Ferner sind für Kündigungen auch bundesrechtliche Voraussetzungen zu schaffen. Auch hier müssen Sie aktiv werden. Auch hier würden wir Sie dabei unterstützen, dass bei den allgemeinen, den bundesrechtlichen Kündigungsvorschriften Klauseln aufgenommen werden, die es öffentlich-rechtlichen Körperschaften erlauben, in Haushaltsnotlagen betriebsbedingt kündigen zu können, ohne die sonstigen Kriterien hierfür erfüllen zu müssen.
Ich komme zum Schluss. - Verlassen Sie sich nicht auf andere! Ihr erfolgloses Streben, etwas drüben beim "Blanken Hans" zu bekommen, konnte nicht funktionieren. Berlin muss seine Probleme selbst anpacken. Berlin muss wieder handlungsfähig werden. Berlin muss seine Kosten reduzieren, um gerade in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und innere Sicherheit, die auch die kleinen Leute an staatlicher Organisation brauchen, wieder Handlungsfähigkeit zu erlangen. Diese sind darauf angewiesen. Wir reden hier nicht über Klientel; wir reden über die Substanz, über die Vitalität, über die Existenzgrundlagen Berlins. Handeln Sie endlich! Wir haben keine Zeit zu verlieren!
Danke schön! - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt keine vernünftige Alternative zu einem Solidarpakt zwischen dem Senat von Berlin und den Gewerkschaften. Und weil es keine vernünftige Alternative zu einem Solidarpakt gibt, muss hier heute von dieser Plenarsitzung ein eindeutiges Signal ausgehen: Schluss mit den Drohgebärden, Schluss mit den Schuldzuweisungen, zurück an den Verhandlungstisch!
Es ist richtig, dass nicht die im öffentlichen Dienst Beschäftigten an dieser Haushaltsmisere schuld sind. Es waren Helmut Kohl und übrigens damals auch die Bundes-FDP, Herr Lindner, die die Berlin-Hilfen Anfang der 90er Jahre viel zu drastisch und viel zu schnell zurückgefahren haben.
Es war die große Koalition mit CDU u n d SPD, die über viele Jahre die Verschuldung des Landes Berlin in die Höhe getrieben hat.
Und es war auch eben diese Koalition, die eine Bankgesellschaft gegründet hat, die heute mit ihren Fondsrisiken den Haushalt belastet.
Genau so richtig ist es aber auch, dass wir heute mit dieser Situation umgehen müssen. Politik hat die Verantwortung, die Lasten unter diesen schwierigen Bedingungen gerecht zu verteilen, nicht allein, aber eben auch bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Dass die Personalkosten im Land Berlin fast so hoch sind wie die gesamten Steuereinnahmen, ist eine Tatsache, an der niemand vorbei kann, weder die Regierung noch die Opposition noch die Gewerkschaftsseite. Außer natürlich der Oppositionsfraktion CDU, die sich hier zur 5. Kolonne der Gewerkschaften macht und Polizeiorchester und Reiterstaffel zu Kernaufgaben des Staates erklärt,
aber mit keinem Wort sagt - und das ärgert mich auch, Herr Zimmer -, woher die notwendigen Einsparungen kommen sollen. Wenn ich mich recht erinnere, dann war es doch die große Koalition mit CDU und SPD, die die Beschäftigungssicherungsvereinbarung im August 1999, kurz vor einem Wahltermin, verlängerte, eben diese Beschäftigungssicherungsvereinbarung, die ein Regierender Bürgermeister Wowereit, der damals haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion war, heute aufkündigen will. Wenn ich Berichten derer glauben darf, die damals bei den Verhandlungen dabei waren, dann ist von Senatsseite nicht hart verhandelt, sondern einfach nur unterschrieben worden, weil ein Wahltermin vor der Tür stand. Und insbesondere weil ein Mann namens KlausRüdiger Landowsky sich in den Personalversammlungen der großen Betriebe immer wieder gern als Arbeiterführer feiern ließ.
Meine Fraktion hat erstmals im Jahr 1995 einen Solidarpakt für den öffentlichen Dienst vorgelegt, der Haushaltskonsolidierung, Arbeitszeitverkürzung und Beschäftigungssicherung miteinander verbunden hat. Von den damals Verantwortlichen sowohl in der SPD als
auch in der CDU wurden diese Vorschläge genau so wenig ernst genommen, wie Sie unsere Kritik am Konstrukt der Bankenholding Anfang der 90er Jahre ernst genommen haben. Aber auch hier gilt: Eine späte Einsicht ist besser als gar keine.
