Deshalb ist es überzeugend, wenn er heute sagt: Diese Schwerpunktsetzung bedeutet eine Einengung von selbstbewussten Künstlern, die so nicht gemacht werden kann. Ich habe Übrigens auf dem Podium – Herr Flierl, ich hätte erwartet, dass Sie da ehrlich sind –, Herrn Homoki natürlich nicht gesagt, er soll immer wieder Operette spielen. Aber ich glaube ihm umgekehrt auch nicht, dass nur eine Operette pro Jahr beziehungsweise pro Spielzeit sinnvoll ist und dass die nicht ausverkauft ist. Das kann ich mir in einer Stadt wie Berlin nicht vorstellen. Im Übrigen wundere ich mich nicht, dass das Deutsche Theater jetzt zum ersten Mal seit 60 Jahren eine Operette herausbringt. Dafür ist das Deutsche Theater eigentlich nicht der Spielort.
Wir sind viel eher der Meinung, dass die Häuser sich mit ihren Ensembles auch von Ort zu Ort bewegen könnten, damit das Raum- und Gebäudemanagement klüger und effizienter gemacht wird, als es heute der Fall ist. Zugespitzt könnte man sagen: Wenn Herr Barenboim erfolgreich eine Wagner-Aufführung bringt, kann er sie auch an der Bismarckstraße bringen. Dann verkauft er für dasselbe Stück 500 Karten mehr, und bei Wagner wird er sie mit Sicherheit verkaufen. Wenn er in der Philharmonie oder bei Gastspielreisen im Ausland auftreten kann, dann kann er im Interesse der Einnahmesituation auch mit solch einer Inszenierung ein paar Kilometer weiter fahren. Das ist immer noch besser als eine Beschränkung des Repertoires oder sogar eine Vorschrift durch die Politik. Das wollen wir gerade nicht. Mit einer Stiftungsholding würde wenigstens sichergestellt, dass die Ressourcen und die Häuser vernünftig genutzt werden und dass die Auslastung besser ist, als das heute der Fall ist.
Die Frage nach Einsparungen in der Kulturpolitik muss intelligenter gestellt werden, als das bisher in der Öffentlichkeit geschehen ist. Wir wehren uns gegen die etwas banale Frage: Brauchen wir drei Opernhäuser? – Wenn man drei Kinder hat, fragt man auch nicht, ob man sie braucht, sondern sieht zu, dass sie gedeihen und dass aus ihnen etwas wird.
Wir meinen, sie sollten am Ende der Diskussion – Herr Flierl, Sie lächeln – eher sagen können: Vorhang auf! – nicht: Vorhang zu! – Das muss die Devise für die Berliner Opernhäuser sein. Das ist eine deutliche Erklärung zu Gunsten dreier künstlerischer Einrichtungen unter einem moderierenden Dach mit einer Effizienzsteigerung und einer anderen Auslastung. Unter dem Strich wird das sicherlich Einsparungen in einer Größenordnung bringen, die zwar nicht der eines ganzen Opernhauses entspricht, aber doch zumindest den Sparkommissaren einen Gefallen täte. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Grütters! – Das Wort für die SPD hat nunmehr die Frau Abgeordnete Lange, die ich in unserer Mitte begrüße, nachdem sie einige Sitzungen wegen eines Beinbruchs gefehlt hat, aber – wie man sieht – mit einigen Hilfsmitteln hier gut zu uns sprechen wird. – Bitte schön!
Es ist eigentlich ganz schön, wenn man einen Fuß gebrochen hat, weil man von allen Leuten freundlich behandelt wird.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich komme ich mir bei dieser Anfrage vor wie in einer schlechten Operninszenierung.
Da hat die CDU jahrelang die Möglichkeit gehabt, ein Opern- und Kulturkonzept auf die Beine zu stellen, doch herausgekommen ist nur ein Scherbenhaufen – komisch inszeniert!
