Die entscheidende Frage ist doch also nicht, wie viele Wachen oder wie viele Abschnitte, sondern, Herr Körting hat es angesprochen, wie viele Funkstreifen, wie viele Polizeibeamte sind statt in irgendeiner Wache im Büro auf der Straße und unterwegs. Detailprobleme wie die fast undurchführbaren so genannten Dritteldienste – Sie lassen sich vielleicht am besten mal von Ihrem Kollegen Trapp erklären, was das ist – für kleine, personell schwach besetzte Wachen seien hier nur am Rande für interessiertes Fachpublikum erwähnt.
Und dann diese Grausamkeit des rot-roten Senats, Stellen zu kürzen. Herr Körting hat versucht, es Ihnen, glaube ich, zum dritten oder vierten Mal zu erklären, ich versuche es dann auch noch mal. Sie haben dabei vergessen, dass es sich um Stellen handelt, die nie durch Personen besetzt waren, sondern ausschließlich als so genannte Töpfe für Personalnebenkosten, nämlich DuZ – Dienst zu ungünstigen Zeiten – oder Schichtzulagen verwandt wurden. Und nicht besetzte Stellen, Herr Henkel, können nun beim besten Willen nicht dazu dienen, Überstunden abzubauen.
Überstunden: Ich habe es vorhin unhöflicherweise dazwischengerufen, will jetzt die Situation nutzen, es ganz ordentlich noch mal vom Mikro aus zu sagen. Ein Überstundenpool, Herr Henkel, der sich nicht in den letzten 3 Jahren aufgebaut hat, sondern den wir übernommen haben, also ein erneutes Millionenerbe an Schulden, und zwar an Stundenschulden, die wir von Ihnen übernehmen durften –
dagegen, Herr Henkel, haben wir 106 bereits etatisierte Stellen zur Intensivierung der Verbrechensbekämpfung nun endlich auch stellenmäßig besetzt. Ich hoffe, Sie hören, 106 Beamte mehr. Dass Sie in dieser Frage zum zigsten Mal den Freiwilligen Polizeidienst bemühen, verwundert mich nun wirklich nicht mehr. Aber kalter Kaffee, der zum tausendsten Mal erwärmt wird, schmeckt deshalb nicht besser. Sie suchen verzweifelt nach Punkten, um angebliche Missstände in der Sicherheitspolitik, die wir zu verantworten haben, aufzudecken, und müssen vor lauter Verzweiflung nun sogar noch auf den Freiwilligen Polizeidienst zurückgreifen, eine Truppe, die wir ehrenvoll zu Grabe getragen haben. Lassen Sie sie ruhen!
Apropos Missstände: Frech und von mir geradezu als unverschämt empfunden ist Ihre Frage nach dem Fuhrpark. Ja, sind denn auch die Fahrzeuge in den letzten 3 Jahren doppelt und dreifach schnell gealtert? Ich hoffe, Sie können mir ohne Taschen
rechner folgen. Fahrzeuge, die heute ein Alter von 10, 12 und 15 Jahren haben, waren vor 3 Jahren rein rechnerisch 7, 10 und 12 Jahre alt. Gestatten Sie mir den Vergleich: Sie hinterlassen einen Schrottplatz und fordern von uns über Nacht einen Autosalon mit Neuwagen.
Ohne den engagierten und außerordentlich kreativen Einsatz – ich könnte Ihnen da ein paar Beispiele nennen, das würde aber meine Zeit, fürchte ich, hier sprengen – der so genannten Schirrmeister – das sind die Verantwortlichen für die Kraftfahrzeuge in den Direktionen –, würde mindestens die Hälfte der noch fahr- und funktionstüchtigen Kfz längst entsorgt, weil fahruntüchtig sein.
Um die dringend erforderliche Verjüngung der Berliner Polizeifahrzeuge zu realisieren, haben wir uns – auch das hat Herr Körting bereits erwähnt – für das Leasingmodell entschieden, ein Modell, das es uns erlaubt, trotz leerer Kassen den Beamtinnen und Beamten einen ordentlichen und zuverlässigen, einsatzfähigen Arbeitsplatz zu bieten. Ab Dezember werden 100 BMW eingesetzt werden und ihren Dienst in Berlin beginnen.
