Meine Damen und Herren! Der Senat hat mit dem Solidarpakt den Gewerkschaften vorgeschlagen, auf Sonderzuwendungen und Gehaltsanpassungen für ihre Mitglieder zu verzichten, gegen Arbeitszeitverkürzung. – Wir alle können jeden Tag in der Presse verfolgen, dass die Verhandlungen – ich will es vorsichtig ausdrücken – festgefahren sind. Wir haben das immer bedauert, haben das auch immer deutlich gemacht.
Wir unterstützen mit unserer Politik einen Kurs, der darauf abzielt, im Rahmen der bestehenden Tarifsysteme die nötige Flexibilität herzustellen, um auf die Lage im Land Berlin adäquat reagieren zu können. Wir haben das auch deutlich gemacht für die Möglichkeit, im Rahmen der Beamtenbesoldung reagieren zu können. Mir sei an dieser Stelle gestattet, auf eine Äußerung von Herrn Dr. Lindner zurückzukommen, die er in der letzten Plenarsitzung gemacht hat. Da hat er nämlich hier vollmundig angekündigt, dass sich die FDP selbstverständlich überall dafür einsetzen wird. Er wird sich dafür einsetzen, dass die FDP diese Initiative, die vom Senat zur generellen Öffnung der Beamtenbesoldung angestoßen wurde, unterstützen wird.
Wir konnten heute in der Presse verfolgen, dass der beamtenpolitische Sprecher der FDP, Herr Max Stadler, sich auf einer Veranstaltung hingestellt und wie weiland Herr Zimmer sich ganz klar an die Seite des DGB gestellt und geäußert hat, dass jeder Einschnitt in die Gleichheit der Besoldung natürlich immer nur zur einseitigen Verkürzung führen würde und dass das mit der FDP nicht zu machen sei.
Das nur so weit, wie hier Herr Lindner Ankündigungen macht. Ich glaube, er hat auch hier in dieser Position den Mund etwas zu voll genommen, wie er das auch öfter hier in der Debatte tut.
Die Debatten sind festgefahren. Das liegt nicht nur an den Gewerkschaften, die sich unflexibel zeigen, sondern auch – das haben wir immer wieder betont – an dem Verhandlungsstil der SPD. Wenn man sich die Debatte in den Reihen der SPD anguckt, kann man nur schwerlich hoffen, dass in der Art und Weise, wie die Debatte geführt wird, weitreichende Reformen im öffentlichen Dienstrecht durchzuführen sind.
Aber was liegt näher in einer solchen Situation, in der man etwas von dem anderen Verhandlungspartner will, in der er sich unflexibel zeigt, was liegt näher, als hier in die Vorleistung zu gehen und zu sagen: Natürlich, wenn ich von meinem Gegenüber verlange, dass auf Gehaltsanpassungen, dass auf Sonderzuwendungen verzichtet werden soll, warum dann nicht selbst anfangen und diejenigen, die diese Vorschläge hier mit Verve in die Diskussion werfen, dann auch dazu zu bewegen, selbst mit gutem Beispiel voran zu gehen. Und genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Der Antrag hat, das war nicht anders zu erwarten, hohe Wellen geschlagen. Wir konnten schon lesen, dass aus Senatskreisen verkündet wurde, das sei politischer Schwachsinn, und wir sollten uns diese Anträge doch an den Weihnachtsbaum hängen.
Die SPD meinte, dass mit dem Verzicht auf das jährliche Krawattengeld durch die Senatoren hier schon ein ausreichender Beitrag im Rahmen der Solidarpaktdebatte geleistet worden sei. – Die PDS hat Zweifel geäußert, ob es denn sinnhaft sei, außerhalb eines Solidarpaktes, ohne dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sagen, sie würden dem nachgeben, was der Senat vorgeschlagen hat, einseitig von Seiten des Senates schon etwas in die Waagschale zu werfen. – Die heftigen Reaktionen haben gezeigt, dass wir hier mit unserem Antrag auf eine richtige Stelle getroffen haben.