Das Ausmaß der Konzeptionslosigkeit zeigt die Aussage von Frau Grütters in der Akademie der Künste, dass der unter dem damaligen Kultursenator verhandelte Hauptstadtkulturvertrag zufällig und beliebig in seiner Ausgestaltung war. Nun gilt es, schnell den Taktstock zu heben, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben und mit Ideen anzukommen, die zehn Jahre lang von anderen vorgeschlagen wurden und die Sie nicht realisiert haben.
Sie reden sonst der Privatisierung das Wort und schimpfen auf die verfetteten Strukturen im öffentlichen Dienst, wollen aber jetzt gar nichts an der Opernsituation ändern.
Aber schieben wir den Vorhang etwas weiter zurück. Das waren noch große Zeiten für die Berliner Oper, als gegen Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts ein einmaliges Dirigentenfoto entstand. Es zeigt Furtwängler, Toscanini, Bruno Walter, Erich Kleiber und Otto Klemperer. Dieses Foto ist in Berlin entstanden und beweist, welchen historischen Rang Berlin als Musik- und Opernstadt hatte und hat. Die drei Letztgenannten waren damals Generalmusikdirektoren in der Staatsoper, der Charlottenburger Städtischen Oper und der Kroll-Oper, alle vereint unter dem Intendanten Heinz Tietjen. Es gab sogar noch eine vierte Oper, eine Berliner Volksoper im heutigen Theater des Westens. Unsere Opern haben die schweren Jahre des letzten Jahrhunderts überlebt, ja sogar wenige Wochen nach Kriegsende begann der Spielbetrieb erneut. Sie haben entscheidend zum internationalen Ruf Berlins beigetragen.
Nach der Wende hat sich die Politik ganz bewusst für die Erhaltung der drei Häuser in der Trägerschaft Berlins entschieden, und zwar in Konkurrenz zueinander. Das kann nach heutiger Sicht der Dinge falsch gewesen sein. Wir müssen uns über die Grundfrage verständigen: Wollen wir das Szenario der Musik-, Theater- und Opernstadt in einer Reihe mit Wien, Salzburg und Paris? Brauchen wir die langfristige Entwicklung eines kulturellen Profils als europäische Metropole und Anziehungspunkt zwischen West und Ost? – Wenn wir das wollen, wenn wir unser kulturpolitisches Angebot für unverzichtbar halten,
dann müssen wir das so organisieren, dass es ein lebhaftes, spannendes ist, das in allen Facetten die Kraft der Kultur zeigt. Berlin als Musik- und Opernstadt mit international beachteten Qualitäten der Musik, das ist dann, wenn wir uns dafür entscheiden, genauso wichtig wie ein Flughafen, wie die Feuersozietät oder das OlympiaStadion.
Wir sollten sehr vorsichtig damit umgehen, unser historisch gewachsenes Kulturgut leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Wenn es erst einmal zerschlagen ist, lässt es sich nicht wieder zusammenkitten.
Noch wissen wir nicht, wohin die Reise geht. Wir wissen nicht, wie das Strukturkonzept aussehen wird. Auf allen Ebenen finden Diskussionen und Gespräche statt. Die Intendanten beraten. Ich finde es grandios, dass nichts von den Gesprächen nach außen dringt.
Das zeigt doch, mit welcher Ernsthaftigkeit hier verhandelt wird. Dass erstmalig überhaupt ernsthafte Gespräche zwischen den Intendanten stattfinden, zeigt den neuen Kommunikationsstil von Rot-Rot.
Es ist auch zu hören, dass mit dem Bund gesprochen wird, ebenfalls mit offenem Ergebnis. Es ist nur klar, der Bund wird keine Oper übernehmen. Das können wir uns wirklich abschminken. Es gibt überall in der Stadt Diskussionsrunden. Das ist großartig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in die Diskussion einschalten.
Welche Optionen im Opernbereich gibt es nun? – Ich will das, was der Herr Senator gesagt hat, auch gerne noch ergänzen. Da gibt es erst einmal das so genannte Kulturforum Mitte, das die Schaffung eines kulturellen Zentrums für Berlin in seiner historischen Mitte vorsieht. Es beinhaltet den Zusammenschluss der Staatsoper, der Hochschule für Musik, der Komischen Oper und des Konzerthauses am Gendarmenmarkt. Es hat Nachteile: In diesem Konzept ist die Deutsche Oper nicht vorhanden. Außerdem zeigen sich mir hier keine strukturellen Einsparmöglichkeiten in relevanter Höhe. Die Rechtsform ist ebenfalls offen.