Ich gebe zu, es wird noch einige Zeit dauern, bis die eingangs erwähnten Strukturveränderungen greifen, bis das Berliner Modell dann hoffentlich auf alle Direktionen übertragen und so durch Verlagerung und Freisetzen von Ressourcen bei der Polizei Potentiale erwirtschaftet sein werden. Aber alles in allem ist die innere Sicherheit der Stadt, wenn auch langsam, aber dafür sicher, auf einem guten Weg.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bürger Berlins wollen eine bürgernahe, effektiv arbeitende, gut ausgestattete und motivierte Großstadtpolizei. Und wir sind gewählt worden, um dafür zu sorgen, dass das auch so eintritt. Die bisherige
Struktur, die Organisation, muss verändert werden. Da gibt es im Moment Projekte, die laufen, aber das reicht nicht aus. Wir glauben, dass insbesondere im Bereich der Entscheidungsfreiheit und Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter noch mehr getan werden muss. Das Berliner Modell ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber, wie wir alle wissen, es ist ja ausgesetzt. Das führt im Moment dazu, dass wir in Berlin zwei Polizeien haben: eine, die einigermaßen modernisiert ist, einigermaßen gut ausgestattet und ausgebildet ist, und die andere Polizei, die eben noch so arbeitet wie vor 20 Jahren. Und dass das zu Problemen führt, allein in der Abstimmung, liegt wohl auf der Hand.
Ein weiteres Problem scheint mir doch zu sein, dass nach der Reform, die am Montag im Innenausschuss vorgestellt wurde, jetzt sogar Direktionen mit gemischten Abschnitten geschaffen werden sollen. Das heißt, da liegen dann Abschnitte nebeneinander, die einen sind EDV-angebunden, haben ganz andere Arbeitsabläufe, und der Nebenabschnitt arbeitet noch so wie vor 20 Jahren. Ich weiß nicht, wie da sichergestellt werden soll, dass eine optimale Zusammenarbeit möglich ist. Das ist eine Frage, die bisher auch nicht beantwortet wurde, außer: Das machen wir schon. – Das ist mir zu wenig, da muss der Innensenator noch nachlegen, denn das kann im Einzelfall, im Notfall ein wirkliches Problem werden.
Die Dienststätten sind meist mittelmäßig ausgestattet. Oft sind sie an der Grenze dessen, was erträglich ist, und manchmal sind sie sogar deutlich darunter einzustufen. Hier muss investiert werden. Wie soll das gehen? – Wir alle kennen die Haushaltslage. Zum einen ist es eine Frage der politischen Prioritäten, das hat der Kollege Henkel bereits angesprochen. Nicht alle staatlichen Aufgaben sind gleich wichtig. Das hatten wir in der vorherigen Debatte bereits. Hier muss man Prioritäten setzen und nicht nach dem Rasenmäherprinzip agieren. Und auf der anderen Seite kann und muss die Polizei auch einen eigenen Beitrag leisten. Der liegt z. B. in der Privatisierung interner Dienstleistungen. Das sind Aufgaben, die mit Polizeiarbeit im klassischen Sinn nichts zu tun haben, z. B. die Kleiderkammer, das Beschaffen der Ausrüstung. Das wird in anderen Bundesländern zum Teil von der Privatwirtschaft übernommen, weil es keine staatliche Kernaufgabe ist, Uniformen zu bestellen und Ähnliches. Das kann die Privatwirtschaft ausgezeichnet. Da muss man zusammenarbeiten, da gibt es Einsparpotentiale. Die Berliner Polizei betreibt eine eigene Druckerei. Auch ich glaube, dass das keine staatliche Kernaufgabe ist, dass dort auf Polizeikosten mit Angestellten der Berliner Polizei gedruckt wird. Das gibt es in der Privatwirtschaft in ausgezeichneter Qualität. Das brauchen wir nicht.
Und dann kommen wir in einen Bereich, der nicht mehr ganz herausfällt aus der staatlichen Kernaufgabe, der Objektschutz. Wir leisten uns in Berlin, dass Polizeiangestellte Objekte bewachen, aber auch die eigenen polizeilichen Liegenschaften. Ich glaube nicht, dass das notwendig ist. Selbst die Bundeswehr lässt ihre Liegenschaften von Sicherheitsdiensten nach hohen Qualitätsanforderungen bewachen. Mir ist nicht genau klar, warum das Land Berlin eigene Angestellte zur Verfügung stellen muss, um ihre Direktionen, ihre Abschnitte, ihre Liegenschaften zu bewachen; auch hier ein großes Einsparpotential.