Wir sind der Ansicht, dass der Solidarpakt in ein Gesamtpaket eingebunden werden muss. Durch die Erhöhung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer müssen auch diejenigen mit herangezogen werden, die es sich leisten können. Nicht zuletzt muss auch die politische Klasse mit einbezogen werden, also die Abgeordneten, die Senatoren und Senatorinnen, die Staatssekretäre und Staatssekretärinnen und übrigens auch die Stadträte und Stadträtinnen, auch die müssen ihren Beitrag leisten. Berlin muss sich aus den Kosten der Wohnungsbauförderung zurückziehen, und nicht zuletzt müssen auch die Nutznießer der Fonds der Bankgesellschaft dazu bewegt werden, ihren Beitrag zu leisten. Das ist nicht nur eine finanzielle Frage, sondern es ist auch eine Frage der politischen Moral.
Natürlich gehört zu diesem Gesamtpaket auch die Feststellung der Haushaltsnotlage. Wir begrüßen den Sinneswandel, dass jetzt auch die rot-rote Koalition eingesehen hat, dass es diese Haushaltslage gibt. Wir begrüßen auch den Sinneswandel, dass die Einnahmeseite verbessert werden muss. Vor ganz wenigen Tagen hieß es noch, wir hätten kein Einnahmeproblem in Berlin. Wir freuen uns, dass Sie hier einen Sinneswandel vollzogen haben. Deswegen ist es auch richtig, sich sowohl in Verhandlungen mit dem Bund zu begeben als auch die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Bundesergänzungszuweisung zur Schuldentilgung vorzubereiten. Längst überfällig geht der Senat jetzt diesen Weg, und auch daran führt keine Möglichkeit vorbei.
Man muss sich allerdings wünschen, dass der Regierende Bürgermeister und insbesondere der Finanzsenator - der wird Sie, Herr Wowereit, wahrscheinlich begleiten - bei den Verhandlungen mit dem Bund etwas mehr Gespür aufbringen als bei den Solidarpaktgesprächen. Wir empfehlen, Beamte des Finanzministeriums des Bundes nicht als übelriechend zu bezeichnen, wir empfehlen Ihnen ebenfalls, Termine nicht kurzfristig abzusagen und präzise vorbereitet bei diesen Gesprächen zu erscheinen.
Auch wenn es um viel Geld und Arbeitsplätze geht: Der Ton macht die Musik. Wer Golf als sozialistischen Sport bezeichnet, Herr Wowereit, weil auf dem Platz alle gleich sind, der müsste eigentlich auch verstehen, dass solche Verhandlungen in Augenhöhe und mit Respekt voreinander verhandelt werden müssen. Die Drohung von Klaus Wowereit, den öffentlichen Dienst insgesamt abzuschaffen, liegt auf SarrazinNiveau und ist weder realistisch noch für die Gespräche besonders hilfreich.
Bei aller Kritik sage ich für meine Fraktion aber auch: So grottenschlecht, wie die Solidarpaktgespräche insbesondere von den SPD-Senatoren ein halbes Jahr lang geführt wurden, so dilettantisch, wie insbesondere die öffentliche Kommunikation war, so lange es gebraucht hat - mehr als ein halbes Jahr -, bis wirklich ein Senatsangebot auf dem Tisch gelegen hat, im Ergebnis ist ein Angebot, das auf Arbeitszeitverkürzung und sozial gestaffelten Lohnverzicht sowie darauf setzt, Beschäftigung zu sichern, ein Angebot, das es sich zu verhandeln lohnt und das auch dringend verhandelt werden muss, zum Beispiel was die soziale Staffelung der Maßnahmen betrifft. Dazu haben Sie gar nichts gesagt, Herr Müller.
Deswegen hoffen wir, hoffe ich, dass die Beteiligten an den Verhandlungstisch zurückkehren und dass die Gewerkschaften erkennen, dass sich dieses Angebot lohnt, verhandelt zu werden. Denn auch die Gewerkschaften tragen eine politische Verantwortung, und sie werden dieser Verantwortung nicht gerecht, wenn sie allein ihre verbandspolitischen Interessen zum Maßstab aller Dinge machen.
Man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass die Bereitschaft der Mitglieder und der Beschäftigten zu verhandeln größer ist als die Radikalität der mittleren Funktionärsebene. Wir sind sehr gespannt, was herauskäme, wenn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes befragt würden, wie sie denn die Sache sehen. Deshalb glauben wir, dass der Beamtenbund gut daran getan hat, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren und sich zu bewegen, auch wenn er von seinem Bundesverband dafür gescholten wird und wenn er zu spät kam.