Es gibt den Plan „Oper in Berlin“ mit folgenden Möglichkeiten: Alle drei Häuser kommen unter ein gemeinsames Dach, eventuell Stiftung oder alternativ GmbH. Das Stiftungsmodell eröffnete eventuell auch eine Finanzierungsmöglichkeit durch den Bund. Es brächte Planungssicherheit für die Häuser – das ist durchaus wichtig –, bedeutet aber für Berlin eine langfristige finanzielle Bindung. Das muss man der Fairness halber mit erwähnen. Es gibt die Idee von drei Stiftungen, also eine Stiftung für jeweils eine Oper.
Es gibt weiterhin die in der Öffentlichkeit diskutierte Möglichkeit der Fusion der beiden großen Häuser. Hier muss inhaltlich untermauert werden, ob eine Fusion von zwei großen Häusern das richtige Instrument ist. Eine Fusion ist sehr teuer, kostet erst einmal zwei Jahre lang richtig Geld und bringt nur etwas, wenn man an die künstlerischen Kollektive herangeht. Die Frage ist, wie das bei den beiden großen Häusern mit zwei starken Generalmusikdirektoren bewältigt werden soll. Frau Grütters, ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Barenboim mal eben so in der Deutschen Oper spielt.
Sollte man sich entscheiden, ein Haus zu schließen, gilt das gleiche finanzielle Szenario. Der kulturpolitische Schaden für die Stadt wäre immens. Wir haben alle noch das Beispiel des Schiller-Theaters vor Augen.
Es gibt weiter die Option: Erhaltung der drei Opern als künstlerisch autonome Häuser unter einem kaufmännischen Dach mit einem kaufmännischen Manager. Hier muss man wissen, dass die Einsparvorgabe wahrscheinlich nicht zu erreichen ist, selbst wenn alle nichtkünstlerischen Bereiche zusammengelegt und sinnvolle Synergien geschaffen werden. Die Opern haben im nichtkünstlerischen Bereich schon viel Personal abgebaut und sind im nationalen Vergleich nicht überausgestattet. Auf jeden Fall sollte man aber auch dieses Modell durchrechnen.
Unabhängig von einer Strukturveränderung ließen sich aber schon jetzt Einnahmeverbesserungen erreichen. Vor zwei Jahren wurden von der Opernkonferenz Vorschläge gemacht, die allesamt – bis auf eine sehr zögerliche Spielplanabstimmung – von den Intendanten nicht umgesetzt wurden. Es liegt bis heute kein kaufmännischen Erfolg versprechendes Spielplankonzept vor. In diesem Jahr gab es sogar an allen drei Opern mehrmals – ich weiß zumindest von einem Fall – am selben Abend Ballett. Es ist immer noch kein für jedes Haus verpflichtendes langjähriges künstlerisches Profil festgeschrieben worden. Es hat zur Einnahmesteigerung keine Erhöhung der Anzahl der Vorstellungen gegeben. Im Gegenteil: Die Vorstellungszahlen wurden – angeblich, um zu sparen – reduziert, obwohl die Opernkonferenz nachgewiesen hat, dass dieser Effekt nicht erreicht wird. Die Frage der schlechten Auslastung ist bisher nicht durch ein offenes Werben um neue Kundenschichten mit entsprechenden Marketingmaßnahmen angegangen worden.
