule mitzukommen. Seitdem sind einige kleine Förder
maßnahmen eingeleitet worden und sind dann teilweise wieder zurückgenommen worden. Sie müssten verstärkt werden! Hier ist sehr großer Handlungsbedarf, hier hätte längst etwas getan werden müssen. Reden – auch meine heute – nützt den Kindern gar nichts, da muss endlich etwas getan werden.
Eines ist, denke ich, allen klar. Herr Goetze, Sie haben darauf hingewiesen, dass es nicht die Strukturen in der Schule sind, die unbedingt dazu beigetragen haben, dass bei PISA einige Länder erfolgreich oder nicht erfolgreich waren. Ganz deutlich ist aber, dass Schulen in den Ländern erfolgreicher sind, in denen die gesamte Gesellschaft und nicht nur die Omas und Opas, sondern auch die Leute, die selber keine Kinder haben, sich für die Erziehung, die Bildung und die Sozialisation der Kinder verantwortlich fühlen. Das ist etwas, wo in Deutschland ein riesengroßes Manko herrscht. Hier wird nämlich die Erziehung und Bildung der Kinder abgewälzt. Die Eltern sollen es tun, die Kitas sollen es tun, die Schule, und ansonsten kümmert sich kein Mensch darum. Und wenn Sie in dieser Stadt mit Kindern unterwegs sind, dann werden Sie erleben, dass Lebensäußerungen, wenn die Kinder fröhlich sind, wenn sie mal auf eine Stange in der U-Bahn klettern, – von den anderen Fahrgästen nämlich – sehr gerügt werden und nicht gerne gesehen werden. Kinder können sich aber nur entwickeln, wenn sie Freiräume haben, wenn sie neugierig sein dürfen, wenn sie sich bewegen. Wir wissen, die Sprachentwicklung geht einher mit der Denkentwicklung und der Mobilitätsentwicklung, also mit Bewegung. Kinder zum Beispiel, die immer noch im Kinderwagen zur Kita oder mit dem Auto zur Schule gefahren werden – das geht in Richtung CDU, die immer sagt: Freie Fahrt für freie Autobürger, aber nicht für die Kinder –,
solche Kinder können schlicht und einfach mit 6 Jahren nicht in der Schule über die Sprachfertigkeiten, über die motorischen und sonstigen sozialen Fertigkeiten verfügen, die sie brauchen.
Ein anderer wesentlicher Unterschied zu Ländern, die erfolgreich waren – das gilt auch für deutsche Bundesländer –, liegt dort: Da, wo Lehrer und Erzieherinnen davon überzeugt sind, dass sie etwas bei den Kindern bewirken, dass sie den Kindern etwas beibringen können, führt es zu guten Ergebnissen. Hier ist für die Lehrerausbildung und die Lehrerfortbildung ein wichtiger Ansatz, den Lehrerinnen und Lehrern ein Selbstbild zu vermitteln, was sie sich zutrauen, was sie glauben, bewirken zu können. Wenn Lehrer teilweise beschimpft werden oder alleine gelassen werden und nur die Meinung herrscht, letztlich könne den Kindern nichts beigebracht werden, dann können die Kinder auch nichts lernen. In der Schule gilt, was auch in der Arbeitsmarktpolitik neuerdings gilt: fördern und fordern! Das ist ganz wichtig, und ich bedaure, dass wir heute nicht die Große Anfrage und die Anträge zu Kitas behandeln, weil – das ist in einigen Reden angesprochen worden, in anderen ist das sehr zu kurz gekommen – in der Kita angefangen werden muss, bei der vorschulischen Bildung. Und da finde ich Ihren Antrag etwas zu kurz gegriffen: Die vorschulische Bildung ist nicht das letzte Jahr vor der Schule, sondern das fängt im ersten Lebensjahr an. Da hatten wir unseren Antrag umfassender formuliert, nämlich Kita als erste Stufe des Bildungssystems, den Übergang von Kita zur Grundschule verbessern, die Grundschulreform und die Ganztagsbetreuung. Ich denke, wir sind uns alle einig; lassen Sie uns das alles anpacken, und Ihre Verwaltung, Herr Böger, ist schon ein bisschen weiter als die Anträge, die die Koalition heute hier geliefert hat. – Vielen Dank!
Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.
Wir kommen nun zu den Anträgen. Der Ältestenrat empfiehlt, die Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS, und zwar die Drucksachen 15/758 und 15/759, an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport zu überweisen, Der Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/788, soll federführend an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport und mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung überwiesen werden. – Ich stelle fest, dass sich dagegen kein Widerspruch erhebt. Damit sind die Überweisungen so beschlossen.
II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zum Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Niedersachsen über die LBS Norddeutsche Landesbausparkasse BerlinHannover, Drucksache 15/488, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Betriebe und Technologie vom 23. September 2002
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Paragraphen miteinander zu verbinden, und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die §§ 1 und 2, die Überschrift und die Einleitung in der Fassung der Vorlage Drucksache 15/488. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme der Vorlage bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer der Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir das so beschlossen.
Ich erinnere an unsere Beschlussfassung vom 12. September 2002. Gemäß Ziffer 4 soll die Einsetzung des Kuratoriums in der nächsten folgenden Sitzung, also heute, erfolgen. Ich stelle Ihre Zustimmung zu dieser Einsetzung fest.
Gemäß Ziffer 5 der Beschlussfassung ist eine Benennung von Kuratoriumsmitgliedern von 3:3:3:2:2 der Fraktionen des Hauses vorgesehen. Bei Benennung von je drei Mitgliedern sollen zwei nicht dem Abgeordnetenhaus angehören, bei Benennung von je zwei Mitgliedern soll jeweils ein Mitglied nicht dem Abgeordnetenhaus angehören.
Ich bitte die Fraktionen, in den nächsten Tagen die schriftlichen Benennungen nachzureichen, sofern dies noch nicht geschehen ist.
a) von zwei Vertretern oder Vertreterinnen der Berliner Arbeitgeberverbände zu Mitgliedern des Kuratoriums der Universität der Künste Berlin sowie deren Stellvertreter oder Stellvertreterinnen,
b) von zwei Vertretern oder Vertreterinnen der Berliner Gewerkschaften zu Mitgliedern des Kuratoriums der Universität der Künste Berlin sowie deren Stellvertreter oder Stellvertreterinnen
Gewählt ist, wer gemäß § 74 Abs.1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung die einfache Mehrheit des Hauses erhält. Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer den in der Anlage zur Drucksache aufgeführten Kandidatinnen und Kandidaten seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit sind die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten einstimmig gewählt.
Inzwischen haben sich die antragstellenden Fraktionen darauf verständigt, die Behandlung der Großen Anfrage heute zu vertagen. Damit ist sie vertagt und steht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung am 31. Oktober 2002.
Die Große Anfrage und die Anträge unter dem Tagesordnungspunkt 9 hatten wir schon zusammen mit der Aktuellen Stunde aufgerufen.
Zur Begründung rufe ich ein Mitglied der antragstellenden Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf, und zwar mit einer Redezeit von bis zu 5 Minuten. Ich sehe, Frau Oesterheld meldet sich zu Wort – bitte schön, Sie haben auch das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich fände ich es nett, wenn wenigstens alle Mitglieder des Aufsichtsrates und auch die zukünftigen Mitglieder des Aufsichtsrates dabei wären, wenn wir uns über die Bankgesellschaft unterhalten. Ich denke, der Wirtschaftssenator wird in Zukunft auch Aufsichtsratsmitglied werden.