Die „Morgenpost“ hat in einem Kommentar geschrieben, es sei beschämend, von Seiten des Senates darauf zu ver
weisen, dass man erst von den Bediensteten des öffentlichen Dienstes einen Beitrag erwartet, und das „Neue Deutschland“, das ja wohl weit davon entfernt ist, sich einer konservativen Meinungsführerschaft unterordnen zu wollen, hat, und das darf ich zitieren, geschrieben:
Richtig lachhaft wird´s, wenn 10 000 € -Monatsgehaltsempfänger an den gerade schmerzlich erlittenen Verlust des Krawattengeldes von ein paar Hundert Euro im Jahr erinnern. Es wäre ja noch schöner, hätte sich Rot-Rot an diesem alten Schlips festgebissen. Aber sie haben es wohl leider nun mal getan. Nein, SPD- wie PDS-Fraktion, die selbst höhere Diäten für sich aus besserer Einsicht verweigert haben, sollten ihre Senatoren zum Solidarbeitrag drängen. Eine neue Krawatte und eine Gans dazu wird der zwölfte Sold schon noch hergeben.
Der Senat hat angekündigt, dass er in dieser festgefahrenen Situation einseitige Maßnahmen vornehmen will. Bitte schön, Sie können hier handeln, ohne dass Sie sich mit den Gewerkschaften, mit Personalvertretungen oder anderem Gegenüber auseinandersetzen müssen. Sie müssen nur mit der Ihnen zur Verfügung stehenden Mehrheit unserem Antrag zustimmen. Sie können hier in Vorleistung gehen, im Bund ist es Ihnen vorgemacht worden. Die Bundesregierung hat sich in der jetzigen Situation der maroden Staatsfinanzen eine Nullrunde verordnet. Das Abgeordnetenhaus hat auf Diätenerhöhungen verzichtet. Es ist nun an Ihnen, Ihren Sonntagsreden, Montagskommentaren und Dienstagsverkündigungen endlich Taten folgen zu lassen und unserem Gesetzesantrag zuzustimmen, um den Ihnen obliegenden Beitrag in dieser Diskussion und im Rahmen dieser Verhandlungen zu erbringen.
Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Flesch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast gleiche Anträge, fast den gleichen Redebeitrag des Kollegen Ratzmann hatten wir vor nicht langer Zeit.
Ja, ich habe es vorhin noch einmal nachgelesen, Herr Ratzmann. Da sind teilweise wörtlich die Sätze übernommen worden, z. B. über die nicht gegebene Notwendigkeit von Gewerkschafts- und Personalratsbeteiligungen. Also eine fast annähernd gleiche Rederunde zu dem fast annähernd gleichen Sachverhalt hatten wir noch vor nicht allzu langer Zeit, nämlich am 31. Januar dieses Jahres. Mit der Wiederholung – tut mir Leid, meine Damen
Wir haben ja inzwischen feststellen müssen, dass gute Beispiele, mit denen man voran geht – ob freiwillig oder gezwungenermaßen –, wie es die Aufwandsentschädigung der Senatsmitglieder einerseits und der Verzicht auf Diätenerhöhung der Mitglieder dieses Hauses andererseits sind, auf der Gegenseite in keiner Weise gewürdigt werden. Dies betrifft z. B. auch das Thema Parlamentsreform. Sie sind hier heute in einem schlanken Parlament im Vergleich von vor fünf Jahren.