15 % aller Touristen kommen wegen der Kultur nach Berlin. Das zeigt, dass die Kultur eine der Kernkompetenzen Berlins ist. Hier ist meiner Meinung nach noch viel Musik drin. Die dringende Zusammenarbeit mit Partner für Berlin und der Tourismus GmbH ist notwendig. Das DIW hat festgestellt, dass jeder Tourist pro Aufenthaltstag im Schnitt 183,30 € in der Stadt lässt. Viele der Besucher wollen die Opern und Theater besuchen. Vergessen wir also nicht, dass unsere Musik- und Opernlandschaft einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellt. Hier ist eine Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftssenator mehr als ange
Der Anteil der drei Opern am Gesamtberliner Etat beträgt ganze 0,8 %. Die Diskussion wird allerdings so geführt, als wären die Opern an der Haushaltslage Berlins schuld. Andererseits beanspruchen sie mit 115 Millionen € den größten Anteil am Berliner Kulturetat, und da ist die Frage zwingend, wo sich durch Kooperationen Einsparungen erzielen lassen.
Zusammenfassend: Was müssen wir generell in der Kulturlandschaft Berlins beachten? – Wir brauchen die Leuchttürme, aber auch die bezirkliche Kulturarbeit. Dazu gehören die kommunalen Galerien, die Bibliotheken sowie die Musikschulen und die Jugendkunstschulen. Es gibt zum Beispiel in anderen Bundesländern interessante Modelle, wie der gesamte Bereich der kulturellen Bildung in Bildungseinrichtungen wie Schulen usw. integriert werden kann. Das wäre zum Beispiel ein Modell für Berlin im Rahmen der Ganztagsschule.
Wir brauchen die Förderung der Offszene. Gehen doch gerade von der freien Szene wesentliche künstlerische Impulse für die sogenannte Hochkultur aus. Wir brauchen weiterhin die Konzeptförderung, um immer wieder Neues und Spannendes zu fördern. Der Hauptstadtkulturvertrag ist neu zu gestalten. Wir müssen mit den Ländern diskutieren, damit alle sich der nationalen Aufgabe der Gedenkstättenfinanzierung stellen.
Sehr geehrter Herr Senator! Dringlich ist es, neue Steuerungsmodelle für eine gesicherte Kulturfinanzierung zu erarbeiten. Die Zeit drängt. Die Pausen in unserer Theater-, Musik-, Opern- und Kulturszene sind zu lang. Das Spiel muss weitergehen. Wir brauchen Ihr Strukturkonzept unter Berücksichtigung der verlangten Haushaltskonsolidierung. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Jahr Kulturpolitik – das ist ein Grund, ein Resümee zu ziehen. Was ist eigentlich in diesem Jahr geschehen? – Wir sind groß gestartet, nämlich mit der Evaluierung der Privattheater, die erst einmal dazu führte, dass wir jetzt zwei Theater weniger in der Stadt haben. – Doch nicht etwa so, dass die Zeitgenössische Oper mehr davon hätte. So war es eigentlich im Theatergutachten vorgesehen. Im Kulturausschuss haben wir ausführlich über die freien Kinder- und Jugendtheater diskutiert. Entschieden wurde leider nichts. Wir haben ausführlich über die Situation der Literaturhäuser diskutiert. Entschieden wurde leider nichts. Aber wir wollen nicht so sein. Immerhin hat die Berlinische Galerie jetzt einen festen Standort gefunden. Leider wissen wir noch nicht genau, wie wir ihn finanzieren wollen.
Der Haushalt ist desolat. Das glaube ich Ihnen sofort, Herr Flierl. Die Aufgabe ist nicht einfach. Die Kultur ist in Berlin von permanenten Sparforderungen bedroht. Wir alle fragen uns: quo vadis Kultur? Die vielfältige und für Berlin so wichtige Kulturlandschaft gleicht im Moment dem Tanz auf dem Vulkan. Jeder versucht zu retten, was zu retten ist. Und jeder bemüht sich, zuerst sich selbst zu retten – zumindest bis ins nächste Jahr.
Wir haben Sie mehrmals aufgefordert, Herr Flierl, ein Gesamtkonzept für die Berliner Kulturlandschaft vorzulegen. Nun scheint es bald soweit zu sein. Wir sind gespannt. Wir müssen uns überlegen, wie sich die Berliner Kulturlandschaft für die Zukunft rüsten kann – für ein Jahr 2020, für eine Zukunft als weltoffene und lebhafte Metropole.