Dann kommen wir zu den Aufgaben. 50 % der polizeilichen Tätigkeit liegen im Verkehrsbereich. Davon richten sich 80 % auf die Aufnahme von sogenannten Bagatellunfällen. Wenn wir dieses Potential an polizeilicher Arbeit betrachten, das dazu genutzt werden könnte, Sicherheit zu produzieren, und das für Bürgernähe und zur Verfolgung von Kriminalität genutzt werden könnte, glaube ich dass wir hier herangehen müssen. Da gibt es verschiedene Ideen, die schon lange in der Diskussion sind. Wir werden aber vorantreiben, dass Entscheidungen gefällt werden. Es gibt die Möglichkeit, das an die private Unfallwirtschaft zu geben. Das ist wohl schwierig; man müsste es ganz genau ansehen. Da sind verschiedene Interessen im Spiel. Es gibt auch das Modell, einen Beliehenen mit einzubeziehen, analog zum TÜV. Der TÜV ist ein Verein, der Pkws und andere Gegenstände prüft und ein Sicherheits- und Qualitätsurteil abgibt. Was spricht dagegen, dass wir einen Dritten, Beliehenen, damit beauftragen, Bagatellunfälle aufzunehmen? Das muss kein voll ausgebildeter Polizeibeamter machen, der drei Jahre für Großlagen und ähnliches ausgebildet wird und dann einen Großteil seiner Zeit damit verbringt, Skizzen anzufertigen, wer wen angerempelt hat.
Das kann es nicht sein. Wir müssen hier herangehen. Man kann auch über gemischte Teams sprechen, ein Polizeiangestellter, ein Beliehener, wie auch immer. Darüber wollen wir hier sprechen. Da ist immenses Einsparpotential auf der einen Seite und auf der anderen Seite Verbesserungspotential für die Leistungen der Polizei an den Bürgern in Berlin vorhanden.
Der Bereich Finanzen, hauptstadtbedingte Sicherheitsausgaben, ist noch nicht angesprochen worden. Das ist ein wichtiger Punkt. 38,4 Millionen € bekommen wir vom Bund pro Jahr für eine breite Palette an Aufgaben. Der Innensenator hat bereits im Mai erklärt, dass das Geld aufgebraucht sei. Be
reits im Mai! Ich verstehe nicht wirklich, wie wir das weiter finanzieren wollen. Ich glaube nicht, dass es ausreicht zu sagen, wir werden beim nächsten Mal versuchen, ein bisschen mehr herauszuholen. Das ist nicht die richtige Lösung. Wir schlagen vor, dass ein abschließender Katalog aufgelistet wird, was genau das Land Berlin an Aufgaben speziell durch seine Hauptstadtfunktionen übernimmt, und dass dann die Ausübung dieser Aufgaben in Rechnung gestellt wird. Das ist sicherlich gerade im Zuge der Verwaltungsreform zumindest in naher Zukunft umsetzbar. Keine Pauschale, die meistens ohnehin nicht den Anforderungen gerecht wird, sondern wir sagen, wir leisten das, und dann stellen wir das in Rechnung. Dann macht das Land Berlin nicht solchen „Miesen“, wie es gegenwärtig der Fall ist.
Die Kriminalstatistik ist angesprochen worden. Halbjährlich wird sie mittlerweile präsentiert. Ich hoffe, dass wir sie jetzt nicht monatlich oder wöchentlich bekommen. Das würde eine absurde Diskussion ergeben. Es ist sicherlich nicht uninteressant, dort immer mal wieder hineinzuschauen, aber wichtig ist doch bei der jährlichen Kriminalitätsstatistik, was für Folgen sie hat. Im Moment ist es so: Es gibt eine Pressekonferenz mit viel Bohei drum herum, dann wird das Ding genommen und in den Aktenschrank gestellt. – Wir fordern den Senator auf, mal darzustellen, was für Konsequenzen in den letzten fünf Jahren aus den Erkenntnissen der Kriminalitätsstatistik erwachsen sind. Was ist denn passiert, wenn man erkannt hat, dass da etwas drastisch zunimmt? Welche Maßnahmen wurden ergriffen?
Einen Aspekt möchte ich herausgreifen, die Schwarzarbeit. Sie ist um 110 % gestiegen. Der Innensenator hat gesagt, es liegt daran, dass mehr kontrolliert wird. Ich glaube, es liegt daran, dass die rot-grüne Bundesregierung die Rahmenbedingungen schafft, Leute in die Schwarzarbeit zu treiben.