Berlin befindet sich in einer Haushaltsnotlage. Diese muss festgeschrieben und definiert werden. Für genau diese Situation muss eine Lösung gefunden werden, die den Abschluss eines Solidarpaktes ermöglicht. Wir wollen keine pauschalen Öffnungsklauseln im Flächentarifvertrag, die es jeder Kommune ermöglichen, individuell die Gehälter zu verhandeln. Wir wollen eine flexible Anwendung des Flächentarifvertrages unter den Bedingungen der Haushaltsnotlage. Eine pauschale Öffnung würde sich übrigens auch im Bund nicht durchsetzen lassen. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, das nützt ja manchmal:
Tarifautonomie und Flächentarifvertrag haben sich bewährt und bieten die notwendige Flexibilität. Die Zukunftsfähigkeit des Flächentarifvertrages setzt voraus, dass neue und differenzierte betriebliche Anforderungen berücksichtigt werden können.
Zumal die Umsetzung der vom Senat angekündigten Maßnahmen keine wirkliche Alternative ist. Als da wären: Betriebsbedingte Kündigungen, die nur jüngere und im Ostteil der Stadt Beschäftigte träfen. Der Ausstieg aus Tarifbindungen wird durch die Nachwirkungspflicht finanziell erst in Jahren wirklich kassenwirksam werden. Er soll nicht auf Beschäftigte des BSR und der BVG, aber sehr wohl auf Kitaerzieherinnen angewendet werden. Finden Sie das sozial gerecht, insbesondere meine Damen und meine Herren von der Fraktion der PDS?
Wir finden das eine miserable Lösung für alle Beteiligten, die vermieden werden muss. Deswegen hoffen wir, dass es wirklich zu einem Vertrag über den Solidarpakt kommt.
Um wieder Bewegung in die Sache zu bringen, ist es Aufgabe der Gewerkschaften, einen eigenen Vorschlag auf den Tisch zu legen. Aber auch der Senat muss signalisieren, dass er wirklich verhandeln will. Wir halten eine Abkehr von der sogenannten deduktiven Methode, das sind die 500 Millionen Euro, Herr Müller, für angebracht. Diese Summe ist übrigens einzig und
allein auf dem Mist der FDP gewachsen, das ist ein Erbe aus den Ampel-Verhandlungen. Es ist besser, 400 Millionen Euro oder 417,5 Millionen Euro wirklich in die Kassen zu bekommen, als Luftbuchungen von 500 Millionen Euro im Haushalt stehen und den Solidarpakt scheitern zu lassen
Ich komme zum Ende. Er gäbe noch viel zu sagen zu den Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Altersteilzeit, die bei weitem nicht ausgeschöpft sind, zur Notwendigkeit von Verwaltungsreform. Hier gibt es auch Potentiale.
Und ich sage in Richtung des Wirtschaftssenators Harald Wolf, der heute diese Potentiale als Peanuts bezeichnet, dass Sie vor einem Jahr exakt das, was wir vorgelegt haben, als eine Arbeitsplatzvernichtung im öffentlichen Dienst bezeichnet haben, die Sie nicht mittragen werden, und dass die PDS einen Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag kategorisch ablehnt. Heute machen Sie eine Wendung um 180 Grad. Das nenne ich einen Opportunismus erster Güte. Ich hoffe, dass ein Solidarpakt trotzdem zu Stande kommt.
Danke schön, Frau Klotz! - Jetzt ergreift für den Senat Herr Innensenator Dr. Körting das Wort. - Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Solidarpakt und Gespräche mit den Gewerkschaften über einen Solidarpakt für den öffentlichen Dienst - lassen Sie mich als für Beamtenrecht und Tarifvertragsverhandlungen zuständiges Senatsmitglied eine Vorbemerkung machen: In einem Staatswesen wie unserem wird man soziale Gerechtigkeit, Bildungschancen für alle oder Schutz vor Kriminalität immer nur erreichen können, wenn man sich auf einen funktionierenden Staat stützen kann. Und dieser Staat wird es immer nur erreichen können, wenn er sich auf Mitarbeiter stützen kann, die diese wichtigen Funktionen wahrnehmen. Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes arbeiten für uns alle, und diejenigen, die in Kitas, Schulen, Polizei, Feuerwehr oder Ämtern arbeiten, machen eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Es gibt keinen Grund, auf diese Mitarbeiter zu schimpfen. Das sollte man einleitend sagen.