Ich sprach vom Parlament, das schlank ist, und nicht von einzelnen Menschen, die etwas Schlankheit vertragen könnten. Auch das ist nicht gewürdigt worden und wird auch weiterhin nicht gewürdigt, weil Selbstbeschränkung zwar als gutes Beispiel gelobt wird, wie es gerade beim „Neuen Deutschland“ passiert ist, wenn es einem in den Kram passt, in Wirklichkeit aber bei denen, die es angeht, nicht aufgenommen und auch nicht als gutes Beispiel akzeptiert wird. Deshalb soll man Solidarität mit den Leuten üben, die solidarisch sind. Das heißt für mich – als Selbstverständlichkeit –, dass, wenn diese jetzt eingeleiteten einseitigen Maßnahmen dazu führen, dass entweder tatsächlich ein Solidarpakt zustande kommt oder die notwendigen Personalmittel eingespart werden, dass dann eine Aufforderung an diesen Senat ergehen wird, sich diesen notwendigen Maßnahmen – immerhin in einem Umfang von 150 000 € – anzuschließen. Kommen viele 150 000 € zusammen, dann schaffen wir ja vielleicht einmal 2,7 Milliarden €, ich habe ja immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben.
Solidarität aber vorab zu verlangen, ohne dass die andere Seite bereit ist, Solidarität zu üben, ist nicht akzeptabel. Die Angebote der Gewerkschaftsseite waren nicht so, dass ich sagen könnte, sie sehen Solidarität mit jungen Menschen vor, die einen Einstellungskorridor benötigen, oder sie sehen eine Solidarität mit den älteren Kolleginnen und Kollegen vor, die vielleicht eher Entlastung von der Arbeit und nicht weitere Belastung benötigen. So lange diese Haltung nicht aufgegeben wird, ist auch keine Notwendigkeit seitens meiner Fraktion zu verzeichnen, hier eine Vorabsolidarität zu üben.
Wir werden den Senat nicht auffordern, zu verzichten. Es ist ja auch witzig, dass Sie in Ihrer Begründung wieder von Verzicht reden, genau wie im Januar. Verzicht ist eine Freiwilligkeit. In Wirklichkeit wollen Sie hier etwas festschreiben, und das machen wir nicht mit. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Danke schön, Frau Kollegin Flesch! – Das Wort hat nun für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Zimmer. – Bitte schön, Herr Zimmer!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Flesch, das war ja nun ein etwas bemühter Versuch zu begründen, warum der Senat nicht in der Lage ist, ein Mindestmaß an Eigeninitiative zu entwickeln. Das ist in der Tat ein wenig peinlich. Sie haben das ja schon mit ganz stiller Stimme vorgetragen, vermutlich in der Hoffnung, dass es keiner hört. Es ist ja auch kaum noch jemand da, der das wahrnehmen könnte, aber ich muss Ihnen mal eines sagen: Es geht hier nicht darum, Solidarität mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu üben. Es geht darum, Solidarität mit den Berlinerinnen und Berlinern zu üben.
Wir diskutieren über einen Mentalitätswechsel in dieser Stadt, wir diskutieren über die größten finanzpolitischen Herausforderungen dieser Stadt, wir diskutieren über alles Mögliche, angefangen von betriebsbedingten Kündigungen bis hin zum Lohnverzicht. Wir reden darüber, dass die Erzieherinnenverträge in den Kitas nicht verlängert werden und der Senator vertragsbrüchig wird, aber beim Senat selbst ist offenbar keine Bereitschaft vorhanden, wenn es darum geht, von den stattlichen Bezügen, die man im Senat bekommt, etwas abzugeben. Es ist schon schade, dass man so einen Antrag von den Grünen überhaupt braucht. Ich hätte ja zumindest mal erwartet, dass der Senat allein auf die Idee kommt und eine Geste des guten Willens zeigt, aber das ist ja offensichtlich nicht sehr weit verbreitet.
Die Frage der Diätenentwicklung ist bereits angesprochen worden. Dazu sagt Frau Flesch, das hätte niemand goutiert. Also mir geht es primär nicht darum, dass mich irgendjemand dafür beklatscht, dass ich auf eine Diätenerhöhung verzichtet habe. Das ist eine Frage des Anstandes, und ich bin froh, dass die Fraktionen das ohne größere Diskussionen und völlig unabhängig der Couleur auch als selbstverständlich für sich anerkannt haben. Da wäre es beim Senat, der nur darauf verzichten soll, die beamtenmäßigen Steigerungen und das Weihnachtsgeld mitzunehmen, auch nicht zuviel verlangt, es wäre anständig. Offensichtlich ist das aber doch etwas zuviel verlangt.