Das ist nämlich ein Problem, das wir hier noch gar nicht diskutiert haben. So nach dem Motto: Man nimmt Hauptverkehrsstraßen, reduziert dort die Höchstgeschwindigkeit auf 10 % und verzehnfacht damit die Temposünder. Das ist die Politik, die auch im Bereich der Schwarzarbeit durchschlägt. Also sorgen Sie dafür, dass durch Politik keine zusätzlichen Anreize für kriminelles Handeln geschaffen werden; dann sind wir hier ein Stück weiter.
Der Freiwillige Polizeidienst steht wieder auf der Tagesordnung. Wir hatten damals gesagt: Testphase. – Wir waren auch nicht ganz sicher, ob die Veränderung nur zum Guten gelungen ist. Wir haben
gesagt: zwei Jahre anschauen, ohne Schusswaffen, auswerten, bringt dieser Dienst etwas oder nicht, und wollten dann entscheiden. Hier ist die Streichung aus ideologischen Gründen sofort geschehen. Das ist schade. Aber wir wären bereit, über eine Neuauflage mit Evaluation auch zu diskutieren.
Nein, wir wollen ihn nicht unbedingt wieder einrichten, aber wir wollen darüber nachdenken, wie die Aufgaben, die geleistet werden müssen, erbracht werden können. Und das ist eine Möglichkeit dafür. Das ist keine ideologische Frage, sondern nur eine Frage der besten Aufgabenerledigung.
Dann kommen wir zu den Auszubildenden. Der Innensenator hat angesprochen, dass er mittlerweile 150 beste Polizisten und Polizistinnen in den Staatsdienst übernehmen kann, weil da mehr als erwartet eingespart wird. Mir ist die Logik nicht ganz klar, zu sagen, prinzipiell stellen wir niemanden ein, bis wir nicht unser Wunschergebnis haben. Dann wird irgendwo etwas frei, dann stellen wir einen Teil ein, aber nicht alle, die wir eigentlich brauchen. – Das ist verwirrend und verantwortungslos gegenüber den jungen Menschen, die wissen wollen, was sie machen, wenn sie die Ausbildung abgeschlossen haben.
Das ist keine nichttechnische Ausbildung, die man in jedem anderen Beruf ausüben kann. Hier brauchen wir verlässliche Zusagen. Wenn es so ist, dass jedes Jahr durch altersbedingtes Ausscheiden 600 Stellen frei werden und der Konsens ist, dass es keinen wirklichen Stellenabbau bei der Vollzugspolizei geben darf, wenn die Aufgaben gleich bleiben, dann ist es eine Art Schizophrenie, wenn der Innensenator zwar sagt, die Vollzugspolizei darf nicht abgebaut werden, aber gleichzeitig den jungen Menschen die Perspektive nimmt.
Nun, zum Schluss: Der Schutz vor Kriminalität und Terrorismus ist eine staatliche Kernaufgabe. Die Forderung nach Verbesserung der inneren Sicherheit ist berechtigt, aber statt Aktionismus brauchen wir eine nüchterne Analyse der bestehenden Defizite. Alle Vorschläge müssen daraufhin geprüft werden, ob sie geeignet und notwendig sind, um die Sicherheit zu verbessern. Wir müssen uns nichts vormachen: Meistens schränken die Vorschläge, die hierbei gebracht werden, die Bürgerrechte ein. Deswegen muss abgewägt und im Einzelfall entschieden werden, ob die Maßnahme notwendig ist. Terroristen kämpfen gegen unsere freiheitliche Gesell
schaft, und wir müssen diese Gesellschaft verteidigen, ohne sie dabei selbst aufzugeben. Das ist die Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Diese Aussage ist an beide politischen Extreme gerichtet.
Internationale Abstimmung von Projekten muss in Europa und darüber hinaus noch stärker stattfinden. Die Kriminalität macht keinen Halt vor Grenzen.
Es ist klar, dass Polizei Kriminalität nicht wirklich auflösen kann. Wir brauchen mehr Prävention, bessere Familienpolitik, Gewährleistung ausreichender Lehr- und Arbeitsstellen, eine Verbesserung der Bildung, eine Verstärkung von Chancengerechtigkeit –
Ich komme zum Ende, Herr Präsident! – und einen an Resozialisierung ausgerichteten Strafvollzug. Das ist alles ein Paket.
Die Anfrage der CDU war richtig, dass wir hier darüber sprechen. Man darf aber nicht mit den Ängsten von Bürgerinnen und Bürgern spielen. Auf diese Gefahr möchte ich noch einmal hinweisen. Wenn das im Extrem betrieben wird, bekommen wir in Berlin irgendwann Leute an die Verantwortung, die wir alle hier nicht haben wollen.