Der Kollege Ratzmann hat das Krawattengeld schon angesprochen, wohl wahr, wohl wahr! Wenn ich mir den Herr Senator Strieder angucke, scheint das auch schon erste Folgen zu haben, dass das Krawattengeld ausgefallen ist.
Das modische Lila ist ein Beleg dafür, dass man sich auch kostengünstig kleiden kann. Der Kollege Senator Flierl hat sogar davon abgesehen, überhaupt eine Krawatte zu tragen, auch das scheint zu gehen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass der Regierende Bürgermeister – hier an dieser Stelle hat er es nicht offenkundig gemacht, er macht das immer in solchen Nebenbemerkungen – tief erschüttert war darüber, dass man im Hauptausschuss soweit gegangen ist, auch noch diese, für die soziale Ge
rechtigkeit notwendige Leistung zu kürzen. Ich würde Ihnen ja Folgendes vorschlagen: Wie wäre es denn, wenn man den Senat leistungsbezogen bezahlt? Da würde man ja noch deutlich mehr einsparen können, man könnte sich ja verschiedene Kennzahlen denken.
Oh ja, ich denke auch, das ist nahezu unbezahlbar, was wir uns mit unserem Senat leisten. Man könnte z. B. als Kennziffer die Anwesenheit im Plenum nehmen. Da würden einige ganz schlecht aussehen. Dass ist natürlich noch keine Leistung für sich, hier überhaupt anwesend zu sein, das gebe ich zu, aber substantiell kommt da ja auch nicht viel. Oder wir könnten die erfüllten Einsparvorgaben pro Senatsverwaltung nehmen – wie viel wird denn so aufgelöst pro pauschaler Minderausgabe, was war denn das Defizit? Das wäre doch auch etwas, was Herrn Sarrazin erfreuen würde, denn die Finanzverwaltung steht ja immer recht gut da, wäre ja auch komisch, wenn nicht. Aber vielleicht könnte man damit ja auch ein Anreizsystem schaffen, die Dinge, die man immer einfordert, auch selbst zu praktizieren. Walk what you talk, das wäre nicht verkehrt. Ich weiß, dass Wahlversprechen nicht viel gelten. Ich weiß, dass auch vielerorts Moral und Anstand nicht mehr viel gelten, aber an dieser Stelle haben Sie die einmalige Gelegenheit, den Berlinerinnen und Berlinern zu zeigen, dass es nicht nur bei leeren Worten bleibt, sondern dass Sie auch bereit sind, höchstpersönlich Ihren Beitrag zu leisten. Aber ich nehme an, Sie werden uns enttäuschen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Zimmer! – Das Wort hat nunmehr für die PDS der Kollege Doering. – Bitte schön, Herr Kollege Doering!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Ratzmann und Kollege Zimmer! Ihre Diskussionsbeiträge haben mir eben zum einen gezeigt, dass der Sinn des Solidarpaktes von Ihnen nicht verstanden wird, und zum zweiten, dass zumindest die CDU Ernsthaftigkeit bei diesem Thema doch sehr stark vermissen lässt.
Kollegin Flesch hat schon darauf hingewiesen, dass wir einen fast wortgleichen Antrag bereits im Januar hier behandelt haben. Insofern gibt es den zweiten Aufguss. Man muss dazu sagen, schön, dass wir noch einmal darüber reden können, und den Anlass will ich auch nutzen.
Der Unterschied des Antrags vom Januar zu dem von heute ist, dass Sie damals den Verzicht auf prozentuale Erhöhungen und auf Sonderzuwendungen auf die 15. Wahlperiode beschränkt haben. Das hätte noch in etwa den Sinn des Solidarpakts getroffen. Aber Sie machen jetzt einen Vorschlag, um den Antrag noch einmal einbringen zu können, indem Sie schreiben, dass Ihre Vorschläge für die Dauer des Bestehens einer extremen Haushaltsnotlage gelten sollen.